Beiträge von lebenszeichen

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    Lyriker untereinander, haben so weit ich weiß eh nicht so viel an den anderen gleichgesinnten übrig gehabt


    dem würde ich eigentlich widersprechen, die gruppe 47 war schließlich ein zusammenschluss von schriftstellern und journalisten, die auch einigermaßen zusammengehalten haben, da waren gleichgesinnte wichtig. unter schriftstellern herrscht tatsächlich auch ein gewisser respekt, nicht nur dieses konkurrenzgefühl, jedenfalls, wenn man nicht nur aus kommerziellen gründen schreibt.

    rhetorische fragen sind doch immer wieder schön...


    es mag sein, dass es zumeist umgekehrt ist, das problem dabei ist nur, dass ausnahmen gar nicht so selten sind. nicht so viel denkende werden in die "niedrigen" berufe verfrachtet, deren notwendigkeit ich auch gar nicht bestreiten will, aber es gibt auch oftmals wesen in dieser berufsklasse, die sich dafür verachten, zu jener zu gehören, weil sie eigentlich noch mehr wollten... mir ist diese vorprogrammierung in der schönen neuen welt einfach zuwider. weil du an einer "niederen" stelle gebraucht wirst, darfst du nicht denken. was soll das? mag sein, dass die welt zugrunde geht, wenn alle die "niedere" arbeit für unter ihrer würde betrachten, aber die einsicht, dass es so kommt, lässt einen dann doch auch wieder handeln... man sollte doch eher jeden zum denken anhalten!


    aber für diesen grundsatz belächeln mich viele, vielleicht zu recht, ich weiß es nicht.

    eben, schon zu seinen lebzeiten ist er ja recht verschrieen gewesen, wenn man die rezeption seiner gedichte in der gruppe 47 bedenkt... "weibischer singsang" hieß es da unter anderem, weiterhin, "es sei nicht möglich, da zuzuhören", "geschmacklos" fiel auch. kein wunder, dass er sich das leben genommen hat.

    ich habe mir heute "simultan" von ingeborg bachmann ausgeliehen, eine sammlung von ihren erzählungen. sie hat mich schon länger interessiert, und jetzt habe ich durch den klappentext einen schönen anreiz gefunden: "woran man stirbt, das weiß ich nicht, aber jeder stirbt doch an den anderen."

    nun ja, heute kann ich mich stellenweise einfach über dieses buch lustig machen. es ist doch schlimm, wenn ein fast fünfzehnjähriges wesen, was die protagonistin nun einmal ist, noch nie von sokrates, descartes oder kant gehört hat!! aber es bot mir damals halt eine übersicht. wenn man schon die schriften diverser philosophen intensiv gelesen hat, wird man keine lust zu diesem buch verspüren, denke ich.

    hallo und herzlich willkommen im klassikerforum! :winken:
    mich freut es wiederum, dass ich hier jetzt jemanden habe, der mir hilft, den thread regelmäßig aus der versenkung zu ziehen...
    ich werde da auch regelmäßig schief angeguckt, weil ich immer in eine mischung aus ernsthafter schwärmerei, interpretation und rezitation abgleite, wenn ich ins erzählen komme. aber das passiert mir generell mit klassikern, es wird einfach nicht verstanden, dass ich diesen "schimmligen kram" lese. aber dazu gibt es ja dieses forum...


    mit freundlichen grüßen,


    lebenszeichen

    Zitat

    Settembrini und Clawdia sind sicher Gegenpole.


    auch sind naphta und settembrini gegenpole, allerdings haben sie noch das geistige gemeinsam. wer ist der emotionale gegenpol zu clawdia?


    ich weiß nicht, eine der eindrücklichsten stellen im zauberberg bei mir ist das duell zwischen settembrini und naphta. ist naphtas selbstmord am ende die letzte große demütigung, die er settembrini zufügen kann? er führt aus, was settembrini nicht tun konnte?

    was kants miserable lesbarkeit angeht, so muss ich xenophanes zustimmen, ich habe als kleines zwölfjähriges achtklässlerwesen versucht, mich für eine trimesterarbeit durch die kritik der reinen vernunft zu graben... nach über zehn bis zwanzig anläufen habe ich mich auf teile beschränkt, die noch zu lesen gingen.
    mit den prolegomena bin ich wiederum wunderbar zurecht gekommen.


    aber zurück zum originalthema: auf den begriff "kynismus" bin ich das erste mal in, ja, wo wohl, in jostein gaarders "sofies welt" gestoßen.

    guten tag allerseits,


    vielleicht bin ich etwas früh dran, wollte das hier aber trotzdem in den raum stellen. vielleicht ließe sich auch über ihr "klassikertum" streiten, aber mein lexikon definiert einen klassiker in etwa als "hervorragenden literarischen vertreter", und da gehört sie doch definitiv dazu...

    sigmund heißt jener herr in der deutschen übersetzung, die ich gelesen habe...
    wenn man sich die oberschicht in huxleys buch ansieht, ist zu lesen, dass die wesen der unterschicht auf die "niederen" berufe genormt werden, bei denen man nicht denken muss. wenn nun aber, außerhalb dieses buches, jemand aufwächst und von vornherein feststeht, dass die eltern wohl entweder nicht die möglichkeit haben, ihm eine bildung zukommen zu lassen, die ihm einen aufstieg in "höhere" berufe ermöglichen würde, oder ganz einfach auf der "niederen" stufe bestehen, hat dann dieser mensch etwa kein recht und keine möglichkeit, sich seine gedanken zu machen? in huxleys buch werden die alphas und betas ja nur zum denken gebracht, beziehungsweise wird es ihnen gelassen, damit sie diese "höheren" berufe ausführen können. mit meinem post meinte ich, dass die welt nicht so weit verkommen darf, dass einem menschen nur erlaubt wird zu denken, wenn die große gesellschaft einen kommerziellen nutzen davon hat.

    guten tag allerseits:


    Beste Geschichte meines Lebens. Anderthalb Maschinenseiten vielleicht. Autor vergessen; in der Zeitung gelesen. Zwei Schwerkranke im selben Zimmer. Einer an der Tür liegend, einer am Fenster. Nur der am Fenster kann hinaussehen. Der andere keinen größeren Wunsch, als das Fensterbett zu erhalten. Der am Fenster leidet darunter. Um den anderen zu entschädigen, erzählt er ihm täglich stundenlang, was draußen zu sehen ist, was draußen passiert. Eines Nachts bekommt er einen Erstickungsanfall. Der an der Tür könnte die Schwester rufen. Unterläßt es; denkt an das Bett. Am Morgen ist der andere tot; erstickt. Sein Fensterbett wird geräumt; der bisher an der Tür lag, erhält es. Sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Gierig, erwartungsvoll wendet er das Gesicht zum Fenster. Nichts; nur eine Mauer.


    wolfdietrich schnurre schreibt diesen auszug hier im "schattenfotografen". mich würde interessieren, ob irgendjemand weiß, von wem die geschichte stammt und wo man die "vollversion" finden kann. über die handlung ließe sich freilich auch diskutieren...


    danke im voraus,


    lebenszeichen

    wir kennen den krieg nicht direkt, jedoch wissen wir dinge aus anderen ländern über ihn, die uns den frieden schätzen lassen. was das beispiel mit der blindheit betrifft: das ist von fall zu fall unterschiedlich, ja. mir sind solche und solche begegnet ("dialog im dunkeln", leipzig, ich habe mich mit einigen betroffenen unterhalten). ich kenne auch einige farbenblinde, die das farbensehen überhaupt nicht vermissen...


    das denken radikal ein privileg der oberschicht? na, hoffentlich bleibt das fiktiv. und vielleicht sollte man bedenken, dass bei dem denkenden sigmund marx ein herstellungsfehler (man kann es wirklich so bezeichnen) für seine andersartigkeit verantwortlich war.
    ich sehe in "brave new world/schöne neue welt" letztendlich beides, eine gesellschaftskritik und die schilderung einer annäherung an utopia, zu der es einfach nicht kommen darf.


    zur begriffsänderung: beide selbstverständlich. unsere atome lassen sich erstmal in protonen, neutronen und elektronen zerlegen, und wir als menschen sind auch nicht unteilbar, wenn man an schizophrenie denkt.

    die notwendigkeit ist objektiv nicht gegeben. aber subjektiv steigt in mir trotzdem immer wieder eine solche frage auf, über die ich dann nachzudenken habe, weil sie mich sonst nicht in ruhe lässt. kehrt halt einfach zum thema zurück, wenn ich euch damit belästige :breitgrins: ...

    man wüsste vielleicht schon oder könnte sich wenigstens vorstellen, was zum beispiel frieden wäre, wenn es den krieg nicht gäbe, aber ob man ihn dann noch so schätzen würde, ist eine andere sache. in diesem zusammenhang ein beispiel: ein von geburt an blinder mensch vermisst das sehen auch nicht, weil er nichts anderes kennt als die eigene blindheit. er kann nicht beurteilen, ob das sehen ein vorzug für ihn wäre, er kann sich nicht vorstellen, wie es wäre. und wenn nun alle menschen blind wären...


    wir haben uns hier etwas in utopie und realität verheddert. mea maxima culpa, ich habe es wieder nicht fertig gebracht, mich ordentlich auszudrücken.


    selbstverständlich beschreibt huxley keine perfekte welt, aber wenigstens eine welt, in der der mensch seinen sorgen und problemen nicht mehr ausgeliefert zu sein braucht. er hat ja jederzeit die mittel, sie zu verdrängen. und dennoch: man sieht, wie immer weniger gedacht wird. man muss sich seinen problemen und inneren krisen nicht mehr stellen, es ist ja viel bequemer, einfach ein paar tabletten zu schlucken und vorübergehend von der welt entfremdet zu sein... du hast schon recht, heute schon wird zu wenig gedacht und zuviel verdrängt, aber wir sind drauf und dran, das ganze immer weiter ins extrem zu treiben.


    ich denke auch, dass die gesellschaft die aus ihr hervortretenden individuen prägt. huch, wieder eine interessante assoziation: in-dividuum heißt dasselbe wie a-tom, nämlich "unteilbar"... man sollte den begriff ändern.

    angst vor dem jenseits habe ich keine, ich glaube nicht daran.


    glück ist ein idealzustand, ja. und ideale zeichnen sich durch ihre unerreichbarkeit aus. mit anderen worten: wenn ich mir immer wieder einrede: ich bin glücklich, ich bin glücklich, die welt ist schön, betrüge ich mich nur selbst. man hat dann diese stimme im ohr, die einem sagt: aber eigentlich... es ist nichts gegen euch, überhaupt nicht, aber mich ekelt dieser gedanke einfach maßlos an. dann bin ich lieber kreuzunglücklich. ich glaube, dann bin ich wohl eher der aussteiger.