Romananfänge

  • An dem Tag, an dem sie Santiago Nasar töten wollten, stand er um fünf Uhr dreißig morgens auf, um den Dampfer zu erwarten, mit dem der Bischof kam.


    Gabriel García Márquez: Chronik eines angekündigten Todes

    Man muss alles sehen, vieles übersehen, weniges korrigieren. Johannes XXIII

  • „Von Maike Anfangs Tod erfuhr ich durch eine SMS: Tut mir leid, es dir so zu sagen, kann jetzt aber nicht anders. Meine kollegin maike anfang ist gestorben, die mit uns noch whisky trinken war. Einfach so. Ich weiß gar nichts mehr. Liebe grüße, Korinna“



    Dies ist der Anfang meiner aktuellen Lektüre, des Romans “Kurzmitteilung” von Navid Kermani der letzten Freitag erschienen ist.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • "Mein Name ist Tito. Ich war sechsunddreißig Jahre lang Privatsekretär des römischen Staatsmannes Cicero - eine anfangs aufregende, dann überraschende, später mühsame und schließlich außerst gefährliche Aufgabe."



    Dies ist der Anfang meiner (neben "1001 Nacht") aktuellen Lektüre, des Romans "Imperium" von Robert Harris


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Hallo!



    "Mein Name ist Tito. Ich war sechsunddreißig Jahre lang Privatsekretär des römischen Staatsmannes Cicero - eine anfangs aufregende, dann überraschende, später mühsame und schließlich außerst gefährliche Aufgabe."


    Halte uns bitte auf dem Laufenden. Ich habe hier das Hörbuch (im Original) und bin mir noch unschlüssig, wann/ob ich es hören soll.


    CK

  • Mein Lieblingsbeginn ist immer noch "Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen." aus dem Roman "Mutmassungen über Jakob" von Uwe Johnson. Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • "Ich bin jemand, den es immer wieder zu den Orten hinzieht, wo er früher gewohnt hat, zu den Häusern und ihrer Umgebung."


    (Truman Capote: Frühstück bei Tiffany)

  • Einen wunderschönen Sonntag!


    Ich bin nun leicht verwirrt ob Eurer Beiträge: Geht es um die Lieblings- Romananfänge oder um die der Bücher, die gerade gelesen werden/ wurden? Oder um beide?


    Zur letzteren Kategorie kann ich beisteuern:


    " Aber, aber, mögen Sie einwenden, wir haben Sie doch gebeten, über Frauen und Literatur zu sprechen - was hat das mit einem eigenen Zimmer zu tun?"
    V. Woolf "Ein Zimmer für sich"
    -> Wer ist "Sie"? und: ist Woolfs Antwort wirklich so einfach?


    und wenn das nicht gilt, da kein Roman:


    " 1 Sprechen Sie nie mit Unbekannten


    An einem ungewöhnlich heißen Frühlingstag erschienen bei Sonnenuntergang auf dem Moskauer Patriarchenteichboulevard zwei Männer."
    Michail Bulgakow: "Meister und Margarita".


    Hier fand ich natürlich die Kaptelüberschrift überaus fangend und fragte mich vieles, wie z.B. Ist es wichtig, dass es (trotz Sonneuntergang) immer noch ein ungewöhnlich heißer und dann auch noch Frühlingstag ist? Warum heißt der Teich "Patriarchenteich"- gibt es den wirklich in Moskau oder/ und hat der Name Relevanz? Schließlich ist ja offensichtlich zuerst der Boulevard da, auf dem die Männer "erscheinen" und nicht die Männer, die zu ihm gehen... usw. usf.


    Also durchaus gelungene Anfänge, die mich fragen und lesen gemacht haben.
    Einen Lieblingsanfang zu nennen, oder zumindest einen stark favorisierten, würde mir jetzt allerdings eher schwer fallen.
    lg.,
    n.


  • Poesie würde ich Stifter aber dann auch zusprechen. :winken:
    .....
    Schau doch nur schon die ersten paar Sätze an:


    Kurz, fast Stakkato. Dann aber holt Stifter Luft und lässt seine Sätze vom Stapel. Der Erzähler hat eine zwei Jahre jüngere Schwester? Mitnichten:




    Hallo Sandhofer,
    hallo zusammen,


    ich wollte mich nicht in eure Leserunde einmischen und habe deshalb diesen zu Unrecht vergessenen Thread ausgegraben. Zur Form von Stifters Romananfang will ich nichts sagen, außer: Du hast Recht, wenn das keine Poesie ist, was dann?


    Mein Anliegen ist der Inhalt. Es gibt ja einige Romane (nicht die schlechtesten) die mit „Mein Vater …. „ anfangen und dann etwas über Anzahl der Geschwister sagen und die eigene Stellung innerhalb der Geschwister. Nie wird in diesen ersten Sätzen eine Mutter erwähnt, obwohl der Vater sicher nicht alleinerziehend ist und der Ich-Erzähler kein Halbwaise. Ist das nicht eine Schande?


    Meine Theorie ist, dass all diese Romane den folgenden berühmten Romananfang zitieren wollen und damit könnte man ja Stifter keinen Vorwurf mehr machen:


    „Mein Vater besaß ein kleines Gut in Nottinghamshire; ich war der Dritte seiner fünf Söhne.“.


    Wie seht Ihr das?


    Grüße


    Hubert

  • Hallo Hubert,


    interessanter Einwand - allerdings im Falle von Swift nachvollziehbar: die Frauen damals durften ja kein eigenes Land besitzen. Ein Romananfang mit "Mein Vater..." macht auf jeden Fall schonmal neugierig auf die Vater-Autor(in)-Beziehung. Mögen sie sich oder nicht ?

  • "Also sie ham uns den Ferdinand erschlagen", sagte die Bedienerin des Herrn Schwejk, der vor Jahren den Militärdienst verlassen hatte, nachdem er von der militärärztlichen Kommission endgültig für blöd erklärt worden war, und der sich nun durch den Verkauf von Hunden ernährte, häßlichen, schlechtrassigen Scheusälern, deren Stammbäume er fälschte.


    Hasek: Der brave Soldat Schwejk

    Einmal editiert, zuletzt von FeeVerte ()

  • Zitat von Autor: Hubert« am: Heute um 00:58

    Es gibt ja einige Romane (nicht die schlechtesten) die mit „Mein Vater …. „ anfangen. Nie wird in diesen ersten Sätzen eine Mutter erwähnt…. Ist das nicht eine Schande?



    Es geht auch anders. Am Anfang von Laurence Sternes Tristram Shandy heißt es:


    Ich wünschte, entweder mein Vater oder meine Mutter oder besser: beide, da beide auf gleiche Weise dazu verpflichtet wären, würden darüber nachgedacht haben, worum es sich in Wirklichkeit handle, als sie mich zeugten.


    Das war fast hundert Jahre vor dem“ Nachsommer“.

  • Zitat

    Es gibt ja einige Romane (nicht die schlechtesten) die mit „Mein Vater …. „ anfangen. Nie wird in diesen ersten Sätzen eine Mutter erwähnt…. Ist das nicht eine Schande?


    Ich hätte noch Der Fremde (Heute ist Mama gestorben.) und Portnoys Beschwerden (Sie war so unlösbar mit meinem Sein verbunden, dass ich im ersten Schuljahr geglaubt haben muß, alle meine Lehrerinnen seien eigentlich meine Mutter, in veränderter Gestalt.) anzubieten.

  • Meine Theorie ist, dass all diese Romane den folgenden berühmten Romananfang zitieren wollen und damit könnte man ja Stifter keinen Vorwurf mehr machen:


    „Mein Vater besaß ein kleines Gut in Nottinghamshire; ich war der Dritte seiner fünf Söhne.“.


    Interessant ja auch, dass - mit seltenen Ausnahmen - es bei Stifter immer "der Vater" ist, "die Schwester". Nicht: "mein Vater", "meine Schwester" ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • 2007 gab es einen von der „Initiative Deutsche Sprache“ und der „Stiftung Lesen“ veranstalteten Wettbewerb bei dem der schönste erste Satz in der deutschen Literatur gesucht wurde. Den zweiten Platz belegte nur von G. Grass geschlagen, Franz Kafkas Einstieg in die Erzählung „Die Verwandlung“:


    „Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.“


    Wer wissen will, wie’s weitergeht: Gerade beginnt hier im Klassikerforum eine Leserunde zu dieser Erzählung und es werden noch Mitleser gesucht!

  • Soeben bin ich von einem Besuch bei meinem Gutsherrn zurückgekehrt – diesem einsiedlerischen Nachbarn, der mir noch zu schaffen machen wird. Was für eine schöne Gegend!

  • My father, as you know, was a sort of gentleman farmer in –shire ...


    Ein typischer Romananfang für einen englischen Roman: schon 122 Jahre vor Anne hatte Swift einen berühmten Roman mit „My father ...“ begonnen:


    My father had a small estate in Nottinghamshire: ...

  • Zitat

    Es war ein Sonntagabend im Oktober, und gleich vielen anderen jungen Damen ihres Standes schenkte Katharine Hilbery Tee ein.


    so beginnt Virginia Woolfs zweiter Roman "Nacht und Tag".
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    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)