Beiträge von alpha

    Hallo Pluralis Majestatis,


    habe hier ja eigentlich nichts zu sagen, finde es aber recht penetrant, wenn Sie zweimal den gleichen Beitrag, beide mal am komplett falschen Ort posten und dann erst noch ein Beitrag, der in diesem Forum etwas am falschen Platz ist: Können Sie lesen? - Ich muss davon ausgehen, sonst hätten Sie kaum hier schreiben können; andererseits: Wenn Sie lesen könnten, dann hätten Sie nicht hier und das gepostet :rollen: Nun, es steht klipp und klar:

    Zitat

    Hilfestellung für Schüler von ehemaligen Schülern und solchen, die es werden wollen. Achtung: Hier gibt es keine vorgekauten Inhaltsangaben!


    Immerhin ist das Gedicht von Hesse nicht gar so schlecht, zwar einfach ein Liebesgedicht, aber die braucht es schliesslich auch!


    Also eine Interpretation liefere ich nicht, erstens aus Prinzip, zweitens, weil dieses Gedicht meiner Meinung nach keiner Interpretation bedarf (es spricht wunderschön für sich) und dritterseits, weil ich jetzt in die Ferien fahre :breitgrins:


    Man möge mir verzeihen oder nich, ich erfahre es erst in einer Woche und werde mich kaum darum scheren, was Sie von mir halten.


    Vielleicht finden Sie ja eine hilfsbereitere Person, hier oder anderswo.


    Es grüsst
    alpha



    :belehr: :belehr: :belehr: Wenn das Gedicht mir wirklich noch gefallen hätte und das Posting nicht gerade zweimal aufgetaucht wäre, hätte ich schön brav geschwiegen. Bin eigentlich nicht streitsüchtig :kaffee: :schulterzuck:



    p.S Jetzt ist mir doch tatsächlich Sandhofer dazwischen geraten! – Poste dennoch, offensichtlich bin ich nicht alleine mit meiner Meinung! – Danke, Sandhofer :smile:

    Hallo!

    Zitat von "Steffi"


    Da geht es mir wie bei vielen zeitgenössischen Büchern: ein paar hippe Themen, ein paar hippe Wörter und das wars. Hauptsache auf dem Klappentext kann was draufstehen, das verkaufsfördernd ist und in hippen Frauenmagazinen besprochen werden kann :grmpf:


    Dem kann ich nur zustimmen! :klatschen:


    Gruss
    alpha

    Zitat

    "Ein Genie ohne Erweckung, ein Künstler ohne Berufung - das ist das Thema dieser fast spektakulär gut erzählten Geschichte." (FAZ)


    Zitat

    Der Autor besitzt eine stilistische Genialität, die den Roman in den Rang eines der besten dieser Jahre veröffentlichten Bücher erhebt. (El Mundo)


    Doch sind wir nicht allein, die das Buch nicht mögen: http://www.g-daf-es.net/lesen_und_sehen/germanistik/ct3.htm


    Gut, ich habe ziemlich genau gleich lang, mit den gleichen Eingaben in "google" gesucht und keinen soo kritschen Veriss von Schlinks Buch gefunden!


    Aber, ich bleibe dabei, "Der Vorleser" ist nicht so viel Wert, wie ihm allgemein beigemessen wird. Ich habe, zufällig aufgeschlagen, den Anfang von Kapiel fünfzehn (zweiter Besuch im Konzentrationslager Strutthof) nochmals gelesen und finde meine Erinnerung bestätigt, von der erzähltechnischen Sicht finde ich rein gar nichts, was mich im geringsten überzeugen, mir gefallen könnte.


    Offensichtlich gibt es sowohl für den "Vorleser" als auch für "Schlafes Bruder" Bewunderer, aber das gibt es ja für jedes Buch...


    Es grüsst
    alpha

    Hallo Heidi,


    wenn ich mich nicht täusche war das mit dem Zauberberg so eine Sache, hier in Europa, ganz anders als in Amerika, wo er meist als das bedeutenste Buch Manns angesehen wird. Das Problem in Europa waren die vielen "Portraitierungen", Anektoten, die einfach zu durchschaubar waren, als dass sich die Leute nicht erkannt hätten. (Dr. Faustus erlitt beinahe das selbe Schicksal, aber zu jener Zeit war Thomas Mann schon genügend berühmt und das Buch ein zu gutes Zeitdokument, als dass man es ihm im Allgemeinen übel genommen hätte, es blieb auf persönlicher Ebene). Da gibt es die Darstellung von Pepperkorn (schreibt man ihn so?), in welcher sich Gerhard Hauptmann erkannte und nicht gerade geschmeichelt war, er war vielmehr ziemlich beleidigt, was Mann sehr betrübte, da er jenen sehr schätzte. Dann das ganze Davoser Milieu: Mann "getraute" sich sein Leben lang nicht mehr so richtig, in den Ferien nach Davos zu gehen, weshalb er dann nach Arosa und auch ins Engadin wechselte. Und, und, und... Besonders der einflussreiche Hauptmann und die nicht wegzudiskutierenden Längen verhinderten den Nobelpreis für den "Zauberberg".
    Natürlich war auch bei den "Buddenbrooks" etliches an "Portraitierung" zu erkennen, aber zu Manns Glück beleidigte dies nur einige Bürger seiner Geburtsstadt Lübeck und nicht landes- und weltweit bekannte und einflussreiche Leute, so dass es mit dem Bruch mit der Heimat getan war.


    Ich sehe, du hast vor allem einige seiner Novellen gelesen; ich habe immer das Gefühl, der Rahmen einer Novelle sei zu klein für ihn, er brauche mehr Platz, um seine wahren Werte zu entfalten, obwohl er auch sehr gute Novellen geschrieben hat ("Tod in Venedig", z. B.). Ausser den "Buddenbrooks" war ziemlich jedes Buch als Novelle geplant und "artete" dann aus, "Der Zauberberg", "Joseph und seine Brüder" inbegriffen.


    Es grüsst
    alpha



    Die Tagebücher? - Ich weiss nicht, was du unter "preiswert" verstehst: Antiquarisch kann man sie für rund 100 Euro bekommen (z.B bei www.zvab.com), allerdings braucht man viel freie Zeit, wenn man sie wirklich lesen möchte, hatte schlussendlich ein ganzes Jahr dafür (mit Unterbrüchen), ist aber grundsätzlich lohnenswert, wenn man keine falschen Ansprüche stellt: Literarische Arbeiten z.B. sind nicht enthalten, dafür politische Überlegungen und Anmerkungen zum täglichen Lebens.

    Hallo zusammen!


    Immer wenn ich an "Der Vorleser" denke, erinnere ich mich auch an ein anderes, seltsames Buch: Kann sich jemand von euch noch daran erinnern, dass "Schlafes Bruder" einmal ein Hit war?
    Ein Jahr früher oder später als der Vorleser, deshalb bei mir auch so eng miteinander verknüpft. Ebenfalls ein seltsames Buch, seltsamer als "Der Vorleser", immerhin etwas experimenteller in der Schreibweise, zumindest empfand ich es so, aber dafür vom Inhalt her noch dürftiger! - Zwei der Bücher, die ich als typische Erzeugnisse der unglücklichen modernen Literatur empfinde, denn dass sie zur Literatur gehören, daran wiederum zweifle ich nicht, ein gewisses Niveau ist schon gewahrt.


    Bin gespannt auf eure Antworten


    Es grüsst
    alpha

    Hallo Heidi Hof,


    Zitat

    So richtig vom Hocker gehauen hat mich eigentlich nur "Der Zauberberg", obwohl ich jetzt noch zugeben muss, dass ich Doktor Faustus und die Joseph-Bände noch nicht gelesen habe.


    Hmm, was hast du denn gelesen? - Wenn die Frage mir erlaubt ist. Gerade beim Zauberberg stellt es aber vielen Mann-Fans ab, da er stellenweise vielleicht etwas übertrieb und also gelegentliche Längen nicht vermeiden konnte. Die "Buddenbrooks" kennst du? - Finde ich persönlich wunderbar! Oder "Der Erwählte"? - Ein kleines Meisterwerk, meiner Meinung nach.


    Wenn du von "Lotte in Weimar" "nicht vom Hocker gehauen" wurdest, dann könnte ich es noch verstehen, mag allerdings an mir liegen, dass ich diesen Goethe-Roman einfach nicht so mag. Die Lektüre der beiden von dir genannnten Werke kann ich dir nur empfehlen, sind eindrückliche Dokumente, würde ich fast sagen!


    Was seine Egozentrizität anbelangt hast du ganz bestimmt recht. (Da ich gerne kritisiere: Hast du ihn gekannt? - "schien er mir", klingt danach! - ohne dir unrecht tun zu wollen; wäre "scheint er mir gewesen zu sein" nicht die bessere Struktur? :zwinker: ) Allerdings muss gesagt sein, dass seine Frau und Erika (die eine Tochter), sich, soviel ich weiss, wenig beklagt haben, im Gegensatz zu Sohn Klaus, der es nicht so wahnsinnig schätzte, nach allem, was ich mitbekommen habe. Ich für mich muss zugeben: Die Egozentrizität Manns macht ihn mir noch sympathischer, als er mir ohnehin schon ist! - Zum Beispiel brauchte er immer, nicht nur ein von seiner Frau getrenntes Schlafzimmer, sondern auch noch ein eigenes Badezimmer, sowohl zu Hause als auch auf Reisen, sonst war er verstimmt. Dies ist nur ein kleines Detail, aber so bezeichnend, finde ich.

    Es grüsst
    alpha

    Hallo zusammen,
    nun, ich habe das Werk nicht analysiert, mir wenig Gedanken dazu gemacht, habe ja schon durchblicken lassen, dass mir das Buch nicht allzuviel sagt, mag aus persönlichen Gründen kommen.


    Die Frage ist eine typische Frage für Schularbeiten - und ob Hesse mit ihrer Beantwortung (vom Stellen dieser Frage ganz zu schweigen) einverstanden wäre, spielt keinerlei Rolle, leider!


    Hier mein Ansatz (ungeordnet und mehr Gedankenfetzen):


    - Hans wird vom gedankenlosen Streber zum Träumer, er findet zu sich selbst zurück, er wird von dem auf ihm lastenden fremden Ehrgeiz befreit.
    - Hans lernt die Bedeutung der Freundschaft und des Verrats erkennen.
    - Durch den Austausch mit Hermann, merkt Hans, was er alles verpasst hat, z. B. hat er ja noch nie so richtig an ein Mädchen gedacht und erst durch Hermann, gewinnt dieses Thema wieder eine Bedeutung.
    - Hemann zeigt Hans wohl irgendwie auf, wohin das Internat bzw. die dortige Ausbildung führen wird.


    Wenn man etwas länger darüber nachdenken würde, käme einem wohl noch mehr in den Sinn, man müsste dann auch noch einige Textpassagen nachlesen, was ich jetzt aber nicht mag...


    Hmm, merke gerde, dass ich die Frage eventuell falsch verstanden habe: Ich gehe davon aus, dass die Auswirkungen, die die Beziehung zwischen Hans und Hermann auf den ersteren hat, gefragt sind. Man könnte die Frage auch verstehen: Mit welchen Mitteln beeinflusst Hermann Hans? - Dies wäre eine komplett andere Frage und müsste psychologisch abgehandelt und analysiert werden, was ersten schwerfallen könnte und zweitens vom Resultat her anfechtbar sein könnte, denn soo viel darüber ist nicht auf den ersten Blick aus dem Buch zu erfahren, man müsste zwischen den Zeilen lesen, was immer heikel ist...l


    Sollte ich mich völlig vertan haben: Ich stelle keinen Anspruch, ein Hessekenner zu sein, habe noch nie Sekundärliteratur zu ihm konsultiert, weiss deshalb auch wenig über die Ansichten der "Fachleute"...


    Es grüsst
    alpha

    Hallo zusammen!
    Ich möchte euch nur warnen: Den "Vorleser" zu lesen, grenzt an Zeitverschwengung, meiner Meinung nach. Das Buch ist nichteinmal wirklich spannend. Eine sonderbare Liebesgeschichte, Analphabetismus, deutsche Vergangenheitsbewältigung, aber nichteinmal eine anständige Charakterstudie, nur angetönt, dass Unbildung zu schlimem führen kann. Und das Deutsch ist auch nicht gerade bewundernswert (in meiner Erinnerung zumindest). Originell ist das Buch auch nicht, aber wer will, möge es lesen, natürlich. Es gibt Leute, die davon begeistert sind, meist, um mein Vorurteil gerade zu nennen, sind es aber nicht jene, die Klassiker lieben!
    Es grüsst
    alpha


    p. s. Ich bin auf vehementen Widerspruch gefasst.

    Hallo Leila Parker!
    Ich kann dich beruhigen: Bei Thomas Mann kommt garantiert keinmal das Wort "f....." vor, in den Tagebüchern garantiert nicht und im restlichen Werk dürfte es auch nie aufgetaucht sein, soviel ICH mich erinnern kann! (Es sei denn, die Zensur von Peter de Mendelson hätte das Wort herausgestrichen, was möglich wäre, aber nach den späteren, unzensierten Tagebüchern, hätte Mann bestimmt ein "schöneres" Wort verwendet, auch in seinen Tagebüchern. Er wird ja nie vulgär, nur intim.
    Die Verdauungsproblem, ja, die sind verhältnismässig ausführlich abgehandelt, ebenso wie seine Exzeme usw. Ich neheme an, dies war für ihn auch auf einer ähnlichen Ebene, es waren Dinge, die ihn beschäftigten.
    Und was Heidi Hof schreibt, stimmt teilweise: Die Tagebücher wuden sicherlich nicht primär für die Öffentlichkeit geschrieben, das sieht man auch an dem Stil, aber andererseits war es ihm sehr wohl bewusst, dass alles, was er nicht eigenhändig verbrannte (und das war doch auch einiges) einmal gelesen werden würde. Übrigens: Die Rechtschreibung finde ich jetzt nicht sooo unglaublich, wenn man die Umstände unter denen er schrieb und die Rechtschreiberegeln berücksichtigt, die er als Knabe gelernt haben wird...
    Es grüsst
    alpha

    Zitat

    Das Leben ist Scheisse, aber davon lasse ich mir doch den Tag nicht vermiesen...


    Genau so drückt es auch eine Anektote aus der Sowjetunion aus, die Alexander Sinowjew im Vorwort zu "Lichte Zukunft" zitiert:
    Der eine zum anderen: „Scheissleben.“
    Erwidert der andere:„Wenn schon. Scheiss drauf.“
    Kommentar Sinowjews: "Treffender kann man unser Leben nicht beschreiben. Und doch leuchtet darin manchmal etwas auf, das ein bisschen Aufmerksamkeit verdient."


    Dies nur als kleine Anmerkung.
    Es grüsst
    alpha


    Nightfever: Lernen und Lesen sollte komplementär sein: Man kann nicht den ganzen Tag lernen, man muss hin und wieder auch "etwas vernünftiges" tun, sage ich mir immer! - Denk daran, was Franz Kafka in einem seiner wunderschönen Briefe schrieb: Leute, die nicht bis zum 25ten Jahr wenigstens zeitweise gefaulenzt haben, sind sehr zu bedauern, denn davon bin ich überzeugt, das verdiente Geld nimmt man nicht ins Grab mit, aber die verfaulenzte Zeit ja.

    Hallo zusammen
    Ich muss gestehen, ich lese nur sehr wenig moderne Litaratur, wenn man mit "modern" weniger als etwa zwanzig Jahre meint. (Michel Houllebecq war zum Beispiel eine Ausnahme.)Weshalb? - Erstens, weil es so viel ältere Litartur git, die mich interessiert und zweitens, weil ich keine Zeit habe, alles neue zu lesen, so denke ich, ich vertraue mich der Zeit an: Sie wird die Spreu vom Korn lösen. Natürlich bin ich dann immer etwas im Verzug und verpasse die interessanten, aber wenig erfolgreichen Autoren, sofern sie nie mehr an einschlägigen Stellen auftauchen. Diesen Nachteil nehme ich in Kauf.
    Ich glaube nicht, dass heutzutage nicht mehr gute Literatur verfasst werden kann, ich glaube viel mehr, dass heute wie gestern sehr viel mehr schlechtes als gutes geschrieben wird, weshalb die Wahrscheinlichkeit, auf schlechtes zu stossen viel grösser ist als bei den "Klassikern".
    Ausserdem: Wie definierst du, Heidi, "in" und "out"? - Bie wem? - Nicht bei den Germanisten, nicht bei den Literaturliebhabern, sondern bei den Bestsellern?? - Bücher, die vor längerer Zeit geschrieben wurden, werden, mit Ausnahmen, selten wieder zu Bestsellern (ausser um Weihnachtszeit vielleicht...)
    Ausnahmen sind: Krimis/Thriller, welche ich jedoch auch nur zum gedankenlosen Entspannen lese.


    Nebenbei: Natürlich bin auch ich wieder vom "Thema" abgekommen, aber ich denke, das gehört eben dazu.


    Es grüsst
    alpha

    Hallo
    Kann nur Berch beipflichten: Die Fragen sind nicht schwer, wenn man es gelesen hat.
    Und Erika hat ganz recht, es geht nicht lange, das Büchlein zu lesen. Und ich bin sicher, schaden wird es dir nicht, das Werklein gelesen zu haben. Der Einbruch des Ehrgeizes in die Idylle. Ich persönlich hattte von "Unterm Rad" einen etwas sonderbaren Eindruck. Aber über weite Stellen ist es sogar recht interessant.
    Also: Lies das Buch!
    Wenn du dann immer noch Fragen hast, kannst du dich ja wieder melden
    Es grüsst
    alpha

    Hallo zusammen!
    Da würde mich doch interessieren: Wie definiert ihr "altmodisch".
    Ich meine, es ist ein sehr schöner Ausdruck, passt in jegliche Terminologie, jeder kann darunter verstehen, was er will, aber wie ist er auf Literatur anzuwenden? - Natürlich, es gibt die Tagesliteratur (Aufrufe gegen Atomkraftwerkbau, Terrorismusangst-Schürung usw.) aber meistens, ist dies nur ein Teil der Aussage oder des Inhalts. Sonst darf man es nicht mehr Literatur nennen, meiner Meinung nach. Es wäre dann eher Propaganda oder einfach Sachberichte.
    Bei anständiger Literatur, wie ich es gerne nenne, geht es doch immer auch um eine Geschichte, um die Mitteilung eines Schicksals, einer Weltanschauung, eigener Ideen usw. Was kann hier als "veraltet" gelten?


    Thomas Mann fasziniert durch seine schillernde Figur. Wieviele Leute gibt es nicht, die ihm den Rang eines Künstlers absprechen wollen, weil er mehr ein Kunsthandwerker war? - Aber das haben wir hier ja auch schon einigemale diskutiert, wenn ich mich nicht täusche.


    Weshalb gibt es noch Leute, die Rubens, Rembrandt, Michelangelo usw noch bewundern, sind sie nicht längst veraltet??? :rollen:


    Es grüsst
    alpha

    Hallo Nightfever,


    Nur zu deinem ersten Absatz:

    Zitat

    Neulich habe ich mich mit meiner Mutter über "Gott und die Welt" unterhalten, und wir kamen darauf, dass die Welt tatsächlich nur unter Einbeziehung eines Gottes oder höheren Wesens verständlich und/oder logisch erscheint. Die Existenzialisten, sofern sie Atheisten sind, empfinden entsprechend die Welt als sinnlos , als absurd. Sie wollen aber trotzdem darin leben.
    Ich finde das ganz schön stark Zwinker


    Wenn ich mich richtig erinnere, ist dies ja eine der Grundaussagen von Camus: Lebe das Leben um des lebenswillen! - Camus sieht doch immer einen "Sprung" (ich weiss nicht, wie das in der deutschen Übersetzung heisst, französisch war es "sault"), wenn man ein Hilfskonstrukt braucht, das von aussen her ins Leben gebracht werden muss. Wenn man es braucht, an etwas göttliches zu glauben, um leben zu können, so ist das ein Hilfskonstrukt, man ist dann nicht fähig, die Welt als solche zu akzeptieren, bzw. als gegeben anzunehmen (dies soll nicht Fatalismus sein, der erste Schritt um etwas zu Ändern ist nicht das Leugnen der Realität, sondern das Aufrechterhaltens eines Ideals, wie es sein müsste!). Diese Schwäche ist weitverbreitet und wurzelt tief in den Menschen, da hast du ganz recht, aber wieviel Übel wurde nicht dadurch angerichtet? - Religion und Ideologie sind untrennbar miteinander verknüpft und von bis zur missionarischen Verbreitung des Glaubens bzw. dem Aufdrängen der Ideologie ist es ein kleiner Schritt. Weshalb einen tieferen Sinn suchen, den man nicht einfach finden kann? - Was man findet sind ja nur Vorstellungen (vielleicht gibt es ein Paradies und dort ist alles herrlich), keine Gewissheiten, ja, es gibt nichteinmal richtige Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Vorstellungen. Möglich, d.h. gedanklich vorstellbar ist ja sozusagen alles! - Wem es hilft: Bitte. Aber Weshalb sollte das Leben an sich nicht absurd sein? - Alles was wir sehen, täglich erleben: es ist absurd. Weshalb sollte ausgerechnet das Leben aus sich heraus einen Sinn haben? - Man kann ihm einen Sinn geben, einverstanden: Arbeiten zum Wohle der Menschheit etc. aber nur weil man geboren ist, heisst das noch lange nicht, dass diese Geburt einen tieferen Sinn hatte!
    Was weiss ich, vielleicht sehe ich das alles nur zu extrem. Aber der Versuch, was aus einer Gesellschaft würde, die grundsätzlich nur an die Absurdität glaubt, diese Experiment müsste man erst machen, so wie man den Kommunsimus ausprobieren musste. Aber das Problem ist, dass man nicht wie beim Kommunismus eine neue Ideologie lehren würde, sondern gar nichts. Etwas durch nichts zu ersetzten, fürchte ich, ist zum Scheitern verurteilt, das Volk liebt eine Ideologie, mitsamt ihrem Aberglauben. Wie rottet man eine Weltanschauung aus, ohne sie durch eine neue zu ersetzen, denn an das Absurde zu glauben, wäre ja wiederum zu absurd um es auch nur propagieren zu können.


    Es grüsst
    alpha

    Aus dem Brief von Franz Kafka an Max Brod vom 8. Oktober 1912:


    „Dagegen, dass diese Forderung gerade an mich gestellt wird, ist nicht das geringste zu sagen, denn ich trage nach der Meinung aller die Hauptschuld an der Gründung der Fabrik – ich muss diese Schuld halb im Traum übernommen haben, scheint mir allerdings – und ausserdem ist auch niemand da, der sonst in die Fabrik gehen könnte, denn die Eltern, an die übrigens auch sonst nicht zu denken wäre, haben jetzt gerade die stärkste Geschäftssaison (das Geschäft scheint auch in dem neuen Lokal besser zu gehn) und heute war z. B. meine Mutter gar nicht beim Mittagessen zuhause. / Als heute abend die Mutter also wieder mit der alten Klage anfing und abgesehen von dem Hinweis auf die Verbitterung und das Krankwerden des Vaters duch meine Schuld, auch diese neue Begründung von der Abreise des Schwagers und der vollständigen Verlassenheit der Fabrik vorbrachte und auch meine jüngste Schwester, die doch sonst zu mir hält, mit richtigem, von mir in der letzten Zeit auf sie übergangenem Gefühl und gleichzeitig mit ungeheuerem Unverstand mich vor der Mutter verliess, und mir die Bitterkeit – ich weiss nicht, ob es nur Galle war – durch den ganzen Körper rann, sah ich vollkommen klar ein, dass es für mich jetzt nur zwei Möglichkeiten gab, entweder nach dem allgemeinen Schlafengehen aus dem Fenster zu springen oder in den nächsten vierzehn Tagen täglich in die Fabrik und in das Bureau des Schwagers zu gehen. Das erstere gab mir die Möglichkeit, alle Verantwortung sowohl für das gestörte Schreiben als auch für die verlassene Fabrik abzuwerfen, das zweite unterbrach mein Schreiben unbedingt – ich kann mir nicht den Schlaf von vierzehn Nächten einfach aus den Augen wischen – und liess mir, wenn ich genug Kraft des Willens und der Hoffnung hatte, die Aussicht, in vierzehn Tagen möglicherweise dort anzusetzen, wo ich heute aufgehört habe. / Ich bin also nicht hinuntergesprungen und auch die Lockungen, diesen Brief zu einem Abschiedsbrief zu machen (meine Eingebungen für ihn gehen in anderer Richtung), sind nicht sehr stark. Ich bin lange am Fenster gestanden und habe mich gegen die Scheibe gedrückt und es hätte mir öfters gepasst, den Mauteinnehmer auf der Brücke durch meinen Sturz aufzuschrecken. Aber ich habe mich doch die ganze Zeit über zu fest gefühlt, als dass der Entschluss, mich auf dem Pflaster zu zerschlagen, in die richtige entscheidende Tiefe hätte dringen können. Es schien mir auch, dass das Amlebenbleiben mein Schreiben – selbst wenn man nur, nur vom Unterbrechen spricht – weniger unterbricht als der Tod, und dass ich zwischen dem Anfang des Romans und seiner Fortsetzung in vierzehn Tagen mich irgendwie gerade in der Fabrik, gerade gegenüber meinen zufriedengestellten Eltern im Innsersten meines Romans bewegen und darin leben werde.“


    Ich weiss nicht, ob euch allen dieser Brief bekannt ist, aber ich sehe in ihm einen Stein in der Entstehungsgeschichte des „Prozess“. Auch Josef K. trägt eine Schuld, die, dem Leser bestimmt und ihm selbst wohl auch, im Unklaren bleibt, er fühlt sich schlussendlich schuldig, ohne so recht zu wissen, wie er es geworden ist. Offensichtlich kannte Kafka dieses Gefühl nur zu gut. Dies ist auch im Einklang mit dem oft zitierten „Vaterkomplex“. Franz wird für die Leiden des Vaters verantwortlich gemacht, obwohl er diesem ja nicht eigentlich Anlass zur Sorge bereitet hat: Franz war kein missratener Sohn, er hatte studiert und arbeitete regulär... Interessant ist, dass Franz offensichtlich, ebensowenig wie Josef, an eine echte Rebellion oder eine Rechtfertigung, eine Schuldzurückweisung denkt. Sowohl Selbstmord wie das dann praktizierte Einlenken laufen auf Annahme oder wenigstens Resignation gegenüber der ihm zugeschobenen Schuld hinaus.


    Es grüsst
    alpha

    Nun ja, Hubert,
    ich glaube, du willst nur etwas provozieren, mit deiner Aussage, wir würden Kafka nicht wertschätzen, denn all unsere Beiträge haben ja gezeigt, wie sehr er uns am Herzen liegt, sozusagen. Und dann hast du u. a. auch mich wahrscheinlich wirklich auch falsch verstanden. Ich schrieb, ich sei nach dem Prozess neugierig geworden auf den Autor, nicht dass ich das Buch „ohne Gewinn“ gelesen hätte, wie es nach deiner Definition sein müsste, um es als schlechtes Buch zu klassifizieren! – Einen Gewinn hatte ich (und hat hoffentlich jeder Leser) schon aus der nackten Lektüre, ohne drum herum, denn erstens ist die Handlung höchst merkwürdig/interessant und zweitens ist da noch die überreiche Sprache, nicht hochgezüchtet (dies ist keine Kritik) wie bei Thomas Mann, aber klar und deutlich, jedoch mit den schönsten Metaphern versehen (auf dass die Sprache nicht allzuklar und deutlich/nüchtern sei).


    Nebenbei: Du selbst schreibst in deinen Thesen, dass ein Buch, bei dem die Kenntnis der Biografie nicht „neuen Gewinn“ bringt, ein schlechtes Buch sei und ich sehe zwischen „neuem Gewinn“ und „weiterkommen“ keinen grossen Unterschied, aber das ist schon bald Haarspalterei, ich glaube, wir haben uns schon verstanden, oder :zwinker: ?


    Gruss alpha


    @ Gitta: Heinrich Mann? – Der Bruder im Schatten des jüngeren... Ja, natürlich war dies nicht einfach für Heinrich, besonders dann im amerikanischen Exil: der Bruder hoch gefeiert, er selbst eher einsam (wenn ich richtig informiert bin). Der Einfluss auf das Werk? – Ich weiss es ehrlich gesagt überhaupt nicht! :entsetzt:
    Da gibt es selbstverständlich die politische Linie (inklusive leichten Antisemitismus) aber sonst weiss ich nicht viel dazu zu sagen. Wäre vielleicht interessant, aber der Heinrich steht auch bei mir im Schatten seines Bruders, tut mir leid.
    :sauer:

    Hallo zusammen!


    Als grosser Thomas Mann und Franz Kafka Liebhaber, möchte auch ich bei dieser Diskussion nicht ganz schweigen.


    Zusammengefasst: Ich stimme Evelyne Marti und sandhofer zu. Auch für mich war die Biografie bei Kafka wesentlich wichtiger, als bei T. Mann. Bei beiden Autoren las ich zuerst einen Roman (Buddenbrooks und der Prozess). Die Folge war aber nicht die gleiche:
    Nach den Buddenbrooks wusste ich: dies ist ein Autor, von dem ich mehr lesen möchte, er liest sich gut, ist tiefsinnig, interessant und stilvoll; der Autor als Person interessierte mich nicht wirklich, erst nach den Josephs Romanen, gefolgt vom Doktor Faustus, begann ich mich etwas für die Person zu interessieren, habe aber bis heute noch keine einzige Thomas Mann Biografie gelesen und verspühre auch kein Bedürfnis dazu. Einige wenige autobiografischen Zeugnisse reichen mir auch heute noch.
    Nach dem Prozess war dies anders, zwar gefiel mir auch dieses Buch ausserordentlich gut, aber eigentlich noch mehr interessierte mich, was dies für ein Mensch ist, der ein solches Werk zustande bringt, der aber sein Werk vernichtet wissen wollte und so weiter. Für mich ist die Biografie Kafkas sehr wichtig für das Verständnis seines Werkes, nicht nur der von sandhofer erwähnte Konflikt mit dem Vater, sondern noch vieles mehr: z. B. das sich hingezogen-fühlen zum Ostjudentum, in welchem er sich aber immer fremd fühlte, ja, dieses Gefühl der Einsamkeit, des Aussenseitertums überhaupt in seinem Leben: er der Schriftsteller, der weder von seiner Familie, noch von den meisten Mitmenschen verstanden wurde, er, der in einer Versicherung (die Bürokratie findet ja einen starken Niederschlag in seinen Werken) arbeiten musste, obwohl er am Tag hätte schlafen wollen um des nachts zu schreiben, er, der sich eine Frau und Familie wünschte, sich aber zu schwach, bzw. der Literatur zu sehr verpflichtet fühlte, als dass er auch noch eine Familie ernähren könnte. Die Stellung als deutschsprachiger Jude in Prag, all dies und vieles mehr; mir hilft es um das Entstehen und den Sinn dieser merk-würdigen Prosa zu verstehen, wer kann Träume (sein Werk besteht nicht nur aus Traum, glaube ich, aber es verdankt der Traumlogik, dem Transponieren der Realität in eine „Überrealität“, sehr viel) verstehen ohne zu wissen, was am Tag geschah?
    Der Unterschied zwischen Kafka und Mann, in Bezug auf die Stellung des Werks zur Biografie sehe ich darin, dass Mann die Fakten, die wirklichen Geschehnisse nimmt und sie „zusammensezt“, natürlich werden sie so angepasst, dass sie in den Zusammenhang passen, aber im Endeffekt bleiben sie, was sie gewesen sind. Ich sehe Thomas Mann immer als grossen Kunsthandwerker: Er erschafft selten völlig neues, aber er setzt zusammen, komponiert und ergänzt, poliert. Kafka hingegen übernimmt nichts von den Geschehnissen einfach so, alles wird verschlüsselt, Metaphern sind bekanntlich in seinem Werk allgegenwärtig, die Realität wird überspitzt und so verwandelt, dass sie nicht mehr als Realität erkannt werden kann. Seine Geschichten sind (z. T. groteske) Metaphern für das was er erlebte und zum Verständnis der Metaphern ist es nun einmal unabdingbar eine Ahnung zu haben, was er erlebte. So sehe ich das, ich bin nicht Literaturwissenschaftler und kann nicht sagen, wie es anderen ergangen ist und ergeht, was d i e Wahrheit ist. Was ich von mir schreibe ist nur m e i n e Wahrheit, e i n e Wahrheit.


    Es grüsst
    alpha

    Hallo Puma!
    Hmm, das geht mir nahe: Du weist nicht, ob du „Tod in Venedig“ weiterempfehlen könnest? – Aber ich bitte dich! Dieses Buch kann man alljenen weiterempfehlen, die den Geist der Literatur etwas ehren! – Wer nichts mit „anständiger“ Literatur anfangen kann, der brauch auch keine Empfehlungen durch Vorträge und jeder Deutschkurs ist verlorene Zeit für sie. – Schwachsinn (oder auch gehobenes Geschwätz oder gute Unterhaltung) lässt sich an jedem Kiosk und jeder noch so schäbigen Buchhandlung erstehen und empfiehlt sich durch den Klappentext meist in den höchsten Tönen. Niemand soll dies als persönlichen Angriff verstehen. Ich mag es nur nicht, wenn sich Ignoranten an Literatur vergreiffen zu müssen meinen, von der sie n i c h t s verstehen. Sobald sie auch nur ein klein bisschen verstehen, hat alles seine Ordnung.


    Es ist zwar eine Weile her, seit ich die Novelle selbst gelesen habe, aber ich lese da gerade einen Band „Nachträge“, aus welchem ich mir die Mühe mache, dir einige Zitate abzuschreiben:


    „ „Der Tod in Venedig“ ist in der Tat eine Kirstallisation im wahren Sinn des Wortes; er ist eine Struktur und ein Abbild, das von so vielen Facetten Licht ausstrahlt und seinem Wesen nach von so unerschöpflichem Beziehungsreichtum, dass es druchaus sogar die Augen seines Schöpfers selbst, indes es Gestalt annahm, zu blenden und zu verwirren vermochte. [...] Trotz ihres geringen Umfangs bin ich geneigt, dieses Buch ebenso wie „Tonio Kröger“ nicht zu meinen kleineren, sondern zu meinen wichtigeren Arbeiten zu zählen.“ Zitat aus dem 1936 geschriebenen Vorwort zu „Stories of Three Decades“


    Zur Handlung: „Alles stimmte auf eine besondere Weise, und wie im jugendlichen „Tonio Kröger“ ist auch im „Tod in Venedig“ kein Zug erfunden: der verdächtige Gondolier, der Knabe Tadizio und die Seinen, die duch Gepäckverwechslung missglückte Abreise, die Cholera, der ehrliche Clerk im Reisebüro, der bösartige Bänkelsänger – alles war durch die Wirklichkeit gegeben, war nur einzusetzen. Streckenweise hatte ich während dieser Arbeit das Gefühl einer souveränen Getragenheit, wie ich sie sonst nicht gekannt. „On Myself“ aus dem Jahre 1940


    Und dann gibt es noch eine Eigenheit:
    „Als ich vor dem Kriege, im „Tod in Venedig“, solche nationale Grösse eines Prosaisten antizipierend beschrieb, bedeutete man mir, das sei unglaubwürdig; nie könne der Romanschreiber, „der Halbbruder des Dichters“, wie Schiller sagt, in Deutschland eines solchen Ehrenstandes teilhaftig werden wie dieser Gustav von Aschbach.“ Aus dem „Sechsten Brief aus Deutschland“, geschrieben anno1925


    So, ich hoffe, ich habe dir auf die Sprünge geholfen. Es sind keine Interpretationen, es sind lediglich drei Hinweise. Eigentlich soll ja jeder selber denken und urteilen, aber manchmal muss man den Leuten auf die Sprünge helfen. Und etwas Hilfe ist insofern gerechtfertige, als du dich immerhin bemühtest, hier im Klassikerforum nachzurfragen. (Dein Glück, dass du im „Allgemeinen Diskussionsforum“ gepostet hast, statt im „Schüler und Pflichtlektüre“, wo du hingehörtest, dort hätte ich nämlich nicht vorbeigeschaut)


    Gruss Alpha


    p. S.
    Ich pflichte Steffi bei: Thomas Mann i s t empfehlenswert. Bis zu den Essays und den Tagebüchern.

    Hallo zusammen,
    hier kommt der zweite und letzte Teil meines Berichts von der Proust-Lektüre:
    Zuerst eine kleine Korrektur: das Werk besteht in meiner Ausgabe aus sieben Bänden und nicht nur aus fünf, wie ich letztes Mal schrieb, ausser der „Pléjade“- Ausgabe, welche vier Bände umfasst, sind alle Ausgaben, die ich gesehen habe in sieben Bände aufgeteilt.
    Ich habe also vor einer knappen Woche die letzten Seiten des letzten Bandes „Le Temps retrouvé“ umgedreht und möchte noch einige Bemerkungen zu den Bänden fünf, sechs und sieben machen.
    Band fünf und sechs (La Prisonnière und Albertine disparue) sind im Stil her recht ähnlich, heben sich aber von den vorhergehenden deutlich ab: Sie erinnern mehr an ein Tagebuch, das der Erzähler über seine Gefühle schreibt. Im Zentrum ist nicht mehr die Gesellschaft, sondern der Erzähler selbst, seine Liebe zu Albertine und die damit zusammenhängende Eifersucht und die daraus resultierende Unglücklichkeit, welche erst relativ lange nach dem Tode Albertines (sie hat einen Reitunfall) zur Ruhe kommt. Diese langen Schilderungen seiner Ängste und sonstigen Gefühle sind bestimmt nicht jedermanns Sache, aber ich finde sie ein beachtenswertes Erzeugnis.
    Der letzte Band ist in meiner Ausgabe etwas heterogen (das Problem ist in anderen Ausgaben glücklicher gelöst, glaube ich): die erste Hälfte erinnert wieder mehr an die ersten vier Bände: die Gesellschaft, besonders die merkwürdigen Praktiken sind im Zentrum, vor allem geht es um die Homosexuellen und ihre Ehen (manche machen ihre Ehefrauen glücklich, da sie nur um ihre eigene Frau besorgt sind, andere machen aber fremden Frauen den Hof, damit der Verdacht, sie wären homosexuell nicht aufkommen solle, so dass ihre Ehefrauen unter Eifersucht leiden). Die letzte Hälfte spielt viele Jahre später (die Jahre werden vom Erzähler übersprungen, er war in einer „maison de santé“). Einerseits schildert sie einen letzten grossen Gesellschaftsanlass und andererseits sind lange Texte der Beschreibung der Tätigkeit des Schriftstellers gewidmet, denn auf dem Weg zu dem Anlass erkennt der Erzähler seine Pflicht und ihm kommen die Erinnerungen an die alte Zeit wieder (mittels verschiedner Eindrücke, wie eine Bodenunebenheit, ein Buchtitel, ein Kratzen eienr Gabel auf einem Porzellanteller usw.). Er erkennt seine alten (im eigentlichen und im übertragenen Sinne) Bekannten fast nicht mehr, fühlt sich selbst aber noch als junger Mann, der er, mit circa vierzig, auch nicht mehr ist. Am Schluss ist seine grösste Sorge, ob ihm die Lebenszeit noch gegeben ist, sein Werk zu beenden, denn er ist recht krank.
    Ich, als Bewunderer von Perfektion und völliger Durchdachtheit, hatte etwas Mühe mit diesen letzten Drei Bänden, da sie mehr und mehr Unstimmigkeiten aufweisen (so sterben zum Beispiel verschiedene Personen zu unterschiedlichen Zeiten zwei bis drei Mal...). Diese Unstimmigkeiten sind natürlich einfach zu erklären: Proust starb, bevor er diese Bände vollenden konnte, sie wurden erst posthum veröffentlicht und es ist sicher, dass Proust noch einige Jahre mit der Arbeit, alles aufeinander abzustimmen zugebracht hätte und bestimmt wäre das Werk noch länger geworden. Dieser Mangel der Unvollständigkeit fällt deshalb so auf, das das Werk nicht im eigentlichen Sinne unvollendet ist (wie Kafkas Romane zum Beispiel) sondern im Prinzip ein Ganzes ist, welches aber leider innerlich und in „Kleinigkeiten“ unvollendet ist.
    Die Lektüre der „Recherche“ lohnt sich in jedemfall für alle, die Freude an grosser Literatur haben, weder Gesellschaft, noch Psychologie, noch Humor kommen zu kurz und indirekt ist natürlich auch die Philosophie nicht völlig vernachlässigt, was will man noch mehr, da es in einer hochwertigen Sprache und ebensolchem Stil vorgetragen ist?
    Es grüsst
    Alpha

    Hallo ihr Interessierten!
    Die Diskussion um den Prozess ist offensichtlich mehr oder weniger zu Ende. Nachdem ihr euch alle Gedanken gemacht habt um die Schuld von K. ist es doch interessant, was ein erfahrener Kafka Interpret dazu zu sagen hat. Ich werde im folgenden versuchen die Erkenntnisse dazu von Heinz Politzer zusammenzufassen, bzw. die wichtigsten Sätze zu zitieren. Ich besitze drei Interpretationen zu Kafka: Brod, Hermsdorf und Politzer. Wenn ich mich jetzt auf Politzer stütze, so darum, weil ich es gerade beim Prozess wichtig finde, dass weder Brods Zionismus, noch Hermsdorfs Sozialismus (oder ist er Kommunist, so genau weiss ich es nicht mehr) verzerrend wirken, Politzer wirkt, jedenfalls auf mich, wesentlich weniger auf eine Richtung versessen zu sein, was ihn mir sympatisch macht. Nun lasse ich aber das Wort ihm:



    Zitat

    „ [...] Mit der Autorität des Eingeweihten erklärt er [der Priester im Dom-Kapitel]: „Das Gericht will nichts von dir. Es nimmt dich auf, wenn du kommst, und es entlässt dich, wenn du gehst“ / Tatsächlich umgibt der Prozess das Leben Josef K.s mit majestätischer Passivität; es lässt ihn kommen und gehen nach seinem Belieben. [ Es folgen die Ausführungen der Analogie Dom, Prozess]. Willentlich und bewusst sucht K. den Dom auf, in dem das Gericht ihm das Gesetz enthüllt, nach dem es verfährt. / Wenn es aber das Gesetz des Gesetzes ist, in völliger Ungerührtheit zu bestehen und die Bewegungsfreiheit aller zu respektieren, die zu ihm kommen oder von ihm gehen, dann hat das Gericht mit der Verhaftung K.s dieses sein eigenes Gesetz gebrochen. [...] Und wenn K., der den Widerspruch zwischen dem Geist des Gesetzes und seiner Durchführung witter, die Vermutung wagt: „Du [der Priester] weißt vielleicht nicht, was für einem Gericht du dienst“, erhält er zunächst nur Schweigen zur Antwort. Dann aber schreit der Geistliche zu K. hinunter: „Siehst du denn nicht zwei Schritte weit?“ Hier weicht die überlegene Gleichgültigkeit des Gesetzes seinem Bedürfnis, den Mann zurückzuhalten, ihn zu fassen, Hand an ihn zu legen, damit es sich ihm mitteilen könne. [...] In diesem Augenblick des Schreckens demaskiert sich das Gesetz. Indem es sich dazu herablässt, Teilnahme an K.s Verzweiflung zu bezeugen, gesteht es seine Verantwortung für die Verhaftung ein, die diese Verzweiflung zum Ausbruch gebracht hat. / [...] Diese Beamten, Advokaten und Frauen sind bresthaft vor Schuld, weil das Gesetz, das sie zu kennen oder zu vertreten vorgeben, selbst ein Verbrechen begangen hat, als es sich selber verletzte. [...] Was Franz Kafka an diesem Roman faszinierte, ist die paradoxe Natur des Zwischenreiches und nicht die Schuld Josef K.s, die, in scih selber verschlüsselt, unentdeckt bleibt. [...] Max Brod [schrieb] ein Gespräch auf, in dem Kafka die Welt des Menschen als eine von Gottes schlechten Launen, einen schlechten Tag des Schöpfers bezeichnete. Brod fragte darauf, ob es ausserhalb unserer Welt Hoffnung gäbe. Kafka lächelte: „Viel Hoffnung – für Gott – unendlich viel Hoffnung -, nur nicht für uns.“ [...] Lesen wir jedoch den Prozess als die Parabel vom Abgrund, der Licht und Dunkel, Hoffnung und Verzweiflung trennt, dann kann die Einsicht Kafkas, dess es zwar Hoffnung gibt, aber nicht für uns, nur dunklere Schatten über eine Welt werfen, die diese Hoffnung eingebüsst hat. Denn dieses Wort bedeutet nicht, dass das Licht erloschen sei und aufgehört habe zu leuchten, sondern umschliesst den noch viel quälenderen Gedanken, dass das Licht niemals imstande sein wird, das Zwielicht zu zerstreuen, obwohl es leuchtet. Das Jahr, in dem K.s Prozess abrollt, ist gleichsam nur ein „schlechter Tag“ des Gerichts. Doch dieser Tag geht verloren, und zwar nicht nur für Josef K. sondern auch und vor allem für das Gericht. / Verglichen mit der Schuld des Gerichts ist die Schuld Josef K.s einfach [sic!], wenn auch nicht minder paradox. Der Katalog seiner Sünden – die ausserdem vorwiegend Unterlassungssünden sind – reicht nicht hin, um seine Verhaftung zu rechtfertigen. Was sich als K.s Schuld hat konstruieren lassen, seine Lieblosigkeit, die Abwesenheit einer echten Teilnahme an seinem Beruf, seine „Lebensschwäche“, seine Durchschnittlichkeit, die ihn zum Repräsentanten der modernen bürgerlichen Gesellschaft werden lässt, all dies teilt er mit einer Menge Unverhafteter, denen er auf seinem Weg begegnet. Auch die Unkenntnis des Gesetzes – jenes Gesetz nämlich, nach dem sein Prozess abläuft – kann ihm nicht unmittelbar zur Last gelegt werden, denn diese hat er wieder mit den meisten Sendboten des Gerichts gemein. [...] / Nun legt freilich Josef K. selbst ein Schuldbekenntnis ab, und zwar auf dem Weg zu seiner Hinrichtung. Er hat eingesehen, dass das einzige, was für ihn zu tun übriggeblieben sei, darin bestehe, „bis zum Ende den ruhig einteilenden Verstand zu behalten“ [...]. „Ich wollte immer“, bekennt er, „mit zwanzig Händen in die Welt hineinfahren [und überdies zu einem nicht zu billigenden Zweck.]“. Er gebraucht keine Metapher, sagt nicht „w i e mit zwanzig Händen“, sondern verzehnfacht die Zahl seiner Hände, das heisst, er übertreibt. [...] Wenn er [Kafka] Josef K. hier von seinen „zwanzig Händen“ sprechen lässt, dann distanziert er sich von der Aussage seiner Figur und stellt deren Erkenntnis in Frage. / [...] Tatsächlich aber ist sein Leben bis zu seiner Verhaftung geradezu ein Vorbild der Mässigkeit gewesen, und diese Mässigkeit eine Schuld, die seine Kritiker ihm in die Schuhe geschoben haben. [...] Wenn nun Josef K. nach seiner Verhaftung wirklich Zeichen des Un- und Übermasses an den Tag legt, dann ist dies Verhalten das eines Gehetzten und Ermüdeten und alles andere denn ein „Griff in die Welt“. [...] / Dennoch hat sich Josef K. schuldig gefühlt seit dem Augenblick, da das Verfahren gegen ihn eingeleitet worden war. [...] Am Ende fühlt sich der Leser zu der Annahme verführt, K.s Schuld bestehe darin, dass er sich ihrer nicht zu erinnern vermag. „Ja, ich vergesse mich“ hat er ausgerufen, als er während der ersten Nacht seines Prozesses vor Fräulein Bürstner seine Verhaftung wiederholt. Bis ans Ende fährt er fort, sich und seine Schuld zu vergessen. / Dies alles ist freilich noch Psychologie. Wenn wir jedoch den Roman auf dem ihm gemässen Niveau, der Ebene des Gleichnisses, deuten, dann finden wir in seiner Sprache selbst einen Hinweis auf K.s rätselhfte Schuld. [...] [Verweis auf die Parabel „Vor dem Gesetz“ und Analogie „Mann vom Lande“, Josef K.] Dennoch gewinnt die Bezeichnung „Mann vom Lande“ schlüsselhaften Sinn für ihn, wenn man sie nämlich ins Hebräische übersetzt, wo sie „Am-ha’arez“ heisst. [...] Ein „Am-ha’arez“ ist jedoch ein Unwissender in der Lehre und im Leben, ein Tölpel, der sprachlich ja im Deutschen auch ursprünglich Dörfler ist. Als „Am-ha’arez“ benimmt sich Josef K. unweigerlich, wenn er dem Gericht gegenübertritt: er ist arrogant und unterwürfig, linkisch und unsichcer, vorwitzig und inkonsequent, er fragt falsche Fragen und gibt rasche Antworten; der Figur haften ja auch sonst die Züge eines Schlemihl an. Vor dem Gesetz ist er ein Primitiver, der nur begreift, was er mit Händen greiffen, mit Sinnen fassen kann. [...] Da er ein „Am-ha’arez“ ist, hält er den Prozess zunächst „überhaupt für nichts“ [...]. Ein Amhorez lässt sich nicht selten an den Platitüden erkennen, mit denen er sich und die anderen über seine Ignoranz hinwegtäuschen möchte. / [...] Wenn Kafka im vierten Oktavheft anmerkt: „Alle Leiden um uns müssen auch wir leiden. Christus hat für die Menschheit gelitten, aber die Menschheit muss für Christus leiden“, dann liegt die Betonung auf dem Worte „leiden“, und das Wort „Erlösung“ bleibt unerwähnt. So kommt es, dass Kafka im Dom-Kapitel zwar szenisch und figürlich mit Symbolen der christlichen Heilslehre spielen, sie aber keineswegs in die gute Botschaft dieser Heilslehre umsetzen konnte. [...] Was immer der tiefere Sinn der Parabel sein mag, der Mann vom Lande wird niemals das Gesetz betreten, und K., dem die Geschichte zur Belehrung erzählt wird, missversteht sie von Grund auf und für immer. / K. ist ein „Am-ha’arez“ in seiner Konzentration auf die konkreten Tätigkeiten des Alltagslebens und in seiner Scheu davor, sich mit den unfassbaren Abstraktionen des Gesetzes abzugeben. [...] Für Kafka selbst übersetzt sich dieser Dialog in den Widerstreit zwischen Beruf und Literatur; in einen Konflikt also, den er selbst nie auszutragen vermochte. [...] Innerhalb der parabolischen Form, die Kafka dem Roman gegeben hat, gewinnt diese Schuld völlige Undurchdringlichkeit. Sie bleibt bis ans Ende dunkel und in diesem Dunkel allumfassen, genauso wie K. ein Jedermann ohne Eigenschaften bleibt und daher als allgemeingültiger Menschentypus erscheint. [...] Wenden wir jedoch den Blick von der Paradoxie Josef K.s ab und fassen den tieferen Widerspruch des Prozesses selbst ins Auge, dann erscheint K.s Fragwürdigkeit gering vor der Fragwürdigkeit eines Gesetzes, das sich selbst verletzte, als es ihn vor sich rief.“


    So, ich glaube, ich habe möglich „kurz“ in den Worten Politzers zusammengefasst, was er zu der Schuld Josef K.s zu sagen hat. Die Quintessenz ist: Die Schuld ist gar nicht so entscheidend und dieser Aspekt ist doch wirklich interessant, finde ich.


    Grüsse
    Alpha