"So traurig wie sie", eine Sammlung von Erzählungen und zwei Kurzromanen von Juan Carlos Onetti, dem meinem Eindruck nach europäischsten der lateinamerikanischen Erzähler. Der Realismus hier ist nicht magisch, sondern radikal. Es gewinnen weder die Guten noch die Bösen, alle gehen einträchtig den Bach hinunter - oder genauer: den großen Fluss, bei dem es sich offenbar um den La Plata handelt und an sich dem der Schauplatz vieler Geschichten Onettis befindet: die Provinzstadt Santa María, so fiktiv wie plastisch.
Die Mehrzahl von Onettis Schriften erschließt man sich am besten von dem Roman-Doppelband "Leichensammler/Die Werft" aus, denn hier gibt es ein Personenverzeichnis, das immer wiederkehrende Helden erläutert - darunter auch jenen undurchsichtigen Arzt Diaz Grey, der, bei höherem Bekanntheitsgrad des Autors, durchaus das Zeug zu einer Kultfigur gehabt hätte.
Und ja, endlich wird mein Herzenswunsch zur Weihnachtszeit respektiert: Um Himmels Willen keine Bücher! Niemand da draußen macht sich einen Begriff davon, wie unsinnig es ist, einem Literaturfreund Bücher zu schenken - denn die Zahl derer, die wissen, wo der Hase höchstpersönlich läuft, strebt schnurstracks gegen null. Einer konnte es partout nicht lassen, die Wahl war auch gar nicht schlecht - aber eine Doublette: Gasdanows "Alexander Wolf" kannte ich schon.