Beiträge von Manjula

    Da gebe ich Dir insofern Recht, als ich die Abschweifungen auch am unterhaltsamsten finde. Aber auch so geht es bei mir nur langsam weiter. Ich bin jetzt in der 8. Jobelperiode und etwas unschlüssig, was ich von der Liane-Geschichte halten soll. Teilweise sehr schwärmerisch, aber es scheint doch auch immer wieder Ironie durch. Insgesamt eine gute Mischung, aber nichts zum Schnelllesen. Ich hoffe aber, dass ich nach dem vollgepackten Wochenende wieder etwas weiter komme.


    Viele Grüße
    Manjula

    Hallo zusammen,


    freut mich, dass Du wieder dabei bist, finsbury! Ja, es geht auch bei mir recht langsam vorwärts, momentan bin ich in der sechste Jobelperiode angelangt. Die Rückblende in Albanos Kindheit und Jugend hat mir gut gefallen (die Szene mit der "Kreuzigung" musste ich aber auch zweimal lesen). Besonders interessant fand ich die Gedanken zu Bildung und Erziehung. Die unterschiedlichen Richtungen druecken sich ja auch in seinen diversen Lehrern aus.


    Dein Gedanke zu den Jahreszeiten ist auch interessant. Der Titan ist ja mein erster Jean Paul, so dass ich keine Vergleiche aus seinem Werk ziehen kann. Witzigerweise bin ich aber seit Beginn der Leserunde zweimal über ihn "gestolpert", zum einem in meiner Parallellektuere (ein Buch von Christiane Brueckner), zum anderen in einem Zeitungsartikel über Urlaubsplaene - und in beiden wird Jean Paul in Verbindung mit Frühling oder Sommer gebracht. Na, dann haben wir uns ja den rechten Zeitpunkt gewählt, heute konnte ich im Sonnenschein auf der Terrasse lesen.


    Viele Gruesse
    Manjula

    Sandhofer: ja. Sind das die üblichen Einstiegsschwierigkeiten?


    Ich hatte jetzt durch die Feiertage die Möglichkeit, längere Passagen am Stueck zu lesen, und habe das Gefühl, langsam warm mit dem Titan zu werden. Mir gefaellt sehr gut der ironische Unterton, z.B. wenn es heißt, jetzt erwarte der Leser sicher eine Fatalitaet, oder als den Leserinnen empfohlen wird, sich wegzustehlen.


    Interesant fand ich auch die Gedanken über die Hinfuehrung der Kinder zu den Wissenschaften, die erst erfolgen sollte, wenn die Schüler selbst danach verlangen. Ein bedenkenswerter Standpunkt, wenn er auch damals wie heute als Luxusgedanke gelten darf, wenn auch aus unterschiedlichen Gruenden.


    Euch allen noch schoene Restostern!
    Manjula

    Hallo finsbury,


    sehr schade! Aber manchmal geht es halt nicht anders. Ich wünsche Dir, dass der Stress bald abebbt.


    Viele liebe Grüße
    Manjula

    Guten Morgen zusammen,


    jetzt möchte ich doch mal ein Lebenszeichen von mir geben. Leider fällt es mir momentan schwer, in das Buch reinzukommen. Die Sprache finde ich nach wie vor sehr schön, aber in die Handlung kann ich mich nicht so recht einfinden. Das:


    Zitat

    Ich habe das Gefühl auf Schwingrasen zu gehen, fester Boden ist das keinesfalls unter meinen Füßen, denn ich weiß noch nicht so recht, was ich von den Ereignissen und wie sie geschildert werden halten soll.


    trifft es für mich ziemlich gut. Auch die Charaktere kann ich nicht so recht einschätzen. Cesare oder Zesara z.B. macht einen sehr schwärmerischen Eindruck; dass er sich absichtlich selbst verletzt, verdunkelt allerdings das Bild etwas.


    Ich werde aber auf jeden Fall dranbleiben, wenn es auch langsam vorwärts geht. Aber es liegt ja ein langes Wochenende vor uns.


    Viele Grüße
    Manjula

    Hallo zusammen,


    etwas verspätet möchte ich mich auch dazugesellen. An den Titan gehe ich auch völlig unbedarft, ich habe bisher noch nichts von Jean Paul gelesen, bin aber umso gespannter auf sein Werk. Mein erster Eindruck: eine sehr bildhafte Sprache, die aber nicht kitschig wirkt. Die Schilderung der Isola Bella passen wunderbar zum hier anbrechenden Frühling. Und wie finsbury musste ich bei "Albano" gleich an die Familie Power denken :zwinker:


    Viele Grüße
    Manjula

    Hallo zusammen, leicht verspätet auch mein Fazit: ein für mich sehr lesenswertes Buch. Die Themen Pflicht, Gehorsam, Widerstand sind eindrücklich eingearbeitet und blieben bei mir stark haften. Die Charaktere fand ich sehr liebevoll gestaltet, auch die Nebenrollen wie z. B. Joswig. Beeindruckt haben mich auch die Landschaftsbeschreibungen; man spuert geradezu den Wind brausen.


    Zu Nansen: ich finde schon, dass er auch negative Eigenschaften zugeschrieben bekommt, naemlich seine Intoleranz. Aber das gefaellt mir auch, dass er nicht als eindimensionaler Gutmensch gezeichnet wird. Mit Jens geht es mir wie thebi: ich kann ihn trotz seiner Fehler nicht völlig schlecht finden. Auch Siggi ist nicht einfach einzuordnen. Was es letztlich mit seiner Bildermanie auf sich hat, wird offen gelassen. Die Frauen sind Lenz nicht so gelungen, finde ich: Siggis Mutter bleibt trotz interessanter Ansaetze etwas blass, undauch von Hilke haette ich gern mehr gelesen.


    Aber das ist ja ein kleiner Kritikpunkt. Ansonsten fand ich das Buch sehr gut, und die Leserunde hat mir viel Freude gemacht :winken:


    Schoene Gruesse
    Manjula

    Guten Morgen,



    ... Ich glaube sogar, er nimmt es ihm übel, dass Klaas ihn in diese Situation gebracht hat, dass er sich entscheiden musste zwischen ihm und seiner Pflicht...


    Ich glaube, damit triffst Du den Punkt. Dass Klaas ihn in Konflikt bringt mit seiner Pflicht, ist wahrscheinlich schlimmer als Klaas' eigentliches Vergehen. Und Siggi tut ja mit seinen Bilderdiebstählen dasselbe (was für eine kuriose Situation, dass der Vater den Sohn polizeilich verfolgt). Konsequenterweise verstößt dann Jens auch seinen zweiten Sohn.


    Diese Diebstähle sind eine merkwürdige Wendung. Überhaupt kommt mir die Geschichte nach dem Ende des Krieges etwas konfus vor. Es wird alles recht schnell, z.T. nur indirekt über die Studienarbeit von Mackenrodt, erzählt. Aber vielleicht ist das ja bewusst so gestaltet, um Siggis zunehmende Desorientierung zum Ausdruck zu bringen.


    Die kleine Szene in der Bahn, in der der Schaffner eine Reisende wegen Ihres falschen Fahrscheins aufgreift, war übrigens auch wieder eine nette Nebenbeiüberlegung zum Thema Pflicht.


    Und dann Siggis "Unterhaltung" mit Hansi! Was für ein arroganter K...brocken. Er fühlt sich wohl sehr progressiv, ist aber im Endeffekt mindestens genauso intolerant wie Jens. Begabt ist er ja wohl, aber menschlich...


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen zusammen,


    so, gestern bin ich auch zu der Szene mit dem Volkssturm gekommen. Absurd und sinnlos, das trifft es wirklich. Ich hatte hier aber nicht das Gefühl, dass Nansen sich herablassend verhält. Eher, dass er versucht, die Fassade (dass der Volkssturm sinnvoll sein könnte) aufrecht zu erhalten, es aber irgendwann nicht mehr kann, weil er erkennt, wie grotesk das Ganze ist. Wenn man das Ganze streng sieht, war er auch bis zu diesem Zeitpunkt pflichtbewusster als Jens; er hat Wache gehalten und nicht Karten gespielt. Ich finde, hier sieht man sehr schön Jepsens Auffassung von Pflicht: er hat wohl den Befehl erhalten, sich einzugraben und evtl. auftauchende Feinde abzuschießen - und mehr macht er auch nicht. Eigeninitiative (z.B. Wachen einzuteilen) übernimmt er nicht. Der typische Befehlsempfänger. Und ein einmal erteilter Befehl gilt fort: auch nach dem Krieg fühlt er sich verpflichtet, Nansens Bilder zu vernichten.


    Naja, immerhin ist er konsequent. Die Gegenposition ist Bernt Maltzahn, der seine Attacken gegen den Maler später ganz anders gedeutet haben will; geradezu regimekritisch sei er gewesen. Es scheint, als ob Nansen damit schlechter klar kommt als mit Jens' Sturheit: Maltzahn wirft er heraus, für Jens findet er fast versöhnliche Worte.


    Zitat

    Welche Möglichkeiten hat denn einer, der nur seine Pflicht tun möchte und nichts anderes von sich erwartet? So einer ist ja auch nicht immer gut dran, jedenfalls ist er nicht ohne Schwierigkeiten.


    Ja, es stimmt schon: fast könnte man Mitleid haben mit Jens. Aber nur fast - seine Haltung gegenüber Klaas finde ich unverzeihlich. Jetzt muss er ja keine Angst mehr vor Bestrafung haben, und trotzdem verstößt er ihn.


    Was ich sehr merkwürdig fand, war die Szene in der Schule: warum ist der englische Soldat bestürzt, als er ins Mikroskop sieht? Und warum wird der Naturkundeschrank eingehend inspiziert? Sehr schön hier die Beschreibung des Lehrers, der zuerst Sprüche von unwertem Leben ablässt und dann ganz in sich zusammenfällt.


    Zitat

    Übrigens: was haltet Ihr von Balthasar???


    Ich weiß nicht recht...soll er die Exzentrik des Malers (im Gegensatz zu Jens' Spießigkeit) unterstreichen?


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen,


    ja, Jens ist als Polizeiposten da sicher in einer schwierigen Situation. Und obwohl einige Dorfbewohner schon in Zusammenhang mit Nansen signalisiert haben, dass sie nicht völlig mit dem Regime übereinstimmen, kann er nicht sicher davon ausgehen, dass ihn niemand verraten würde. Aber: es ist doch sein Sohn! Er macht ja nicht mal den Versuch, ihn zu retten. Nansens Frage, ob er etwas für ihn tun könne, kann man doch als Hilfeangebot deuten. Es würde ihm sicher sauer werden, dies anzunehmen, da er ja wieder in seiner Schuld stünde, aber er scheint es nicht mal in Erwägung zu ziehen. Sondern zeigt Klaas statt dessen aktiv an. Darüber komme ich nicht hinweg.


    Das Kapitel über Nansens Abholung beginnt ja recht brutal mit dieser Notschlachtung. Hoffentlich soll damit nicht das Schicksal des Malers vorweggenommen werden. Der war übrigens sehr ruhig bei seiner Abholung. Dass Jens so auf die Ausnutzung der halben Stunde pocht, hat etwas von einer buchhalterischen Grausamkeit. Und Siggi war wieder sehr mutig, schon wieder hat er ein Bild gerettet.


    Beim nächsten Kapitel ist mir wieder deutlich aufgefallen, was Ihr auch schon erwähnt habt: dass Lenz offene Enden erst mal stehen lässt und mit einer vermeintlich völlig unspannenden Szene (hier Siggi und Hilke beim Buttpeddeln - den Ausdruck habe ich auch noch nie gehört) weitermacht. Mit dem schleichenden Doktor schien es dann wieder spannend zu werden, da sind mir aber die Augen zugefallen :zwinker:



    Es reicht ihm nicht einmal, als Max ein Bild zerreißt, nein, er muss selbst die Schnipsel einsammeln und als Beweismaterial mitnehmen - toll, wie Siggi das Bild zusammensetzt und später austauscht - habe mir die Gesichter derer vorgestellt, die sich unter größter Anstrengung diees Bild später zusammengesetzt und sich gefragt haben, was das Bild wohl ausdrücken soll... :breitgrins:


    Bei der Vorstellung musste ich auch grinsen. Da könnten sie ja mit Recht behaupten, moderne Kunst sei Kinderkram :breitgrins:


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen,


    mit Joswig habt Ihr sicher recht - es ist unwahrscheinlich, dass er den Inhalt der Hefte kennt, daran habe ich gar nicht gedacht. Thebis Theorie erscheint mir deshalb plausibel. Allerdings hart, dass Joswig Siggi als Ischariot bezeichnet.


    Ich bin jetzt an der Stelle angelangt, wo Jens wegen Klaas den Arzt holt. Vorher hat er ja nach langer Großzügigkeit (aus seiner Sicht) endlich ein Bild beschlagnahmt, und ich hatte schon das Gefühl, dass er er Genugtuung empfindet, immerhin hat der Maler gleich zwei Verbote mißachtet. Aus seinem Gespräch mit Gudrun danach wird deutlich, dass er die Malerei Nansens sehr ablehnt, seine Aussage, dass die Figuren sicher kein Deutsch sprächen, klingt schon sehr "völkisch". Die Überwachung des Verbots widerstrebt also nicht seinen Überzeugungen, sondern ist tatsächlich eine "freudige Pflicht".


    In gewisser Weise kann ich sein Verhalten gegenüber Nansen jetzt besser verstehen, er geht ja wirklich davon aus, dass dessen Kunst schändlich (vielleicht sogar für ihn selbst) ist. Absolut nicht verstehen kann ich seine Haltung gegenüber Klaas. Wenn jemand derartige Angst vor dem Krieg hat, dass er sich selbst verstümmelt, sollte das doch selbst bei einem völlig Fremden Mitleid hervorrufen; umso mehr beim eigenen Sohn. Aber es ist wohl unmöglich, sich in die Denkwelt von Menschen zu versetzen, die in einer Diktatur leben.


    Mutig finde ich Siggis Bilderaustausch. Ob wohl die Verantwortlichen seine Kunst auch als entartet ansehen? :zwinker:


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen,


    thebi, ich habe eben das Kapitel beendet, in dem Siggi dem Direktor und der Psychologenrunde vorgestellt wird. 105 Tage schreibt er nun schon! Und er lässt sich weder durch den Direktor noch durch seine Kameraden bzw. die Chance auf Flucht davon abbringen. Der Wächter scheint ihm seine Hartnäckigkeit (übrigens: was für ein Unterschied zu dem leicht ablenkbaren Siggi vom Beginn) übel zu nehmen und bezeichnet ihn als Ischarioth. Aber warum fühlt Joswig sich von ihm verraten? Dass er irgendetwas mit der Nansengeschichte zu tun hatte, glaube ich nicht. Meine Deutung: er hat mit dem Naziregime sympathisiert oder zumindest keinen Widerstand geleistet, und fühlt sich nun auch durch unpersönliche Anklagen persönlich getroffen.


    Dass die Eltern Klaas wegen seiner Verstümmelung so ablehnen, kann ich immer noch nicht nachvollziehen. Ihnen ist seine "Pflicht" also wichtiger als sein seelisches und körperliches Wohlergehen :rollen:


    Die Rolle des Malers wird zunehmend zwiespältig. Dass er etwas herablassend gegenüber Jens ist, sehe ich inzwischen auch so (die Episode mit den unsichtbaren Bildern zeigt das ja; andererseits verhält Jens sich da so dumm, dass ich Nansen gut verstehen kann, dass er ihn ein bißchen hochnimmt). Insgesamt hatte ich von ihm bisher aber einen guten Eindruck. Der Bericht des Psychologen zeigt aber auch andere Seiten: er hat etwas gegen Pazifisten und Homosexuelle, und seine Haltung gegenüber der NSDAP hat sich erst geändert, als er persönlich betroffen war (witzig aber seine Begründung, er habe eine Farballergie... ).


    Was haltet Ihr von der Episode mit dem zweiten Gesicht? Es passt gar nicht zu dem nüchternen Jens, finde ich. Verständlich, dass Siggi Angst bekommt, der Vater könnte nun sein Geheimnis erraten. Auch in diesem Kapitel musste ich schmunzeln, und zwar als der Wirt Jens' "schichtiges Kieken" nutzen wollte - um die Erfolgschancen für eine Eierlikörfabrik zu testen :breitgrins:.


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen,


    thebi, Du bist aber schnell! Schön, dass Dir das Buch so gefallen hat - ich hoffe, Du bleibst unserer Leserunde noch ein bißchen erhalten :winken:


    Die Geschichte um Klaas finde ich auch sehr spannend. Er hat sich ja selbst verletzt (ich schätze mal, mit dem Ziel, dem Kriegsdienst zu entgehen). Ob das aber der alleinige Grund ist, dass seine Eltern ihn praktisch verstoßen haben? Das Gespräch zwischen Gudrun und Jens habe ich jedenfalls so gedeutet, dass sie ihn, wenn er bei ihnen auftaucht, anzeigen würden. Ich meine, da muss noch mehr als die Selbstverstümmelung dahinter stecken. Interessant übrigens, dass der Maler Klaas helfen will. Macht er das jetzt, obwohl er von Jens getriezt wird? Oder will er ihm (wenn er weiß, wie er zu Klaas steht) gerade eins auswischen?


    Auch das Gespräch mit dem Briefträger war aufschlussreich. Die Dorfbewohner sind also auch der Ansicht, dass der Polizeiposten seinen Auftrag übererfüllt. Er macht es sich natürlich auch etwas einfach, wenn er sagt, er tut seine Pflicht, was danach kommt, weiß er nicht: Der Briefträger wusste ja auch, was mit den Bildern passiert ist (und so entartet, dass man nicht noch Geld damit machen konnte, waren sie offensichtlich nicht! Gier vor Überzeugung).


    Die Mutter kann ich ebenfalls noch nicht recht einschätzen. Soll mit der Episode, als sie sich in Siggis Bett legt, angedeutet werden, dass sie ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter entfliehen will? Siggi erwähnt ja nur, dass das später immer häufiger vorkommt. Dass das ganze aus seiner Sicht (eines Kindes), ohne Interpretation, geschildert wird, gefällt mir sehr gut, das lässt Raum für eigene Deutungen.


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen,


    ach, da wäre ich auch interessiert. März/April ist aber wegen der Titanleserunde nicht möglich bei mir. Falls Ihr später lest, bin ich gerne mit dabei, ansonsten wünsche ich Euch viel Spass und lese dann nach :winken:


    Viele Grüße
    Manjula

    Hallo zusammen,


    ich denke auch, dass die Mutter psychische Probleme hat. Als sie Siggi vom Geburtstag heimschleift, muss sie ja erst mal ihr Beruhigungspulver nehmen. Für Siggi ist das aber gar nichts Außergewöhnliches, also ist das wohl bei ihr üblich. Was das wohl für ein Medikament ist, wenn es so schnell wirkt? Möchte man vielleicht gar nicht wissen. Auf jeden Fall wirkt vor diesem Hintergrund ihre Aussage "wir brauchen keinen Kranken" mehr als vorgeschoben. Ihr Problem ist ja wohl eher, dass Addi ein "Zigeuner" ist.


    Jens' Haltung gegenüber dem Maler kann ich noch nicht ganz einschätzen. Lt. eigener Aussage tut er ja "nur seine Pflicht", er hätte aber sicher gewisse Spielräume. Berlin ist weit weg, und wer wird ihn kontrollieren?


    Herrlich fand ich den jungen Psychologen. Wer wäre nicht scharf darauf, dass eine Phobie nach ihm benannt wird? :zwinker:


    Viele Grüße
    Manjula

    Hallo Jaqui und alle anderen Teilnehmer,


    der Einstieg in das Buch (bin jetzt im zweiten Kapitel) hat mir ebenfalls gut gefallen. Siggi Jepsen macht tatsächlich keinen allzu zielstrebigen Eindruck; einerseits erkennen sich wohl viele Schüler in ihm wieder, andererseits glaube ich, dass sein Zögern noch tiefere Gründe hat: vielleicht ist das, woran er sich erinnert, zu furchtbar, um direkt darauf hinzusteuern?


    Interessant fand ich die Schilderung der Schule: es scheint ein strenges Regiment über die "kriminellen Jugendlichen" (ob sie das tatsächlich sind?) zu herrschen. Die Reaktion des Rektors auf Siggis so verstandene Arbeitsverweigerung scheint auf den ersten Blick großzügig, aber ihm wäre eine Strafarbeit und sein normales Arbeitspensum vielleicht lieber gewesen als eingesperrt zu werden. Zumindest hat einer seiner Mitschüler ja drastisch auf diese Maßnahme reagiert.


    Das Malverbot wird - schätze ich - daher kommen, dass der Künstler dem Regime nicht genehm war. Ich nehme aber auch an, dass das noch näher thematisiert wird.


    Empfindet Ihr es auch so, dass die Landschaftsbeschreibungen eine gewisse Kälte aufkommen lassen? Vielleicht wohne ich aber auch nur zu weit südlich von der Elbe :smile:


    Viele Grüße
    Manjula

    Hallo zusammen,


    Eure Gedanken zu der "Lobrede" sind sehr interessant! Ich merke, dass ich Prousts Ausführungen ganz anders verstanden habe: ich dachte, er will ausdrücken, dass es Kategorien wie "schlechte Musik" gar nicht geben könne, weil sie auf jeden individuell wirkt; eine Musik, die mit angenehmen Gefühlen verbunden ist, wird der Einzelne also als schön empfinden, auch wenn sie nach "künstlerischer" Beurteilung nicht hochwertig ist. Es hat mich ein bißchen an den letzten Teil der Recherche erinnert, wo der Erzähler die Auffassung vertritt, dass auch Bücher je nach Leser ganz unterschiedlich sein können. Jetzt hat mir Eure Interpretation eine neue Sichtweise eröffnet; schön ist so eine Leserunde!


    Apropos Musik, bei itunes kann man in die vertonten Portraits reinhören. Einen Link kann ich leider nicht einstellen, aber wenn man hier:


    http://www.apple.com/de/itunes/overview/


    "Musik kaufen" anklickt und dann "Reynaldo Hahn Portraits" eingibt, erscheinen die verschiedenen Interpreten.


    Schönes Wochenende!


    Manjula

    Guten Morgen,


    so, ich habe „Freuden und Tage“ nun auch abgeschlossen. „Das Ende der Eifersucht“ hat mich auch sehr an die Recherche erinnert: diese wahnhafte Liebe, untrennbar verbunden mit Eifersucht, die zwanghafte Überwachung der Geliebten, die ständigen Vorstellungen von deren Untreue…wie später bei Albertine. Und hier wie dort kann die Eifersucht nur durch den Tod beendet werden. Eine Kleinigkeit, die mich auch noch an die Recherche erinnert hat: der kleine Junge, dem soviel am Gutenachtsagen der Mutter liegt. Es stimmt schon, „Freuden und Tage“ wirkt tatsächlich wie eine Vorübung für das spätere Werk. Es würde mich interessieren, wie das Buch wirkt, wenn man die Recherche noch nicht kennt.


    Was die „Klagen und Träumereien“ betrifft, kann ich mich Eurem begeisterten Urteil nur anschließen. Ein paar Gedanken dazu:


    - Sehr schön fand ich die Geschichte des Hauptmanns in VII. Die Erinnerungen, die sich um so schneller verflüchtigen, je mehr man sie zu halten versucht, wie der „Glanz der Flügel eines Schmetterlings“; und am Schluss schmerzt der Verlust der Erinnerung nicht einmal mehr: wie traurig, wie wahr.
    - Die „Lobrede auf die schlechte Musik“: habt Ihr das als ernst oder ironisch empfunden? Ich bin mir nicht ganz sicher…
    - in XVI „Der Fremde“ taucht wie bei Baldassare Sylvande der viel zu selten eingeladene Gast – man selbst – auf. Ein sehr schönes Bild für die Flucht in die Gesellschaft, weil man nicht allein sein kann.
    - XIV „Begegnung am See“ und XVII „Der Traum“ greifen wieder das Motiv auf, dass Liebe ohne Mitwirkung der angebeteten Person, nur im Kopf des Liebenden entstehen kann. Die Geschichten sind sicher auf die Spitze getrieben, aber ich finde, Proust stellt hier sehr gut dar, wie viel von der Zuneigung gegenüber anderen Menschen gar nicht von diesen herrührt, sondern aus den eigenen Gedanken und Empfindungen.
    - XXII „Leibhaftige Gegenwart“ hat mich an die Gedanken in Teil 1 der Recherche zu den Ortsnamen erinnert.



    Dieses Buch ist viel später entstanden als "Tage und Freuden". Vielleicht hat Proust viele Hemmungen mit zunehmendem Alter abgelegt ...



    Je oller, je doller? ;-)



    ...


    Marcel Proust nahm auch Privatstunden bei Darlu und man vermutet, dass hier die Wurzel für Prousts Verachtung gegenüber dem Besitz von Büchern liegt. Er leiht sich lieber Bücher aus und wenn er sich eines kauft, verschenkt er es oder lässt es wieder zurückbringen. Er verschenkt, aber er behält nicht. (S. 268, Marcel Proust Biographie von Jean-Yves Tadié). Eine solche Handlung findet sich auch in Jean Santeuil.


    Das ist sehr interessant, danke Maria! Immerhin was den Besitz von Büchern betrifft, habe ich etwas mit Proust gemeinsam…


    Viele Grüße
    Manjula

    Guten Morgen,


    Tom, vielen Dank für die Links! Jetzt kann ich mir seine Musik besser vorstellen.


    Zitat

    nicht erkannt habe ich die sublim eingeflochtene homosexuelle Handlung.


    Ich ebenfalls nicht. Die Begründung, dass so "entsetzliche Gewissensbisse" nur von Homosexualität herrühren können, kann ich aber nicht ganz nachvollziehen. Proust hat doch in "Sodom und Gomorrha" auch viel Phantasie gezeigt :zwinker: (wenn ich nur an das angebliche Schmugglernest denke).


    "Zum Diner geladene Gäste" habe ich sehr genossen. Wie Maria musste ich an die Soireen bei den Guermantes denken. Proust bringt hier wieder herrliche Spitzen:


    Zitat

    Ihre Augen sprühten vor Dummheit.


    Zitat

    Sie wollte, dass dieses Diner für mehrere Jahre zählte, und entschlossen, diesen Störenfried auf lange nicht mehr kommen zu lassen, begrub sie ihn unter Blumen.


    Und die Bemerkung, es habe ihmmer Reiche und Arme gegeben, ist für Gäste mit mehr als 100.000 Francs Einkünften natürlich leicht hinzunehmen.


    Jetzt befinde ich mich in den Klagen und Träumereien. Schon die Formulierung im Titel, "zeitfarbener Tönung", fand ich wunderbar. Interessant, dass dies auch als konkrete Farbe (blau) verstanden wurde. Die Klagen selbst gefallen mir ebenfalls sehr gut.


    Zitat

    mit leichter Hand "getuschten" Zeichnungen


    trifft es sehr gut.


    Viele Grüße
    Manjula