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Gestern Abend beendet:
Hans Pleschinski, Wiesenstein
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Dass Pleschinski aus dem Werk und der Biographie eines Autors einen gelungenen Roman basteln kann, hat er schon vor einigen Jahren mit dem Thomas Mann-Roman 'Königsallee' bewiesen.
Nun gibt es einen neuen Roman von ihm, der sich um Gerhart Hauptmann dreht. Hauptmann und seine Frau Grete verbringen am Ende des 2. Weltkrieges einige Monate in einem Sanatorium am Weißen Hirsch in Dresden. Nach der verheerenden Zerstörung der Stadt verlassen sie Dresden im März 1945, aber nicht Richtung Westen, sondern Richtung Osten, um das Kriegsende in ihrer Villa im schlesischen Riesengebirge abzuwarten. Pleschinskis Roman setzt mit der Fahrt von Dresden Richtung Agnetendorf ein und endet mit dem Tod Hauptmanns im Jahr 1946. Der Roman schildert das Leben im Haus Wiesenstein, die Schicksale seiner Bewohner, aber auch die politische Katastrophe des endgültigen Untergangs, die Ermordung und Vertreibung der Deutschen, die Übernahme Schlesiens zuerst durch die Russen, dann durch die Polen. Dabei setzt Pleschinski (manchmal ein wenig zu bemüht) diese Ereignisse immer in den Kontext des deutschen Vernichtungskriegs im Osten. Wie durch ein Wunder bleiben der Nobelpreisträger und sein Haushalt weitgehend unangetastet, obwohl Hauptmann sich während des 3. Reiches durchaus auch politisch kompromittierte.
Das Buch kann ich herzlich empfehlen, vor allem für Leserinnern und Leser, die sich für Hauptmann oder Schlesien interessieren. Da ich die Villa Wiesenstein in Jagniatkow (heute befindet sich dort ein Hauptmann-Museum) schon einmal besucht habe und die Landschaft dort gut kenne, hat mich das Buch besonders interessiert. Das Buch hat ein paar Längen, zugegeben. Pleschinski versucht in dem Roman, auch das Werk Hauptmanns in seiner Breite und Komplexität noch einmal auszubreiten. Das geschieht teilweise durch Zitate, teilweise durch Gespräche der Hausbewohner, in denen dann einzelne Werke referiert werden. Das wirkt nicht immer organisch oder lebendig, wenngleich man natürlich als Leser einiges erfährt, was man möglicherweise nicht wusste.
Obwohl Hauptmann Nobelpreisträger war und bis heute auf den Bühnen präsent ist, sind große Teile seines Werkes doch völlig in der Versenkung verschwunden. Anders als bei Thomas Mann, der natürlich als Antipode (im Hause Hauptmann trägt er den Namen 'Dr. Spitz'), dessen Werk allerdings auch gattungsmäßig weniger breit angelegt ist als Hauptmanns, der Erzählungen, Romane, Versepen, Gedichte und Dramen unterschiedlicher Genres verfasste.
JHNewman
Sehr verführerisch deine Angaben zum Buch „Wiesensteig“. Bei mir subt noch „Königsallee“!
Gruß,
Maria