Was lest ihr gerade?

  • "So traurig wie sie", eine Sammlung von Erzählungen und zwei Kurzromanen von Juan Carlos Onetti, dem meinem Eindruck nach europäischsten der lateinamerikanischen Erzähler. Der Realismus hier ist nicht magisch, sondern radikal. Es gewinnen weder die Guten noch die Bösen, alle gehen einträchtig den Bach hinunter - oder genauer: den großen Fluss, bei dem es sich offenbar um den La Plata handelt und an sich dem der Schauplatz vieler Geschichten Onettis befindet: die Provinzstadt Santa María, so fiktiv wie plastisch.


    Die Mehrzahl von Onettis Schriften erschließt man sich am besten von dem Roman-Doppelband "Leichensammler/Die Werft" aus, denn hier gibt es ein Personenverzeichnis, das immer wiederkehrende Helden erläutert - darunter auch jenen undurchsichtigen Arzt Diaz Grey, der, bei höherem Bekanntheitsgrad des Autors, durchaus das Zeug zu einer Kultfigur gehabt hätte.


    Und ja, endlich wird mein Herzenswunsch zur Weihnachtszeit respektiert: Um Himmels Willen keine Bücher! Niemand da draußen macht sich einen Begriff davon, wie unsinnig es ist, einem Literaturfreund Bücher zu schenken - denn die Zahl derer, die wissen, wo der Hase höchstpersönlich läuft, strebt schnurstracks gegen null. Einer konnte es partout nicht lassen, die Wahl war auch gar nicht schlecht - aber eine Doublette: Gasdanows "Alexander Wolf" kannte ich schon.


  • Irgendjemand hat hier ein Mal "Fortune de France" Von Robert Merle erwähnt und ich habe jetzt 2/3 des Romans gelesen und bin angetan von dem Werk. Anregende Unterhaltungsliteratur mit historischem Hintergrund und einfach naturalistisch geschrieben - der Autor meint also was er schreibt.


    Ich habe das Buch im Frühjahr gelesen und habe es in guter Erinnerung. Ich empfand die unaufgeregte Schreibweise als sehr angenehm. Ich wollte mich mal noch nach den Folgebänden umsehen.


    Quicksilver habe ich übrigens auch mal angefangen. Allerdings damals nicht über die ersten 300 Seiten oder so hinausgeschafft. Nicht weil es uninteressant oder schlecht war, im Gegenteil, sondern weil das Buch damals so viel Aufmerksamkeit von mir verlangte, ich ständig nachrecherchieren wollte und ich damals weder den Kopf noch die Zeit dazu hatte. Seitdem juckt es mir hin und wieder in den Fingern, das Buch zur Hand zu nehmen, aber noch muss es eine Weile warten.


    Und damit ich auch etwas dem Sinn des Threads entsprechend beitrage...ich lese momentan


    Paula McLain - Madame Hemingway und nachdem ihr mich angestachelt habt jetzt auch Charles Dickens - Schwere Zeiten

  • Schnitzler, Erzählungen. Ich bin allerdings schon wieder fast durch. Ich ärgere mich ein wenig, dass das Buch so lange ungelesen im Bücherregal stand.

  • Ich habe "Quicksilver" fast geschafft. Den Mittelteil um den 'König der Landstreicher' hätte ich nicht wirklich gebraucht. Und aus ähnlichen Gründen werde ich vorerst die Trilogie auch nicht weiterlesen. Im zweiten Band sollen Newton und Leibniz kaum vorkommen. Die waren aber für mich der Hauptgrund überhaupt erst die Lektüre zu beginnen. Die Kabale an den verschiedenen Königshöfen langweilt mich eher.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Aktuell dreigleisig:


    - Nathanael West: Eine glatte Million. (Ein tumber Thor verwirklicht den American Dream: The pursuit of happiness. Nur wird er irgendwie nicht so glücklich...
    - Johann Karl Wezel: Belphegor. Ähnliches Thema, 150 Jahre früher. Brutaler als West.
    - Eduard Zeller: Geschichte der griechischen Philosophie III/1. Wie immer äusserst detailliert und kenntnisreich.
    [hr]

    Ich habe "Quicksilver" fast geschafft. Den Mittelteil um den 'König der Landstreicher' hätte ich nicht wirklich gebraucht. Und aus ähnlichen Gründen werde ich vorerst die Trilogie auch nicht weiterlesen. Im zweiten Band sollen Newton und Leibniz kaum vorkommen. Die waren aber für mich der Hauptgrund überhaupt erst die Lektüre zu beginnen. Die Kabale an den verschiedenen Königshöfen langweilt mich eher.


    Newton und Leibniz wären zwar per se für mich noch keine Gründe, ein Buch zu lesen, das nicht von ihnen selber stammt. Aber Du hast mich überzeugt: Ich streiche Quicksilver von der Liste meiner Eventualitäten.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zur Entspannung: "Gefährliche Possen. Komische phantastische Geschichten". Die ersten Geschichten waren nicht so toll, aber es wird besser.
    [kaufen='978-3453133433'][/kaufen]

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Als Nächstes noch einen Fantasy-Klassiker: "Der Magier der Erdsee. Der Erdsee-Zyklus 1." von Ursula K. Le Guin.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)

  • Gerade begonnen:
    Christoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und der Finsternis
    [kaufen='978-3596254194'][/kaufen]


    Ein Roman, der die österreichisch-ungarische Nordpolarexpedition von 1872-1874, die zur Entdeckung des Kaiser Franz-Joseph- Landes, einer Inselgruppe nordwestlich von Novaja-Semlja, führte, des letzten weißebn Fleckens auf der Landkarte der Alten Welt.


    Spannend und sehr raffiniert erzählt, wie man es von Ransmayr gewohnt ist: Das Richtige für kalte Winterabende!


  • Gerade begonnen:
    Christoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und der Finsternis


    Der Titel erinnert mich sofort an Fridtjof Nansens "In Nacht und Eis". Der Bericht hat mich sehr beeindruckt und gefesselt.


    Ransmayr kenne ich noch nicht, denke aber, dies könnte sich mit "Die Schrecken des Eises und der Finsternis" ändern.


    Daher Danke für die Erwähnung deiner Lektüre!


    Gruß
    Eni


  • Das klingt gut.


    Das erinnert mich, daß ich dich etwas fragen wollte. Du hast mal ein (Winter)Buch vor ein paar Jahren gelesen (1 oder 2 Jahre) von einem deutschen Schriftsteller, ich glaube ein Erstlingswerk. Ich finde meine Notiz nicht mehr und kann mich nun weder an den Autorenname noch an den Titel erinnern, ich glaube etwas mit 'Schnee' im Titel.


    Weißt du noch welches Buch das war?


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Das erinnert mich, daß ich dich etwas fragen wollte. Du hast mal ein (Winter)Buch vor ein paar Jahren gelesen (1 oder 2 Jahre) von einem deutschen Schriftsteller, ich glaube ein Erstlingswerk. Ich finde meine Notiz nicht mehr und kann mich nun weder an den Autorenname noch an den Titel erinnern, ich glaube etwas mit 'Schnee' im Titel.


    Weißt du noch welches Buch das war?


    Hallo Maria!
    War das nicht Maria Schnee von Eckhard Henscheid und war das nicht eine Empfehlung von Giesbert Damaschke? Auch wenn das nicht der Fall sein sollte, danke für die Erinnerung!
    :winken:

  • Hallo Maria!
    War das nicht Maria Schnee von Eckhard Henscheid und war das nicht eine Empfehlung von Giesbert Damaschke? Auch wenn das nicht der Fall sein sollte, danke für die Erinnerung!
    :winken:


    Nein, das war es nicht. Daß der Buchtipp von finsbury kam ist noch das einzige was ich sicher weiß.
    (Dennoch, schaue ich mal, um was es in dem von dir (und Giesbert ) genannten Buch geht)


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Hallo Maria,


    habe das gerade erst gelesen, aber Josmar hat dir ja schon geholfen. Wirklich ein schönes Buch, die "Schnneetage" von Christophersen. Sie beziehen sich ja, neben einer Haupthandlung aus der Mitte des letzten Jahrhunderts, auf Rungholt, einen Handelsort, der bei der "Groten Mandränke" 1362 oder etwas später unterging.
    Dazu gibt es auch einen historischen Roman von Kari Köster-Lösche: Die letzten Tage von Rungholt, den ich mir nach der Lektüre der Schneetage gekauft, dann aber erfolgreich mehrere Jahre verbaggert habe und erst vor kurzem wiederentdeckte.


    Mich fesselt hingegen momentan der noch höhere Norden mit Ransmeyers Roman, der eine Mischung aus Fiktion (Geschichte des Nachfahren eines der italienischen Matrosen) und Sachbuch über die Expedition des Dreimasters "Tegethoff" zur Auffindung der Nordostpassage 1872-74 ist. Das Buch ist schön ausgestattet mit zeitgenössischen Stichen, Fotodokumenten der Expedition und einer Übersicht zu weiteren Unternehmungen im arktischen Ozean. Ein großer Lesespaß bisher.
    Von Ransmeyer las ich vor Jahren "Der fliegende Berg", wovon ich auch sehr beeindruckt war.


    Außerdem habe ich im Rahmen meines Langzeitprojektes zu den Begleiterscheinungen und Folgen der technologische Umwälzungen seit 1760 mit der Lektüre der Gedichte Ferdinand Freiligraths begonnen. Epigonal in der Form, aber sehr erfrischend in der Themenwahl: Die beide ersten Gedichte meiner Aufbau-Ausgabe beschäftigen sich mit der Auswanderung Deutscher nach Nordamerika und dem Lebensbericht eines alten invaliden Afrikaners über seine Heimat, Versklavung, Meuterei und Flucht: Für die beginnenden 30 er Jahre des 19. Jahrhunderts recht ungewöhnliche Töne!