Marcel Proust - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

  • Bernd-Jürgen Fischer - Handbuch zu Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit"


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    Bernd-Jürgen Fischer hat auf 820 Seiten eine wahre Fundgrube zu Prousts Meisterwerk der "Suche nach der verlorenen Zeit" zusammengestellt.


    1. Das Buch startet mit einer Kurzbiografie (S. 9 - 51), die sich aus verschiedenen Teilen zusammensetzt:
    a) Überblick über andere Biografien und Erinnerungen (ca. 5,5 Seiten)
    b) Herkunft, Ausbildung und Beruf, Gesundheit. Liebschaften, Bekanntschaften (ca. 24 Seiten)
    c) Curriculum vitäe mit den wichtigsten Lebens- und Publikationsdaten (12 Seiten)


    2. Im zweiten Teil folgt ein kurzer Abriss über seine frühen Werke (12 Seiten). Darin enthalten ist auch der Abdruck des Fragebogens, der Proust einmal 1886 und zum zweiten Mal 1891 oder 1892 vorgelegt wurde. Es handelt sich hierbei um kein Werk im engeren Sinne, dennoch sind die Antworten Prousts sehr aufschlussreich. Auf die anderen Werke, wie Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge oder auch auf seine Zeichnungen wird nur mit jeweils einer halben Seite eingegangen, was etwas knapp ist.


    3. Der dritte Teil widmet sich der "Suche nach der verlorenen Zeit". Dabei werden folgende Themen behandelt:
    a) Materialien (4 Seiten)
    b) Veröffentlichungen (2 Seiten)
    c) Die Erstausgabe (9 Seiten)
    d) Zur Rezeption (55 Seiten). Hier wird auf jeden Band einzeln eingegangen.
    e) Übersetzungen (62 Seiten). Aufschlussreich sind hier die Anmerkungen zur vorliegenden Reclam-Übersetzung. So macht Fischer deutlich welchen Schwierigkeiten er während seiner Arbeit ausgesetzt war. Als Beispiel bringt er einen französischen Absatz, der besonders viele f- und p-Laute enthält und so zugleich Anschläge des Pianos und die Striche der Violine zum Ausdruck bringen sollen. Selbst so mancher französischer Leser wird diese Feinheit nicht bemerken, dieses "onomatopoetische Spiel" ins Deutsche zu übertragen, kann natürlich nicht in gleicher Weise gelingen.
    f) Umsetzung in audio-visuelle Medien (5 Seiten)
    g) Verfilmungen, Balett, Vertonungen (7 Seiten)
    h) Zum Aufbau der "Suche" behandelt Makrostruktur, innere Struktur und chronlogische Struktur (28 Seiten)
    i) Die "Suche" und ihre Zeit setzt sich mit Technik, Wissenschaft, Kunst sowie gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen auseinander (42 Seiten).


    Die Teile 4 - 8 enthalten Informationen zur Korrespondenz, Bibliografien, Marcel-Proust-Gesellschaften, Geografie der "Suche" sowie die Stammbäume Marcel Prousts, Reynaldo Hahns und der Guermantes (45 Seiten).


    Der Teil 9 stellt das Register zu den Bänden dar:
    a) Namensverzeichnis (388 Seiten). Bei jedem Eintrag wird kurz erläutert, in welchem Band, auf welcher Seite und in welchem Zusammenhang der Name im Werk vorkommt. Auch wenn sich die Seitenzahlen auf die Reclam-Ausgabe beziehen, ist ganz hinten im Buch eine Umrechnung der Seitenzahlen für andere Ausgaben beigefügt. Das ist eine Formel, mit der man ungefähr diese Stellen in anderen Ausgaben auffinden kann.
    b) Titelverzeichnis (37 Seiten). Es enthält Titel von Kunstwerken, Bühnenstücken oder Romanen, die im Werk vorkommen.
    c) Das Themenverzeichnis (56 Seiten) hätte für meinen Geschmack noch ausführlicher ausfallen dürfen. Das Thema "Lüge" wird auf einer Seite abgehandelt und findet sich in jedem Band wieder, dem Thema "Liebe" sind ca. 1,5 Seiten gewidmet.


    Ergänzt wird der Band durch 36 Abbildungen (darunter auch ein Foto der Grabstätte oder die letzte Seite des Manuskripts).


    Insgesamt eine empfehlenswerte Anschaffung, selbst wenn man nicht die Reclam-Ausgabe in Gänze besitzt. Doch in den Einzelbänden der Reclam-Ausgabe finden sich viele weitere wertvolle Kommentare, die im Namens- und Themenverzeichnis des Bandes nicht wiederholt werden.

  • Vielen Dank, klassikfreund!


    Erst kürzlich bin ich über dieses Handbuch gestolpert und fragte mich, wie es wohl gegliedert ist und was es alles enthält.


    Deine ausführliche Beschreibung ist Gold wert :klatschen:

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hat jemand von euch vor Stefan Zweifels editierten und übersetzten Text der Urfassung zu lesen?


    Flimmern des Herzens: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - in der Urfassung (Die Andere Bibliothek, Band 395) Gebundene Ausgabe – 20. November 2017
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    Seit kurzem auch ein Artikel darüber in der FAZ.
    http://www.faz.net/aktuell/feu…cel-prousts-15350213.html

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hat jemand von euch vor Stefan Zweifels editierten und übersetzten Text der Urfassung zu lesen?


    Die Idee ging mal vage durch meinen Kopf, hat sich aber noch nicht in einem konkreten Klick auf der Seite meines Buchhändlers geäussert...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Danke für den Hinweis auf den FAZ-Artikel. Jürgen Ritte ist ein ausgesprochener Kenner Prousts. Schön, dass solche Fachleute von der FAZ angefragt werden.


    Das Buch selber habe ich schon im Buchhandel in der Hand gehabt. Mit den ganzen Streichungen (zudem mit zwei Versionen links und rechts) kann man das Buch auf zig Weisen lesen und das würde mich kirre machen. Ich habe es daher liegen gelassen. Da würde ich dann doch lieber zur Reclam-Neuübersetzung greifen, die ja auch einen anderen Ton anschlägt.


  • Danke für den Hinweis auf den FAZ-Artikel. Jürgen Ritte ist ein ausgesprochener Kenner Prousts. Schön, dass solche Fachleute von der FAZ angefragt werden.


    Das Buch selber habe ich schon im Buchhandel in der Hand gehabt. Mit den ganzen Streichungen (zudem mit zwei Versionen links und rechts) kann man das Buch auf zig Weisen lesen und das würde mich kirre machen. Ich habe es daher liegen gelassen. Da würde ich dann doch lieber zur Reclam-Neuübersetzung greifen, die ja auch einen anderen Ton anschlägt.



    Ja, das wäre zu überdenken :rollen:

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Schade, dass ich das jetzt erst gesehen habe. Proust ist fuer mcih die wahre Entdeckung der Langsamkeit. Wunderbar. Mit der Gefangenen und der Entflohenen ist es mir allerdings so gegangen wie finsbury: Ich habe mich EINmal hindurchgequaelt. beim zweiten Mal lesen, habe ich mir die Teile geschenkt. Dafuer liebe ich die anderen, vor allem Combray, umso mehr. Hab die "alte" Uebersetzung von Rechelle-Mertens. M.E. schoene Sprache.

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

  • Die Geschmäcker der Publikümer sind halt verschieden. Mir liegen eh focussierte Beziehungsgeschichten nicht, und diese Bände fand ich wegen des ganzen damit verbundenen Gefühlsüberschwangs nervtötend, wenn auch Proust sicherlich ein großer Analytiker ist.

    Dagegen kann ich stundenlang Konversationen lesen, liebe insbesondere leicht satirische Gesellschaftsschilderungen, und auch darin ist Proust genial. An Sodom und Gommorha kann ich mich kaum erinnern, aber die Guermantes fand ich genial.

  • Ich habe nun mit der verlorenen Zeit begonnen und befinde mich zur Zeit im Schatten junger Mädchenblüte. Aber von dem viel berufenen Sog dieses Mammutwerkes kann ich nichts spüren, das alles ist mir oft zu langatmig und ehrlich gesagt, und ich habe so arge Probleme diesen Proust in seinen Intentionen wirklich zu verstehen.


    Tausende von Seiten liegen noch vor mir, ich weiß nun nicht, ob mir die Zeit verloren scheint, diese noch zu lesen.


    Ist das nun Blasphemie?

  • Ich habe ca. 1/3 gelesen und das genossen wie kaum etwas anderes, aber habe leider (wie eigentlich oft) zu schnell die Figuren vergessen, was mich in diesem Fall sehr gestört hat.

    In Anbetracht des Umfangs werde ich aber erst in ca. 10 Jahren zum zweiten Mal von vorne anfangen.