Beiträge von Zefira

    Ich bin ja selbst zweimal in Lourdes gewesen (als Touristin und ohne irgendein Anliegen an die Jungfrau). Ich fand es so, wie Zola es beschreibt: aufgeblasen und touristisch. Die Glaubensinnigkeit, die er ebenfalls beschreibt, fand ich viel eher in Avila vor. Dort habe ich Besucher und Besucherinnen sehen können, die auf Knien Treppen emporrutschten, betend und flehend, mit langen Kerzen in den Händen.

    Ein Wunder hab ich auch mal erlebt (keine Heilung - aber ein Wunder), und zwar in Garabandal - ein weitgehend vergessener Ort, jedenfalls schien es mir damals so. Kein Mensch dort. Ich verlor eine Kontaktlinse, was an sich kein Drama ist, aber schon sehr ärgerlich, wenn man den Urlaub gerade angetreten hat. Bei der Weiterfahrt rief ich mir den Ort vor Augen und bat um Hilfe. Am Abend im Hotel räumte ich den Kofferraum aus. Die fehlende Linse lag unversehrt unter dem Koffer. Keine Ahnung, wie sie dort hingekommen war - in Garabandal hatte ich den Kofferraum nicht geöffnet ... ^^

    Jedenfalls der Drei-Städte-Roman, den ich am besten fand. Übrigens kurz nach dem Lourdes-Buch von Huysmans gelesen.

    Werfels Bernadette dagegen immer noch auf dem SUB.

    Werfels "Lied von Bernadette" kenne ich. Aber ich wusste nicht, dass es von Huysmans ein Lourdes-Buch gibt ... Da muss ich mal Ausschau halten ...

    Ich habe übrigens gestern nacht, als ich nicht schlafen konnte, noch ein wenig in "Lourdes" geschmökert, das ich schon zweimal gelesen habe. Das könnte man glatt ein drittes Mal lesen. Das Buch ist großartig komponiert und voll sprechender Charakterschilderungen.

    Das ist ein sehr interessanter Hinweis, aber leider nur antiquarisch zur eher üppigen Preisen zu finden.

    Ja, das habe ich schon mehrfach gehört.

    Aber apropos üppige Preise: Ich habe das Buch in den Neunzigern gekauft, nach meiner Erinnerung auf eine Empfehlung von MRR hin. Ebenso zum Beispiel auch "Telemach" von Michael Köhlmeier. Diese Bücher kosteten damals 49,90 DM - was in punkto "Kaufkraft" erheblich mehr war als 49,90 Euro heute. Und ich hatte damals viel weniger Geld, als ich heute habe (damals hatten wir in der Familie vier Leute bei einem Einkommen und zahlten ein Haus ab - heute zwei Leute mit zwei Einkommen und das Haus ist abbezahlt).


    Manchmal frage ich mich, wie ich es damals geschafft habe, soviel Geld für Bücher auszugeben ...

    Dass "Nana" so berühmt wurde, liegt wohl primär am Thema. Nach meiner Erinnerung ist es eines der schwächsten Bücher von Zola. Noch schwächer ist zb "Fruchtbarkeit" - das ist einfach ein unsägliches Pamphlet.

    Ich lese zum zweiten Mal "Die Wolfshaut" von Hans Lebert.
    Und staune wieder einmal über die Sprachmacht, die aus den Seiten quillt. Die Gehässigkeit wird mir allerdings manchmal etwas zuviel, aber das soll natürlich so sein.

    Ich habe auf "wer weiss was dot de" gelesen, dass das Schlagen mit dem nassen Handtuch im Pflegebereich einen gewissen Ruf hat, weil es tierisch weh tut, aber keine Spuren hinterlässt, die als Beweis einer Misshandlung dienen könnten.
    Mein Papa kannte den perfekten Mord. :D

    Zitat

    Ob sowas erschlagen gehört (und warum mit einem nassen Handtuch), weiß ich auch nicht.

    Das war eine der Lieblingsredensarten meines 2007 verstorbenen Papas, und ich bringe sie an, wo ich Gelegenheit habe.
    Komischerweise wurde mir das eben erst klar, als ich nachdachte, warum ich diesen Spruch benutze und was er bedeuten könnte. ^^

    Nun, wie Nanas eigentlicher "Charakter" ist, braucht man gar nicht zu fragen. Sie ist das Produkt ihrer Umgebung. Ob sie insgeheim von einer bürgerlichen Ehe träumt oder von einer ernsthaften künstlerischen Karriere, ist egal, denn sie hatte zu beidem nie die Chance. Die einzige Möglichkeit, zu überleben, war für sie, im wahrsten Wortsinn ihre Haut zum Markt zu tragen. Ihre Kindheit und Jugend wird ja im Totschläger geschildert, da gibt es nur eine Richtung, die sie gehen kann.

    Als ich oben schrieb, ich frage mich, ob es so etwas je gegeben hat, bezog ich mich auf die Einstellung der Männer gegenüber Nana. Die verlieren ja in ihrer Gegenwart buchstäblich den Verstand. Es gibt eine Szene, als sie in ihrer Wohnung ein Essen gibt und neben vielen anderen Gästen auch ein Bankier erscheint, vermutlich schwerreich. Sie sitzt neben ihm, und (ich zitiere aus dem Gedächtnis) bei jeder ihrer Bewegungen, wenn sie ihre Schulter oder ihren Brustansatz sehen lässt, "bietet er immer höhere Summen".

    Ich kann mir das einfach nicht vorstellen. Dass eine Frau keine andere Überlebensmöglichkeit hat als sich so anzubieten, wie Nana es tut, ist eine Sache, aber dass die Männer so vollkommen den Kopf verlieren und beim Essen, neben ihr sitzend, Gebote abgeben, das kommt mir sehr merkwürdig vor.


    Auch dieser Heiratsantrag von ihrem Verehrer Philippe - der weiß doch genau, was für ein Typ sie ist, und dann schlägt er ihr die Heirat vor, nachdem sie sein Geburtstagsgeschenk (und alle anderen auch) mutwillig kaputtgeschlagen hat. Gibt es solche Männer? Sowas gehört doch mit einem nassen Handtuch erschlagen.


    Aber ich hab ja keine Ahnung. Vielleicht ist das aus dem Leben gegriffen. Ich habe ein Buch über Zolas Arbeitsweise, weil mich das eine Zeitlang sehr interessiert hat. Da gibt es eine Menge Beispiele für seine Recherchearbeit. Er war ja auch ein Mann der Gesellschaft, vermutlich kannte er solche Typen.

    Ah ok, die Hauptfigur in Germinal ist ja auch ein Sohn von Gervaise, oder? Derselbe?

    Nein, ein anderer, Étienne. Das ist der jüngste Sohn. Der älteste, Claude, wird Künstler und ist die Hauptfigur in "Das Werk", dann folgt Jacques ("Die Beste im Menschen"), Étienne und zuletzt die Tochter Nana.
    Was Jean betrifft, habe ich dir leider was Falsches geschrieben. Jean ist kein Sohn von Gervaise, sondern ein neun Jahre jüngerer Bruder.
    Ich muss gestehen, eben war ich so verwirrt, dass ich im Stammbaum nachgesehen habe. Es gibt einen recht übersichtlichen hier auf einer Seite namens "eichholzer".

    Ich habe zwar "Nana" ganz gern gelesen, weil mich dieses Thema des unaufhaltsam sich steigernden Desasters anspricht. Aber das Geschlechterbild ist reichlich merkwürdig, und ich habe mich immer wieder gefragt, ob es so etwas jemals wirklich gegeben hat.



    Außerdem klingt "Die Erde" sehr interessant für mich, aber das steht nicht wirklich in einem Bezug zu den Figuren der anderen drei, oder?

    Soweit ich mich erinnere, ist Jean Macquart, eine der Hauptfiguren in "Die Erde", ein Sohn der Wäscherin Gervaise, die im "Totschläger" die Hauptrolle spielt. Aber es gibt keine Überschneidungen im Plot, man kann "Die Erde" sehr gut lesen, ohne überhaupt davon zu wissen.

    "Meine Antonia" habe ich vorletztes Jahr gelesen und in sehr guter Erinnerung.

    Ich lese gerade in einer Runde "Der Schlächter" von Joyce Carol Oates. Es geht um einen Frauenarzt, der Anfang des 19. Jahrhunderts an einer Anstalt für weibliche Geisteskranke wirkt. Der Titel sagt ja schon genug. Damals glaubte man - wie auch in Europa -, die verschiedenen Formen von Geisteskrankheiten bei Frauen (die i.d.R. völlig gesunde Reaktionen auf die Zumutungen des Lebens waren) durch Operationen heilen zu können. Alternativ gab es Zwangsjacken, Dauerbäder und Fixierung im Dunkeln.

    Ich hatte mal einen Roman über Dr. Charcot in Paris, der schon ziemlich entsetzlich war. Oates' Dr. Weir steht ihm in nichts nach. (Er hat, wie sich leicht ergoogeln lässt, einige historische Vorbilder.) Der Frauenhass dieser Zeit macht mich fassungslos.

    Ich habe zu diesem Thema die Bananentrilogie von Asturias gelesen, die mir einige erschreckende Erkenntnisse beschert hat. Seitdem sehe ich Bananen mit anderen Augen.

    Ich bin seit ein paar Monaten Schrankpatin. In meinem Schrank stehen einige Klassiker, die auch oft Liebhaber finden - die Bücher von Thomas Mann waren zum Beispiel immer recht schnell weg, andere liegen wie Blei. Ich halte da immer ein Auge drauf.
    Heute fand ich im Schrank ein Büchlein mit einfach weißem Umschlag. Als ich es herausnahm, stellte ich fest, dass der Vorbesitzer - warum auch immer - den Schutzumschlag gewendet hatte, mit den Aufschriften, Klappentext usw. nach innen. Es war die Winkler-Dünndurckausgabe von Rousseaus Briefroman "Julie oder die neue Heloise".
    Ich habe es erstmal mit heimgenommen, weil ich bezweifle, dass das "meine" Schrankkunden interessiert sind. Kennt jemand hier dieses Buch? Man muss sich wohl extrem entschleunigen, um sowas zu lesen.


    ps. Wenn es jemand haben will, bitte melden! Nach Lesen des Wiki-Eintrags dazu denke ich eher nicht, dass ich es lesen werde.

    Ich habe sogar einige ausdrückliche "black romance"-Momente in Erinnerung, vor allem die Alpträume des Liebespaars.
    In seinen späteren Romanen ist Zola deutlich nüchterner. Aber ich erinnere mich noch an so gewisse Stellen, zum Beispiel in "Das Tier im Menschen", wie das Verhältnis zwischen Jacques Lantier und seiner Lokomotive erotisch immer weiter aufgeladen wird, bis hin zum "Tod" der Lok nach einem Zugunglück. Ist das noch naturalistisch oder weist es schon auf den Expressionismus voraus?

    Hallo Bluebell,

    ich habe Thérèse Raquin als eher klein angelegten Roman mit dem Fokus auf eine zwanghafte psychologische Verstrickung in Erinnerung.
    Wenn dir das gefallen hat, magst du vielleicht "Die Freude am Leben" aus dem Rougon-Maquart-Zyklus.
    Man kann es lesen, ohne den Rest des Zyklus zu kennen.
    Eine ähnliche "amour fou" ist auch in "Die Eroberung von Plassans" zu finden. Um das richtig zu verstehen, sollte man sich aber vorab ein bisschen mit der politischen Situation der Zeit ("Staatsstreich" Napoleons III. in 1851) vertraut machen.
    "Nana" und "Germinal" (sehr empfehlenswert!) wurden schon erwähnt, auch "Der Totschläger" ist ein tolles Buch - war mein erstes von Zola.
    Viele Bücher von Zola sind in erster Linie Milieu- oder Thesenromane, in denen die Handlung eine untergeordnete Rolle spielt. Darunter würde ich auch die Städtetrilogie und die "Evangelium"-Romane zählen. Von der Städtetrilogie ist wohl "Paris" am besten zu lesen. "Rom" fand ich völlig unverdaulich.