Was lest ihr gerade?

  • Hamsun, Hunger. Zu

    Eure Neuzugänge - Was habt ihr zuletzt gekauft?


    Ich meine, einen wirklich guten Roman gelesen zu haben. Auf einen Vergleich mit der (frei verfügbaren) Übersetzung von Sandmeier hab ich, für jetzt, mal verzichtet.


    Die Wikipedia

    https://de.wikipedia.org/w/ind…ut_Hamsun&oldid=234318865

    informiert mich,:

    "Im Jahr 1936 erschien sein letzter Roman Ringen sluttet (Der Ring schließt sich), der an Sult anknüpft und am Beispiel eines jungen Totalverweigerers alle traditionellen Werte in Frage stellt."


    Und den Roman hab ich (wie auch "Segen der Erde") im Regal, aus dem Besitz der Eltern, Lizenzausgabe des Paul List Verlages für den Bertelsmann Lesering, 1955. Übersetzt von J. Sandmaier und S. Angermann. Vielleicht nehme ich den demnächst mal vor.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Für jetzt und demnächst, auf Papier:


    Prosper Merimée, Carmen. Sämtliche Novellen. Winkler.

    Vor ein paar Monaten ein "Ausgeschieden" gestempeltes Bibliotheksexemplar preiswert bei Booklooker gekauft, bestens erhalten. Glück gehabt, die Ausgabe scheint selten zu sein.


    "Carmen" hatte ich schon mal als insel-taschenbuch, und fast alle anderen Novellen als zwei Bände Diogenes.

    Die kommen in den öffentlichen Bücherschrank. Die Regalsituation lässt nicht zu, auch noch Übersetzungsexegesen vorzuhalten :)

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Bei mir hat Merimée schon Eindruck hinterlassen. Vor allem als ich in Korsika auf der Spurensuche von Colomba war.

    Da fällt mir ein, dass ich ja noch irgendwo das Buch "Vraie Colomba" habe, also die Geschichte hinter der Geschichte, weil es ja angelehnt an eine reale Person geschrieben wurde.


    Ich habe in letzter Zeit eher zeitgenössischere Literatur gelesen. Was mich länger beschäftigt hat und auch sehr beeindruckt hat war Fernando Aramburu - Los vencejos (Die Mauersegler). Ein humanistischer in Tagebuchform geschriebener Roman eines Philosophielehrers, der beschließt sich in einem Jahr das Leben zu nehmen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt er Tagebuch zu führen, resümiert, berichtet und kommt zu neuen Erkenntnissen.


    Das Buch war ein wahrer Schmöker, aber das Durchackern hat sich gelohnt.


    Derzeit lese ich Sturz in die Sonne von C.F.Ramuz und finde gerade gefallen daran, wie die Welt darin untergeht :)

  • Ich beende gerade "Justizpalast" von Petra Morsbach. Das Buch ist ein Milieuroman, ganz ähnlich wie der "Opernroman", auch in Stil und Personenführung. Sehr amüsant, in Morsbachs typisch-spritzigem Stil geschrieben, humorvoll und oft auf tröstliche Weise "menschelnd".

  • Bei mir liegt sie auch ... auf dem Reader.


    Derzeit lese ich "Plötzlich ist es Abend", wieder Petra Morsbach. Frau Morsbach hat in den Achtzigern in Leningrad studiert und in dieser Zeit Unmengen Geschichten erlebt und gehört, die sie in diesem Buch verarbeitet hat. Es geht um eine Familie, hauptsächlich um eine Frau namens Ljusja, deren Lebensweg fast komplett erzählt wird (sie ist, wenn ich mich richtig erinnere, in den Zwanzigerjahren geboren), und die Autorin breitet an dieser Ljusja und ihren Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn beispielhaft eine Unzahl von Anekdoten aus der Sowjetunion aus. Wie Ljusjas Mutter direkt nach der Nachricht von Stalins Tod das ganze Haus putzt, dabei lachend vor Freude, dass sie ihn überlebt hat - das ist eine unvergessliche Szene, und Szenen dieser Art gibt es viele. Ein tolles Buch, sicher eines der besten, die ich in diesem Jahr hatte. "Opernroman" von Morsbach bleibt zwar mein Favorit, aber "Plötzlich ist es Abend" folgt jedenfalls gleich darauf.

  • Lauterbach die Trilogie hab ich auch noch ungelesen liegen. Wie gefällt sie dir bisher?

    Also meines Erachtens richtig gut, leider viel zu kurz. Es macht Spaß das zu lesen.

    Ich habe gestern mit Raphaela Edelbauer " Die Inkommensurablen" begonnen. Drei Jugendliche am Vorabend des ersten Weltkrieges in Wien. Läßt sich bisher gut an, steht auch auf der Longlist.


    Gruß, Lauterbach

  • Biographisches, neben dem Belletristischem:

    Richard Ellmann, Oscar Wilde,

    Die gebundene Ausgabe, Piper. Nachdem es über 10 Jahre im Regal stand, seinerzeit gekauft für etwas mehr als 10 Euro.

    Seltsamerweise, ich hab gerad nachgeschaut, gibt's das heutzutage günstiger. Warum?

    Eine dieser Gigantobiographien, die ich schmökern kann ... so wie, beispielsweise, vor vielen Jahren auch Benita Eisler über Lord Byron.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Herum lag sie schon länger, Reemtsmas Wieland-Biografie, jetzt habe ich mich aufgerafft. Seit einer Woche folge ich dem Lebenslauf von Biberach über Zürich und Bern wieder zurück nach Biberach, finde zunehmenden Gefallen daran, auch wenn die ganz große Werkschau noch etwas hinter Lebens- und Liebesgeschichten einschließlich religiöser und philosophischer Wirrungen zurückstehen muss. Immerhin darf der Leser, der soweit gekommen ist, schon einmal am Cyrus schnuppern.

  • Herum lag sie schon länger, Reemtsmas Wieland-Biografie, jetzt habe ich mich aufgerafft. Seit einer Woche folge ich dem Lebenslauf von Biberach über Zürich und Bern wieder zurück nach Biberach, finde zunehmenden Gefallen daran,

    Bin weiterhin auf deine Leseeindrücke gespannt. Durch dieses Forum angeregt, habe ich mir die Biografie auch zu einem gegebenen Anlass gewünscht und bekommen.

  • Bin weiterhin auf deine Leseeindrücke gespannt. Durch dieses Forum angeregt, habe ich mir die Biografie auch zu einem gegebenen Anlass gewünscht und bekommen.

    Na gerne doch, einen davon gleich aus Anlass des "Cyrus" und seines Anhangs "Araspes und Panthea".


    Ich war ja gelegentlich sündenfällig im Sinne von: Amazon-Rezensionen (was für ein Wort: Rezension, wenn Hinz und Kunz und Diaz Grey sich an Wieland messen!) verfasst, darunter auch zu den genannten zweien. Nach Reemtsmas gelehrten Ausführungen sieht meine persönliche Bilanz gemischt aus. Meine damalige Anmerkung, der Cyrus sei so etwas wie Wielands Version eines gerechten Krieges, mag objektiv gar nicht einmal falsch gewesen sein, subjektiv war das aber eher nicht die Triebfeder des Werks. Bei dem Sequel über Araspes und Panthea (einer der Heerführer des Cyrus nimmt den Auftrag an, die Verlobte des feindlichen, gerade geschlagenen Königs, als Gesellschafter und/oder Aufpasser zu begleiten, mit den besten und lautersten Gesinnungen an, verfällt ihr aber - gegen ihren Willen - mit Haut und Haaren und wird vom Cyrus um seiner - und ihrer - Sicherheit willen verbannt) war meine Einschätzung aber anscheinend schon ziemlich gut.

  • Noch etwas, was anscheinend ziemlich gut getroffen war:


    Zu den frühen, aber immerhin schon erwachsenen Arbeiten Wielands gehören die "Comischen Erzählungen", in denen die antike griechische Götterwelt in schlüpfrige Händel verstrickt ist, sie werden entsprechend der biberacher Periode früh abgehandelt. Diese kleine Sammlung von Verserzählungen begründete Wielands Ruf als ausgemachter Erotiker, und Reemtsma setzt das in ein angemessenes Verhältnis einerseits zu Wielands ganz früher Lust an platonisch-religiösen Phantastereien, andererseits zu den Verhältnissen der Zeit in den 1760ern. Poetologisch wichtiger ist mir eine phonetische Analyse der Verssprache in den Comischen Erzählungen, aus der einiges gelernt werden kann - und eine Empfehlung, Lyrik im Sinne gebundener Sprache laut zu lesen, damit diese Sprachform ihre klanglichen Möglichkeiten mit allen ihren eingewobenen Bedeutungen ausspielen kann. Genau diese Empfehlung hatte ich in einer Amazon-Besprechung zum "Neuen Amadis" auch abgegeben und fühle mich jetzt geadelt, und überhaupt finde ich Niemanden, der so häufig Recht hätte wie ich, sagte schon Arno Schmidt.


    Den Abschluss des Biberacher Kapitels bildet - Musarion, mit längeren veranschaulichenden Zitaten, die in der Tat für sich selbst sprechen, aber auch einer Metapher des Biografen, die es ihrerseits wert ist, zitiert zu werden. Phanias, der Widerpart der Titelheldin, hat sich, verdrossen über die Schlechtigkeit der Welt, zu Beginn der Erzählung bekanntlich in einen zornigen Trübsinn zurückgezogen. Reemtsma beschreibt die Haltung, in der Phanias vor sich hin wandelt so:


    wenn es ein Comic wäre, würde man einen Stadtjungen zeichnen, der verärgert eine Blechdose vor sich hin tritt


    Dies zur Veranschaulichung, was für einen Lesespaß die Biografie stellenweise bereitet.


    Es hat vielleicht mit meiner persönlichen Sicht zu tun, wenn ich dieses Kapitelchen etwas zu kurz geraten finde. Wielands Gesamtwerk stelle ich mir wie eine alte Stadtanlage vor, mit einer Mauer drumherum, die zwei Tore hat: das Eingangstor bildet Musarion, den Ausgang nimmt man (nein, nicht durch den Aristipp, dieser ist das Stadtschloss nebst Parkanlage) durch den Agathodämon. Aber zu dem kommen wir später, viel später.

  • George Meredith, Der Egoist.

    https://d-nb.info/575079045

    Die Übersetzung von Hans Reisiger scheint die einzige zu sein. Nach öfteren Vergleichen mit dem Original meine ich, dass sie in Ordnung ist.

    Für den Fan der dickleibigen englischsprachigen Literatur des Langen Neunzehnten Jahrhunderts eine Entdeckung: der Name des Autors war mir immer mal wieder begegnet, aber noch nie hatte ich was von ihm gelesen.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Und nun habe ich mit dem vorletzten, ins Deutsche übersetzten Roman von Barbara Pym begonnen. Quartett im Herbst.
    Ein scheinbar langweiliges Sujet um vier Büromenschen, die kurz vor der Rente stehen. Aber von Anfang an wieder dieser typische Pym-Sound, der mir so gut gefällt und mich zum "Immer-weiter-Lesen" animiert (ist das so richtig geschrieben? :confused:).

  • Weiteres aus Reemtsmas Wieland-Biografie:


    Inzwischen ist ziemlich genau die Hälfte des Buchblocks abgearbeitet. Auf jeden Gesichtspunkt kann ich nicht eingehen. Ein paar Dinge, die mir wichtig waren, möchte ich allerdings aufgreifen.


    Zunächst – A.Schmidt-Leser werden interessiert sein und damit am ehesten etwas anfangen können – formuliert Reemtsma eine (wohlgesonnene) Kritik an Schmidts Wieland-Rezeption, die eine formale Werkentwicklung entlang der Kategorien Prosaformen (Anekdote, Märchen, Erzählung, Novelle, Roman) – Monologische Erzählung – Gespräch – Briefroman vornimmt. Schmidt hatte das in seinem Radio-Essay so behauptet und eins zu eins in den „Faun“ umgetopft. Reemtsma widerspricht behutsam und begründet seine abweichende Sicht entlang einer inhaltlichen Entwicklungslinie „Wie nehmen wir die Welt wahr? – Wie räsonieren wir über die Art und Weise, wie wir uns in ihr verhalten? Wie sind wir auf dem Standort gelandet, von dem aus wir … dieses so auf- und erfassen?“ Der Unterschied ist meiner Wahrnehmung nach allerdings kleiner, als es den Anschein hat: beide Sichtweisen lassen sich ohne übergroße Mühen miteinander vereinbaren, im werkhistorischen Ergebnis halten sich die Unterschiede in Grenzen. Es könnten durchaus beide in ähnlichem Umfang Recht oder Unrecht haben – von der Möglichkeit einer einfachen Koinzidenz ganz abgesehen.


    In den Weg von Biberach über Erfurt nach Weimar fallen einige bedeutende Prosa- und Versdichtungen, insbesondere der Agathon, der Don Sylvio, Der neue Amadis sowie Idris und Zenide. Zum Agathon: meine Wahrnehmung war immer die, dass der Titelheld mindestens ebenbürtigen Widerparts gegenübergestellt wird, die den Kern der Erzählung dialogisch offenlegen; zu einen die Danae, eine offensichtliche Vorläuferin der Lais im Aristipp, zum anderen der weltgewandte Sophist Hippias, nach dem historischen Vorbild des Hippias von Elis. Als besonderen Spin der Dialoge empfand ich es immer, dass Wielands eigene Weltbetrachtung – auf die ich später im Zusammenhang mit der Arbeit im Deutschen Merkur noch eingehe - der des Sophisten wesentlich nähersteht, als dem idealistischen Titelhelden. Jetzt verstehe ich allerdings: der etwas ratlos und verkantet wirkende Abschluss des Romans dürfte hauptsächlich dem Umstand geschuldet gewesen sein, das Buch angesichts der erotischen und libertinären Schlagseite der Diskutanten überhaupt an irgend einer Zensur vorbei drucken und verbreiten zu können.


    Es ist kein geringer Verdienst Reemtsmas, eine klare Abgrenzung und Unterscheidung insbesondere zwischen dem Don Sylvio, der gerne als Abklatsch des Don Quixote gesehen wird, und eben diesem zu treffen, die sehr lesenswert ist – inklusive eines geradezu überschwänglichen Lobes für die Eleganz der Sprache. Unter Reemtsmas These einer inhaltlichen Werkentwicklung schließen sich die beiden letzteren – versifizierten – Erzählungen zwanglos an. Insbesondere Idris und Zenide hatte ich, abgesehen vom Genuss des souveränen Gebrauchs italienischer „Stanze“ als Versform, etwas ratlos wahrgenommen, zu mutwillig und zerfahren kam mir die im Flitterwirbel kaum erkennbare Fabel vor. Ich war eher geneigt, das fragmentarisch wirkende Ende zu akzeptieren – bei Jean Paul z.B. gibt es kaum etwas anderes zu lesen, und wenn ich an das angeblich geschlossene Ende des „Titan“ denke… Reemtsma zeigt etwas anderes: die wirklich wirre Märchenerzählung war volle Absicht, sie ist ein ins Überdimensionale gesteigerter Prinz Biribinker. Nicht beabsichtigt, sondern mangels Gelegenheit oder einer Fortsetzungsidee liegengeblieben war hingegen das seltsam unbefriedigende Ende, in dem der Held scheinbar mit einer Ersatzlösung für die gesuchte Geliebte abgespeist wird. Ich habe mir vorgenommen, den Idris unter diesem Eindruck noch einmal zu lesen, schöne Verse schaden ohnehin nie.


    Die Bemerkungen über den Weg nach Weimar zur Fürstin Anna Amalia sind eher von historischem Interesse, darin aber auch höchst aufschlussreich, weil sie die beteiligten Personen und ihre zwischen höfischer Etikette und kühler Personalpolitik dieser Zeit sichtbar machen. Werkhistorisch interessanter sind Anmerkungen zu Wielands Opernlibretti und der darin verwirklichten Theorie einer Oper abseits der Großinszenierungen, die sich auch mit den bescheideneren Mitteln kleinerer Herrschaftshäuser realisieren ließen. Und schließlich, dies ist bis hierhin meiner Wahrnehmung nach einer der Glanzpunkte dieser Biografie, die Darstellung der kulturkritischen und politischen Betätigung, hauptsächlich im „Deutschen Merkur“. Der Merkur war ein Forum, auf dem durchaus durcheinander geredet werden durfte – und, das ist der springende Punkt – durcheinander geredet werden sollte. Bloß kein Tendenzblatt! Im Deutschen Merkur war im Klartext das zu lesen, was in den literarischen Werken Wielands immer wieder als Standpunktlosigkeit bemängelt wurde: der Diskurs, die Dialektik sind eben der Standpunkt. Wenn wir zur Lage der Welt – und das bedeutete damals vor allem zur Französischen Revolution – schon keine verbindliche Lösung haben, dann können wir allemal das Beste daraus machen, wenn wir uns vernünftig darüber verständlich machen können.


    Auch wer eine Dosis Promi-Klatsch nicht scheut, erhält eine hochinteressante Gesamtschau davon geboten, wie sich die Personen des Weimarer Viergestirns wahrnahmen, verstanden, missverstanden, belauerten, beschrieben - nun, auch die Sterne der Sternbilder am Himmel liegen untereinander in allen Raumdimensionen hunderte und tausende von Lichtjahren voneinander entfernt. Abgesehen von einigem Jugendungestüm (siehe Goethes "Götter, Helden, Wieland") dürfte zumindest der Umgang miteinander respekt- und achtungsvoll abgelaufen sein - aber gefremdelt haben sie schon. Und wer sich fragt, wieso gerade Herder einer der Sterne wurde, erhält eine schlüssige Antwort: kluge Personalpolitik.

  • Der Merkur war ein Forum, auf dem durchaus durcheinander geredet werden durfte – und, das ist der springende Punkt – durcheinander geredet werden sollte. Bloß kein Tendenzblatt! Im Deutschen Merkur war im Klartext das zu lesen, was in den literarischen Werken Wielands immer wieder als Standpunktlosigkeit bemängelt wurde: der Diskurs, die Dialektik sind eben der Standpunkt. Wenn wir zur Lage der Welt – und das bedeutete damals vor allem zur Französischen Revolution – schon keine verbindliche Lösung haben, dann können wir allemal das Beste daraus machen, wenn wir uns vernünftig darüber verständlich machen können.

    Sehr schön, diese Einstellung täte uns auch heute, angesichts der keineswegs einfacher gewordenen Weltlage, sehr gut!
    Vielen Dank für diesen tiefgehenden lektürebegleitenden Kommentar, da lernt man schon viel, ganz ohne die Biografie zu lesen, obwohl du das Leseinteresse sehr weckst.

    Ich las den Agathon und den Don Sylvio zu Beginn meines Studiums und damals langweilte mich der Agathon sehr und ich kam nur mühsam durch, hatte damals allerdings noch wenig Drumherumwissen über die dargestellten Charaktere. Den Don Sylvio fand ich dagegen sehr amüsant, auch oder gerade wenn man noch nicht soviel literarischen Background hat, um ihn gleich mit dem Don Quichote zu vergleichen.


    Das "Quartett im Herbst" habe ich inzwischen durch, einerseits der bitterste Roman von Pym, den ich bisher gelesen habe, andererseits gerade dadurch sehr anrührend, wie diese vier Alltagsmenschen mit ihrer Einsamkeit fertig werden, daran scheitern oder sie sogar genießen.

  • Ich las den Agathon und den Don Sylvio zu Beginn meines Studiums und damals langweilte mich der Agathon sehr und ich kam nur mühsam durch

    Das ging mir mit dem Agathon damals auch so, A.Schmidt's Charakterisierung als "hölzern" kann man nachvollziehen. Sehe ich das unter dem Blickwinkel einer durch die Dialoge geformten Erzählung, sieht das schon etwas anders aus. Etwas, zumindest. Im Agathon wird die Entwicklung der tragenden Gedanken durch Dialog vorexerziert, das ist genau das Programm, das in politischen oder sonst weltbetrachtenden Schriften Wielands später immer wiederholt werden wird.


    Exerzieren sieht eben etwas hölzern aus, da habe ich auch so meine Erfahrungen.