Marcel Proust - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

  • Zitat

    Ich lese aber die Suche nicht an einem Stück sondern immer wieder nur einen Teil.


    Das ist sicherlich auch eine Option, wenngleich nunmehr doch höchst gespannt bin, wohin einen die Recherche noch führt. Weißt du zufällig wer als Vorbilder für den Dichter Bergotte und den Maler Elstir dienten? Soviel ich in Erfahrung bringen konnte, soll es sich beim Maler wohl um Monet handeln, zu Bergotte hingegen konnte ich nichts in Erfahrung bringen, da hierzu lediglich französischsprachige Internetseiten zu ergoogeln waren.


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit


  • ... soll es sich beim Maler wohl um Monet handeln ...


    Ja und nein. Elstir ist eine Kunstfigur, die sich lt. Keller-Kommentar aus den Vorbildern Monet, Turner und Whistler ergibt. Bergotte weist in der Tat recht konkret auf Anatole France hin.


    LG


    Tom

  • Für die Personenvorbilder gibt es ein mit Zitaten und Fotos versehenes Taschenbuch im insel-Verlag (William Howard Adams, Prousts Figuren und ihre Vorbilder, 2000). Auch wenn die Vergleiche nicht stimmen sollten, ist es doch ganz nett, die alten Bilder von jedenfalls potenziell ähnlichen Leuten zu sehen.


    Schöne Grüße, Niclas

    "Das Ganze ist das Unwahre" - Theodor W. Adorno - Minima Moralia


  • Hat sich jemand mit dem Buch von Anita Albus: "Im Licht der Finsternis " beschäftigt?


    Hallo Lost,


    noch nicht. Danke fürs Aufmerksam machen! Ich bin auf die Suche nach Meinungen und Rezensionen gegangen und fand diesen Artikel in der FAZ:


    Auf der Suche nach der höchsten Wahrheit


    auch bei Perlentaucher taucht das Buch auf:


    http://www.perlentaucher.de/buch/35796.html


    eine Leseprobe konnte ich nicht finden, schade.



    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Hat sich jemand mit dem Buch von Anita Albus: "Im Licht der Finsternis " beschäftigt?


    Ich habe überlegt, es mir zuzulegen. Die Prüfung im Laden hat mich zunächst abgehalten, nun sind einige sehr euphorische Besprechungen (diese Woche in der ZEIT) erschienen. Es ist ein Buch, welches viel Konzentration erfordert, man liest das nicht so nebenbei weg. Ob es mich am Ende doch überfordert, könnte ich natürlich nur nach Lektüre im Wohnzimmer sagen, im Buchladen erschien es mir für meinen Geist zu komplex.


    Gruß, Thomas



  • Ich nehm' meinen Geist nie mit an solche Plätze ... :breitgrins:


    Nun ja, man prüft ja nur sehr kleine Ausschnitte, das bewältige ich geistig sonst durchaus. Hier war es anders, auch wenn sich das auf dem heimischen Sofa durchaus als lesbar herausstellen kann. Die Zitate in den Rezensionen deuten ebenfalls den nicht gerade einfachen Stil an.


    Gruß, Thomas


  • Hat sich jemand mit dem Buch von Anita Albus: "Im Licht der Finsternis " beschäftigt?


    Zur Kenntnis genommen habe ich es, schrecke jedoch davor zurück, weil es in den Feuilletons so gelobt wird und außerdem recht teuer ist. Wenn ich noch Sekundärliteratur zur "Recherche" kaufe, dann am ehesten die "MP-Enzyklopädie" von L. Keller.


    So long,


    Tom

  • Zur Kenntnis genommen habe ich es, schrecke jedoch davor zurück, weil es in den Feuilletons so gelobt wird und außerdem recht teuer ist. Wenn ich noch Sekundärliteratur zur "Recherche" kaufe, dann am ehesten die "MP-Enzyklopädie" von L. Keller.


    So long,


    Tom


    Von Anita Albus habe ich "Von seltenen Vögeln" gelesen und ihr Buch "Das botanische Schauspiel" habe ich noch vor mir und die "Kunst der Künste" habe ich vernachlässigt. Schöne gemachte und lesenswerte Werke aus meiner Sicht und deshalb wurde ich neugierig. Die Besprechungen über das "Licht der Finsternis" machen mich aber auch misstraurig. Es kommt mir so vor, als würde sie Prousts Werk als Baukasten für alle möglichen Theorien benutzen; Hauptsache neu. Proust ist selber schuld, denn seine Gedankengänge und Betrachtungen lassen ich sehr vielfältig auslegen und man kann ihm alle möglichen Intentionen in die Schuhe schieben und ihn auch Kathedralen bauen lassen. Ich lasse da lieber erst ein Mal andere lesen, und zu euch hier habe ich mehr Vertrauen als zu den Feuilletonschreibern. Also legt euch Mal ins Zeug ihr seit doch sonst auch hinter jedem Buch her das sich mit Proust beschäftigt.
    ( :zwinker:)

  • Schöne Wortschöpfung! Chapeau, Monsieur! :klatschen:


    LG


    Tom


    Wer hat mir da nur die Feder geführt? :entsetzt:


    Aber das Wort hat tatsächlich was, auch wenn es nur durch ungeschickte Finger entstand und ein Beweis dafür ist, dass auch Affen Shakespears Werke verfassen könnten, wenn man ihnen nur genügend Zeit dafür lässt.


    Danke für den Hinweis Sir :winken:

  • Ich habe meinen Südseeurlaub genutzt und endlich die Recherche abgeschlossen. Also wenn Typen wie dieser Charlus den ersten Wekltkrieg überlebten, wundert mich nichts mehr. Und Wohlfahrtsorden sind auch nicht immer das was sie scheinen...


    Gruß
    Meier

    "Es gibt andere Geschichten auf einem andern Blatt Papier, doch jede ist mit der ersten verwandt" * Keimzeit

  • Eigentlich hatte ich vor, mir noch das eine oder andere Jahrzehnt Zeit zu lassen, bevor ich mich "Auf die Suche nach der verlorenen Zeit" begebe. Als ich heute allerdings die Frankfurter Taschenbuchausgabe im Schuber um 50€ entdeckt habe, konnte ich sie einfach nicht zurücklassen ...


    Nun steht sie also hier vor meiner Nase und ruft "Lies mich! Lies mich!", und tatsächlich hätte ich es nach den ersten paar Seiten kaum noch geschafft, dass Buch wieder zuzuklappen. Dass Proust einen Nerv bei mir trifft, habe ich schon bei ein, zwei anderen Kapiteln gemerkt, die ich früher einmal probegelesen habe - und trotzdem hält mich irgendetwas davon ab, mich einfach darauf zu stürzen.


    Ich glaube, ich habe einfach fürchterlichen Respekt vor dem Werk und ich weiß nicht, wann ich mich schlussendlich richtig heranwage ... aber zumindest ist es jetzt mal da, ein beruhigendes Gefühl. :breitgrins:

    "Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of books she wants to read, who has had a library card since she was twelve."

  • Hallo,


    Nach Prousts Beschreibungen des Charlus wollte ich endlich ein “richtiges Bild” dieser Person haben. Ich stöberte im Internet und stieß auf diese umfassende Seite:
    marcelproust.it auf deren Unterseite marcelproust.it/gallery/immag_2.htm viele Personen aus der Zeit und dem Umfeld dargestellt sind. Leider kann ich kein italienisch und mein Latein ist auch nicht berühmt…
    Es ist sehr wahrscheinlich, daß Robert de Montesquiou – Fésenzac ([url=http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Montesquiou,_Robert_de_-_Boldini.jpg&filetimestamp=20100809142815]http://de.wikipedia.org/w/inde…etimestamp=20100809142815[/url]) das Vorbild für Charlus bildete.


    Noch etwas weiteres habe ich im Internet gefunden, eine Darstellung Swanns, die vollkommen meiner Vorstellung nach der Beschreibung Prousts enspricht: http://coquelicot2007.c.o.pic.centerblog.net/ul1tvkp4.jpg

  • Hallo,


    obwohl ich hier neu bin - vielleicht auch gerade weil - fühle ich mich hier recht wohl. Mir scheint, daß hier durchaus gute Diskussionen und auch viel Hintergrund und Empfehlung gegeben werden kann.


    Ich selbst verarbeite meine Leseeindrücke seit diesem Jahr, indem ich sie in mehr als ein Paar Stichworten, mit denen ich in ein paar Jahren nichts mehr anfangen kann, aufschreibe.


    So auch zu Proust, den ich mir letzte Weihnachten für 50 EUR selbst geschenkt habe, nachdem ich in der öffentlichen Bücherei Proust schon einmal für ein Vierteljahr ausgeliehen und gelesen hatte.
    Kurz vorweg: Angefangen hatte ich auch mit "Eine Liebe Swanns", für die ich zwei Anläufe brauchte. Der zweite Anlauf war erfolgreich, und ich war "gefangen".


    Nun meine Eintragung zu Proust:


    Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit | Combray
    Thema: Gelesenes, war sehr gut


    Das Schlimme zuerst: Proust muß man mehrmals lesen.


    Fast genau vor 2 Jahren hatte ich mich für ein Viertel Jahr mit Proust zurückgezogen. Er ist langatmig, er ist weitschweifig, ja, er kann über drei Seiten Blumen oder Büsche beschreiben und verführt damit zum Überspringen von Passagen, aber am Ende bleibt viel übrig – irgendwo im eigenen Kopf. Es hat mich verfolgt, ich trauerte um die Personen, die in diesem Viertel Jahr unter meinen Augen gealtert oder sogar gestorben waren. Und wie das mit “der verlorenen Zeit” ist, sehnte ich mich danach zurück, die Zeit zurückzudrehen.


    Jetzt tauche ich wieder in die Vergangenheit ein, und ich genieße die Weitschweifigkeit, die Verträumtheit der Jugend, die alltäglichen Blüten eine Bedeutung beimißt, die im Laufe des Lebens verlorengeht. Ich verstehe mehr, weil ich die handelnden Personen bereits kenne, und weil ich nicht mehr “durchkommen”, sondern einfach noch einmal die verlorene Zeit durchleben will."


    Die Bände habe ich mir gekauft, weil ich sie immer dahaben will. Das sind nicht nur Bücher, das sind Personen, die im Regal auf mich warten. Und WENN ich mich auf sie einlasse, dann beanspruchen sie auch ihre Zeit. Diese Zeit ist nicht verloren, sie gibt wieder. Sie gibt uns all' unsere Jugendtäumereien, unsere vergessene Oma (welches Bild auch immer in uns auftaucht), unsere erste Liebe mit den ganzen begangenen Narreteien wieder. Dazu kommt dann noch Philosophie, Geschichte etc.


    Proust und Balzac sind einander ähnlich - Personen verfolgen einen über einen Zyklus hinweg - aber bei Proust ist der Focus anders gesetzt. Beide liebe ich nach anfänglichem Widerwillen sehr. Einfach aus diesem Gefühl heraus: Wenn sie weg sind, fehlt mir etwas - ich will sie wiederhaben!

  • So unterschiedlich können Leseeindrücke sein. Ich empfand Proust nie als langatmig oder weitschweifig, hatte nie das Bedürfnis Passagen zu überspringen. Seine Sätze fließen dahin und obwohl sie teilweise sehr lang sind, kann man ihnen noch gut folgen. Es gibt ein paar (wenige) Stellen, die ich langweilig fand, das ist aber etwas ganz anderes als langatmig. Aber auch diese Stellen gewinnen etwas, wenn man sie sich beispielsweise vorlesen lässt (es gibt ja zwei vollständige Lesungen auf Hörbuch).


    Und man muss ihn natürlich auch nicht mehrmals lesen, selbst die einmalige Lektüre hinterlässt ein starkes Leseerlebnis. Interessanterweise entdeckt man aber beim zweiten und dritten Mal immer noch Neues - so ist es mir jedenfalls gegangen, denn die Hörbücher habe ich bereits mehrfach gehört, gelesen in Gänze habe ich ihn bisher aber "nur" einmal.


    Gruß, Thomas

  • Ja, natürlich hat man auch nach einmaliger Lektüre ein starkes Leseerlebnis, und es ist auch nicht unverständlich - ich meinte eigentlich, daß man nach einmal Lesen "nur einen Teil hat", daß noch viel mehr darin steckt, daß beim mehrfachen Lesen immer noch neue Elemente auftauchen, auf die man vorher nicht geachtet hat.