(Groß-)Stadt-Romane

  • Liebes Forum,


    es gibt großartige Romane, in denen der Ort der Handlung mindestens genauso wichtig ist wie die handelnden Personen. Nehmen wir Victor Hugos "Der Glöckner von Notre-Dame", wo das mittelalterliche Paris mit der berühmten Kathedrale eine heimliche Hauptrolle spielt oder "Berlin Alexanderplatz" von Alfred Döblin. Weitere Beispiele, in denen große europäische Städte einen wichtigen Handlungshintergrund abgeben, sind: "Der Tod in Venedig" (Thomas Mann), "Nachts unter der steinernen Brücke" (Leo Perutz) oder "Die Strudlhofstiege" (Heimito von Doderer).


    Wer kennt weitere Werke dieses Typs?


    Auf eine Fortsetzung dieser Liste freut sich


    Sir Thomas

  • Hallo Sir Thomas,


    "Tauben im Gras" spielt in München. Da sich hier viel in Hotels und auf der Straße und an diversen Sehenswürdigkeiten abspielt ist der Ort in dem Roman sehr wichtig.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • "Tauben im Gras" spielt in München. Da sich hier viel in Hotels und auf der Straße und an diversen Sehenswürdigkeiten abspielt ist der Ort in dem Roman sehr wichtig.


    Hallo JMaria,


    ja, ich stimme Dir zu, mit einer kleinen Einschränkung: "Tauben im Gras" könnte in jeder ausgebombten deutschen Stadt der Nachkriegszeit spielen, ist also nicht notwendigerweise auf München fixiert. Auch wird in meiner Erinnerung München nicht ausdrücklich als Schauplatz erwähnt (aber da kann ich mich natürlich täuschen ...).


    Es grüßt


    Sir Thomas

  • "Tauben im Gras" spielt in München.


    Es wäre allenfalls die Frage zu stellen, ob München eine Grossstadt ist :breitgrins: ... Aber von der Intention des Autors her, gehört Tauben im Gras sicher in die Rubrik Grossstadtroman. Orientierte er sich doch am bereits genannten Berlin Alexanderplatz und am Ulysses. (Womit wir einen weiteren Grosstadtroman hätten ;)!) Mindestens ebenso wie Notre-Dame de Paris ist Victor Hugos anderes Grossepos ein Grossstadtroman: Les Misérables, wo Paris und sein menschlicher wie physischer Untergrund eine zentrale Rolle spielen. Edinburg in Walter Scotts The Heart of Midlothian wäre vielleicht auch noch zu nennen


    Kleinstadtromane, da die Frage nach beidem gestellt war, kommen mir nicht so viele in den Sinn. Im Moment eigentlich nur Raabes Stopfkuchen.


    Auch wird in meiner Erinnerung München nicht ausdrücklich als Schauplatz erwähnt (aber da kann ich mich natürlich täuschen ...).


    Wird nicht, nein. Aber das Phänomen Stadt als solches spielt schon eine zentrale Rolle.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Hallo Sir Thomas,


    stimmt ja, hatte ich ganz vergessen, dass "München" nicht namentlich genannt wird.


    Kleinstadtroman:
    dazu fällt mir ein:


    John Steinbeck: Die Straße der Ölsardinen (Monterey)

    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo allerseits,


    ein Roman, der nicht unbedingt eine Stadt als "Hauptfigur" hat, der allerdings ohne die Stadt nicht denkbar ist, ist:


    Rubem Fonseca, Grenzenlose Gefühle, unvollendete Gedanken


    Der große brasilianische Autor; es lohnt sich ihn zu entdecken!


    Gruß


    josmar

  • Hallo Sir Thomas,


    von Günter Grass fällt mir ergänzend seine Danziger Trilogie ein, hier besonders Die Blechrommel (Roman) und Katz und Maus (Novelle) und Berlin in Ein weites Feld.


    Bei Patrick Süskind dann wiederum Paris in Das Parfüm (Roman) und in Die Taube (Novelle, obwohl in der Taube die Stadt nur sehr begrenzt dargestellt wird).


    Das Kleinstadtmilieu finde ich glänzend durch Andreas Maier in Klausen (Roman) beschrieben.


    Auch das kleine Davos fällt mir in Verbindung mit Thomas Manns Der Zauberberg ein und Lübeck in Verbindung mit den Buddenbrooks.


    So aus dem Stehgreif heraus zumindest, ich werde aber nochmal nachdenken, besonders über Fontane...


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo !


    Natürlich sollten auch die etlichen Paris-Romane von Zola erwähnt werden z.B. Der Bauch von Paris, Paradies der Damen, Das Werk.


    Und wie sieht es mit den Romanen von Orhan Pamuk aus ? Ich habe selbst noch keinen gelesen, es heißt aber, es seien Istanbul-Romane.


    Gruß von Steffi


  • Und wie sieht es mit den Romanen von Orhan Pamuk aus ? Ich habe selbst noch keinen gelesen, es heißt aber, es seien Istanbul-Romane.


    Für Das schwarze Buch zumindest kann ich das bestätigen.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Kinywa ni jumba la maneno. <br />Der Mund ist der Palast der Worte. – Sprichwort aus Ostafrika


  • Gerade dieses von Dir genannte Buch finde ich ja eher schwach.


    Gruß, Thomas

  • Von Rubem Fonseca kenne ich nur einen Krimi (Agosto), und da steckt das Buchzeichen seit 15 Jahren irgendwo in der Mitte ... Brasilien hat m.M.n. ein paar bedeutend grössere Autoren vorzuweisen - aber das ist hier nicht das Thema.


    Hinzugehören tut m.M.n., und damit bleibe ich mindestens in derselben Muttersprache, Pessoas Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, wo die Grossstadt Lissabon eine der heimlichen Hauptfiguren ist.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • As-salam aleikum,


    zu Kairo fällt mir in der zeitgenössischen Literatur "Der Jakubijan-Bau" von Alaa Al Aswani ein. Für Ägypten-Interessierte auf jeden Fall lesenswert.


    In sha' Allah


    Babur

  • Hallo,


    bleiben wir in Ägypten: das Alexandria-Quartett von Lawrence Durrell: im Nachhinein eine sehr intensive Leseerfahrung.


    Aus Südamerika ein Argentinier: Ernesto Sabato: Abaddon, letzter Teil einer unabhängig voneinander verständlichen Romantrilogie, eine Art Romanchronik von Buenos Aires mit vielen surrealistischen Elementen.


    Und aus Russland kein Roman, aber dennoch längere Erzählprosa: Gogols Petersburger Novellen.


    Ein weiterer interessanter Roman aus einer orientalischen Stadt: Sami Michael: Viktoria - spielt vor dem ersten Weltkrieg in dem jüdischen Viertel von Bagdad.


    HG finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()

  • Es wäre allenfalls die Frage zu stellen, ob München eine Grossstadt ist :breitgrins:


    ... München ist ja bekanntlich das "Millionendorf" und dieser Ausdruck trifft es eigentlich ganz gut :smile:


    Zum Thema:


    Ich lese gerade Der Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón. Jetzt würde ich gerne mal wieder nach Barcelona fahren und mir die Schauplätze anschauen (sofern sie noch existieren...)

  • Ihr Lieben,


    da sich hier mittlerweile nichts mehr tut, möchte ich mich als Themenanreger für alle Tipps und Hinweise bedanken.


    Zum Abschluss noch folgende Anmerkung: Victor Hugo war meines Wissens nach der erste Romanautor, der die Großstadt und ihre Bauwerke (insbesondere Notre-Dame) als lebendigen Organismus betrachtete und zum Thema seiner Reflektionen machte. Die Wortwahl in seinem "Glöckner ..." nimmt zum Teil die Großstadtgedichte der Expressionisten (z.B. Georg Heym) zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorweg. Da ist von „einer gewaltigen Symphonie aus Stein“ (gemeint ist die Kathedrale, S. 124), von „Straßenschluchten, Häusermassen“ (S. 142) oder von einer „Hydra von Türmen“ (S. 151) die Rede. Paris als „steinerne Chronik“ (S. 153), als Muster einer unversehrten, homogenen gotischen Stadt (zumindest im 15. Jahrhundert, das den Rahmen für den Roman bildet): Das ist Hugos phantastischer Entwurf, der ihn das Paris seiner Zeit als eine degenerierte „Stadt aus Gips“ (s. 156) empfinden lässt. (Seitenangaben beruhen auf der dtv-TB-Ausgabe)


    Also, noch einmal Dank fürs Mitdiskutieren!


    Bis bald


    Sir Thomas