Anthony Trollope


  • Moin, Moin!


    Für wenig Geld ist bei Amazon als E-Book ein Trollope-Buch mit dem mysteriösen Titel <a href="http://www.amazon.de/Der-Pr%C3%A4fekt-ebook/dp/B00EJXOFPA">Der Präfekt</a> zu haben. Ob das ein alternativer Titel für "Septimus Harding" ist?



    Ist es!
    Allerdings ist nur ein Übersetzungsprogramm drübergelaufen und ist nicht mal die 0,89€ Wert.

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Du sagst es! Absolut ärgerlich!


    Die gebundene Reclam-Ausgabe habe ich auch, damit relativiert sich der Ärger.
    Sehr schönes Cover!

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Liebe Trollope-Fans,
    wollte nur nachtragen, dass der dritte Band der Barchester-Romane bereits 1954 (!) in deutscher Übersetzung bei Manesse erschienen ist, unter dem Titel "Doktor Thorne". Mit etwas Glück kann man das Buch antiquarisch ergattern.

  • Hallo MarianTheLibrarian und herzlich willkommen, :winken:


    bei mir durfte Doktor Thorne von Manesse schon vor ein paar Jahren "einziehen". :smile:


    Aber vielen Dank für den Hinweis, die Ausgabe wurde hier - glaube ich - noch nicht erwähnt.


    Gruß, Gina


  • Es gibt eine Neuauflage von "Septimus Harding" bei Reclam:
    http://www.amazon.de/Septimus-…s=anthony+trollope+reclam


    Gruß, Gina


    das ist fein. Ich habe mir im letzten Jahr das gebundene Reclam gebraucht gekauft und hab länger danach suchen müssen. Gute Nachricht für jeden, der ebenfalls auf der Suche ist.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Es gibt eine Neauflage im März 2015


    Septimus Harding, Spitalvorsteher
    [kaufen='978-3717523864'][/kaufen]

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Anthony Trollope: The Warden (deutsch Septimus Harding, Vorsteher des Spitals zu Barchester)

    Dieser Roman, einer der ersten des Vielschreibers Anthony Trollope (1815-1882) eröffnete 1855 die erfolgreiche Reihe der sogenannten Barsetshire-Romane, die alle in dieser fiktiven Grafschaft spielen.
    Septimus Harding, Geistlicher und Freund des Bischofs von Barchester, hat von diesem eine Pfründe von 800 Pfund jährlich für das Amt des Vorstehers einer Einrichtung für zwölf arme alte Männer bekommen, das mit keiner besonderen Arbeit verbunden ist und diese schon über viele Jahre freudig genossen. Durch einen eifrigen jungen Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, wird ihm klar, dass der Stifter des Spitals nicht im Sinn gehabt haben konnte, dass die armen alten Männer zwar genug, um gut zu leben, bekommen, aber nur einen Bruchteil dessen, was er erhält. Obwohl sein eifriger Schwiegersohn Grantly, der Sohn des Bischofs und dessen Stellvertreter, eifrig und erfolgreich für das Recht der Kirche auf Verteilung ihrer Einnahmen kämpft, wird ihm klar, dass es ethisch falsch ist, sein Amt zu behalten, woraufhin er dieses allem Widerspruch zum Trotz niederlegt und die Stellung eines armen Vorstadtpfarrers annimmt.

    An Handlung passiert nicht viel in diesem Roman, seine Stärke liegt in seinen Dialogen und der Charakterisierung der handelnden Personen. Diese werden differenziert und überzeugend beschrieben: Es gibt keine Idealtypen und diese Lebensnähe überzeugt auch in den Schilderungen der Haushalte, Restaurants, Hotels und des Spitals und seiner Insassen. Leicht ironische Noten durchziehen gekonnt den auktorial geprägten Erzählstil, der nur dann abfällt, wenn Trollope erklärt satirisch werden will, wie zum Beispiel bei der Darstellung seiner Autorenkollegen Thomas Carlyle und Charles Dickens. Hier wird er schon allein in der Wahl der Namen recht grob (Dr. Pessimist Anticant und Mr. Popular Sentiment) und teilt wenig elegante Hiebe aus. Ansonsten ist aber seine Ironie wohl überlegt und treffend und erreicht bei der Darstellung der Macht der Medien ("Jupiter" als "Times") eine erstaunliche Modernität.


    Ein gut geschriebener Roman mit einem interessanten Thema, der mir Lust auf mehr Trollope-Lektüre macht.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Ich habe bei Amazon im Kindle-Shop noch vier andere übersetzte Romane Trollopes gefunden, wovon "Das Pfarrhaus Framley" noch zur Barchester-Reihe gehört.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Anthony Trollope: Die Türme von Barchester („Barchester Towers“ 1857)


    Dieser in der Manesse-Ausgabe über 850 Seiten starke Roman ist der zweite in der Romanreihe der „Barchester Chronicles“ und knüpft inhaltlich an das Geschehen im ersten „Septimus Harding, Spitalvorsteher“ („The Warden“ 1855) an.

    Nach dem Tod des Bischofs von Barchester, dem Vater von Septimus Hardings älterem Schwiegersohn, Erzdiakon Grantly, wird das Amt nicht an diesen, einen Vertreter der traditionellen Hochkirche vergeben, sondern, weil gerade ein Regierungswechsel zu den Liberalen stattgefunden hat, an Dr. Proudie, Vertreter einer reformerischen Richtung, die Elemente der Low Church und strengere Regeln, so z.B. Sonntagsschulen für die jungen Menschen, einführen will. Dr. Proudie hat allerdings selbst kaum etwas zu sagen, sondern wird geführt einerseits durch seine willensstarke Frau, die auch in allen bischöflichen Fragen ungefragt mitbestimmt, sowie durch seinen Bischofskaplan Slope, einen kleinbürgerlichen Karrieristen, der unter dem Deckmantel reformerischer Absichten vor allem sein eigenes Vorankommen sichern will.


    Dieser letztere ist der natürliche Feind des Erzdiakons, weiß aber viele Damen der Bischofsstadt durch einschmeichelndes Benehmen und scheinbar sinnvolle Forderungen auf seine Seite zu ziehen. So geht es auch Eleanor Bold, der jüngeren Tochter Hardings, die sich im letzten Band mit dem aufstrebenden Journalisten und Aktivisten Bold verheiratet hatte, der jedoch sehr früh verstarb, so dass er sie als vermögende Witwe mit kleinem Sohn zurücklassen musste. Eleanor gibt aber Slope nur eine Chance als Reformer, ohne ihn ansonsten, der auch abstoßend genug von Trollope geschildert wird, attraktiv zu finden. Dies aber ahnt ihre Familie nicht, die nun fest annimmt, dass sie Slope heiraten werde, der ihr Avancen macht, die sie nicht erkennt.


    Grantly sucht Hilfe gegen die reformerischen Ansätze in Barchester in seiner geistigen Heimat Oxford, das wohl zu jener Zeit ein Gral der Hochkirche war. Er installiert seinen Freund im Geiste, Mr. Arabin, einen 40jährigen Geistlichen und guten Redner, auf einer freigewordenen Pfarrstelle des Bistums.

    Gewürzt wird diese Ausgangslage durch die zugezogene Familie des Domherrn Stanhope und seiner Familie, die für viele Jahre in Italien gewohnt hatten und deren Mitglieder ausgesprochene Egoisten in verschiedenen Seinsvarianten darstellen. Wichtig für die Romangeschichte ist insbesondere Madeline Neroni, die zweite Tochter, mit einem Wüstling verehelicht und anscheinend im Rahmen einer ehelichen Züchtigung so schwer verletzt, dass sie nicht mehr gehen kann. Von ihrem Mann getrennt und von außerordentlicher Schönheit und großer erotischer Anziehungskraft gelingt es ihr, die Männer von Barchester um sich zu scharen und an sich zu fesseln.


    Nach der Aufstellung der gegnerischen Linien gipfelt der Roman in zwei gesellschaftlichen Ereignissen, in denen die verschiedenen sozialen und geistigen Elemente aufeinanderprallen.


    Zunächst zeigt auf einem Empfang Mrs. Proudies anlässlich der Installation ihres Ehemanns als Bischof Madeline ihre Macht, indem sie ihre Verehrer um ihr Sofa schart, damit Mrs. Proudie gesellschaftlich ins Abseits drängt und diese dann auch noch lächerlich macht, indem ihr Bruder Bertie durch das Verschieben des Sofas, auf dem Madeline reizvoll arrangiert Hof hält, die Spitzen der Tournüre vn Mrs. Proudies Galarobe abreißt. Mrs. Proudie kann danach nur noch in ohnmächtigem Zorn beobachten, wie ihr Günstling Slope der Macht ihrer Rivalin anheimfällt, was sich später als sein Todesstoß erweist.


    Der zweite Höhepunkt ist das über mehrere Kapitel ausgedehnte Landfest der Thornes auf Ullathorne, eines äußerst konservativen adeligen Geschwisterpaares, das noch an die angelsächsischen Traditionen der vornormannischen Zeit anknüpft. Hier gibt es köstliche Szenen mit als original sächsisch empfundenen Ritterbräuchen, die Miss Thorne unter der adeligen und der Stadtjugend wieder modern machen will, womit sie natürlich scheitert.

    Hier wird Eleanor nun gleich von zwei Freiern bedrängt, Mr. Slope bestraft sie mit einer Ohrfeige für seinen Antrag und Bertie Stanhope, der ihr freimütig erzählt, dass er ihr Geld braucht und sie ihn lieber nicht erhören solle, öffnet ihr die Augen dafür, dass die Freundschaft, die sie von seiten der Stanhopes genoss, nur ein Mittel zum Zweck war.


    Am Ende bekommt Mr. Arabin die offene Dekanatsstelle, auf die sich Slope Hoffnungen gemacht hatte, heiratet Eleanor Bold und alles scheint wieder in den traditionell festgelegten und beruhigenden Schienen zu verlaufen.


    Der Roman ist stark satirisch angelegt mit ausgedehnten Erzählerkommentaren, die den Leser immer wieder davon abhalten, sich allzu sehr mit den Figuren zu identifizieren. Dabei geht Trollope mit den meisten Figuren eher sanft ins Gericht, nur Slope und Mrs. Proudie werden durchgängig unsympathisch dargestellt, wenn er auch ihren Handlungsgründen Raum gibt. Allerdings darf man von diesem Roman keinerlei emanzipatorischen Einsatz für die Frauen erwarten, hier argumentiert Trollope streng chauvinistisch, so dass das vielleicht schon wieder ungewollt satirisch ist. Eleanor Bold kann froh sein, dass sie nun nach ihrer zweijährigen Witwenzeit sich wieder wie Efeu um einen stabilen Kirchturm winden kann. Vorher wird ihre übertriebene Verhätschelung ihres kleinen Sohnes immer wieder satirisch beleuchtet. Mrs. Proudie ist ein böses Mannweib, die ihrem Mann jede Freiheit raubt, und Madeline wird als leicht teuflische Verführerin dargestellt, die wie die Schwarze Witwe in ihrem Spinnennetz sitzt und den Männern auflauert.


    Aber abgesehen von diesem viktorianischen Frauenbild der Mitte des vorletzten Jahrhunderts kann man sich an wunderbarer Gesellschaftssatire delektieren und findet in den kirchlichen Intrigen den Abklatsch auch mancher heutiger Auseinanandersetzungen unter Honoratioren jeglicher Art. Trollope geht es dabei wohl weniger um tiefgreifende gesellschaftliche Reformen, sondern darum, dass allen Lesern klar ist, wie wenig Entscheidungen von Moral und wie sehr von Egoismen und der Sicherung von Privilegien bestimmt sind.


    Eine lohnende Lektüre für alle, die an Gesellschaftsromanen ihren Spaß haben, welche mit satirischem Finger deutlich auf verzerrte gesellschaftliche Strukturen und die wahren Hintergründe hinter vorgeschobenem moralischem Denken zeigen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)