Was lest ihr gerade?

  • Ich wollte mit meinem Diktum auch niemanden verletzen, Zefira. Sehr viele Menschen lieben diese Erzählungen, weil sie eben oft mit ihrer Kindheit verbunden sind. Ich dagegen habe sie erst im Erwachsenenalter gelesen, nachdem ich schon einiges Andere von Dickens gelesen hatte und diesen Autor schätzen gelernt habe. Gegen die großen Romane fallen für mich diese Erzählungen ab, aber ich habe sowieso ein Problem mit diesen moralischen Geschichten, die Weihnachten als Anlass nehmen. An die Lachanfälle bei Scrooge kann ich mich gar nicht mehr erinnern, mir aber vorstellen, dass mir bei meiner oben genannten Voreinstellung einige Feinheiten entgangen sind-

  • Auf diese Weise hab ich Lars Kepler für mich entdeckt und auch Andreas Gruber hat mich in seinen Bann gezogen.

    Jetzt, wo die kältere Jahreszeit beginnt, hoffe ich wieder auf anspruchsvollere Lektüre.

    Wenn man gern Krimis liest, sind die beiden eine gute Wahl. Von Gruber gefallen mir eigentlich nur die Romane mit dem Ermittler Sneijder (jedenfalls die ersten vier - spätere habe ich nicht mehr gelesen, muss mal in der Onleihe nachgucken, ob sie dort zu haben sind).
    Von Kepler mag ich auch die früheren am liebsten. "Der Sandmann" ist einer der besten Krimis, die ich je gelesen habe - in Spannung und Geheimnis eine Klasse für sich.

  • Eva Menasse: Dunkelblum

    Bisher gefällt mir der Roman sehr gut. Schön geschrieben mit eindrucksvollen Bildern und einem Geheimnis, das im Hintergrund lauert.

    Das hatte ich als Leserundenbuch im letzten Jahr und war begeistert.


    Gerade bin ich mit einem aktuellen Leserundenbuch fertig geworden, "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" von Eeva-Liisa Manner, aus dem Guggolz Verlag. Ich stelle mal im Faden "nicht kanonisch etc" meine Rezension ein. Vielleicht interessiert sich der eine oder die andere hier aus dem Forum dafür. Es ist ein bezauberndes kleines Buch, wenn auch nicht gerade "Mainstream"-Lektüre.

  • finsbury ich habe das Buch gleich bei Erscheinen gelesen, da es ja in meiner unmittelbaren Nähe stattfand und ich auch Mitglied im Erinnerungsverein r.e.f.u.g.i.u.s bin. Eine tragische wahre Geschichte.


    Es gibt zu dem Thema Rechnitz auch noch ein Theaterstück von Elfriede Jelinek und ein Buch von Sacha Batthyany - und was hat das mit mir zu tun. Er ist ein Großneffe der Blutgräfin von Rechnitz, die die Mordspiele an den Juden veranstaltet hat. Sie war übrigens eine geborene Thyssen, auch von dieser Seite wurde viel versucht zu vertuschen. Erst Francesca Habsburg (Thyssen Bornemisza) hat vor ein paar Jahren ihr OK gegeben, dass familienseitig alles aufgeklärt werden soll.


    Ein gut geschriebenes Buch, ein wichtiges Buch.

  • Nachdem mir die "Die Diplomatin" von Lucy Fricke sehr gut gefallen hat, habe ich heute mit Julia Francks "Welten auseinander" angefangen, das ist die mehr oder weniger autobiographische Geschichte ihrer Familie. Von Julia Franck hatte ich bisher noch nichts auf dem Schirm, ihre Mittagsfrau habe ich ob kontroverser Meinungen damals liegen gelassen. Julia Franck hat einen bewegten Lebensweg, keine so schlechte Voraussetzung für eine Schriftstellerkarriere.


    Gruß, Lauterbach

  • b.a.t. , inzwischen habe ich die Hälfte des Romans gelesen. Danke für deinen Hinweis auf den realen Hintergrund, der mir bisher entgangen war. Der Roman ist keine ganz leichte Kost, da multiperspektivisch und auf verschiedenen Zeitebenen erzählt und von der Autorin wohl extra darauf angelegt, die Leser ein wenig hinzuhalten und zu verwirren, was mit der im Roman von auctorialer Seite getätigten Aussage zu tun hat, dass es eigentliche historische Wahrheiten gar nicht gebe, weil das kollektive Gedächtnis zu ungenau und interessengeleitet sei. Einer von den Romanen, an denen sich der Leser bewähren muss, um ihn würdigen zu können, aber gerade deshalb wichtig und gut.

  • Hier eine kurze Zusammenfassung meiner letzten Leseaktivitäten


    Aura Xilonen war wirklich sprachgewaltig. Hat mich ein bisschen an David Foster Wallace erinnert.


    Danach hab ich korsische Sagen gelesen, von Francette Orsoni, Prosper Mérimée und Guy de Maupassant. Kleine Geschichten mit viel Lokalkolorit und jeweils tragischem Ende.


    Etwas länger in Anspruch hat mich Karen Joy Fowlers "Booth" genommen. Ein historischer Roman über die Lebensgeschichte der Schauspielerfamilie Booth. Der Vater einst ausgewandert von England in die USA, war DER Schaupielsuperstar des 19. JH. Er war Trinker, Exzentriker und berühmt.


    Von seinen 11 Kindern überlebten 4 die Kindheit nicht. Die Söhne wurden Schauspieler wie er und auch berühmt. Einer wurde jedoch radikalisiert während des Sezessionskrieges und er ermordete Abraham Lincoln 1865 im Theater. Ein anderer der Brüder war Lincoln Freund und Unterstützer. Gespaltenheit zog sich bis in die Familien hinein.


    Ich habe es ganz gerne gelesen, auch wenn es stellenweise doppelte Informationen gab, zu offensichtliche Erklärungen und Vorgriffe. Sie schaffte eine gute Atmosphäre im Buch, in die man sofort eintauchen kann.


    Ein sehr kurzes Intermezzo mit Annie Ernaux - Le jeune Homme, ein kleines Buch, das ich hier in Korsika in einer Buchhandlung gefunden habe. Eine autobiographische Kurzerzählung über eine Affäre mit einem 30 Jahre jüngeren Mann.


    Derzeit lese ich:

    Magali Nieradka-Steiner - Exil unter Palmen. Deutsche Emigranten in Sanary-sur-Mer


    https://www.wbg-wissenverbinde…p/41732/exil-unter-palmen

  • Eva Menasses "Dunkelblum" habe ich inzwischen beendet. Ich fand den Roman sehr gut. Er weist uns daraufhin, wie nahe wir alle daran sind, uns in historischen Situationen, denen wir ausgesetzt sind, oder einfachen Momenten der Menschlichkeit nicht zu bewähren, wie Egoismus, Bequemlichkeit und Rechthaberei Menschen dazu führen, andere zu unterdrücken und auszubeuten, selbst zu töten. Trotz der ironischen Sprache und teilweise sogar humorvollen Situationen schwere Kost, aber lohnende. Man liest meiner Ansicht nach den Roman völlig falsch, wenn man ihn auf eine besondere österreichische Situation festlegt.


    Nun bleibe ich bei österreichischen Autorinnen und auch bei der Satire und habe Verena Roßbachers neuen Roman "Mon Chéri und unsere demolierten Seelen"begonnen. Sehr unterhaltsam und diesmal wirklich lustig, aber natürlich auch nur vordergründig. Aber wirklich was für Leute, die Spaß haben an Sprachwitz und skurrilen Gestalten.

  • Nach Remarques "Der Feind" lese ich jetzt "Jud Süß" von Feuchtwanger. Es ist, als würde man nach einer detaillierten Bleistiftzeichnung einen barocken Ölschinken vor sich haben.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Ich meine mich zu erinnern, dass auch Thomas Mann sich eine Weile dort aufgehalten hat. Die ganze deutschsprachige Intellektuellenszene scheint sich dort getroffen zu haben, nachdem es in Deutschland unerträglich wurde.

  • Ja, sämtliche Manns, aber Thomas nicht so lange wie die Feuchtwangers, die waren sogar noch interniert und sind mit GoloMann und den Werfels über die Pyrenäen nach Spanien und von dort nach Portugal geflüchtet.


    Es waren einige Größen dort, auch Brecht, Bloch, Toller, Hessler, Zweigs (sowohl Arnold als auch Stefan), Marcuse, Schickele, Remarque, Kisch und viele mehr.


    Die Lektüre ist wirklich sehr interessant und auch sehr gut recherchiert.

  • b.a.t. Könntest Du kurz schreiben welches Buch? Oder hab ich das überlesen.


    Ich habe im letzten Jahr eine mehrteilige Doku der Manns gesehen (ich glaube es war ARD Mediathek) und hab parallel in diversen Biografien und anderen Büchern quer gelesen. Ich fand das ganze auch sehr spannend.


    Ich habe von Manfred Flügge - Das flüchtige Paradies im Regal stehen. Das ist es nicht zufällig.

  • Derzeit lese ich:

    Magali Nieradka-Steiner - Exil unter Palmen. Deutsche Emigranten in Sanary-sur-Mer


    https://www.wbg-wissenverbinde…p/41732/exil-unter-palmen

    schokotimmi ja ein paar Absätze weiter oben steht es, aber hier gerne nochmals :)


    Es ist keine reine Mann Biographie, es geht um den Exilort Sanary-sur-Mer und um sämtliche Menschen die dort im Exil oder nur einen Aufenthalt dort hatten, wie z.B. Aldous Huxley.