Hallo sandhofer
du erwähnst Henri IV von Heinrich Mann. Hast du ihn gelesen? Mich würde interessieren, ob er wirklich so gut ist, wie alle sagen, denn ich habe gehört, dass der erste Band noch wesentlich weniger gut ist als „die Vollendung“ (ist ja irgendwie logisch, dass die Vollendung besser ist, oder???) Nur habe ich auch schon gehört, „Der Untertan“ sei das beste Buch von Heinrich und wenn dies das beste ist, so möchte ich mir den Henri eher ersparen, wenn du verstehst, was ich meine, aber vielleicht lassen sich die Bücher auch nicht vergleichen, da sie so verschieden sind... Wie steht es mit „Die Göttinnen“
@ JMaria
Empfehlen als historischer Roman kann man natürlich Walter Scott und, wenn auch Jugendbücher auch erwünscht sind: Rosemary Sutcliff. Spannend ist auch „Kampf um Rom“ von Felix Dahn. Ob „Education Sentimentale“ von Flaubert ein richtiger historischer Roman ist, bezweifle ich zwar, da er im 19. Jahrhundert spielt, aber gut recherchiert und ein Zeitdokument ist er schon.
Beiträge von alpha
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Hallo Hubert
Vielen Dank für deine Berichtigung „Steppenwolf“ betreffend.
@ sandhofer
Ich weiss nicht, ob dir bekannt ist, wie Thomas Mann arbeitete: immer am Morgen so circa bis um 12 Uhr, nach einem „normalen“ Frühstück (The/Kaffee und Eier in etwa). Er war völlig nüchtern, schrieb allerdings auch nicht in grossen Schüben (Ausnahmen gibt es immer) sondern ungefähr ein Blatt pro Tag, manchmal nur wenige Zeilen. Verzückung kommt eher noch, wenn er etwas im engsten Kreise vorliest, aber nie beim Schreiben, jedenfalls wirken seine Aufzeichnungen so. Ab Mittag bis in die Nacht konsumierte auch er reglemässig Alkohol, jedoch nicht exzessiv, wie mir scheint. Eine weitere Komponente spielen die Schlafmittel, auf die er sehr lange angewiesen war und die ihm, wie er es zumindest zu beobachten glaubt, das Arbeiten wesentlich erleichtern, da er besser (d. h. tiefer) schläft.
Grüsse alpha -
Ich mag Thornton Wilder recht gut, "Die Brücke von San Luis Rey" hat mir allerdings weniger gefallen als "Wir sind noch einmal davon gekommen" und "Der Achte Schöpfungstag" fand ich nicht übel, etwas verworren und undurchsichtig am Anfang, aber ausser dem Titel (den ich nie ganz begriff, habe auch nicht allzu lange darüber nachgedacht) gut. Ein interessanter Autor, würde ich sagen.
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Hallo Hubert du hast geschrieben:
Ob ein Autor säuft oder Drogen nimmt, interessiert mich nicht, wenn es ihm bei der Arbeit hilft und wenn man davon im Werk nichts merkt, nur bei Poe könnte es sein, und mit der Meinung bin ich nicht allein, dass sich Alkohol und Drogen im Werk deutlich niedergeschlagen haben.
Erstens:
Wie sollen Alkohol und Drogen beim Arbeiten helfen, sich aber nicht in der Arbeit niederschlagen?
Zweitens:
Was gibt es dagegen einzuwenden, wenn sich die genannten Dinge niederschlagen? – Eigentlich nichts, so denke ich, denn auch stimulierte Kreativität bleibt Kreativität. Ich selbst bin manchmal etwas zweiflerisch, wenn ich dann solche Passagen lese (auch „Steppenwolf“ verdankt den Drogen viel, glaube ich) aber ich würde nicht sagen, dass es immer schlecht ist. Es ist einfach unbekannt für mich, da ich solche Zustände nicht kenne, aber nicht alles fremde soll man ablehnen!
Drittens:
Dieses Thema interessiert mich besonders, da ich bis heute nicht so recht weiss, was ich in dieser Beziehung von Kafka halten soll: Kafka, der Nichtraucher und Abstinent, arbeitet immer nur nachts und hatte am Ende der Nacht seine besten Stunden; bevor er richtig mit schreiben los legte, schrieb er sich in Trance, indem er den gleichen Abschnitt mehrmals abschrieb (so habe ich es wenigstens irgendwo gelesen) und dann, was dazu kommt, hatte er seltsame Zustände beim Schreiben, wie das Sehen von Dämonen und ähnlichem, was er in Briefen und Tagebüchern vermerkte. Dies alles hatte bestimmt Einfluss auf sein Werk, ein Werk, das ich sehr bewundere, und dieser zwilichtige Einfluss ist nicht leicht einzuordnen für mich, da ich mir nicht im klaren bin, was Kafka in solche, z. T. willentlich herbeigeführte, Zustände trieb. Dies gilt auch für die anderen, von euch angeführten Beispiele: Was treibt einen Schriftsteller, sich zu betrinken, Drogen zu nehmen oder was auch immer vor dem Schreiben? – Ich kann nicht glauben, was auch eine Variante wäre, dass das Schreiben nur ein Nebenprodukt des Trinkens ist und auch, dass allein Ruhmsucht das Motiv dafür ist, scheint mir höchst unwahrscheinlich.
Gruss alpha -
Hallo zusammen!
Ich schliesse mich gerne Hubert an: Genres sind nicht wirklich interessant und ich gebe Delta insofern recht, als die von ihm genannten Romane nicht ohne sind (kenne zwar nicht alle...). Ich möchte darauf hinweisen, dass ich nichts gegen Krimis geschrieben habe, sondern gegen Schund im allgemeinen und habe keinerlei Definition davon gegeben. Das ist natürlich ziemlich fahlässig aber naheliegend, denn eine Definition von Schund ist völlig persönlich. Für mich sind reine Liebes- und Unterhaltungsromane Teil dessen, was für mich Schund ist, verallgemeinernd gehört alles, was sich an Kiosken und ähnlichen Orten kaufen lässt, für mich erst einmal zum Schund und erst, wenn es Gründe gibt, die gegen diese Zuordnung sprechen, ändere ich meine Meinung (vielleicht)!nimue, richtet sich dein Angriff auch gegen mich??? Es müsste mich sehr verwundern, denn ich bin alles andere als ein Literaturwissenschaftler (ich habe es bisher versäumt, mich vorzustellen, werde dies aber in einigen Wochen noch nachholen), bezeichne mich selbst aber auch nicht als Schundleser, da ich wirklich keine Lust habe, Bücher zu lesen, von deren Wert ich nicht überzeugt bin. Nein, so hast du es ja bestimmt auch nicht gemeint und ich will hier nur noch meine Respekt vor der „webmistress“ ausdrücken. Auf dem hohen Ross sitzen ist gefährlich, da man nur allzu leicht herunterfällt. Und im Übrigen habe ich ja auch geschrieben, dass Schund fesseln kann... Gegen historische Romane habe ich nebenbei bemerkt grundsätzlich nichts, „Der Erwählte“ von T. Mann z. B. hat mir ausgesprochen gefallen :smile: (ob die Bezeichnung historischer Roman wirklich zutreffend ist, mag zweifelhaft bleiben) aber auch andere hist. Romane konnten mich überzeugen.
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Ich lese die sehr entspannenden Tagebücher T. Manns. Ich lerne viel über die damalige Zeit und geniesse die Lektüre in vollen Zügen. Was mich besonders fasziniert ist die Entdeckung der wirklichen Menschen, die hinter den Romanfiguren Manns stehen. Die Parallelen zwischen Leben und Werk sind aufschlussreich und erklären etliches. Ich kann diese Lektüre jedem empfehlen, der genügend Zeit hat und sich für Mann interessiert.
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Das habe ich nicht gewusst und bin nicht ganz sicher, ob das ganz korrekt ist Hubert: du schriebst Das Manuskript zum „Prozeß“ z.B. hatte Kafka bereits 1920 an Max Brod gegeben. Es war also fertig, durchgesehen und hätte zu Kafkas Lebzeiten veröffentlicht werden können, wenn dieser es gewollt hätte. Bist du dir ganz sicher? Das Manuskript war nicht einmal in einer eindeutigen Reihenfolge, wie Brod im Vorwort schrieb. Wenn der Roman vollständig abgeschlossen gewesen wäre, so dürfte es doch heute auch keine Diskussionen über Satzzeichen und Kapitelfolge geben. Jetzt fällt es mir wieder ein, wie es gewesen ist: ein Teil des Romans war fertig und korrigiert, im Nachlass fanden sich aber noch weitere Kapitel. Somit stimmt das, was ich eben geschrieben habe nur halb, die andere Hälfte findet sich bei Hubert...
Stimmt, Hubert, das habe ich vergessen. Max Brod war sicher auch persönlich daran interessiert, Kafka zu vermarkten. Man sagt auch (was ich ja schon angetönt habe), dass Kafka wusste, dass Brod sein Testament nicht vollstrecken würde, da Brod ihm schon zu Lebzeiten sagte, wie viel er von Kafkas Genie hielt. Das würde das ganze in ein etwas verwirrendes Licht stellen, da es wie eine Farce wirken würde, ein Testament zu schreiben, von dem man weiss, dass es nicht vollstreckt wird, was ich persönlich nicht annehme.
Dass das Testament vergessen wurde, ist vielleicht tatsächlich nicht ganz korrekt, ich erinnere mich auch wieder daran, dass Kafka selbst noch vor seinem Tod etliches verbrannte, wie seine damalige Lebensgefährtin (den Namen habe ich leider vergessen) berichtet. -
Josef, ich habe eine Frage:
Kommt lesen ohne Essen aber mit Wein gut? - Ich denke, da wird der Inhalt etwas verzerrt, vielleicht habe ich dich auch falsch verstanden...
Ich brache immer viel Essen, sonst ist nix mit Konzentration und Verständnis... :winken: -
Ja, auch ich habe mich öfters gefragt, weshalb Kafka dieses merkwürdige Testament geschrieben hat. Es gibt die Theorie, dass er gar nicht wollte, dass das Testament vollstreckt werden würde, sondern nur aus Verzweiflung und dem Gefühl, seinem Auftrag nicht genügt zu haben, bestimmte, dass sein Werk vernichtet werden müsse.
Ich denke, das stimmt ein Stück weit: er war sicher irgendwie unsicher, ob das, was er geschaffen hat, auch wirklich etwas tauge bzw. ob es so gut sei, wie es sein sollte. Er war einerseits stets ein Zweifler und andererseits war er zeitenweise auch von seiner Arbeit überzeugt.
Ich denke, das Testament wurde in einer Phase der Verzweiflung geschrieben und nachher vergessen.
Ein weiterer Grund war sicher auch, dass er die Schriften im Nachlass nicht korrigieren, überarbeiteen und vervollständigen konnte, was ihm bestimmt sehr unangenehm war, denn er war ein Perfektionnist. -
Sorry, ich sehe: in der Hast habe ich ungenau gelesen.
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Hallo Hubert
Wenn du die Autobiografie, die du zitiert hast gelesen hast, so wirst du die Stellen, in denen sich Grilllparzer negativ über Goethe äussert bestimmt auch gelesen haben, die eine Stelle ist kurz nach deinem Zitat. (Im übrigen: WAS ist das für eine tolle Gesamtausgabe in 42 Bänden? - Geschrieben hat Grillparzer eigentlich nicht so sehr viel, nach allem was ich weiss, aber vielleicht täusche ich mich, kläre mich darüber auf, wieviel Prozent der 42 Bände von Grillparzer selbst kommen)
Viel interessanter fände ich eine Diskussion über das Problem der Definition des Erfolges! Nach was richtest du dich in deine Werturteilen über Literatur? -
Zitat von "eRDe7"
Es mag zwar sowas wie Schund sein, aber es ist unglaublich spannend.
Das kenne ich auch! Schund kann unglaublich spannend sein. Ich frage mich nur, ob meine Zeit eigentlich nicht zu wertvoll ist. Dieser Schund ist weder hochstehend (von den Gedanken her) noch wirkt er entspannend, so dass es eigentlich pure Unterhaltung ist.
Ich lese sehr versichiedene Genres, aber weniger SF, dafür auch Biografien und Sachbücher. -
Hallo eRDe7,
Zitat von "eRDe7"Vielleicht komme ich irgendwann dazu, das Riesenwerk von Reiner Stach über Kafka zu lesen, das in meinem Bücherregal schon seit einiger Zeit aufmich wartet.
Es gibt ein Werk Steiners über Kafka? - Das habe ich immer gesucht und noch nicht gefunden. Könntest du mir den Titel angeben?
kang bondet: Wieso nicht hier über Kafka diskutieren? - Kafka ist der "König der deutschen Prosa", wie das einmal ein Sachverständiger ausdrückte. So farbig anschaulich wie seine Sprache ist keine andere, die ich kenne. Der Vorteil oder eben auch Nachteil der so zahlreichen Metaphern ist, dass die Interpretation viel interessanter, sprich schwieriger wird.
Ausser den Briefen an seine Freunde/Bekannten habe ich das ganze Werk Kafkas gelesen und bin hell begeistert. Auch einige Biografien/Interpretationen habe ich mir zu Gemüte geführt.
M.Brod wollte Kafka als Zionist darstellen, das ist richtig, da Brod selbst überzeugter Z. war. Kafka selbst lässt sich aber nicht so einfach schematisieren. Andere wollten ihn als Kommunisten oder gar Anarchisten sehen, aber auch die sind von der Wahrheit weit entfernt. Für mich ist Kafka eine eigenständige Person, mit seiner eigenen Moral und Einstellung.
an Steffi: Natürlich kann ich warten, schliesslich habe auch ich noch einiges vor, was gelesen werden will, z. B. Thomas Manns Tagebücher und die sind ganz schön zahlreich. -
Hallo Hubert,
Die grauen Männer sind natürlich Momo entnommen. Ich bin immer wieder entrüstet, wie skrupellos sie vorgehen: mir klauen sie die Zeit und leben davon!!! Verrauchen einfach mein Zeit! Das nenne ich eine Frechheit.
Vielen Dank, dass du mein Wissen erweitert hast. Wenn ich Zeit habe, so werde ich bestimmt die Lektüre von Bhagavad Gita aufnehmen.
Wie hat es dir persönlich gefallen? Hast du etwas fürs Leben gelernt? Ich nehme an, dass ja.
Leider kennne ich die östliche Kultur noch sehr wenig. Russland ja, aber der richtige Osten ist mir unbekannt. -
Hallo zusammen
Ich weiss, ich komme reichlich spät mit meinem Beitrag, aber die grauen Männer haben zugeschlagen und mir eine ganze Woche gestohlen.
Nachtrag zu meinem ersten Beitrag zu Kafka:
Gustav Janouch schrieb u. a.: „Mein Doktor Kafka ist für mich ein tief erlebtes und darum auch durchaus reales Idol meiner persönlichen, dabei aber über alles lediglich Individuelle hinaus wirkende Privatreligion, deren geistige Kraft mir die Bewältigung mancher absurden, bis in den eisigen Schatten der Vernichtung hinreichenden Situationen ermöglichte. Für mich ist der Dichter der „Verwandlung“, des „Urteils“, des „Landarztes“, der „Strafkolonie“ und der „Briefe n Milena“, die ich kenne, ein Künder konsequenter ethischer Verantwortung für alles Lebendige, ein Mann, in dessen scheinbar alltäglicher Kanzleiexistenz eines durch die Dienstpragmatik gebundenen Beamten der Prager Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt die hemmungslos prasselnde Glut der erdumspannenden Gottes- und Wahrheitssehnsucht der grössten jüdischen Propheten wetterleuchtete. Franz Kafka ist für mich einer der letzten und darum vielleicht auch einer der grössten, weil uns am allernächsten, Glaubens- und Sinnverkünder der Menschheit."
Steffi, ja, wieso nicht einmal etwas zusammen lesen? – Auf was hättest du Lust?
Hr. Enderlin, ich meine nicht, dass wer Kafka nicht deuten will, zu dumm dazu ist, aber ich finde es schade, wenn man es als unnötig abtut. (Denn Kafka schrief: „Nun, es ist nicht so wichtig“, sagte Raban, „ich meinte nur, Bücher sind nützlich in jedem Sinn und ganz besonders, wo man es nicht erwarten sollte. Denn wenn man eine Unternehmung vorhat, so sind gerade die Bücher, deren Inhalt mit der Unternehmung gar nichts Gemeinschaftliches hat, die nützlichsten. Denn der Leser, der doch jene Unternehmung beabsichtigt, also irgendwie (und wenn förmlich auch nur die Wirkung des Buches bis zu jener Hitze dringen kann) erhitzt ist, wird durch das Buch zu lauter Gedanken gereizt, die seine Unternehmung betreffen. Da nun aber der Inhalt des Buches ein gerade ganz gleichgültiger ist, wird er Leser in jenen Gedanken gar nicht gehindert und er zieht mit ihnen mitten durch das Buch, wie einmal die Juden durch das Rote Meer, möchte ich sagen.“
Auch ich möchte mich bei hafis50 herzlich bedanken, die Biografie Brods ist mir nicht fremd, aber ich versäumte es die relevanten Stellen für diese Forum herauszusuchen.
alpha
p. s. Bin ein Ignorant: wer ist "Bhagavad Gita" ? - Kann dementsprechend nichts dazu zu sagen -
Hallo Lucien
Zuerst einmal: ich habe geschrieben, dass die Idee von einer Religion Kafkas nicht von mir stammt, sondern von Gustav Janouch, dem jugendlichen Bewunderer Kafkas, der viele Stunden mit ihm in Gesprächen und in Schweigen verbracht hat.
Dass du bei Kafka nur die Sinnlosigkeit der Welt siehst, betrübt mich, kann aber durch deine unvollständige Kenntnis seiner Schriften erklärt werden. Ich bin der Ansicht, dass bei Kafka die Welt nicht sinnlos ist, sondern der Sinn verborgen ist, weshalb sich seine Figuren auch andauernd auf die Suche nach dem Sinn machen (K. will ins Schloss z. B.).
Ein wesentlicher Bestandteil seiner Ethik/Lehre/Religion ist, dass der Sinn verborgen ist und dass man dennoch nicht verzweifeln darf. Den Tod darf man sich zwar wünschen, nicht aber Selbstmord begehen, da man sonst seiner Bestimmung nicht gerecht wird. Es gibt einen Gott, aber er ist verborgen und unerreichbar. Wenn du Albert Camus kennst, so weißt du bestimmt etwas über DAS ABSURDE bescheid. Genau das ist es, was man als Teil bei Kafka finden kann.An Enderlin:
Nein, es muss nicht alles etwas bedeuten, aber zumindest die Aphorismen sind geschrieben um etwas auszusagen, denke ich. Anders als was ist Kafka? – Was liesst du denn gerne? Ich lese Kafka nicht um Kafkas willen, sondern weil es so vielseitig ist, so schön, eine so reiche Sprache, Alpträume? – Ja, und nein, ich empfinde es mehr als Schilderung der Welt, wie sie ein Mensch wie Kafka gesehen hat. Seine Persönlichkeit ist entscheidend für das Verständnis seines Werkes. Ausserdem ist es eine Tatsache, dass, jenachdem wer es liest, alles, absolut alles, in seine Texte hineingelesen werden kann. Es gibt plausiblere und weniger plausible Deutungen. -
Hallo Hubert.
Ich glaube, wir nehmen das etwas zu persönlich (nimm es nicht persönlich und ich gebe mir mühe, es auch nicht zu tun): dass du meine Wortklauberei (im Zusammenhang mit Goethe und Grass) angreifst, ist einerseits verständlich und andererseits ist es genau dieses wörtliche Verstehen, der gesagten Dinge, die einem helfen können, seine Sprache zu optimieren. Man sieht dann sofort, wie ungenau man geschrieben hat und wie verschieden eine Aussage verstanden werden kann.
Da du betonst, wie wichtig für dich die Gedichte Goethes sind, wirst du vielleicht verstehen können, dass jemand, der mit Gedichten nichts anfangen kann, Goethe nicht so hoch schätzt wie du.
Was auch immer wieder interessant ist: du definierst "bedeutend" mit "wird noch gespielt"! Es ist ein heikles Thema, das weiss ich, aber Bedeutsamkeit mit langjährigem Publikumserfolg gleichzusetzen finde ich etwas falsch, nicht komplett falsch, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Gespielt wird, was einer Mehrheit des Publikums gefällt, oder auch, was der Theaterintendat meint, es müsse gesehen werden. Letzteres ist also sehr persönlich beeinflusst und ersteres ist von dem her kritisch, da es vor allem der Mittelstand ist, der ins Theater geht. Ob nun der Mittelstand entscheiden kann, was bedeutend ist oder nicht, bezweifle ich. Ich bin Anhänger einer Elitephilosophie: nur wenige können, basierend auf vernünftigen Argumenten, Vergleichen etc., entscheiden, was allgemein als bedeutend zu gelten hat.
Dass sich Kleist um einen Empfang bei Goethe bemühte, wusste ich gar nicht. Nur dass er etwas wie ein Hausfreund Wielands war, ist mir bekannt. Da sehe auch ich, was es zu lernen gibt.
Zu Grillparzer: du erwähnst deine Gesamtausgabe. Ich muss annehmen, dass du sie nicht von vorne bis hinten gelesen hast, oder zumindest dir nicht mehr alles präsent ist, denn es gibt (in meiner Gesamtausgabe jedenfalls) eine Autobiographie Grillparzers, in welcher der Besuch bei Goethe genau geschildert wird.
Wegen dem Leiden unter dem berühmten Vater: Ja, es gibt bei Klaus eine Vermischung zwischen dem Problem des berühmten Vaters und des einen Schriftstellers unter dem anderen; so viel ich weiss, war August nicht Schriftsteller...
Gruss alpha -
Wie ich annehme, kennen die meisten von euch etliche Schriften Kafkas. Mich würde interessieren, wie ihr dazu steht, sein Werk als Grundlage für eine Religion/Weltanschauung zu sehen. Dieser Gedanke stammt nicht von mir, sondern von Gustav Janouch, einem jungen Bewunderer Kafkas. Irgendwie hat mir diese Idee gut gefallen, denn besonders die Aphorismen können als Basis für eine neue Weltanschauung und Ethik dienen. Die Aphorismen zusammen mit dem Rest des Werks ergeben viel Material, eine relativ einheitliche Aussage und somit ist es möglich, Kafka, nicht als Gott, aber als Propheten anzusehen.
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Hallo JMaria
Wieso hebst du dir Mephisto und Dr. Faustus auf? - Lies diese Bücher doch zuerast allein. Sie sind nicht über alle Massen kompliziert, sondern sehr interessant, schön, aussagekräftig und lehrreich. Als Ladenhüter sind sie etwas zu schade.
Auch ich habe Ladenhüter, z. B. "Die Göttinen" von H. Mann...
Lesen gehört für mich zum täglichen Leben, ich habe nicht direkt einen Plan, aber so etwa, was ich wann, wieso lesen möchte, weiss ich meistens schon... -
Ich weiss nicht so recht, ob ich diese Diskussion interessant finden werde, aber mal sehen; auch Fakten können ihren Reiz haben...
AlsoHallo Hubert;
Für mich bleibt Goethe ein Verherrlicher des Naturmenschen, was mir schlicht und einfach nicht zusagt, ausserdem kann ich allgemein nichts mit Lyrik anfangen, so dass ein grosser Teil seines Schaffens mich überhaupt nicht interessiert.
Nun zu Grillparzer:
1826 als Grillparzer zu Goethe reiste, hatte er immerhin schon die Ahnfrau, Sappho und das goldene Vlies veröffentlicht, welches alles recht bedeutende Werke von ihm sind. Grillparzer war im Übrigen nicht 4 Tage Gast Goethes, sondern war vier Tage in Weimar und während dieser Zeit ca. zwei bis dreimal bei Goethe, der nur wenig und, nach Grillparzers Schilderung, sehr herablassend mit ihm sprach. Dazu ist zu sagen, dass es Grillparzer nicht an Selbsüberzeugung fehlte, denn er hielt sich, nach Goethe und Schiller, für den drittgrössten deutschen Dichter (was, wie ich auch bei deinem K. Mann Zitat bemerken möchte, gar nichts beweist, die Schattenprobleme betreffend, denn was man selbst denkt und was die Welt denkt, das kann sehr verschieden sein). Dein Vergleich mit Günther Grass ist ein wenig schief, wenn du mir dies zu sagen erlaubst, denn Grass mit Goethe zu vergleichen finde ich ein starkes Stück, ganz zu schweigen von der Änderung der Sitten (bei Goethe war es gang und gäbe, dass er die Leute empfing, die sich für ihn interessierten, weshalb er auch so populär geworden ist, eine Popularität, die dem diskretere Schiller fehlt und die Gleichzeitig mit ein Grund für Goethes gottähnliche Verehrung ist. Es ist nachgewiesen, dass Grillparzer beleidigt war und verbitterte, da er sich als ein verkanntes (unter anderem auch von Goethe) Genie hielt...
Klaus Mann hat gelitten, auch das ist bekannt. Ob er sich für ein Genie hielt oder nicht sei dahingestellt. Was ist ein Genie? – Ist es nicht fast besser, ein „normaler“, handwerklich geschickter Künstler zu sein, als ein „verkanntes Genie“, für welches sich Klaus fast halten musste, wenn er sich seinen verhältnismässig (zum Vater) geringen Erfolg erklären wollte.
Alpha