Beiträge von ikarus

    Zitat

    Am besten ist Mahler natürlich im Konzertsaal: Da schlägt einfach das Herz höher, schon wenn die gewaltigen Musikermassen auf die Bühne drängen und dann später die Blechbläser über demStreicherteppich aufstrahlen. Das ist schon ganz großes Hörtheater.


    Absolut. Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber ich erinnere mich noch recht gut an eine Aufführung der 2. Symphonie. Mein größtes klassisches Konzerterlebnis überhaupt. Auf der Bühne ein riesiges Orchester. Bestimmt 10 Trompeten, ebensoviele Hörner, einige Posaunen, alles Mögliche an Schlagwerk, Orgel, Glockenspiele usw. Zusätzlich noch ein sogenanntes "Fernorchester", welches im Foyer des Konzertsaals spielte. Und im Bühnenhintergrund ein riesiger gemischter Chor. Der Wahnsinn! Bei mir hat eine Gänsehaut die nächste gejagt. Ein unvergessliches Erlebnis.
    Heute habe ich mir eine Karte für eine Aufführung der 5. Symphonie besorgt. Spielen werden die Bamberger Symphoniker, dirigieren wird Jonathan Nott. Darauf freue ich mich schon sehr. Aber ganz so spektakulär wie diese 2. wird´s wohl nicht werden.


    Einen TV-Tipp habe ich noch für euch: Heute Nacht (also vom 5. auf den 6. 12.) um 1.00 Uhr läuft im Programm Bayern 3 der Mahler-Film von Ken Russel. Aber Vorsicht! Wer Ken Russel kennt, weiß was ihn erwartet: ein ziemlich abgedrehtes, schräges, manchmal auch geschmackloses Werk.


    Viele Grüße
    ikarus


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    Hallo zusammen


    Gestern besuchte ich eine Vorstellung von Verdis "Maskenball" am Mainfrankentheater in Würzburg. Und um es gleich vorweg zu nehmen, es war ein ziemlicher Reinfall. :sauer:
    Das Bühnenbild bestand aus zwei bühnenhohen, in der Mitte der Drehbühne sich kreuzenden, weißbespannten Gängen welche die Drehbühne in vier durch Türen verbundene Segmente teilten. Und von dieser Drehbühne wurde während des Spiels ausgiebigst Gebrauch gemacht, was zur Folge hatte, daß auch die Sänger ständig in Bewegung waren und dadurch eine große Unruhe erzeugt wurde.
    Ein leidiges Thema sind für mich stets die mittlerweile üblichen deutschen Übertitelungen, welche oftmals geradezu sinnentstellend das Geschehen auf der Bühne zu erklären versuchen. So auch hier. Beispielsweise die Szene, als der oberste Richter die "Zauberin" Ulrica des Landes verweisen will, wird in der Übertitelung als Grund dafür angegeben "weil sie niederen Standes ist"; im Libretto dagegen heißt es sehr viel drastischer "weil sie aus dem schmutzigen Blut der Neger" stamme. Oder als des Königs Geliebte Amelia sich von Ulrica Rat holen will, singt sie laut Übertitelung lapidar "Ich habe Liebeskummer", was ja alles Mögliche bedeuten kann. Im Libretto steht dagegen sehr genau (sinngemäß aus dem Italienischen): "geheime Liebe quält mein Herz". Solche Schludrigkeiten finde ich immer sehr ärgerlich.
    Nach dem Budenzauber mit dieser Magierin und damit am Ende des 1. Akts wäre ich jedenfalls schon reif für die Pause gewesen. Aber nichts da. Mit Karacho gings in den 2. Akt, welcher vollends zum bühnenbildnerischen Desaster geriet. Die Szene spielt um Mitternacht(!) in einsamer Gegend auf dem Galgenberg, wo die liebeskranke Amelia ein bestimmtes Kraut sammeln soll. Und wie sieht das Bühnenbild aus? Taghell erleuchtet und ein Doppelbett mit Kissen und Überwurf unter den baumelnden Gehängten. :grmpf: Keine Ahnung, was das sollte :rollen:
    Zu Beginn des dritten Akts stand die Drehbühne dann endlich einmal still und sofort gewann das Spiel unglaublich an Intensität, und man bekam einen Eindruck davon, wie spannend dieser Opernabend hätte sein können. Leider wurde die Bühne aber dann doch wieder in Bewegung gesetzt. :rollen:
    Es war aber nicht alles schlecht :smile: Die Sänger waren durch die Bank hervorragend, jedoch war das absolute Highlight das Philharmonische Orchester Würzburg. Jonathan Seers dirigierte stets sehr genau und aufmerksam.Die Abstimmung mit den Sängern war perfekt. Lediglich im dritten Akt dominierte manchmal das Blech etwas zu stark, was jedoch angesichts des dramatischen Geschehens auf der Bühne nicht allzusehr störte. Schade, daß dieser Dirigent Würzburg zum Ende der Saison schon wieder verlassen wird.
    Somit ein eher enttäuschender, mitunter ärgerlicher Opernabend, aber wenn man die Augen zumachte ein Genuß :smile:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo schokotimmi


    Ich habe mir diesen Wallenstein letzten Herbst auch angeschaut und kann Dein Urteil bestätigen. Eine absolut erlebenswerte Inszenierung.
    Eigentlich wollte ich mir damals die Berliner Wallenstein-Inszenierung ansehen, die großes mediales interesse erregt hatte, was bei mir aber terminlich nicht gepaßt hat. Somit war Leipzig nur zweite Wahl. Als ich mich dann kurz vor der Fahrt dorthin noch etwas über die Inszenierung informiert und gelesen habe, was der Regisseur mit dem Stück angestellt hat, wurde ich richtig sauer :grmpf: : Ein junger Hauptdarsteller, die Teile der Trilogie umgestellt - "Wallensteins Lager" an den Schluß und die Verse auch noch gerappt :entsetzt: Na bravo, dachte ich, das kann ja heiter werden.
    Aber dann wurde ich doch aufs positivste überrascht. Die Schauspiel-Truppe war einfach großartig. Auch den jungen Hauptdarsteller (Stefan Schießleder) fand ich in seiner Rolle absolut glaubwürdig, auch das etwas ruinenhafte dieser alten Baumwollspinnerei fand ich als Kulisse für "Die Piccolomini" sehr passend. Die 1 1/2 Stunden vergingen wirklich wie im Flug.
    Ich hoffe, Du hast Dich danach auch an den verschiedenen köstlichen Buffets im Schauspielhaus gestärkt um anschließen die guten 2 Stunden "Wallensteins Tod" durchzustehen :zwinker: Und dort liefen die Schauspieler dann wirklich zur Hochform auf.
    Ob ich mir die anschließende Fahrt zum Völkerschlachtdenkmal überhaupt noch antun soll habe ich mir ernsthaft überlegt. Es war a*kalt und ich war auch schon recht müde. Aber was hätte ich versäumt! Auf Schillers Verse läßt sich sogar rappen! Wer hätte das gedacht? Ich kann mit Rap sonst wirklich nichts anfangen, aber dieses "Wallensteins Lager " hat richtig Spaß gemacht. Auch die Umstellung vom Anfang an den Schluß der Trilogie machte durchaus Sinn und der Auftritt der Reiter war dort vor dem Völkerschlachtdenkmal sehr effektvoll.
    Auf der Rückfahrt traf ich in der Straßenbahn ein älteres Ehepaar. Die Frau erzählte mir, daß sie sich ein paar Tage zuvor den Berliner "Wallenstein" angesehen hätten, der Leipziger jedoch viel, viel besser gewesen wäre.


    [quote][Insgesamt aber eine tolle Inszenierung, die ich nicht missen möchte.
    /quote] Genau!


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    JMaria schrieb.

    Zitat

    also ich bin nun ca. Mitte des 4. Kapitels und frage mich, ob die Verwandlung zur Frau nicht ungünstig für Orlando ist, in Bezug auf seine Leidenschaft fürs Dichten.


    Diesen Eindruck hatte ich auch und zwar nicht nur im Bezug aufs Dichten. Als Orlando nach seiner Geschlechtsumwandlung erwacht, ist ihm das zwar zunächst ziemlich egal und er lebt weiter, wie bisher - nur jetzt eben als Frau. Allerdings wird er/sie sich mit der Zeit über die gesellschaftlichen Konventionen bewußt. Besonders deutlich empfand ich das im 5. Kapitel, als Orlando meint, sich unbedingt verheiraten zu müssen. Dort heißt es: "Es war nicht Orlando, die sprach, sondern der Geist der Zeit."... "Jeder ist gepaart, nur ich nicht, sann sie, ..."..."Solche Gedanken waren ihr früher nie in den Sinn gekommen".


    JMaria schrieb:

    Zitat

    Ich bin da schon wieder viel zu kompliziert rangegangen...


    Diese Gefahr, die Dinge zu überinterpretieren ist bei diesem Buch schon gegeben. Ging mir auch so, als im 4. Kapitel ein Satz beginnt: "Dies geschah am Dienstag, dem 16. Juni 1712;.." Ich natürlich sofort: BLOOMSDAY! Und gleich weiter die Assoziationen: Bloomsbury - Blumen - blühen - Garten - Sissinghurst... Paßt! Aber dann hielt ich diesen Gedankengang doch für zu weit hergeholt.


    Dann fand ich einen Satz, den Wolf Wondratschek in einem Artikel in der ZEIT mal über das Buch schrieb:


    Orlando ist ein unwiederholbarer Glücks- und Einzelfall, eine Götterspeise, in deren Atomen man endlos stochern könnte, nur um immer wieder weiter nichts zu finden als die unsichtbaren Bestandteile sorgloser Vollkommenheit.


    Ich habe das Buch heute beendet und obwohl ich das Schlußkapitel als sehr melancholisch empfand, so hat doch das humorvolle, ironische Element überwogen und ich habe Orlando als Unterhaltungsroman im allerbesten Sinne gelesen. Ich hätte mir nur gewünscht, daß ich mit der Biographie Vita Sackville-Wests vertrauter wäre, um die ganzen Anspielungen besser verstehen zu können. Aber in diesem Punkt habt ihr mir ja sehr weitergeholfen. Vielen Dank dafür :winken:


    Übrigens habe ich entdeckt, daß es die "Erinnerungen an Bloomsbury" von Quentin Bell auch bei Jokers gibt:


    http://www.jokers.de/suche.php…a8b9f1c1ab8c8902&x=43&y=5


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Zitat

    Aber vielleicht klärt sich im weiteren Fortgang der Geschichte noch einiges.


    Ja, so kann`s gehen. Hätte ich nur zwei Seiten weiter gelesen, wäre alles klar gewesen :rollen:
    Ich bin gerade mit dem IV. Kapitel fertig geworden und das war für mich bisher das bei weitem unterhaltsamste. Dort frönt Virginia Woolf ihrem Verwandlungs-Thema nach Herzenslust. gleich mit einem Paukenschlag gehts los, als sich herausstellt, daß Harriet, wegen der Orlando damals immerhin nach Konstantinopel geflüchtet ist, ein Erzherzog Harry ist. Köstlich die Szene des Fliegen-Luh-Spiels, "bei dem sehr große Summen Geldes bei sehr geringem geistigen Einsatz verloren werden können" :smile:
    Herrlich auch zu lesen, wie Orlando sich an das Frau-Sein erst gewöhnen muß: "Sie wurde etwas bescheidener, wie Frauen es sind, was ihren Verstand anging, und etwas eitler, wie Frauen es sind, was ihre Person anging."
    Oder die Beschreibung des Zirkels der Lady R.: "Die Gäste dachten, sie wären glücklich, dachten, sie wären witzig, dachten, sie wären tiefgründig, und da sie dies dachten, dachten andere Leute es noch stärker,...alle beneideten jene die zugelassen waren; jene , die zugelassen waren, beneideten sich selbst, weil andere sie beneideten; und so schien kein Ende abzusehen...". Ich glaube, daß in dieser Haltung kein Unterschied zu unseren heutigen Promi-"Zirkeln" besteht.


    JMaria schrieb:

    Zitat

    Virginia und Vita:
    Trotz ihrer Freundschaft, trennte die Beiden doch eine Gesellschaftsschicht. Vita, die Adlige, die Elegante, in Traditionen aufgewachsen. Einen Stammbaum der zurück geht bis auf die Zeit von Wilhelm dem Eroberer, Höflichkeit und Konversation waren ihr wichtig. Virginia, das Gegenteil von Vita, eher schlampig angezogen, kein gefestigter Sinn für Stil. Dann die Bloomsbury Gruppe, die fest mit Virginia verbunden ist. In dieser Gruppe war, so konnte man sagen, das Motto: Wenn es nichts zu sagen gibt, dann schweigt man lieber. In einem Briefwechsel mit ihrem Mann brachte Vita das Thema auf die Bloomsbury und wie es sie befremdete, dass nicht höfliche Konversation gemacht wird.


    Das waren wertvolle Informationen für mich. Mit diesem Hintergrundwissen erschließt sich einem dieses Kapitel viel besser und man erkennt viele Anspielungen erst.


    Ich komme zu Kapitel V und es beginnt das neunzehnte Jahrhundert.


    Viele Grüße
    ikarus


    P.S.: Kürzlich entdeckte ich auf dem Ramschtisch meines Buchhändlers ein Buch: "Erinnerungen an Bloomsbury" von Quentin Bell. Kennt es vielleicht jemand von Euch?

    Hallo zusammen
    hallo JMaria


    Zitat

    "Zeit und (Ver)Wandlung"


    Diese beiden Begriffe scheinen die zentrale Rolle im Buch (wenn nicht gar im ganzen Werk Woolfs, das ich noch nicht kenne?) zu spielen. In den '"Wellen" ist das Vergehen der Zeit ja auch DAS Thema. Und im "Orlando" ist es auch sehr auffallend insbesondere der kleine, essayistische Einschub im 2. Kapitel. Und nicht umsonst hat wohl auch das Haus 365 Schlafzimmer und 52 Treppenhäuser. Und in diese Problematik ordne ich auch die 7 Tage der Trance ein.
    Über die anschließende Verwandlungsszene habe ich mir natürlich Gedanken gemacht, bin aber auf keinen richtig grünen Zweig gekommen. Reinheit, Keuschheit und Sittsamkeit sollen verschwinden zugunsten der Wahrheit :rollen: Sehr rätselhaft. Aber vielleicht klärt sich im weiteren Fortgang der Geschichte noch einiges.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Zitat

    Was ist ein Gänsewein?


    Als Gänsewein bezeichnet man ganz einfaches Trinkwasser.


    Danke für den Link zum großen Frost. Das wußte ich bishewr gar nicht, daß es so etwas wie diese kleine Eiszeit in Europa gab. Sehr interessant.


    Zitat

    Die Beschreibung der zugefrorenen Themse finde ich übrigens toll, auch ein bißchen unheimlich, denn unter dem glasklaren Eis sieht man ja noch (tote?) Fische.


    Und nicht nur tote Fische, sondern auch einen ganzen Lastkahn mit Äpfeln samt alter "Bumbootsfrau" konnte man durch das eris hindurch sehen. Richtig gruselig. :frieren:


    Zitat

    Vita Saeckville-West ist ja vor allem als Gartengestalterin bekannt, sie schuf den berühmten Garten von Sissinghurst, dort den ersten und seither viel kopierten "weißen Garten" und schrieb jahrelang Gartenkolumnen.


    Auch das war mir bisher unbekannt, erklärt aber das häufige Vorkommen von Blumen und sonstigen Pflanzen und die Beschreibung des Gartens bzw. Parks von Orlandos Landsitz im 2. Kapitel. Dieses habe ich gerade beendet und Orlando tut "was jeder junge Mann an seiner Stelle getan hätte, und bat König Charles, ihn als Gesandten nach Konstantinopel zu entsenden." Klar was denn auch sonst? :smile:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    JMartia schrieb:

    Zitat

    Wie kam Virginia Woolf nur auf den Buchtitel? Der Name ist doch recht ungewöhnlich, oder? Mir fällt dazu nur noch "Orlando furioso" (Der rasende Roland) von Ariost ein.


    Ich denke, da bist Du auf dem richtigen Weg. Laut meinem Namenslexikon bedeutet Orlando bzw. Roland so viel wie wagemutig, kühn. Wahrscheinlich hat Virginia woolf ihre Freundin so gesehen. Ob unser Titelheld seinem Namen gerecht wird, wird sich noch herausstellen. Das Ende des ersten Kapitels ist in dieser Hinsicht schon gar nicht mal schlecht. Wenn auch letztlich erfolglos.


    Das Buch liest sich wirklich sehr flüssig und ist von fast surrealem Witz wenn z. B. festgefrorene, letztlich versteinerte "Fahrensleute" als Kratzpfosten für Schafe oder Viehtränken benutzt werden. Es gefällt mir jetzt schon besser als die "Wellen" :zwinker: Davon weiß ich aber noch, daß bei Virginia Woolf Farben eine große Rolle spielen und habe deshalb bei "Orlando" darauf geachtet. Dort finde ich es noch ausgeprägter als in den "Wellen".


    JMaria
    Danke für die Hintergrund-Infos zur Eiche und zur Familie Sackville-West.


    Aber kann mich bitte noch jemand kurz auflären, was es mit dieser Miss Hope Mirrless auf sich hat?


    Und was ist Kanariensekt? Vielleicht das gleiche wie Gänsewein? :smile:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo ihr beiden


    Ich habe das Buch gestern zufällig als Sonderausgabe zu Woolfs 125. Geburtstag in der Buchhandlung entdeckt und möchte mich euch gern anschließen. Denn ihr als Woolf-Expertinnen werdet mich sicher wieder auf den richtigen Weg schubsen, falls ich mich mal in "der Vielzahl von Ichs" (Klappentext) verirren solllte :smile:
    Aber rätselhafter als "Die Wellen" kanns wohl kaum werden, oder? :rollen:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo Donna


    Gute Idee, dieser Thread. Denn ich war gestern Abend in der Oper und habe mir Donizettis "Lucia di Lammermoor" angesehen.
    Die Inszenierung war sehr modern, hat mich etwas ratlos zurückgelassen und ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Der Regisseur hatte die Handlung in ein Krankenhaus bzw. Sanatorium oder wars eine Irrenanstalt (?) verlegt. Letzteres erschien mir noch am plausibelsten, da Lucia nach ihrer Bluttat in geistige Verwirrung gerät, was in der berühmten "Wahnsinnsarie" gipfelt. Diese wurde von der Sängerin derart intensiv dargeboten, daß es im Publikum mucksmäuschenstill war und mir ein Schauer über den Rücken lief. In der Tat: Wahnsinn!


    Ansonsten mag ich moderne Inszenierungen ganz gern. Ich finde sie meist spannender als traditionelle. Ärgerlich wird es für mich aber immer dann, wenn Bild und gesungener Text nicht mehr zueinander passen. Wenn z. B. in Katharina Wagners Inszenierung des "fliegenden Holländers" die Mädchen anstatt in der Spinnstube in einem Großraumbüro an Schreibmaschinen sitzen und dabei singen:


    "Summ und brumm, du gutes Rädchen,
    munter, munter, dreh dich um!
    Spinne, spinne tausend Fädchen,
    gutes Rädchen, summ und brumm!"


    dann :entsetzt:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo Donna


    Zitat

    oh, seit 120 Tagen wurde hier nichts mehr geschrieben???


    Das mag vielleicht daran liegen, daß im Sommer Theaterpause ist und die Saison erst jetzt wieder losgeht.


    Auch ich muß feststellen, daß die kommende Saison bei uns außergewöhnlich spannend zu werden verspricht.


    Besonders freue ich mich auf:


    Brecht: Die heilige Johanna der Schlachthöfe
    Büchner: Leonce und Lena
    Wedekind: Frühlings Erwachen
    Hauptmann: Vor Sonnenuntergang
    Ibsen: Hedda Gabler
    Tschechow: Der Kirschgarten
    und
    Schiller: Maria Stuart


    Aufgeführt werden u. a. noch von Ibsen "Peer Gynt". Mit dem Stück habe ich so meine Schwierigkeiten, hab´s letztes Jahr gelesen und auf der Bühne gesehen und muß es mir nicht noch einmal antun; und eine Dramatisierung von Thomas Manns "Zauberberg". Darauf bin ich sehr gespannt aber auch skeptisch, weil ich mir kaum vorstellen kann, daß dieser gewaltige Roman adäquat auf die Bühne zu bringen ist. Aber vielleicht erlebe ich ja auch eine Überraschung.


    Zitat

    ES GEHT IMMER BESSER, BESSER – IMMER BESSER ...Ödön von Horváth


    Dieses Stück lief bei uns letzte Woche. Darin werden vier Horvath-Stücke verwurstet. Ich hab´s mir erspart und scheinbar recht damit getan, denn die darauffolgende Kritik in unserer Lokalzeitung war doch sehr verhalten.


    Zitat

    bei uns sind die Eintrittskarten sehr teuer (40 und 65 €)!


    Schluck! Das ist wirklich viel Geld. Bei uns liegen die Preise im Schauspiel zwischen 11 und 24 €. Ich nehme meistens die billigsten Karten und gehe dafür öfter :smile:.


    Zitat

    Werde dann hier über die gesehe Stücke berichten


    Ich freu mich drauf :winken:


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Danke, Giesbert, für die Auflistung. Die hilft mir sehr weiter. In Beiträgen über Freud wird immer wieder die "Traumdeutung" als sein Hauptwerk bezeichnet. Darum wollte ich damit beginnen. Ist aber schon ein ziemlicher Brocken. Aber wenn man sich als Einsteiger mit anderen Werken leichter tut, soll mirs recht sein. Da höre ich gerne auf den Rat des Experten. :smile:


    Bluebell:

    Zitat

    die Auswahl ist ja groß genug!


    Das ist es ja gerade! :rollen: Ich bin auch gespannt zu welchen Werken mich die Biographien zuerst hinführen werden. Morgen bekomme ich übrigens "Der Seele dunkle Pfade". Ich freue mich darauf und hoffe, am Wochenende mit meinem Freud-Projekt loslegen zu können.


    Viele Grüße
    ikarus

    Servus Bluebell


    Danke für den Buchtipp und die schöne Rezension. Bei mir ist im Zuge des Freud-Jahres auch ein Interesse an diesem Menschen und seinem Werk geweckt worden, so daß ich mir "Der Seele dunkle Pfade" in jedem Falle demnächst besorgen werde.
    Ich werde im Herbst einige Tage in Wien verbringen und habe u. a. vor auch die Ausstellung in der berühmten "Berggasse 19" zu besuchen, was ich nicht ohne eine gewisse Vorbereitung tun will. Da kommt mir Dein Buchtip gerade recht. Allerdings habe ich mir schon eine andere Biographie besorgt, nämlich von Peter Gay: " Freud - Eine Biographie für unsere Zeit". Auch ein Wälzer von fast 900 eng bedruckten Seiten. Hoffentlich schaffe ich beides überhaupt bis da hin :rollen: 1 1/2 Jahre darf ich jedenfalls nicht brauchen :smile:
    Aber Du schreibst ganz richtig, daß man nicht nur Bücher über Freud sondern auch welche von ihm lesen sollte. Aber womit als blutiger Laie beginnen? Die "Traumdeutung" ist da wohl Pflicht. Im bisherigen Thread wurden auch noch "Totem und Tabu" und "Der Witz und seine Bedeutung..." genannt. Was hast du denn vor von Freud zu lesen?
    Vor kurzem konnte ich nämlich auch noch eine 11-bändige Freud-Studienausgabe überaus günstig erwerben :klatschen:, die ich sicher nie ganz schaffen werde und somit jetzt wie der Ochs vor dem Berg stehe.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    JMaria schrieb:

    Zitat

    gibt es eine Gestalt im Roman, die euch besonders zusagt bzw. nachvollziehbar ist?


    Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Ich kann zwar nicht genau begründen warum, aber Susan ist mir am Nächsten gekommen. Vielleicht weil sie so naturverbunden ist und so gerne auf dem Lande lebt wie ich; vielleicht aber auch, weil in ihren Gedanken so viele Naturbeschreibungen enthalten sind und darin finde ich Virginia Woolf einfach großartig.


    Am "nachvollziehbarsten" sind für mich sonst nur noch Bernard und Louis. Neville, Jinny und vor allem Rhoda sind mir immer fremd geblieben und ich konnte gar nichts mit ihnen anfangen.


    Ich bin gestern Abend mit dem Buch fertig geworden. in dem Schluß-Monolog Bernards läuft Virginia Woolf nochmals zur Hochform auf. Ich hatte zwar wieder große Mühe, den vielen, oft sehr abrupten, Gedankensprüngen zu folgen, aber diese visuelle, poetische Sprache hat mich sehr eingenommen.
    Als Fazit muß ich sagen, daß Virginia Woolf für mich die größte literarische Entdeckung seit langem war und ich danke euch dafür, daß ihr mich auf diese Autorin neugierig gemacht habt :blume: :blume: Sicher war es nicht gerade die beste Entscheidung als erstes die "Wellen" zu lesen. Man sollte wohl sinnvollerweise vorher "Zum Leuchtturm" und "Mrs. Dalloway" gelesen haben. Aber das werde ich nachholen (Mrs. Dalloway" steht übrigens mittlerweile auch schon im Bücherregal :smile: ). Am meisten interessiert mich aber jetzt die Biographie über Virginia Woolf und ich möchte unbedingt mehr über dieses interessante aber scheinbar doch sehr schwierige Leben erfahren.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen,
    hallo JMaria


    Dieser Kapuzenmann ist mir irgendwie entgangen. Wahrscheinlich wurde ich von der herrlichen Woolfschen Sprache so eingelullt, daß ich den gar nicht bemerkt habe :redface: . Das passiert mir öfter, daß mich diese Sprache auf einmal davonträgt, dann plötzlich ein Satz kommt, der mich wieder auf den Boden holt und ich zurückblättern muß, um das Gelesene nochmals zu lesen.
    Aufgrund Deiner Seitenangabe habe ich zwar gesucht, aber da ich eine andere Ausgabe habe, leider nicht gefunden :sauer:


    Zitat

    Von Susan geliebt zu werden, wäre, als spießte einen der scharfe Schnabel eines Vogels auf und nagelte einen an ein Scheunentor. Aber es gibt Augenblicke, in denen wünschte ich mir nachgerade, von einem Schnabel aufgespießt, an ein Scheunentor genagelt zu werden, wirklich, ein für allemal.


    DEN Absatz habe ich mir auch angestrichen! Mir bleiben zwar viele Sätze immer noch rätselhaft und unverständlich, aber für solche wie oben lohnt sich das Buch zu lesen.


    Interessant fand ich, daß genau in der Mitte des Buches, zur hellsten Mittagszeit im Hochsommer, auf dem Zenit sozusagen, Percival stirbt. Und ich habe den Eindruck, daß erst sein Tod die sechs Personen zu Freunden werden läßt. Er taucht in den Gedanken von jedem von ihnen immer wieder auf und fungiert als Bindeglied zwischen ihren Gedanken.
    Bernard sagt an einer Stelle: "Die Blume, die rote Nelke, die in der Vase auf dem Tisch im Restaurant stand, als wir mit Percival zusammen zu Abend aßen, ist zu einer sechsseitigen Blume geworden, aus sechs Leben gemacht."


    Ich bin auf Seite 206.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Nochmals zu diesen Schnecken:


    JMaria schrieb:

    Zitat

    Man liest oft, dass Schriftsteller gerade in ihren Werken offen oder auch bewußt versteckt einen Einblick in ihr Seelenleben geben.


    So sehe ich das auch.


    Da die Schnecke u. a. als ein Symbol für das weibliche Geschlechtsorgan, für Schwangerschaft, Empfängnis und Geburt gilt, habe ich in deren häufigen Vorkommen im Buch schon einen Zusammenhang mit Woolfs Frigidität gesehen. Ob diese zu ihren Lebzeiten bekannt war? Wohl kaum. Ich kann mir deshalb vorstellen, daß es sich bei Virginia Woolf ähnlich wie bei Thomas Mann verhält. Dessen homoerotische Neigung wurde auch erst durch die Veröffentlichung seiner Tagebücher bekannt. Und erst dadurch konnte man die vielen versteckten Hinweise in seinen Büchern entdecken.


    Ich habe gerade das Kapitel gelesen, in dem sich unsere Protagonisten in der Kneipe verabredet haben um sich von Percival zu verabschieden. Und bisher war dieses für mich das Schönste. Wie sie nacheinander eintrudeln und jeder uns seine Gedanken und Beobachtungen beim Warten auf die anderen mitteilt war wunderschön zu lesen. Ich bin immer noch hin und weg. Überhaupt komme ich mit dem Buch immer besser zurecht und es macht mit zunehmender Dauer immer mehr Spaß, auch wenn manche Gedanken und Sätze sehr rätselhaft sind :rollen:


    Ich bin auf Seite 128.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo ihr Virginia-Woolf-Experten :smile:


    Ihr legt euch ja mächtig ins Zeug und laßt mich dabei mal wieder ganz schön alt aussehen. Aber über Virginia Woolf weiß ich so gut wie gar nichts und finde deshalb eure Beiträge sehr interessant. Die von Steffi erwähnte Biographie habe ich mir mal notiert. Es scheint mir lohnend, sich mit dieser Schriftstellerin näher zu befassen.
    Beim Weiterlesen habe ich jetzt verstärkt auf Farben und Schnecken geachtet. Insbesondere Rot, Grün und vor allem Gelb kommen tatsächlich auffällig oft vor. Da wird es wohl auch kaum Zufall gewesen sein, daß der Umschlag der deutschen Erstausgabe 1959 knallgelb war.


    Mit der charakterlichen Unterscheidung der Personen habe ich immer noch so meine Probleme. Eindeutig ist für mich bis jetzt nur die Affinität Susans zur Natur und zum Landleben, wovon sie träumt; und Bernard, der viel und gern erzählt und wahrscheinlich eine Schriftstellerkarriere anstrebt. Aus den anderen werde ich noch nicht so recht schlau.


    Weiterhin fasziniert auch mich vor allem diese Bildersprache. Mein Lieblings-"Bild" bisher ist die Beschreibung des Internats-Direktors: "Der alte Crane, der Direktor, hat eine Nase wie ein Bergzinken bei Sonnenuntergang, und eine blaue Kerbe am Kinn, wie eine bewaldete Schlucht, die ein Ausflügler angekohlt hat;..."


    Ich bin auf Seite 94. Allerdings habe ich eine Ausgabe der Bibliothek Suhrkamp.


    Ansonsten schließe ich mich Fuu an:

    Zitat

    Vielen Dank für eure Mühen, bin schon gespannt wie es weiter geht.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Meine Neugierde hat gesiegt und ich habe gestern Abend zumindest noch das erste Kapitel gelesen.
    Mein erster Eindruck schwankt zwischen Faszination und Unverständnis. Einerseits gefällt mir diese intensive, bildmächtige Sprache, andererseits hatte ich anfangs Probleme die Figuren überhaupt auseinander zu halten, was mir dann jedoch zunehmend besser gelang. Auch diese sehr kurzen Sätze sind für mich gewöhnungsbedürftig (ich bin wohl mehr die Endlos-Schachtelsätze Thomas Manns gewöhnt :smile: ), aber die dadurch entstehende betörende Rhythmik übt auch einen eigenartigen Sog aus. "Tranceartig" ist genau das richtige Wort dafür.
    Bis jetzt ein sehr merkwürdiges Buch.


    Viele Grüße
    ikarus

    Hallo zusammen


    Steffi schrieb:

    Zitat

    Außerdem freue ich mich, dass ikarus mal wieder Zeit findet fürs gemeinsame Lesen.


    Danke, ich freue mich natürlich auch :smile: .
    Ich konnte leider noch nicht anfangen und weiß auch nicht, ob ich es heute noch klappt. Zunächst mußte ich heute überraschenderweise Überstunden schieben und dann auch noch zum Zahnarzt[Blockierte Grafik: http://fool.exler.ru/sm/hlp.gif]
    Spätestens ab morgen bin ich aber auch dabei.


    Viele Grüße
    ikarus