Was lest ihr gerade?

  • finsbury ich hab noch "So wars eben" von Gabriele Tergit hier liegen, hast du das evt. auch schon gelesen?

    Das habe ich auch hier liegen, aber noch nicht gelesen. Ich habe außerdem ihre Autobiografie "Etwas Seltenes überhaupt" und den erst kürzlich wohl zum ersten Mal erschienen Roman "Die erste Fahrt nach Berlin" hier noch liegen. Wenn du mal "So war's eben " lesen willst, halte ich gerne mit. Er soll nicht so gut sein wie die "Effingers", aber interessant ist er bestimmt trotzdem. Mich fasziniert an Tergit, dass sie z.T.ganz andere Ausschnitte aus der Lebenswirklichkeit als andere Autoren wählt wie z.B. die Ausflüge in die Geschäfts-, Medien- und Bankenwelt ihrer Zeit..

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • finsbury gerne mal, wenn es nicht so bald ist, im Herbst vielleicht.


    Was mir bei den Effingers damals hängengeblieben ist, dass die so vielgelobte deutsche Wertarbeit eine spätere Erfindung sein muss, evt. erst aus der Zeit des Wirtschaftswunders :)

    In den nächsten Monaten ist Tergit auch nicht auf meinem Plan. Herbst klingt ganz gut, kann auch gegen Ende des Jahres sein.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Günter Eich: Fabula Rasa und Maulwürfe

    Dieses kleine Reclambändchen mit einer Zusammenstellung von Gedichten und Prosatexten des bekannten Lyrikers und Hörspielautoren ist sehr lohnenswert: Gedichte über seine ganze Schaffenszeit verteilt finden sich sowie einige kurze Prosatexte aus seinem Band "Maulwürfe". Wie kann man den Autoren einordnen? Die früheren Gedichte sind entweder sehr lakonisch wie das berühmte "Inventur" aus seiner Zeit in Kriegsgefangenschaft oder auch sprachlich ganz wunderschön mit ungewöhnlichen Metaphern und Kontrasten. Grundhaltung gerade bei den späteren Gedichten scheint mir eine MIschung aus Positivismus und Existenzialismus zu sein mit oft schwer zu entschlüsselnden Bildern und Anspielungen.
    Ich werde bestimmt noch mehr von Günter Eich lesen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Während fast drei Wochen Urlaub im schönen Dänemark:

    Stefan Zeromski, Schutt und Asche.

    Vergleiche mit "Krieg und Frieden" hab ich versucht zu unterlassen, das liegt bei mir so 25 Jahre zurück. Und würde dem Autor wohl auch nicht gerecht.

    Das Nachwort informiert mich, dass das Manuskript zum 4. Teil bei einer polizeilichen Hausdurchsuchung verlorenging, und so der Roman unvollendet blieb.

    Ich bin durchaus beeindruckt. Von vielen Kapiteln. Der Kampf um Saragossa (3. Band, "Siempre eroica"). Kriegsgrauen pur. Die Landschaftsschilderungen, besonders aus Polen.

    Anderes, bspw. die häufigen Aufzählungen historischer (oder vielleicht auch fiktiver) Namen, fand ich ein wenig ermüdend.

    Aber der Autor kann nichts für meine eher wenige Kenntnis der napoleonischen Kriege aus polnischer Sicht.

    Die großen Frauenfiguren, und Frauen überhaupt, fehlen so gut wie ganz. Und das ist dann doch anders als bei Tolstoi. Das bisschen an Liebesleid hat er nicht so gut hinbekommen.

    Für Fans der Romanliteratur des Langen Neunzehnten Jahrhunderts ein Tip, meine ich.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Gontscharow, Eine gewöhnliche Geschichte. Die Neuausgabe im Hanser Verlag, Übersetzerin Vera Bischitzky.

    Hatte ich schon mal gelesen, damals dtv, wohl eine Lizenz der Ausgabe im Winkler Verlag.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Herman Melville, Mardi und eine Reise dorthin. Die sehr schöne zweibändige Ausgabe der leider längst verblichenen Achilla Presse.

    Ich hatte diesen seltsamen Roman vor ca. 10 Jahren versucht, auf Englisch. Das ging gar nicht. Melville auf Englisch für mich zu kompliziert.

    Danach die Übersetzung gekauft, und auch irgendwie steckengeblieben. Vielleicht waren, wie öfters, andere Romane dazwischengekommen.

    Diesmal geht es. Da demnächst die Wiederlektüre von "Moby-Dick" ansteht, halte ich "Mardi" für unverzichtbar.

    Mag sein, als Weg zum Weißen Wal, ich weiß es nicht. Jedenfalls ähnlich rätselhaft.

    Ausgelesen, nach drei Monaten.

    Ein gar seltsames Werk, phantastische Reise, die uns den Spiegel vorhält, oder wie auch immer. Ich hab sehr wenig Leseerfahrung auf diesem Gebiet.

    Literarisch ambitioniert, zukunftsweisend, dass es auch geglückt ist, bezweifele ich.

    Für einen Roman halte ich es nicht, eher für einen historisch-philosophisch-theologisch-anthropologischen-et-alii-Essay mit ein bisschen Handlung. Als Melville-Fan müsste ich es auf Englisch wiederlesen und jeder der Unmengen Anspielungen nachgehen.

    Verschiebe ich mal auf meine Rentner-Zeit, wo ich 6-8 Stunden pro Tag in irgendeiner schönen Fach-/Institutsbibliothek sitzen und forschen werde, ach ja, und Russisch lernen :)

    Schön übrigens, dass die Übersetzung, nach btb, nochmal bei Manesse wiederveröffentlicht wurde.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

    Einmal editiert, zuletzt von Leibgeber ()

  • Bei mir Nana Ekvtimishvili mit "Das Birnenfeld". Nana Ekvtimishvili ist eine georgische Filmemacherin und Schriftstellerin. Der Mikrokosmos einer Debilenanstalt, eines Internats, oder wie immer man das bezeichnet, wird beschrieben, Kinder die weggegeben wurden und keinen mehr Interessieren. Doch Lea setzt der Hoffnungslosigkeit etwas entgegen.


    Gruß, Lauterbach

  • Iwan Gontscharow, Oblomow. Zum, ich glaub, vierten Male. Diesmal die Übersetzung von Vera Bischitzky. Hanser, Lizenzausgabe der WBG (die längst keine Dünndrucklizenzen von Hanser oder Winkler mehr macht).

    Als Kontrastprogramm für die Mittagspause im Büro: Witold Gombrowicz, Pornographie. Hanser. Das liegt mit dem Cover nach unten auf dem Schreibtisch, damit's niemand sieht :D

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Machen denn Hanser oder Winkler noch Dünndrucke?

    Von Winkler weiß ich es nicht, hab ich seit zig Jahren nur antiquarisch gekauft.

    Die haben in der Qualität nachgelassen, dieses zum Beispiel

    https://d-nb.info/810316544

    hat zwar so gerade das beworbene Dünndruckpapier, aber keine Fadenheftung.

    Möglicherweise ein neuerer Nachdruck, den die DNB nicht ausweist.


    Hanser, die neusten, die ich hab

    https://www.hanser-literaturve…chkeit/978-3-446-26769-5/

    https://www.hanser-literaturve…kannte/978-3-446-25828-0/


    Die gehen für Dünndruck durch, letzteres hab ich von der WBG, und das ist, soweit ich es überblick, der letzte Klassiker dieser Art, den die noch lizensiert hatten.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Iwan Gontscharow, Oblomow. Zum, ich glaub, vierten Male. Diesmal die Übersetzung von Vera Bischitzky. Hanser, Lizenzausgabe der WBG (die längst keine Dünndrucklizenzen von Hanser oder Winkler mehr macht).

    Als Kontrastprogramm für die Mittagspause im Büro: Witold Gombrowicz, Pornographie. Hanser. Das liegt mit dem Cover nach unten auf dem Schreibtisch, damit's niemand sieht :D

    Wie gefällt dir denn der Gombrowicz? Ich kenne nur "Die Besessenen", das gefiel mir aber so gut, dass ich immer wieder mal daran denke, noch ein weiteres Buch dieses Autors zu lesen.

  • Vorgestern angefangen Carl Zuckmayer: Als wär's ein Stück von mir. Das erste Kapitel liest sich schon mal wie ein spannender Roman, ich konnte es kaum aus der Hand legen. Auch gefällt mir die antiquierte Sprache. Insgesamt bis jetzt eine lohnende Lektüre. finsbury du hattest es ja auch vor kurzem gelesen, warst du zufrieden?


    Gruß, Lauterbach

  • Wie gefällt dir denn der Gombrowicz? Ich kenne nur "Die Besessenen", das gefiel mir aber so gut, dass ich immer wieder mal daran denke, noch ein weiteres Buch dieses Autors zu lesen.

    Nach so 2/3 des Romans, unbefangen, und ohne vom Lebensweg des Verfassers mehr zu wissen, als das, was die Wikipedia hergibt:


    Das ist eine unglaublich garstige Geschichte, die Inszenierung und Manipulation von Sexualität vor dem Hintergrund des besetzten Polen im 2. Weltkrieg.

    Durch zwei Herrschaften, die offensichtlich, weil nicht mehr jung, neidisch auf die Jugend sind.

    Hat ja auch was, über sich als Ekel zu schreiben, falls der Witold des Romans alter ego des Verfassers ist.


    Ein sehr dichter Text, literarisch auf hohem Niveau, soweit sich das anhand einer Übersetzung beurteilen lässt.


    Der Klappentext zitiert kurz Walter Jens, und ich nehme an, dass das aus diesem Artikel hinter Bezahlschranke ist

    https://www.zeit.de/1963/41/zw…schoenen-jugend-verfallen


    "Wahrlich, sie haben nicht ihresgleichen in der modernen Literatur, diese berechnenden, der Schönheit verfallenen Mörder, Friedrich und Witold, der eine treibend, der andere zögernd genießend; zwei romantische dem Traum vom "homo fictus" nachsinnende Nietzsche-Adepten." Naja, über die Art Stil ließe sich auch nachsinnen ... aber ist was dran.


    Diese Suche nach Gombrowicz und Jens führte mich zu

    http://dx.doi.org/10.53846/goediss-1252

    und davon werde ich mir den Abschnitt zu "Pornographie" mal durchlesen, nach Ende der Lektüre.


    Uneingeschränkte Leseempfehlung.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Vorgestern angefangen Carl Zuckmayer: Als wär's ein Stück von mir. Das erste Kapitel liest sich schon mal wie ein spannender Roman, ich konnte es kaum aus der Hand legen. Auch gefällt mir die antiquierte Sprache. Insgesamt bis jetzt eine lohnende Lektüre. finsbury du hattest es ja auch vor kurzem gelesen, warst du zufrieden?


    Gruß, Lauterbach

    O ja, das war ich. Ich finde auch, dass Zuckmayer im Rahmen seiner Zeitgebundenheit sehr vernünftige Ansichten hatte und nebenher auch eine angenehme Art rheinischer Gelassenheit und ebensolchen Humors bei dennoch deutlicher Grenzziehung gegenüber von Gewalt und Unmenschlichkeit. Ich habe seine Autobiografie sehr gerne gelesen und mir danach einiges von ihm und auch von seiner Frau Alice Herdan-Zuckmayer, die auch sehr interessante autobiografische Bücher geschrieben hat, besorgt. Auch seine Dramen sind zu empfehlen, vor kurzem las ich "Der fröhliche Weinberg", kein weltliterarischer Wurf, aber eine interessante Variante bezüglich der normalerweise dümmlichen Volkstheaterstücke.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)