November 2004: Theodor Fontane - Der Stechlin

  • Hallo zusammen!
    Hallo ikarus!


    Ich sehe gerade, dass ich dem Ernst ein Trema verpasst habe ... dabei habe ich doch gar nicht sooooooo dicke Finger :redface:


    Zitat von "ikarus"

    [...] nehme ich mir Deine Kritik zu Herzen und werde versuchen in zukünftigen Postings noch vorsichtiger und zurückhaltender zu sein.


    Es war keine Kritik. Ich lese hier, wie gesagt, nur am Rande mit; den Stechlin nachzulesen, habe ich im Moment leider keine Zeit, und so dachte ich mir, ich hätte vielleicht etwas verpasst bei meiner letzten Lektüre.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo ihr Lieben,


    und ich glaube, dass es ein Herr Wasserzieher sein mußte, der sich zu Fontane äußert. Das muß Bestimmung sein. :breitgrins:


    ikarus,
    halte dich bloß nicht zurück, soviele Fehler und Mißverständnisse wie ich schon produziert habe, kannst du gar nicht erreichen :knuddel:


    sandhofer,
    deine Finger waren nicht dick *bg* und ich hoffe du verbuddelst dich nicht gaehn


    [Der Stechlin]


    ich glaube, ich kenne keinen Roman mit sovielen Dialogen und ich erwisch mich, dass ich bereits innerlich mit plaudere.


    z.B. als es um die Ratten und Katakomben in Paris ging, da dachte ich mir. Katakomben? die gabs doch in Rom und die Christen hatten sich dort versteckt vor der Verfolgung. ------> und prompt erwähnt das unser Herr von Stechlin. *G*


    Mit Geplauder einen Leser bei Stange halten, das nenne ich ein Meisterwerk.


    Ich komme zu Kapitel 6.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    ikarus: Fang ja nicht an, dich zurückzuhalten, wo kämen wir denn dahin, wenn sich bei den Leserunden jemand mit sachlichen Beiträgen zurückhielte ?? Wie sollen wir sonst etwas lernen ?


    Ich würde die Aloe auch nicht auf das exotische reduzieren - vielmehr scheint sie mir eher ein Symbol des Schutzes und der Tradition zu sein; die Kübel flankieren ja den Hauseingang.


    Maria: Kam bei Woolfs " Zum Leuchtturm" nicht auch die Aloe vor, ebenfalls vor dem Haus in einem Rondell ? Oder war das bei "Effi Briest" ?


    Noch ein Pflanzensymbol: Familie Gundermann. In Kapitel 4 sagt Rex: "Sonderbare Leute - haben Sie schon mal den Namen Gundermann gehört?" Ich habe und zwar begegne ich diesem invasiven Unkraut täglich im Garten. :breitgrins: Auch die Fontaneschen Gundermanns sind gesellschaftliche Aufsteiger, wenn mich nicht alles täuscht, Geschäftsleute und nicht alteingessesener Adel. Sollten diese Geschäftemacher wie Unkraut die traditionellen Formen, den Landadel überwuchern ?


    Bis jetzt scheinen sich ja mehrere Symbolfelder (Pflanzen, Farben, Politik, Militär, Gesellschaft) herauszubilden, wobei ich den Eindruck habe, dass sich diese so vermischen, dass man schon nicht mehr von Ebenen sprechen kann - zumindest verwirren mich diese Verflechtungen manchmal ziemlich. Außerdem habe ich manchmal Mühe, nachzuvollziehen, wer eigentlich spricht. Fontanes äußere Beschreibungen der handelnden Personen sind ja reichlich dürftig ( oder hab ich da was überlesen ?) und z.B. Rex und Czako kann ich nicht so recht auseinanderhalten.


    Nachttraum schrieb:

    Zitat

    Immer, wenn die Aufmerksamkeit auf ein Gespräch gelenkt wird, passiert mit den anderen etwas anderes, reden sie etwas anderes, was man nicht erfährt


    Ja, diese Plaudereien gefallen mir auch sehr gut, aber ich muß aufpassen, sonst kriege ich vor lauter Plaudern die wichtigen Sachen nicht mit. :zwinker:


    Übringens hat mir die Szene mit dem Danziger Goldwasser sehr gut gefallen - das gabs nämlich immer bei meiner Oma und ich habe mich damit ähnlich gefühlt wie Czako: " ..., so 'n bißchen Gold heimelt einen immer an. Man hat keins und dabei doch zugleich die Vorstellung, daß man es trinken kann - es hat eigentlich etwas Großartiges. "


    Im 5. Kapitel - Frühstück und Besichtigung des Aussichtsturms und der Schule - werden Stechlins Ansichten nochmals herausgearbeitet. Er hat zum Teil schon skurrile Argumente, warum er an den Traditionen festhält (Liebe und Leidenschaft, Kaffee statt Tee, zweites Frühstück statt Lunch), aber sehr amüsant und durchaus nachvollziehbar; zweites Frühstück, finde ich auch, hört sich viel gepflegter und leckerer an als Lunch.


    Auf dem Aussichtsturm stellen wir fest, dass die Gegend, trotz des sagenhaften Stechlin-See bodenständig und gar nicht märchenhaft (grünes Glas) ist. Also auch Stechlins Ansichten durchaus ernst genommen werden wollen. Bodenständigkeit und Tradition im Inneren als Ausgleich zum Wandel der äußeren Welt ?


    Aus Krippenstapel und den Bienen, Fehrbellin und Leipzig bin ich nicht so recht schlau geworden. Soll England der Bienenstaat sein ?


    :lesen: Ich komme zum 6. Kapitel.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen


    Der Stechlin passt zwar im Moment nicht ganz in mein Programm, aber da von meiner ersten Lektüre nicht die geringste Erinnerung übriggeblieben ist, möchte ich versuchen, mit Euch mitzulesen.


    Zum Anfang schliesse ich mich Euren Aussagen an, es ist herrlich, wie man in die Landschaft hineingeführt wird.
    Ohne Euren Hinweis, dass die gelbliche Aloe kränklich ist, wäre mir wohl nicht aufgefallen, dass das Haus Stechlin auch gelblich ist. Warum hat es übrigens zwei Blitzableiter? Ist das normal, sinnvoll oder auch symbolisch?


    Zitat von "Steffi"

    Aloe...scheint (sie) mir eher ein Symbol des Schutzes und der Tradition zu sein;


    Hast Du dafür noch andere Anhaltspunkte gefunden? In meinem Symbol-Lexikon steht, dass die Aloe (=Agave) als Symbol für Busse und Enthaltsamkeit galt, und auch in sinnbildlichem Zusammenhang mit Christi Tod stehe (zum Einbalsamieren verwendetes Öl).
    Heute bin ich noch auf eine Interpretation gestossen, die sie wegen der stachligen Blätter mit Stechlin in Verbindung bringt, und die Wasserlieschblüte via Nixe mit Melusine. Zusammen mit der Wassersucht, an der Stechlin ja dann stirbt, ergeben sich da einige mögliche Bezüge!


    Zitat von "Nachttraum"

    Obwohl ich also so gar nicht mit vielen seiner Ansichten übereinstimme, wird er mir immer sympathischer-


    Mir ging er mit der Zeit eher auf die Nerven, und ich hatte den Eindruck dass es seinem Sohn auch so geht.


    Herzliche Grüsse,
    Maja

  • @ Maja:
    Vielleicht geht er mir später ja auch auf die Nerven, soweit bin ich ja noch nicht.
    Sei mir nicht böse, aber bitte verrate nichts mehr, ja? Ich versuche jetzt ganz schnell zu vergessen, was du über den Herrn Stechlin und sein Ende geschrieben hast... Du kannst, wenn du es dann doch erwähnen willst, einfach die Schriftfarbe der Information ändern, auf etwas Unauffälliges wie gelb, so dass man es überlesen kann, wenn man selbst noch nicht so weit ist.
    LG
    Nachttraum

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Nachttraum"

    Sei mir nicht böse, aber bitte verrate nichts mehr, ja? Ich versuche jetzt ganz schnell zu vergessen, was du über den Herrn Stechlin und sein Ende geschrieben hast... Du kannst, wenn du es dann doch erwähnen willst, einfach die Schriftfarbe der Information ändern, auf etwas Unauffälliges wie gelb, so dass man es überlesen kann, wenn man selbst noch nicht so weit ist.


    Ich weiss, dass das im 'anderen' Forum so gehandhabt wird. Persönlich finde ich, dass wir Klassiker nicht wegen der Spannung ("Wie wird's wohl enden?") lesen, sondern um der Frage "Wie hat's der Autor geschrieben" willen. Ich würde es sehr bedauern und fände es eines Klassikerforums ... na ja, wie soll ich's sagen ... 'unwürdig' ist ein hartes Wort, aber ... anyway: Ich fände es schade, wenn wir bei Klassikern plötzlich auch diese panische Angst vor Spoilern entwickeln würden. Schliesslich sind Klassiker imho auch Bücher, die wir wiederlesen wollen und können. Und dann erinnern wir uns ja auch an das Ende, oder?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,
    hallo Nachttraum


    Zitat von "Nachttraum"

    soweit bin ich ja noch nicht.


    Da haben wir uns aber falsch verstanden! Du hast am 7. Nov. geschrieben, dass Du jetzt mit Kap. 7 beginnst, und der meine Aussage, er gehe mir auf die Nerven, bezog sich auf die ersten Kapitel Siehe Titel: ("Bis Kap. 6").
    Ich finde es auch interessanter, wenn wir ungefähr im gleichen Tempo lesen und über die gleichen Stellen nachdenken, auch wenn ich mich Sandhofers Ansicht über die Klassiker (-lektüre) anschliesse.
    Mein Vorschlag: Man erwähnt im Titel des Beitrags, auf welche Kapitel man sich bezieht (oder welches Thema), dann können "Spannungsleser" selber entscheiden, ob sie es lesen wollen.


    Auf Wiedersehen im Kloster Wutz,
    Maja

  • Hallo !


    Bezüglich der Voraussagen bin ich der selben Meinung wie sandhofer - gerade hier bei Maja's Beitrag zum Wasserliersch und Aloe finde ich es sehr passend, am Ende oder bei Stechlins Tod ist doch dieses Bild gar nicht mehr aktuell, vielleicht schon vergessen oder unwichtig. Zu einem Aha-Erlebnis käme man dann erst wieder, wenn man das Buch nochmals lesen würde. Das ist für mich auch ein wichtiges Merkmal eines Klassikers - der eben auch beim wiederholten Lesen gleich oder sogar mehr zu bieten hat als beim ersten Lesen. Daher keine Angst davor, weitere Begebenheiten auszuplappern !


    Maja: Erstmal noch herzlich Willkommen beim Stechlin ! Ich habe leider kein Symbollexikon (kannst du mir eines empfehlen?) und habe mir das mit der Aloe nur so gedacht, da sie offensichtlich öfter in Kübeln vor Hauseingängen plaziert werden. Auch die Form der Blätter erinnerte mich an Abwehr. Enthaltsamkeit würde ja zumindest auf Schloss Stechlin passen und das Wassersymbol spielt wohl auch eine große Rolle in dem Roman.


    Maja schrieb:

    Zitat

    Mir ging er mit der Zeit eher auf die Nerven, und ich hatte den Eindruck dass es seinem Sohn auch so geht.


    Hm, ich könnte eigentlich nicht sagen, ob er mir sympathisch ist oder nicht. Auf jeden Fall humorvoll - ich finde es sehr schwierig, anhand der Dialoge auf einen vollständigen Charakter zu schließen, ein Gespräch spiegelt eben nur eine Facette des Charakters wider. Auf die Nerven geht er mir zumindest nicht, seine politische Einstellung scheint patriotisch-militaristisch geprägt zu sein. Vielleicht ein Abbild Fontanes ? Dieser hatte sich ja auch zuerst sehr für die demokratische Idee begeistert, aber nach 1848 eine eher gegensätzliche Haltung eingenommen.


    Zumindest weltoffen wie der See scheint der alte Stechlin zu sein. Bedenkt man, wie abgeschieden er lebt, ist er ziemlich gut informiert.


    Gruß von Steffi

  • Hallo ihr Lieben,


    kurze Meldung von mir, dass ich erst am WE mich wieder intensiv dem 'Stechlin' widmen kann.


    Diese Woche ist etwas heftig und abends kann ich mich kaum konzentrieren.


    Aber ich bin noch da.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Gut, dann bin ich wohl überstimmt. Ich lese Bücher natürlich auch, wenn ich das Ende schon kenne ( das lässt sich manchmal ja gar nicht vermeiden), aber ich gebe gerne zu, dass mir das Lesen noch mehr Vergnügen macht, wenn ich selber spekulieren kann -> also den Folgen des "Wie" vollkommen erliege...
    So mag ich noch viel lieber darüber nachdenken. Einem erneuten Lesen steht dann sogar noch mehr zu Gute.
    Ich werde mich am Wochenende leider nicht mit dem "Stechlin" beschäftigen können, hoffe aber, dass ich nächste Woche wieder fleißig aufholen kann.


    nachttraum

  • Hallo zusammen


    Ich habe nun das 7. Kapitel gelesen und es war so oft von Bocksbeuteln und Dominas die Rede, daß ich auf die Idee gekommen bin mal meinen Weinkeller zu inspizieren. Tatsächlich bin ich fündig geworden und entdeckte zwei Bocksbeutel mit Domina-Wein. Entschieden habe ich mich für einen "2001er Stammheimer Eselsberg Domina - trocken". Dieser wird mich nun heute abend durch die nächsten Kapitel des Stechlin begleiten. Ist leider ein Rotwein, was unserem guten Dubslav kaum gefallen würde. Aber darauf nehme ich jetzt keine Rücksicht sondern werde lieber die Flasche entkorken und auf euer wohl trinken (auf meines natürlich auch :breitgrins: )


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Steffi


    Keine Sorge. Es ist bei ein paar Gläschen geblieben. Ich hatte ja schließlich nicht vor mich zu besaufen. Dazu wäre dieser Wein auch viel zu schade.
    Gut gepaßt hat, daß im 8. Kapitel auch Wein getrunken und sich darüber unterhalten wird. "Die Schmargendorf" mokiert sich über anstößige Weinnamen und dazu habe ich das hier gefunden (ist zwar auch etwas anstößig, aber recht nett) :smile: :


    http://rheuma-online.de/phorum/showthread.php?t=13803


    Woldemars Tante Adelheit trägt ihren Titel zu recht. Sie wirkt auf mich sehr dominant, ernst, stolz um nicht zu sagen eingebildet, und ziemlich humorlos. Also das genaue Gegenteil ihres Bruders.
    Rex und Czako dagegen kann ich immer noch nicht auseinander halten. Sie kommen mir wie Zwillinge vor.


    Ich komme zum 11. Kapitel.


    Viele Grüße
    ikarus


    P. S.: Toller smilie übrigens. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo und guten Abend!


    Ich habe zur Zeit Probleme ins Internet zu kommen. Deshalb melde ich mich erst jetzt zu dieser Runde. Da ich beruflich viel zu schreiben hatte und habe (zwei Gemeindebriefartikel, eine Predigt für Volkstrauertag und ein Sitzungsprotokoll), war ich etwas im Rückstand. Gestern bin ich lecker Brunchen gegangen und habe aufgeholt. Jetzt bin ich bei Kapitel 13.


    Mir geht es auch so, dass ich Rex und Czako verwechsele. Das Sie, das die drei Freunde untereinander pflegen, kommt mir etwas seltsam vor. Lebten sie heute, wären sie wahrscheinlich per Du. Was besser ist, vermag ich nicht zu sagen.


    Die Domina ist das unsympatische Gegenstück zu ihrem Bruder. Ein Damenstift, das im 19. Jahrhundert nur vier Stiftsdamen hatte, ist als mickrig zu bezeichnen. Da herrscht doch viel Standesdünkel.


    Nach der Lektüre von "Krieg und Frieden" ist der Stechlin doch recht entspannend. Es ist mit leichter Hand geschrieben, den Tiefgang merkt man erst nach der Lektüre :zwinker:


    Bis bald!


    Erika




    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Zitat von "Steffi"

    Maria: Kam bei Woolfs " Zum Leuchtturm" nicht auch die Aloe vor, ebenfalls vor dem Haus in einem Rondell ? Oder war das bei "Effi Briest"


    Hallo zusammen,
    Hallo Steffi


    hast du ein gutes Gedächtnis. Ich habe mal nachgeschaut und in 'Effi Briest' bin ich fündig geworden:


    1.Kapitel:
    ...hinaus auf ein großes in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Canna indica und Rhabarberstauden besetztes Rondell warf.... Auch die Front des Herrenhauses - eine mit Aloekübeln und ein paar Gartenstühlen besetzte Rampe....


    Zitat von "Steffi"


    Noch ein Pflanzensymbol: Familie Gundermann. In Kapitel 4 sagt Rex: "Sonderbare Leute - haben Sie schon mal den Namen Gundermann gehört?" Ich habe und zwar begegne ich diesem invasiven Unkraut täglich im Garten. :breitgrins: Auch die Fontaneschen Gundermanns sind gesellschaftliche Aufsteiger, wenn mich nicht alles täuscht, Geschäftsleute und nicht alteingessesener Adel. Sollten diese Geschäftemacher wie Unkraut die traditionellen Formen, den Landadel überwuchern ?


    der 4. Stand? beginn der Industrialisierung, beim 'Stechlin' auch mit der Glasfabrik versinnbildlicht?


    Zitat


    Bis jetzt scheinen sich ja mehrere Symbolfelder (Pflanzen, Farben, Politik, Militär, Gesellschaft) herauszubilden, wobei ich den Eindruck habe, dass sich diese so vermischen, dass man schon nicht mehr von Ebenen sprechen kann - zumindest verwirren mich diese Verflechtungen manchmal ziemlich. Außerdem habe ich manchmal Mühe, nachzuvollziehen, wer eigentlich spricht. Fontanes äußere Beschreibungen der handelnden Personen sind ja reichlich dürftig ( oder hab ich da was überlesen ?) und z.B. Rex und Czako kann ich nicht so recht auseinanderhalten.


    mit dem Auseinanderhalten der Personen habe ich seltsamerweise keine Probleme.


    können diese 3 Männer (Rex, Czako und Woldemar) evtl. verschiedene Klassen symbolisieren?


    mir gefiel auch die Definition des Bienenstaates, darin lag auch zweideutiges, außerdem kommt wieder die Zahl 3 darin vor:


    Da sind nämlich in jedem Stock drei Gruppen oder Klassen. In Klasse eins haben wir die Königin, in Klasse zwei haben wir die Arbeitsbienen (die, was für alles Arbeitsvolk wohl eigentlich immer das beste ist, geschlechtslos sind), und in Klasse drei haben wir die Drohnen, die sind männlich, worin zugleich ihr eigentlicher Beruf besteht. Denn im übrigen tun sie gar nichts.


    interessant und amüsant was Czako daraufhin antwortet:


    Interessanter Staat. Gefällt mir. aber immer noch nicht vorbildlich genug.


    wie Steffi bereits erwähnt, die Pflanzensymbole fallen auf:


    Also hier, Engelke, hier decke den Tisch und stell auch ein paar Fuchsien oder was gerade blüht in die Mitte. Nur nicht Astern. Astern sind ganz gut, aber doch sozusagen unterm Stand und sehen immer aus wie'n Bauerngarten...


    der Roman ist endlos gespickt mit Symbolen.
    Auch die Globsower Riesenbockbeutelflaschen haben etwas Infernalisches....die Destillation erfolgt mit allerhand schrecklichen Zeug: Salzsäure, Schwefelsäure, rauchende Salpetersäure... Das ist die schlimmste, die hat immer einen rotgelben Rauch, der einem gleich die Lunge anfrißt...


    das obige stammt hauptsächlich aus dem 6. Kapitel.


    zu "Kloster Wutz" Kapitel 7 muß ich erst nochmals nachschauen was ich mir beim Lesen so notierte.


    Ich komme zu Kapitel 8.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    Zitat von "JMaria"

    mit dem Auseinanderhalten der Personen habe ich seltsamerweise keine Probleme.


    können diese 3 Männer (Rex, Czako und Woldemar) evtl. verschiedene Klassen symbolisieren?


    Damit hatte ich eigentlich auch keine Probleme (oder vielleicht habe ich es nur nicht bemerkt :breitgrins: ) Rex und Czako scheinen mir recht verschieden zu sein.
    Ich habe den Eindruck, dass die beiden nur dazu da sind, zusätzliche Gespräche zu ermöglichen, in denen wir die Hauptpersonen besser kennenlernen. Sie sprechen auch recht ungeniert zusammen über die Stechlins und ihr Umfeld. Spielen sie im weiteren Handlungsverlauf noch eine Rolle??


    Zitat von "JMaria"

    die Pflanzensymbole fallen auf:


    .... Nur nicht Astern. Astern sind ganz gut, aber doch sozusagen unterm Stand und sehen immer aus wie'n Bauerngarten...


    Wo siehst Du da die Symbolik?
    Das ist übrigens genau eine der Stellen, wo ich Stechlin nervend finde: zu den unwichtigsten Sachen muss er eine Meinung haben und sie auch lauthals verkünden!


    Kloster Wutz: Mir ist der Gegensatz zwischen den Geschwistern Stechlin aufgefallen:
    Adelheid - hat Geld - Standesdünkel - lebt in schäbigem Kloster
    Dubslav - kein Geld - untertreibt eher - lebt stilvoll.
    Gemeinsamkeit: beide haben sehr feste Ansichten, man widerspricht ihnen nicht.


    Liebe Grüsse,
    Maja

  • Hallo !


    Also, an die verschiedenen Klassen habe ich noch gar nicht gedacht, klingt aber plausibel und ich werde darauf achten, danke Maria !


    Ich habe jetzt die Kapitel des Abschnitts "Koster Wutz" beendet und fühle mich momentan etwas ratlos. Was soll ich von Adelheid halten ? Ja, Standesdünkel, Weltabgewandtheit und Hochmut - trotzdem ist ihr das Fortbestehen der Familie wichtig. Sie lebt doch stark in der Vergangenheit und Tradition, wobei die äußere Fassade nicht mehr aufrechterhalten werden kann, die inneren Werte sind aber schon zu statisch um noch lebensfähig zu sein und im Gegensatz dazu ihr Bruder, der ja auch durch den See irgendwie mit der Welt verbunden ist. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass hinter Adelheid noch mehr versteckt ist.


    Czako und Rex als eine Art versteckter Erzähler ? Es stimmt, wir erfahren durch die zwei Plappermäuler erheblich mehr über andere als über sich selbst. Überhaupt, immer noch ist keine der Figuren so richtig fassbar für mich.


    Die Pflanzensymbole freuen mich immer besonders :zwinker: Wurde nicht auch der Rittersporn im Bauerngarten noch erwähnt ?


    Gestern habe ich noch gelesen, dass Engelke als Vorbild einen Adjutanten von Bicmarck habe - ich kann aber weiter nichts damit anfangen.


    Was bedeutet der allgegenwärtige und alleswissende Diener Franz ?


    Ich glaube, ich bin wieder soweit, dass ich mir beim Lesen Notizen machen muss ...


    Gruß von Steffi

  • Zitat von "Maja"


    Wo siehst Du da die Symbolik?
    Das ist übrigens genau eine der Stellen, wo ich Stechlin nervend finde: zu den unwichtigsten Sachen muss er eine Meinung haben und sie auch lauthals verkünden!


    Hallo zusammen,
    Hallo Maja


    der Text sagt es schon. Stechlin bevorzugt für seine Tafel Fuchsien, sie sind edler. Astern sind gut, aber unterm Stand und sollten im Bauerngarten bleiben, da kommen sie am besten zur Geltung. Das sehe ich im übertragenen Sinne auf die Gesellschaftsschicht des Adels und der arbeitenden Klasse.


    und dieser 4. Stand, die Arbeiterschaft, so glaube ich heraus zulesen, hat in diesem Buch einen besonderen Platz. Meist versteckte Ansichten. Fontane hat sich nie dazu hinreißen lassen, konkret eine Meinung zu beziehen. Er selbst hat auch oft die Fronten gewechselt. Er läßt lieber seine Figuren sprechen oder versteckt sie in Symbolik.


    oder mit den Worten des Pastor Lorenzen: Lieber mit dem Alten, soweit es irgend geht, und mit dem Neuen nur, soweit es muß.


    dieser Satz paßt zu Fontane.

    nochmals zurück zum Bocksbeutel und seiner Destillation: Auch die Globsower Riesenbockbeutelflaschen haben etwas Infernalisches....die Destillation erfolgt mit allerhand schrecklichen Zeug: Salzsäure, Schwefelsäure, rauchende Salpetersäure... Das ist die schlimmste, die hat immer einen rotgelben Rauch, der einem gleich die Lunge anfrißt...


    Fontane hat in seinem Erzählwerk Bismarck verewigt, wenn auch nicht namentlich genannt. Fontane sagt selbst:
    In fast allem, was ich seit 70 geschrieben habe, geht der "Schwefelgelbe" um.


    Schwefelgelb war nämlich die Kragenfarbe von Bismarcks Kürassierregiment.


    deswegen mein Hinweis auf die Destillation....


    ich glaube es steckt in dem Geplauder zwischen Czako, Rex und Woldemar mehr dahinter, als nur Lücken zufüllen. Ich kann es nur nicht so genauf definieren, die Grenzen sind in sich fließend.


    Adelheid:
    Steffi: Fontane hatte keine große Zuneigung zum Klerus. Ich glaube, das läßt er mit der Figur Adelheid darstellen.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo !


    Sollte euch die Geschichte des Grafen von Hohenlohe interessieren, dann könnt ihr sie hier http://www.amt-kremmen.de/kremmendammgedicht.htm nachlesen - natürlich von Fontane selbst !


    Im übrigen finde ich den "Stechlin" inzwischen sehr spannend - ich habe nämlich heute Melusine kennengelernt ! Wow, eine Powerfrau :breitgrins:


    Naja, ehrlich gesagt, ich fand ihn auch schon vorher spannend. Mir gefällt nämlich die gesamte Erzählsituation sehr gut - hauptsächlich Gespräche, da bleibt sehr viel offen, was ungemein interessant ist. Dann die Symbolik und versteckten Andeutungen und die leicht ironische Grundhaltung, das gefällt mir auch sehr gut.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen,


    @ Steffi:

    Zitat von "Steffi"

    Ich habe leider kein Symbollexikon (kannst du mir eines empfehlen?)


    Sorry, das hatte ich vergessen! Also, empfehlen,...? Ich konnte mich selber fast nicht entscheiden, und habe dann von Udo Becker: Lexikon der Symbole, mit über 900 Abbildungen (HERDER spektrum Taschenbuch), gekauft. Wäre interessant, wenn Du eine andere Wahl triffst, dann können wir Infos austauschen.


    Zitat von "JMaria"

    Astern sind gut, aber unterm Stand.


    Ich muss meine Aussage, Stechlin untertreibe bezüglich des Standes eher, wohl revidieren. Ich habe mich zu stark von seiner ersten Aussage über sein Haus,
    "Für die ist es ein Schloss, aber sonst ist es ein alter Kasten und weiter nichts."
    in die Irre leiten lassen. Der erste Eindruck ist eben wirklich entscheidend! In Aussagen wie hier über die Astern scheint dann durch, dass er sehr wohl etwas auf seinem Adel hält.


    Ich habe nun auch die Damen Barby kennengelernt.
    Kapitel 13: Erstaunlich, wie erst Melusine den Woldemar richtig zum Sprechen bringt! Entweder macht sie das viel besser als ihre Schwester, oder er ist wirklich verliebt. Oder gelingt es, weil sich der Klavierlehrer plötzlich nicht mehr einmischt? Warum werden dessen Augen am Schluss des Kapitels eigentlich immer grösser?


    Welcher Schwester macht Woldemar den Hof? Jedenfalls Melusine ihm!


    14. Kapitel: Überrascht hat mich, dass die beiden Kutscher nicht über ihre Herrschaften zu sprechen beginnen! Nach meiner These über einen Erzählertrick bei Rex und Czako hätte ich das erwartet.


    Herzliche Grüsse,
    Maja