Was lest ihr gerade?

  • Hallo,


    leichte, auch nicht übermäßig toll geschriebene, dennoch ganz interessante Lektüre:


    Luo Lingyuan: Die chinesische Delegation


    Eine seit vielen Jahren in Berlin lebende, systemkritische chinesische Reiseführerin begleitet eine chinesische Stadtplaner- und Unternehmergruppe bei einer Bildungs- und Informationsreise durch Europa.
    Dabei stoßen europäisches und chinesisches Selbstverständnis auf intereressante, manchmal nachdenklich machende, oft auch lustige Weise aufeinander.


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    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Danke Zola, könnte mich interessieren, nach der Jugendbuchfassung :smile:


    Hat Bligh wieder nur die Rolle des ungerechten, gausamen Kommandanten oder wird er etwas differenzierter geschildert?


    Unterschiedlich, je nach Sichtweise. Der erste Band "Schiff ohne Hafen" ist aus Sicht eines (unfreiwilligen) Meuterers geschrieben, dort wird er als sehr ungerecht dargestellt. Im zweiten Band, "Meer ohne Grenzen", den ich mittlerweile auch durch habe, wird er hauptsächlich aus Sicht des mit Bligh vom Schiff vertriebenen Arztes als genialer und gerechter Kapitän dargestellt.
    (Die Bücher gibt's gerade bei Jokers hinterhergeschmissen, ich habe als ich sie kaufte noch mehr dafür bezahlt.)

  • Ich würde sehr gerne mal wissen, ob außer mir noch jemand die Romane "Gymnadenia" und "Der brennende Busch" von Sigrid Undset gelesen hat.
    Ein Entwicklungsroman aus der Zeit von ca. 1900 bis 1930. Der Protag Paul Selmer wächst in einer Patchworkfamilie auf (was damals wohl total außergewöhnlich war und ihn entscheidend prägt); die Mutter ist Freidenkerin; er schließt nach einer schweren Enttäuschung eine Ehe mit einer strunzdummen Frau, die ihm nichts als Probleme einbringt und ihn aus einer Laune heraus verlässt, so dass er die beiden Kinder allein großziehen muss. Das eigentliche Thema der Romane ist Pauls Konversion zum Katholizismus.
    Da ich selbst als Protestantin in eine katholische Familie geheiratet habe (und im Lauf der Jahre öfter an Konversion dachte), hat mich dieses Werk heftig bewegt, auch bei zweitem Lesen.
    Ich wäre froh, wenn es noch jemand außer mir kennen würde, es bleiben so viele offene Fragen.
    Schönen Gruß von Zefira

  • Sigrid Undset ist mir in erster Linie als Autorin historischer Romane bekannt geworden. M.W. hat sie irgendwann den Literaturnobelpreis gekriegt, wahrscheinlich im Zusammenhang mir eben diesen Mittelalterromanen. Ihre Kristin Lavranstochter ist eine geniale Schöpfung, da kann sich fast die komplette Riege aktueller Historienschriftsteller dahinter verstecken.


    An "Gymndenia" (der Name einer Orchideenart) und "Der brennende Busch" interessiert mich nicht nur das Thema der Konversion, sondern auch der eigenartig mutige Zugriff der Autorin auf eine männliche Biographie. Ihr Protag scheint alles, was sich in seiner Ehe und Familie abspielt, auf eigenartige Weise als Folie zu empfinden, als hätte es mit seinem eigentlichen Selbst nichts zu tun. Ein Beispiel dafür unter vielen: Seine Frau, die vieles aus einer Augenblickslaune heraus entscheidet, besteht darauf, die erste gemeinsame Tochter "Sunlife" zu nennen. Paul widerspricht, dass das arme Kind wahrscheinlich in der Schule nur "Sunlicht" genannt werden wird. Als die Schwiegermutter, ein wahrer Drache, ihm bedeutet, dass seine Frau drei Nächte lang geweint habe und dass das so kurz nach der Geburt nicht zuträglich sei, gibt er nach - mit einem eigenartigen persönlichen Humor nach dem Motto "was kommt es denn letztlich drauf an", Hauptsache, er wird in Ruhe gelassen. Ich bin nicht sicher, ob die Autorin damit eine männliche Sichtweise meinte oder eine katholische oder beides.

    Auf alle Fälle ein sehr diskussionswürdiger Roman, wenn ihn denn jemand außer mir kenne würde *flenn*

  • Heute las ich Adalbert Stifters "Abdias" fertig. Eine sehr schöne, ruhige, wenn auch sehr unglückselige Erzählung.


    Ganz anders dagegen, nämlich so hitzig und auf belustigende Weise unverständlich, als manchmal Jean Paul, und so wie bei diesem enthält meine neue Lektüre tausende gelehrte Anspielungen pro Seite, - nämlich
    Johann Georg Hamanns "Sokratische Denkwürdigkeiten".


    Ich freue mich auf das weitere Lesen dieser merkwürdigen Schrift. Hamann kritisiert darin (zur Zeit der Aufklärung) den Primat der Vernunft und weist den Weg wieder in die sinnliche Offenbarung der Schöpfung. So fromm das klingen mag, so wild scheint seine Feder zu sein.


  • Ich freue mich auf das weitere Lesen dieser merkwürdigen Schrift. Hamann kritisiert darin (zur Zeit der Aufklärung) den Primat der Vernunft und weist den Weg wieder in die sinnliche Offenbarung der Schöpfung. So fromm das klingen mag, so wild scheint seine Feder zu sein.


    Wild die Feder, sehr verwildert die Gedanken.


    Quasi das Gegenteil von Musil, statt eines klaren Bergsees eine trübe Pfütze :breitgrins:


    CK

  • Wild die Feder, sehr verwildert die Gedanken.


    Quasi das Gegenteil von Musil, statt eines klaren Bergsees eine trübe Pfütze :breitgrins:


    Eher eine durch Sturm aufgewühlte Ostsee. Ich mag Hamann auch nicht überall hin folgen oder ihm überall Recht geben, aber den Graben zwischen Vernunft und Sinnlichkeit, zwischen Vernunft und Glauben, hat keiner so aufzufüllen versucht (vermocht?), wie er.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Wäre ein guter Titel für das Drama um die Gazprom und den Energiekrieg. Daths Buch steht auch auf meiner LL, allerdings, da neues Buch, sehr weit unten.


    Der Titel bezieht sich auf die riesige Antennenanlage Haarp in Alaska; dazu hatte Dath lt. Wikipedia auch schon einen Artikel in der FAZ geschrieben, in dem der Romantitel anklingt: Im schwarzen Wald der Waffen. In: FAZ vom 22. Juli 2006, Nr. 168, S. 39.

  • Ich lese momentan Solschenizyns "Archipel Gulag", bin deprimiert, habe ständig Alpträume und weiß nicht, wie ich die restlichen 2 1/2 Bände durchstehen soll. Aber ich schätze Solschenizyn sehr und finde eindrucksvoll, wie er über Ursprung, Wirkung und Folgen des Stalinismus reflektiert.


  • Eher eine durch Sturm aufgewühlte Ostsee. Ich mag Hamann auch nicht überall hin folgen oder ihm überall Recht geben, aber den Graben zwischen Vernunft und Sinnlichkeit, zwischen Vernunft und Glauben, hat keiner so aufzufüllen versucht (vermocht?), wie er.


    Ich würde beim Wort "versucht" bleiben. Wenn ich die Erklärung der Philosophie Hamanns in einem sekundärliterarischen Text lese, finde ich seine Gedanken zum größten Teil außergewöhnlich gut, aber aus Hamanns Texten alleine käme ich nicht auf dieses Urteil, einfach, weil er so unverständlich ist. Die Aufklärer, scheint mir, schreiben dagegen klar und strukturiert, dass am Ende (leider) alles hübsch plausibel und unumstößlich klingt,


    so zum Beispiel in meiner jetzigen Lektüre "Geschichte des Agathon" von Christoph Martin Wieland. Ich habe zwar mehr Sympathie für Hamanns Gedanken, aber dessen Schriften wirken neben dem erzmaterialistischen "Agathon" etwas lächerlich und überhaupt nicht überzeugend.


    "Die Geschichte des Agathon" gefällt mir ansonsten auch überhaupt gar nicht.


    Gruß

  • Ich lese gerade Die Insel des vorigen Tages von Umberto Eco  [kaufen='3423123354 '][/kaufen] aber ich komm nicht ganz hinein in die Geschichte.


    Nebenbei habe ich mir daher jetzt Jose Saramago - Stadt der Blinden [kaufen='3499224674 '][/kaufen] geschnappt und das liest sich viel flüssiger und angemehmer.


    Katrin


  • Ich lese gerade[b] Die Insel des vorigen Tages von Umberto Eco aber ich komm nicht ganz hinein in die Geschichte.


    Für die Geschichte ist es hilfreich etwas von der Geschichte der Navigation zu wissen, da ihr Kern ein abseitiges Verfahren dazu behandelt. Vielleicht schaust du ein Mal in das Buch: Längengrad, von Dava Sobel.