Kafka als Religion

  • Ja, auch ich habe mich öfters gefragt, weshalb Kafka dieses merkwürdige Testament geschrieben hat. Es gibt die Theorie, dass er gar nicht wollte, dass das Testament vollstreckt werden würde, sondern nur aus Verzweiflung und dem Gefühl, seinem Auftrag nicht genügt zu haben, bestimmte, dass sein Werk vernichtet werden müsse.
    Ich denke, das stimmt ein Stück weit: er war sicher irgendwie unsicher, ob das, was er geschaffen hat, auch wirklich etwas tauge bzw. ob es so gut sei, wie es sein sollte. Er war einerseits stets ein Zweifler und andererseits war er zeitenweise auch von seiner Arbeit überzeugt.
    Ich denke, das Testament wurde in einer Phase der Verzweiflung geschrieben und nachher vergessen.
    Ein weiterer Grund war sicher auch, dass er die Schriften im Nachlass nicht korrigieren, überarbeiteen und vervollständigen konnte, was ihm bestimmt sehr unangenehm war, denn er war ein Perfektionnist.

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo kang bondet,


    Die Frage nach dem Motiv ist sicher interessant und es haben sich schon viele damit beschäftigt, aber ich befürchte es gibt keine beweisbare Antwort darauf. Was ich aber darüber weiß, will ich Dir gerne mitteilen:


    Zunächst, es gibt nicht ein Testament, sondern nach Kafkas Tod 1924 hat man 2 Notizen gefunden, die beide an Max Brod gerichtet waren. Die Kafka-Forschung geht davon aus, dass die ältere Schrift von 1920 stammt, die jüngere von 1922/23. Beide „Testamente“ verfügen die Vernichtung alles Unveröffentlichten, das jüngere verweigert zusätzlich die Erhaltung der bereits publizierten „Betrachtung“. Ich selbst denke, dass Kafka die nicht veröffentlichten Sachen zu mindest so weit sie schon länger abgeschlossen waren, nicht so gut fand, als die bereits veröffentlichten Erzählungen und dachte, dass diese seinem Ruf als Autor dadurch schaden könnten. Das Manuskript zum „Prozeß“ z.B. hatte Kafka bereits 1920 an Max Brod gegeben. Es war also fertig, durchgesehen und hätte zu Kafkas Lebzeiten veröffentlicht werden können, wenn dieser es gewollt hätte.


    Andererseits bleibt die Frage, warum Kafka dann ausgerechnet Max Brod mit der Vernichtung beauftragte hat. Dieser hatte, bereits zu Kafkas Lebzeiten seine Einstellung zum Werk seines Freundes Kafka geäußert und hatte auch vorher schon mit Erfolg Kafka zur Veröffentlichung einzelner Werke bewegt. Die von alpha erwähnte Theorie könnte da sicher eine Rolle gespielt haben.

    Warum hat Max Brod sich nicht an die Verfügung Kafkas gehalten? Sicher war Max Brod von der Qualität von Kafkas Werken überzeugt. Ob auch finanzielle Interessen eine Rolle spielten, weiß ich nicht. Sicher ist aber, dass der Name Max Brod heute meistens nur dann fällt, wenn von Kafkas Werk die Rede ist.


    alpha
    Wenn Du Kafka als Zweifler und Perfektionisten bezeichnest , hast Du sicher recht. Das sehe ich genauso. Dass „das Testament“ vergessen wurde, ist dagegen eher zweifelhaft, warum hätte Kafka sonst zwei Jahre nach dem ersten ein zweites verschärftes geschrieben?


    Grüße von Hubert

  • Das habe ich nicht gewusst und bin nicht ganz sicher, ob das ganz korrekt ist Hubert: du schriebst Das Manuskript zum „Prozeß“ z.B. hatte Kafka bereits 1920 an Max Brod gegeben. Es war also fertig, durchgesehen und hätte zu Kafkas Lebzeiten veröffentlicht werden können, wenn dieser es gewollt hätte. Bist du dir ganz sicher? Das Manuskript war nicht einmal in einer eindeutigen Reihenfolge, wie Brod im Vorwort schrieb. Wenn der Roman vollständig abgeschlossen gewesen wäre, so dürfte es doch heute auch keine Diskussionen über Satzzeichen und Kapitelfolge geben. Jetzt fällt es mir wieder ein, wie es gewesen ist: ein Teil des Romans war fertig und korrigiert, im Nachlass fanden sich aber noch weitere Kapitel. Somit stimmt das, was ich eben geschrieben habe nur halb, die andere Hälfte findet sich bei Hubert...
    Stimmt, Hubert, das habe ich vergessen. Max Brod war sicher auch persönlich daran interessiert, Kafka zu vermarkten. Man sagt auch (was ich ja schon angetönt habe), dass Kafka wusste, dass Brod sein Testament nicht vollstrecken würde, da Brod ihm schon zu Lebzeiten sagte, wie viel er von Kafkas Genie hielt. Das würde das ganze in ein etwas verwirrendes Licht stellen, da es wie eine Farce wirken würde, ein Testament zu schreiben, von dem man weiss, dass es nicht vollstreckt wird, was ich persönlich nicht annehme.
    Dass das Testament vergessen wurde, ist vielleicht tatsächlich nicht ganz korrekt, ich erinnere mich auch wieder daran, dass Kafka selbst noch vor seinem Tod etliches verbrannte, wie seine damalige Lebensgefährtin (den Namen habe ich leider vergessen) berichtet.

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  • Hallo alpha,


    ich kenne das Vorwort von Max Brod. Bei meiner Bemerkung habe ich mich nicht an Max Brod, sondern an die Kafka-Forschung gehalten. Im Kafka-Handbuch (Band 2: Das Werk und seine Wirkung: III. Teil: Das Werk: A. Der Text: 1. Der Nachlaß – Die Situation 1924:b) Besitzverhältnisse und Umfang) heißt es: „Der unveröffentlichte Nachlaß war verstreut. Brod selbst besaß den „Prozeß“, den ihm Kafka 1920 überlassen hatte; Brod benötigte das Manuskript für die Abfassung seines Essays „Der Dichter Franz Kafka“, der dann im November 1921 in der „Neuen Rundschau“ erschien.“


    Über die Qualität der Ausgaben schreibt das Kafka-Handbuch:
    „Schon die erste Ausgabe des Prozeß-Romans machte deutlich, nach welchen Prinzipien Brod editieren wollte: ....in der ersten (Berlin-Prager) Ausgabe sind Fragment gebliebene Kapitel oder gestrichene Stellen eingefügt oder in den jeweiligen Anhang aufgenommen..... für die zweite (New Yorker) Ausgabe wurden wiederum Ergänzungen und Erläuterungen nachgeschoben, ohne dass die Ausgabe prinzipiell verändert wurde. Dies wiederholte sich bei der dritten (Frankfurter) Ausgabe.


    Ich will Brod nichts unterstellen, aber so kann man natürlich dreimal ein Geschäft machen.


    Der Name der letzten Lebensgefährtin von Kafka war Dora Dymant.


    Ich wollte noch etwas zu Janouchs „Gesprächen mit Kafka“ schreiben. Besteht da Interesse (es wird aber eher kritisch), oder kann ich mir die Arbeit sparen?


    Gruß von Hubert

  • Hallo Leute


    Auch ich bin Kafka-Fan. Seine Werke sind unverkennbar grosse Literatur!


    In talmud.de gibt es einen interessanten Artikel über Kafka und seine jüdischen Wurzeln, gerade in Bezug auf die Kabbala.


    Auch wenn manche es bezweifeln, begriff sich Kafka durchaus existenzialistisch. Er wollte die Leser durch seine Novellen (und noch unveröffentlichten Romanfragmente) bis ins Mark treffen und nicht einfach nur schöngeistige Literatur produzieren.


    Kafkas Hauptquelle, den Traum, darf man keinesfalls ausser acht lassen. Ich selbst bin Vielträumerin und hatte mehr als einmal ähnliche Träume wie Kafka, ohne mich auf sein Niveau stellen zu wollen.


    Kafkas Methode bestand darin, sich einem unruhigen Dämmerschlaf auf seiner Couch hinzugeben, wo ihm die Träume und Visionen erinnerbar einfielen. Es gibt denn auch ein Buch über Kafka und seine Träume, die er vorsorglich in knappen Worten aufschrieb.


    Durch die Parallelen zu manchen meiner eigenen Träume, glaube ich, das Wesen von Kafkas Literatur hauptsächlich im Traum zu entdecken, wie der Traum die Realität verarbeitet, unbewusste Bedürfnisse aufs Tapet bringt, Bevorstehendes erahnt, usw.


    Ich denke da weniger an Jungs Archetypen. Erfahrungsgemäss weiss ich, dass Träume viel wörtlicher sind als anhin vermutet, dass die realen Elemente nur etwas anders verknüpft werden, so ähnlich, wie Freud es schon erkannte, ohne alles auf die Libido beschränken zu wollen, auch wenn Freud darin das allgemeine Bedürfnis nach Liebe meinte und nicht nur sexuelle Triebe, wie ihm oft unterstellt wurde.


    Ich beziehe mich eher auf Freuds reine Beobachtung der Träume und ihre Elemente und weniger auf seine meiner Meinung nach revisionsbedürftige Traumauslegung. Die Deutung ist nämlich vielmehr gedanklicher Natur, wie wir es vom Bewusstsein her kennen.


    Interessant ist immer das letzte Werk, das ein Autor hinterlässt, bei Kafka Das Schloss. Da er zu diesem Zeitpunkt bereits TBC-krank war und wusste, dass sein Leben nicht mehr allzulange währen wird, kann man sein Leiden und Sterben nicht ausklammern, wenn es um die Deutung von Kafkas Schloss geht.


    Gerade deshalb berührt mich persönlich Das Schloss besonders tief, auch wenn Der Prozess literarisch höher stehen mag.


    Die scheinbaren Parallelen zu ostreligiösen Glaubensvorstellungen haben eher mit der Kabbala und dem Judentum zu tun, was für Christen oft nur schwer nachvollziehbar ist, da das jüdische Gedankengut der christlichen Welt weitgehend verschlossen geblieben ist (denn das Judentum missioniert nicht).


    Talmud- und Kabbala-Kenntnisse sind wichtige Grundbedingungen für die Deutung Kafkas, der gegen Ende seines Lebens sich immer mehr dem Judentum zugehörig fühlte.


    In den USA wird die Rolle des Traums in Kafkas Werk mehr berücksichtigt.


    Bye, Evelyne

  • Hallo Evelyne,


    zunächst auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns im Klassikerforum. :blume: :blume: :blume:


    Deinen Bemerkungen über Kafka kann ich nur zustimmen. Er stand fest in der jüdischen Tradition und wollte keine neue Religion schafften, wie von manchen vermutet. Auch der Ansatz, Kafkas Träume als Quelle seines Schaffens in die Deutung seiner Werke mit einzubeziehen ist sicher richtig.


    Mit der jüdischen Kabbala habe ich mich einige Zeit beschäftigt. Da gibt es ja viel interessantes auch zur Deutung der biblischen Texte. Leider bin ich nie weiter vorgedrungen, als bis zur überall erhältlichen Literatur. Wie weit gehen Deine Kabbala-Kenntnisse? Kennst Du z.B. das Buch Sohar?


    Ich freue mich, das Du auch am Bibel-Projekt teilnehmen willst.


    Liebe Grüße von Hubert

  • Hi Hubert :smile:



    Meine Kabbala-Kenntnisse reichen leider nicht weit, habe lediglich das Buch "Kafka und die Kabbala", ist momentan nicht gerade in Reichweite, glaube mich jedoch zu erinnern, dass es vom Fischer-Verlag ist.


    Im Judentum selbst wird angeraten, die Kabbala erst ab dem 40.Lebensjahr zu lesen, ob sich Kafka daran gehalten hat, lässt sich schwer feststellen, als Schriftsteller wahrscheinlich nicht.


    Ich kenne jemanden, der die Kabbala liest, und nehme an, das schlägt sich in irgendeiner Form auf die poetischen Mails nieder, die ich bekomme, habe auch sonst den Eindruck, Kafka ist sehr jüdisch, mehr, als weithin angenommen wird.


    In Israel wird er denn auch stark verehrt, so wie in Deutschland, denn gleichzeitig ist Kafka deutsch, so mein persönliches Empfinden. So kann Kafka Brücke zwischen (deutschen) Christen und (deutschen) Juden sein, ein schöner Gedanke. Wiederentdeckt haben ihn allerdings die Amerikaner.


    Wenn Du Kontakte zu Juden knüpfen willst, maile mich an. Vielleicht kann ich Dir weiterhelfen, aber versprechen tue ich nichts, denn wie gesagt, die Kabbala sollte nicht vor 40 gelesen werden und dann wohl nur von Juden.


    Gustav Meyrinks Fantastik-Romanbestseller Der Golem verarbeitete bekanntlich Kabbala-Motive, aber natürlich lässt sich nicht sagen, was nun daran wahr ist und was nicht.


    Meyrink war zudem kein Jude und verarbeitete viele Religionen in seinen rätselhaften Werken, ein Hochliterat, trotz stilistischer Mängel, welche aus dem uneinheitlichen Stoff resultieren, ist auch schwer, jeweils eine ganze Religion zwischen zwei Buchdeckeln klemmen zu wollen.


    Das poetische Flair des Judentums hat er allerdings recht gut getroffen, finde ich. Die Gemeinsamkeiten mit Kafka liegen natürlich ebenso darin begründet, dass sie Zeitgenossen waren und beide vom damals aufkommenden Existenzialismus beeinflusst wurden.


    Good-bye, Evelyne

  • Hallo zusammen!


    Hubert
    Du kannst mal weghören. Wenn Du dich bereits mit der Kabalah beschäftigt hast, weisst Du sicher mehr darüber als ich. :smile:


    Kabalah - die jüdische Form der Mystik (so, wie der Sufismus die islamische Seite darstellt). Wird unterteilt in die drei Bereiche
    - theoretische
    - meditative
    - magische Kabalah.


    Die meisten Texte existieren nur als Handschriften in Bibliotheken. Daher der geheimnisvolle Ruf, den die Kabalah unter Profanen hat. + die Tatsache, dass tatsächlich welche glaub(t)en, magische Kräfte wären durch Kabalah erreichbar.


    Das mit den 40 Jahren höre ich zum ersten Mal. Ist wahrscheinlich abgeleitet von der Forderung, die ich hörte: Dass man über sehr gute Kenntnisse der Thorah und des Talmud verfügen müsse, wenn man sich gewinnbringend mit der Kabalah beschäftigen will. Nun umfasst der babylonische Talmud ungefähr 6000 Seiten Folio. Ein gründliches Studium alleine dieser Seiten mag gut und gern 1 oder 2 Jahrzehnte in Anspruch nehmen ...


    Selber kenne ich nur das Sefer Jezirah, d.h., ich habe vor Jahren mal drin geschmökert.


    Suse
    (auch im Hinblick aufs Bibel-Projekt:)
    Wie wäre es, wenn wir (im Forum oder irgendwo anders auf Deiner Seite) von Grundbegriffen wie 'Thorah', 'Pentateuch', 'Kabalah', 'Bhagavad Gita' etc. kurze Definitionen deponieren könnten? Würde uns in vielen Fällen das 'Googeln' ersparen. :zwinker:


    Oh, und ich meine: Definitionen, nicht: Diskussionen!


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hi Sandhofer :zwinker: so besser?


    Die Altersgrenze 40 hörte ich von jüdisch-orthodoxer Seite, wahrscheinlich MÜNDLICHE jüdische Tradierung.


    Eine gewisse Reife dazu wird vorausgesetzt, wie ich aus zweiter jüdisch-orthodoxer Quelle bestätigt erhielt, ob genau 40, weiss ich nicht, denn in den jüdischen Gemeinden gibt es viele unterschiedliche Deutungsrichtungen.


    Dass mit der Kabbala magische Fähigkeiten verbunden sein sollen, las ich aus Gustav Meyrinks Anhang (Meyrink wurden solche nachgesagt), hörte im TV von einer Hellseherin, die sich mit der Kabbala befasste und einen Rabbi dazu überredet haben soll, ihr dabei zu helfen.


    Ich weiss nur Indirektes, gewann jedoch den Eindruck, die Kabbala war/ist für reifere Köpfe gedacht, weil es viel mit mystisch-magischem Denken zu tun hat.


    Das lässt sich nicht mit reinem Verstandesdenken erklären, sondern nur mit einem fortgeschrittenen Glauben an HaShem (= hebräisch G-tt/Gott).


    Jedenfalls eine spannende Sache und gerade in Bezug auf Kafka hochinteressant.


    Dieses mystische Denken der religiöswissenschaftlichen hebräischen Kabbala, welche viele christliche Geheimwissenschaften übernommen haben, und des islamischen Sufismus ist natürlich auch in anderer Form in anderen Religionen anzutreffen, so in den ostreligiösen Mönchsritualen usw., ist schon in den Naturreligionen und letztendlich in der menschlichen Grundreligiosität angelegt.


    Ohne diesen Drang zum (Geheim-)Wissenschaftlichen (man denke des weiteren an Paracelsus und die mittelalterliche Alchemie), gäbe es heute wohl keine moderne Naturwissenschaft (von Alchemie zur Chemie, von religiös-philosophischer Wissenschaft zur Naturwissenschaft, Psychologie und Parapsychologie).


    Im Grunde genommen hatte Einstein, der Jude war, dieses Denken auf moderne Weise weitergeführt, vielleicht half ihm die Kabbala dabei, wer weiss.


    Jedenfalls sah er in der Realität ein Rätsel, übernahm nicht einfach die alten Theorien, weshalb er bemerkte, dass das Licht der Taschenlampe im fahrenden Zug sich anders verhielt als wiederum in einem fahrenden Lift usw.


    Auf diese Weise entwickelte er die Relativitätstheorie, was sich für seine ersten Zuhörer anfangs wie eine occulte Geheimwissenschaft angehört haben mag.


    Wer weiss, was wir alles noch herausfinden werden.


    Nicht nur Kafka bleibt ein ewiges Rätsel, sondern erst recht das Leben.


    Wie spannend! Lasst es uns entschlüsseln!


    Bye, Evelyne

  • Hi Eveline!


    A propos 'entschlüsseln': Du schreibst Deine Beiträge - fast hätte ich gesagt: ohne Punkt und ohne Komma - aber jedenfalls ohne Abschnitte zu bilden. Vielleicht ist das ja ein Zeichen beginnender Altersdemenz meinerseits, aber ich kann das am Bildschirm fast nicht lesen, wenn da mehr als 5-6 Zeilen hintereinander sich auftürmen.


    Ich überflieg's oder ich lasse es ganz bleiben.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hi Ivy


    es sollte dich freuen, dass das Kafka-Kleist Projekt so gut hier ankommt. Demnächst startet dein Vorschlag mit Kafka's Prozess. Bist du dabei?


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "JMaria"

    Hi Ivy


    es sollte dich freuen, dass das Kafka-Kleist Projekt so gut hier ankommt. Demnächst startet dein Vorschlag mit Kafka's Prozess. Bist du dabei?


    Gruß Maria



    Hi Maria


    Na klar, Kafkas Prozess will ich mir nicht entgehen lassen. :breitgrins:


    Bye, Ivy

  • Hallo!


    Vielleicht lohnt es sich, diesen thread anläßlich der stattfindenden Kafka-Leserunde wiederzubeleben.


    Kafka als Religion? Nein, für mich sicher nicht. Gerade menschlich ist Kafka für mich kein Vorbild. Und seine Werke sind zwar exemplarisch für die Sinnsuche der Moderne, aber dadurch auch für das Nicht-Finden des Sinnes. Es wäre also eine recht trostlose Religion.


    Kafka ist meiner Ansicht nach einer der Autoren des 20. Jahrhunderts, der noch in Jahrhunderten gelesen wird, gerade weil der Zeiten Geist seines Jahrhunderts sich in seinen Werken spiegelt.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    Zitat

    Gerade menschlich ist Kafka für mich kein Vorbild.


    Würde mich freuen, wenn du dies etwas erläutern könntest.



    Zitat

    Und seine Werke sind zwar exemplarisch für die Sinnsuche der Moderne, aber dadurch auch für das Nicht-Finden des Sinnes. Es wäre also eine recht trostlose Religion.


    Was ich mich frage: Sucht(e) Kafka mit/in seiner Literatur wirklich nach "dem Sinn"? Glaubte er überhaupt an einen "Sinn" als solchen?
    Eine Frage, die ich aber nicht beantworten kann.
    Und eine Religion würde ich auch nicht aus ihm machen wollen, obwohl es zumindest mögliche religiöse Lesearten gibt, die v.a. von Brod angestossen wurden. (Besonders die Deutungen vom "Prozess" bzw. vom "Schloss")



    Zitat


    Kafka ist meiner Ansicht nach einer der Autoren des 20. Jahrhunderts, der noch in Jahrhunderten gelesen wird, gerade weil der Zeiten Geist seines Jahrhunderts sich in seinen Werken spiegelt.


    Da stimme ich dir vollkommen zu, wobei ich aber denke, dass er darüber hinaus einer von rel. wenigen Autoren ist, die "zeitlos" sind, d.h. die unabhängig von dem Wissen um ihre historischen/ politischen/philosophischen Gegebenheiten gelesen werden können. ("verstanden werden können" passt in diesem Zusammenhang irgendwie nicht) Allerdings ist dies meine persönliche Meinung, manche Zeitgenossen von ihm meinten z.b., dass man ihn nie über die Umgegend von Prag hinaus verstehen würde...


    Was mich an Kafka besonders und immer wieder aufs neue fasziniert ist seine glasklare Sprache und die Beschreibungen die Szenerien, die auf mich, wenn ich sie mir vorstelle, oft sehr grotesk und wie gegen meinen "Verstand" laufend wirken ("Traumlogik"). Es bleibt stets etwas wie Unverständnis und Fremde zurück...


    Mit freundlichem Gruss,


    REZK

    &quot;Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg, was wir Weg nennen ist zögern&quot; (F. Kafka)

  • Hallo zusammen!


    Eine Wiederbelebung eines Threads ist nur sinnvoll, wenn man sich auch die vorhergehenden Beiträge wieder zu Gemüte führt - was ich jetzt, zum Teil immerhin, getan habe. Es soll also nochmals um das Grundthema gehen, in welchem Masse man Kafka als Propheten oder ähnliches ansehen kann?


    Es ist am Anfang des Threads einiges dazu geschrieben worden, besonders auf den Beitrag von Hafis möchte ich hinweisen.
    Und: Ohne Aphorismen oder die Gespräche mit Janouch liegt die Idee, eine Art Religion aus Kafka zu machen tatsächlich ziemlich fern!


    Pius: Du klagst darüber, dass Kafka dem Leben keinen eindeutigen Sinn gibt. Hast du einen gefunden?


    Es grüsst
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo!


    rezk:

    Zitat


    Gerade menschlich ist Kafka für mich kein Vorbild.


    Würde mich freuen, wenn du dies etwas erläutern könntest.


    Nun, Kafka als Mensch hatte viele innere und äußere Konflikte, die er nicht überwinden konnte. Er war keine stabile, in sich gefestigte Persönlichkeit. Das waren z.B. Mozart oder Van Gogh auch nicht, das hindert mich aber nicht, sie als Künstler zu bewundern.


    alpha:

    Zitat

    Es ist am Anfang des Threads einiges dazu geschrieben worden, besonders auf den Beitrag von Hafis möchte ich hinweisen.


    Habe ich gelesen. ich komme sicher bei der Leserunde darauf zurück.

    Zitat

    Und: Ohne Aphorismen oder die Gespräche mit Janouch liegt die Idee, eine Art Religion aus Kafka zu machen tatsächlich ziemlich fern!


    Die Gespräche kenne ich nicht, die Aphorismen aber durchaus. Sie sind für mich aber als "Quelle der Weisheit bzw. Erkenntnis" nicht mit z.B. den Gesprächen des Konfuzius vergleichbar, aus denen ja tatsächlich eine Religion hervorging.

    Zitat

    Du klagst darüber, dass Kafka dem Leben keinen eindeutigen Sinn gibt. Hast du einen gefunden?


    Ja. (für mich, nicht für Kafka!) Das Wort "eindeutig" muß aber hinweg.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat von "Pius"

    ...keine stabile, in sich gefestigte Persönlichkeit. Das waren z.B. Mozart oder Van Gogh auch nicht, das hindert mich aber nicht, sie als Künstler zu bewundern.


    Hallo Pius,


    da ich mich schon lange mit dem Phänomen Mozart beschäftige, finde ich diese Aussage sowohl erstaunlich als auch interessant. Was bringt Dich dazu? Möchtest Du es etwas näher erläutern?


    Zitat


    Zum Thema Lebenssinn habe ich ein Erlebnis, das mich zu seiner Zeit nachdenklich machte. Ein (Ost)Berliner Freund wünschte sich damals noch unveröffentlichte Texte von Saint Exupéry, unter dem Titel "Dem Leben einen Sinn geben". Aus dem Vorwort: "Auch in dieser.....Prosa geht es dem Dichter um die Stellung des Menschen in der Welt. Ein Leben ohne positiven Sinn ist für Saint-Exupéry undenkbar, eine Welt ohne überirdische Vernunft, ohne göttliche Ordnung birgt in sich den Keim der Zerstörung."
    Nun mag man zu dieser Auffassung stehen wie man will. Jedenfalls erreichte dieses Buch den Adressaten nie. Der in dem Buch aufgeführte Lebenssinn entsprach sicher nicht dem der dortigen Obrigkeit.


    Entschuldigt die Abschweifung, alphas Frage und Pius' Antwort verleitete mich dazu!


    Viele Grüße,
    Gitta