Mai 2003: Balzac - Die Frau von 30 Jahren

  • Hallo zusammen


    Herzlich willkommen Antonio. Schön, daß Du mitlesen willst :smile:


    Auch schön, daß mal eine recht große Leserunde zusammen kommt.


    Lesestart nächstes Wochenende paßt mir gut. Ich habe eine von Ernst Sander übersetzte Ausgabe.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Antonio,


    herzlich willkommen bei uns im Klassikerforum und ganz besonders bei der Balzac-Leserunde. Da die meisten von uns den Roman bereits hatten oder haben, sind es naturgemäß verschiedene Ausgaben. Neben den Übersetzungen von Ernst Sander und Hedwig Lachmann gibt es auch noch eine von Konrad Harrer. Ich denke aber, dass das kein großes Problem ist. Welche Ausgabe hast Du oder musst Du dir das Buch erst noch besorgen? Ist das dein erster Balzac oder hast Du schon andere Romane aus der „Menschlichen Komödie“ gelesen?


    ikarus
    Schön, dass Du dabei bist und vielen Dank für den Thomas Mann-Brief mit den Klassiker-Empfehlungen im Allgemeinen Diskussionsforum..


    Gruß von Hubert

  • Hallo Hubert


    Nach dem doch sehr rauhen Klima des Moby Dick ist Balzac wahrscheinlich genau das Richtige. Und Frauen kommen auch wieder drin vor :breitgrins:


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hi Hubertus,
    ich bin erst jetzt wieder zurueck. Ich habe mir die Taschenbuchausgabe des Diogenesverlages bestellt und hoffe, dass mir die italienische Post keinen Strich durch die Rechnung macht.
    Vor vielen Jahren habe ich von Balzac "Glanz und Elend der Kurtisanen" gelesen.


    Gruss aus Mailand


    Antonio

  • Hallo zusammen,


    nachdem Steffi bereits den Balzac-Eintrag im Forum "Chronik" gemacht hat, denke ich, ist es Zeit die gemeinsame Leserunde zu eröffnen. Ich habe deshalb den Thread "Balzac" verschoben und wünsche viel Spaß beim Lesen. Da ich heute und morgen noch mit "Niels Lyhne" beschäftigt bin, werde ich erst am Sonntag mit "Der Frau von ..." beginnen.


    Gruß von Hubert

  • Hallo Balzac Leser
    Habe die ersten 15 Seiten gelesen und bin schon in richtiger Schlachtstimmung.Die sehr plastisch beschriebene Parade lässt einen dieses historische Ereignis hautnah miterleben.
    Die Konversation zwischen Vater und Tochter über die Liebschaft zum Oberst ist aus heutiger Sicht gesehen, schlecht nachzuvollziehen.
    Nun den,mehr ist bis jetzt nicht zu sagen .



    Grüsse Gandalf

  • Hallo zusammen !


    Ich habe das Diogenes-Taschenbuch, übersetzt von Erich Noether.


    Nun will ich mal meine ersten Eindrücke schildern: nach den ersten paar Seiten habe ich schon schwer schlucken müssen, die wortreichen Personenbeschreibungen, bis ins kleinste Detail die Kleidung von Julie, dann noch die jugendliche, reine Liebe - das war mir alles ein bißchen viel Romantik, fast zu dick aufgetragen.


    Sicher ist euch auch aufgefallen, wie oft Balzac Farben bemüht, um etwas auszudrücken, angefangen vom grünen Ripskleid, gelbe Kopfhaut, dunkellila Schühchen, rosa Atlasfutter, schwarze Augen, himmelblaue Uniform, weißes Wolkengebilde, smaragdgrüne Wiesen ...


    Ich vermissste die Atmosphäre, außer den vielen, etwas abgedroschen wirkenden Adjektiven wären mir auch andere Sinneseindrücke als nur das Sehen recht gewesen.


    Doch dann kam ein richtiger Stilbruch - jedenfalls habe ich das so empfunden - eingeleitet mit den Worten "Jetzt etwas über das Schicksal Herrn von Aiglemonts ..." . Plötzlich stehen nicht mehr die äußeren Eindrücke sondern die Charaktere der Personen und allgemeine Betrachtungen der Gesellschaft im Vordergrund. Sehr treffend und einfühlsam schildert Balzac dann die "Kleingeister", die Schmarotzer der Gesellschaft und die Rolle der Ehefrau, der, in vollkommener Abhängigkeit, nichts übrig bleibt, als eine Rolle zu spielen - in der Gesellschaft und im privaten Bereich -damit ihr Einfluß und ihre Existenz nicht gefährdet wird.


    Besonders anschaulich auch die Situation im Salon, bei Frau von Serizy -was muß das doch für eine Gesellschaft von Intrigen und Heuchlern gewesen sein. Die Frauen sind nicht mehr als Besitztümer der Männer, werden wie "Pferde" behandelt und die Frauen müssen mit allen Mitteln um die Gunst ihrer Ehemänner kämpfen.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Leute,
    ich habe das buch noch nicht, werde mich aber später einklinken. Bis dahin viel spass!


    glg, adia :blume:

  • Hallo zusammen


    ich habe das Buch gerade nicht zur Hand, aber mich hat auch irgendetwas irritiert in Balzacs' Stil, das ich noch nicht benennen kann.


    Der Aufhänger der Geschichte ist, dass eine Tochter nicht auf ihren Vater hört und nun in einer Ehe sitzt, die ins Unglück führt. Keine Mutter, die ihre Tochter über das Ehebett aufklärte, die einzige Frau, die Tante des Ehegatten, die noch ein Rettungsanker gewesen wäre, stirbt überraschend.


    Bis jetzt mich das ganze an diese "Schicksalsromanhefte" erinnert, die meine Tante liest :zwinker:


    Zitat von "Steffi"

    Die Frauen sind nicht mehr als Besitztümer der Männer, werden wie "Pferde" behandelt und die Frauen müssen mit allen Mitteln um die Gunst ihrer Ehemänner kämpfen.


    interessant war, daß die Tante sagt, daß zu ihrer Zeit, unter Ludwig XV(?), die Frauen von den Männer hofartiger behandelt wurden, (vermutlich stilvoller?) Aber es kann natürlich auch sein, daß hier das Klischee, der "Guten alten Zeit" durchblinzelt. Ich weiß es nicht.


    Mal sehen wie es weitergeht.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria !
    mit großem Interesse verfolge ich Eure Leserunde.
    Eine Bemerkung zu den 'Groschenromanen deiner Tante' :
    Balszac hat in jungen Jahren (zwischen ca. 1820 und 1830) viele solcher Groschenromane produziert, aus Geldmangel (er war aufgrund seiner genialen Geschäftsideen ständig verschuldet...)
    Erst als er meinte, für die Weltliteratur 'fit' zu sein, hat er Romane unter seinem echten Namen herausgebracht (na ja, ganz echt war der Name nicht: den Adelstitel hat er einfach dazuerfunden ;-) ).
    Was man, denke ich, sehr schön bei Balzac erkennt:
    der Schritt vom Kolportageroman zu großer Literatur kann ein sehr kleiner sein...
    Viel Spass beim Lesen !
    Liebe Grüße aus Wien,
    Stephan

  • Hallo Stephan


    sehr interessant, vielen Dank. Wenn man Balzac Biographie in Kurzform liest, dann habe ich das Gefühl, daß es ihm ein dringendes Bedürfnis war zu schreiben, schreiben, schreiben. Dass er auch Geld verdienen mußte, ist nur verständlich. Gegen Groschenromane habe ich nichts, gegen keine Gattung der Unterhaltungsliteratur.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo !


    Ein Vielschreiber bzw. Workaholic war er auf jeden Fall, allein bei 85 Romanen der Menschlichen Komödie !! Sollte dieser Stil und das Thema vielleicht auch Käuferinnen anlocken ? Ich bin nämlich etwas erstaunt, wie einseitig er die Postion der Frauen darstellt, bisher kommen alle Männer ziemlich schlecht weg, auch der Egländer ist eine etwas traurig-lächerliche Figur, man bedenke nur seinen tragischen Tod :breitgrins: .


    Trotzdem, immer mal wieder blitzt eine Genialität durch, die man eigentlich so nicht erwartet. Ich muß zugeben, dass mich das Buch auf eine eigentümliche Art interessiert ...


    Im übrigen halte ich es (ausnahmsweise) mit Elke Heidenreich, die in ihrer gestrigen Sendung sagte/zitierte " Ein gutes Buch ist eines, das mich glücklich macht."


    Gruß von Steffi

  • Hallo


    Ich bin neu hier und möchte mich vorstellen. Mein Name ist Ralf und ich lese gerne alle Arten von Literatur.


    Zu Balzac:


    Er wr ein Vielschreiber, hätte aber am liebsten mit dem Schreiben aufgehört und sein Vermögen verwaltet. Daher auch seine Geschäftsideen, die ihn immer wieder in Schulden führten, von denen er sich dann nur durch Romaneschreiben befreien konnte. Gott sei Dank für uns Leser muss man sagen, denn wenn er zu Geld gekommen wäre, hätter er nichts mehr geschrieben. Außerdem sammelte er auch alle möglichen Dinge in der Hoffnung, endlich ein Schnäppchen zu machen.


    Mit freundlichen Gruessen


    Ralf

  • Hallo zusammen


    Es ist zwar schon ein paar Jahre her, daß ich das letzte mal etwas von Balzac gelesen habe, aber so trivial wie bei diesem Buch hatte ich ihn eigentlich nicht in Erinnerung. Besonders im 1. Teil des 1. Kapitels meinte ich ein Buch von Hedwig Courts-Mahler zu lesen. Später wird es zum Glück etwas besser. Und mir geht´s auch wie Steffi: Das Buch fasziniert mich auf eigentümliche Weise.


    Im Vorwort zu meinem Buch steht, daß dieser Roman "der am wenigsten geschlossene und stilistisch ungleichmäßigste unter allen, die Balzac geschaffen hat" ist. Die einzelnen Kapitel erschienen über einen Zeitraum von 4 Jahren teils in diversen Zeitschriften, teils in Buchform:


    Der 1. Teil des 1. Kapitels erschien im November 1830 unter dem Titel "Napoleons letzte Parade" und unter dem Pseudonym "Graf Alex. de B."
    Das ganze 1. Kapitel erschien September/Oktober 1831.


    Das 2. Kapitel erschien im August 1834.


    Das 3. Kapitel erschien im April 1832.


    Der 1. Teil des 4. Kapitels erschien im März 1831, der 2. Teil im Mai 1834


    Die ersten beiden Teile des 5. Kapitels erschienen im Januar 1831, ein 3. Teil 1832.


    Alle 6 Kapitel erschienen zum erstenmal zusammen 1834/35. Und erst 1842 entfernte Balzac die Unterteilungen, vereinheitlichte die Gestalten, die ursprünglich in jedem kapitel wechselten und gab dem Roman seine heutige Form. Vor seinem Tode überarbeitete und korrigierte er ihn nochmals.
    Ein ziemlich zusammengeschustertes Werk also. Bin gespannt in wie weit sich die Stilbrüche bemerkbar machen. Noch kann ich es aber nicht beurteilen, da ich immer noch im 1. Kapitel bin.


    Was Ralf (herzlich willkommen übrigens :winken: ) geschrieben hat, sehe ich genau so


    Zitat

    Gott sei Dank für uns Leser muss man sagen, denn wenn er zu Geld gekommen wäre, hätte er nichts mehr geschrieben.


    Theophile Gautier schreibt in seinen "Erinnerungen an Balzac":
    "Er träumte also von nichts als von Tonnen Goldes, von Haufen von Diamanten und Edelsteinen, und mittels magnetischer Kräfte, mit denen er seit langem vertraut war, wollte er Hypnotisierte oder Nachtwandler die Stätten vergrabener oder verlorengegangener Schätze aufspüren lassen."


    Ohne Balzacs Träume von Reichtum und seiner chronischen finanziellen Pleite wäre die Weltliteratur um einiges ärmer.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • kindler hat eine evtl. etwas abweichende darstellung (in dem sinne, ob die einzelnen erzählungen schon als teile eines romanes geplant waren oder ob der plan zu einem roman erst nach den veröffentlichungen enstand):
    "...aus 6 erzählungen zusammengefügt, die 1831-1834 in verschiedenen zeitschriften erschienen waren, und 1834/35, noch mit wechselnden personennamen, in die dritte edition der scenes de la vie privee aufgenommen wurden. Für die comedie humaine wurden die 6 erzählungen...überarbeitet...und zu einem werk zusammengfaßt...Diese vorgeschichte des "romans"...erklärt die zahlreichen widersprüche und das unterschiedliche niveau der einzelnen kapital. Die literarische qualität dieser disparaten szenenfolge, bei der sämtliche ewpische formen der zeit, von den gefühlvoll-sentimentalen liebesromanen...über die schauergeschichte...bis zum unfreiwillig komischen trivialroman, pate standen, ist bezweifelt worden...Gide:"hat balzac je etwas schlechteres geschrieben?" Indessen hält ein so kritischer zeitgenosse des autors wie sainte-beuve den roman für "eine der realsten schöpfungen balzacs. Der schlüssel zu balzacs ungeheurem erfolg liegt ganz und gar in diesem ersten kleinem meisterwerk."


    Dies war der erste roman der comedie, den ich gelesen habe. Das unterschiedliche niveau, hin bis zu trivialen szenen, ist auch mir aufgefallen. Letztendlich haben mich aber die stellen überzeugt, die balzac's fähigkeit, die intimen seiten der menschlichen seele zu skizzieren, überzeugt. Sonst hätte ich kein weiteres buch der comedie lesen wollen.
    gruß hafis

  • Hallo Steffi


    Danke für den Link. Wirklich sehr interessant.


    Auf die Balzac-Biographie von Zweig hast Du ja schon verwiesen. Auch er schreibt etwas über Balzacs Kaffee-Konsum:
    "Und wenn die fünfzigtausend Tassen überstarken Kaffee (auf soviel hat es ein Statistiker geschätzt) das gigantische Werk der Comédie humaine beschleunigten, so haben sie damit doch gleichzeitig sein urgesundes Herz vorzeitig zum Bersten gebracht."


    Das Zitat habe ich von dieser, wie ich finde, sehr informativen und liebevoll gemachten Balzac-Seite:


    http://home.arcor.de/frank.weidemann/00050.html


    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

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