November 2004: Theodor Fontane - Der Stechlin

  • Zitat von "JMaria"

    In dem Buch "Undine und ihre Schwestern" von Wolfgang Mörig sind die Märchen enthalten:
    -Jacob und Wilhelm Grimm: Die Nixe im Teich
    -Eduard Mörike: Die schöne Lau
    -Friedrich de la Motte Fouque: Undine
    -Paul Heyse: Die Nixe
    -Theodor Storm: Die Regentrude


    Hallo Maria,


    danke für die Angaben! Das Grimm-Märchen kenne ich, auch die "schöne Lau" und die "Regentrude". Dieses Storm-Märchen lasen wir in der Schule, ich war damals 10 oder 11 und sehr beeindruckt von der Lektüre.
    Das Musikstück bekommst Du günstig zusammen mit anderen Werken u. in einer ansprechenden Aufnahme hier relativ günstig:


    http://www.jpc.de/jpcng/classi…09/rk/classic/rsk/hitlist


    Grüße,
    Gitta

  • Hallo Holkenäs !


    Herzlich willkommen und schön, dass du dich gleich angemeldet hast ! Bist du ein Fontane-Liebhaber ? Du wirst dich bestimmt hier im Forum wohlfühlen und ich hoffe, nicht nur als Schweiger !


    Zitat

    Der Meister läßt zwar Woldemar am Eierhäuschen (wohin übrigens auch Frau Treibels Sohn Leopold seine Ausritte lenkte)...


    Ha, jetzt weiß ich, woran mich diese Szene erinnerte ! Außerdem musste ich dabei immer an Zolas "Thérèse Raquin" denken.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen !


    JMaria schrieb:

    Zitat

    Wie kommst du auf Wagner?


    Ich habe deine Frage nicht vergessen ! In Kapitel 13 wird Wroschowitz als scharfer Wagnerianer bezeichnet. Hat Wagner alles nordische, skandinavische abgelehnt ?


    Zum Abschnitt "Wahl in Rheinsberg-Wutz" möchte ich noch folgendes bemerken:


    In Kapitel 18 lernen wir noch über Ermyntrud, dass man bei reiner Pflichterfüllung, beim ausschließlichen Leben für die Familie und die Gesellschaft blaß und kränklich wird, wobei ich das blaß auch auf die Persönlichkeit insgesamt beziehen würde. In diesem Kapitel finde ich die Thematisierung "Ich - Andere" stark ausgearbeitet (Elisabeth v. Thüringen, Kreuzabnahme, Provinz-Großstadt).


    In Kapitel 19 werden wieder die Namen thematisiert, dazu kommen die verschiedenen Prinzen und ihre jeweilige politische Einstellung. Die Kirche funktioniert als Regulator bzw. als Moralwächter nicht mehr. Wann passierte diese Trennung zwischen Kirche und Staat ? Friedrich II ?


    Im Kapitel 22 wird Armgard als Cordelia bezeichnet. Was könnte das bedeuten ?


    Der Abschnitt " England" ist meiner Meinung nach sehr stark vom Patriotismus geprägt. Die Fahrt nach England bedeutet für den Ausgleich suchenden Woldemar eher eine Belastung. Persönlich will er nicht ausgezeichnet werden und ist auch nicht stolz auf diese Ehre. Auch Stechlin wünscht sich für seinen Sohn nicht, dass er Obrigkeitshörig wird. Lorenzen befürchtet den schlechten Einfluß Englands, dessen Kolonialpolitik er kritisiert.


    Auch die vielen "Baumbilder" im 23. Kapitel (Eiche, Buche, Bäume, Holzfällen, Wald ...) weisen auf ein wachsendes Nationalgefühl, das von Oben "Mit dem alten Fritzen fing es an ..." bewacht wird. Das Volk (4. Stand, Fr. Buschen !!) darf nur Reisig klauben, mit dem Großen und Ganzen hat es nichts zu tun. Stechlin sieht sich als ausgleichende Kraft.


    Am Ende des England-Abschnitts gibt es ein Berlin-Kapitel, das schon wieder neblig ist. Es wirkt durch die düstere Beschreibung fast wie ein zweites London. Wieder wird die Kunst, speziell Realismus (immer im Hause Barby) thematisiert; da hier Czako auftritt, könnte das ein Hinweis auf Hauptmann sein. Zu dem Künstler Skarbina findet sich hier einiges. Schaut euch mal die Werke an, ich finde sie sehr beeindruckend ! Ich kannte ihn vorher gar nicht, obwohl ich mich für Impressionismus interessiere.


    Mir ist aufgefallen, dass ich versuche, hinter ein Schema zu kommen, wie Fontane die Themen behandelt - aber bisher vergeblich. Könnte es für jeden Abschnitt ein übergreifendes Thema geben ?
    Außerdem finde ich es interessant, dass mich der Roman so fesselt, obwohl es eigentlich keine Handlung gibt bzw. die spärliche Handlung nichts voranbringt. Sie bildet einfach nur den eleganten Rahmen, in dem Fontane seine Lebensweisheiten und -ansichten unterbringen kann. Ich finde das sehr gelungen !


    :lesen: Ich komme zum 25. Kapitel. Wie weit seid ihr ?


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    vielen Dank für die liebenswürdige Begrüßung.

    Fontane zählt schon zu meinen Favoriten, ich mag die Entspanntheit und Unaufgeregtheit seiner Romane. Da kann man z.B. als Leser Zeuge einer Verlobung werden, ohne dass man es recht merkt. Wie die Beteiligten aber auch nicht (Armgard: “Ich glaube fast, ich bin verlobt.“). Oder ein Dubslav kann eine Wahl verlieren und „eigentlich herzlich froh über den Ausgang“ sein. Alles strahlt große Gelassenheit aus, man weiß gar nicht, warum einem das Lesen so großes Vergnügen bereitet. Thomas Mann meinte das wohl auch mit seinem „unmittelbaren und instinktmäßigen Entzücken“. Meine besonderen Lieblinge sind übrigens die Poggenpuhls. Allein der Name – bei deren Wahl Fontane unnachahmliches Geschick in allen Werken bewies – ist großartig.



    Zu deinen angesprochenen Kapiteln hatte ich mir "damals" angestrichen:
    „Unglücklich sind immer nur die Halben.“, sagt in Kapitel 18 der vom „Generalsuperintendent“ träumende Koseleger. Ob da Fontane wieder etwas von sich hineingepackt hat? Hat erst spät das ihm zukommende gefunden, ohne den Ehrgeiz und das Gefühl, etwas Großes in sich zu haben, hätte er sich beruhigt in den “Skat ablegen“ lassen und allen Ehrgeiz hinfahren lassen können. Aber er hat sich auch noch die andere Hälfte geholt.


    „Was nun aber ...uns am unmittelbarsten beglückt, ist die Heiterkeit des Sinnes: denn diese gute Eigenschaft belohnt sich augenblicklich selbst.“, stellt Schopenhauer in den „Aphorismen zur Lebensweisheit“ fest. Und diesen Charakterzug identifiziert Lorenzen bei Dubslav eingangs des Kapitel 19 als dessen herausragenden. Wie steht es also mit Fontanes Schopenhauerbezug? Gelesen hat er ihn wohl, wie ein köstlicher Urlaubsbrief zeigt: “in die tiefen Schopenhauers wird hinabgestiegen...Mete sagt nicht mehr: “Theo, du bist dumm“, sondern „suche das Mißverhältnis zwischen Deinem Willen und Deinem Intellekt auszugleichen.““


    Mit „Cordelia“ kann ja eigentlich nur Lears Tochter gemeint sein, oder? Ob er damit auf ihre Schweigsamkeit anspricht oder sie charakterlich gegenüber der Schwester aufwerten will? Shakespeare-Anspielungen tauchen immer wieder auf (z.B. die „Wohlgerüche Arabiens“ aus Kapitel 20).


    So viel erst mal von Til „Schweiger“ :zwinker: . Werde am Wochenende noch ein wenig weiterblättern.
    Tschüß
    Holk

  • Hallo Holk,


    deiner Schilderung über Fontanes Unaufgeregtheit kann ich nur zustimmen - faszinierend, wie fesselnd und mit welch leichtem Witz er erzählt.


    Über Schopenhauer und auch andere Philosophen weiß ich leider wenig, aber dein Hinweis auf das Glück lässt mich den Stechlin nochmal mit anderen Augen sehen, danke !


    "King Lear" - klar. Auf jeden Fall ein weiterer Hinweis auf die Unterschiede der Schwestern.


    Zitat

    Allein der Name – bei deren Wahl Fontane unnachahmliches Geschick in allen Werken bewies – ist großartig.

    Dann sollten wir ja unbedingt auch noch "Unwiederbringlich" lesen, oder :zwinker:


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen,


    @Holk: auch von mir ein Willkommen in unserer Leserunde :winken:


    Danke auch für die Hinweise auf Shakespeare, über 'Cordelia' bin ich auch gestolpert. Zwar habe ich an Shakespeare gedacht, wußte aber das Werk nicht.


    A pro po Shakespeare. Mir kommt auch der Schreibstil shakespearehaft vor. Als ob ich einen Dialog aus "Was ihr wollt" lese. Echt seltsam.


    z.B. die Gespräche zwischen Woldemar, Rex und Czako erinnern mich immer ein bißchen daran.


    und nicht vergessen, mit 100 Vokabeln kommt man in jedem Land gut durch und mit bei einem Geistlichen reichen auch 50. :breitgrins:


    In dem England-Kapitel läßt Fontane seine Erfahrungen mit dem Land einspielen. Sein Ratschlag bzw. der der Barbys':


    In Italien vertrödelt man die Zeit mit Bildern, in England mit Hinrichtungsblöcken. Sie haben drüben ganze Kollektionen davon. ...


    ich finde zwar nicht, dass man seine Zeit mit Bildern vertrödeln kann, aber Fontane faßt zwei Länder mit einem Satz zusammen.


    Leider komme ich erst zu Kapitel 25.


    Steffi, danke für deine Eindrücke der vorigen Kapitel, sie halfen mir sehr.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!
    Auch von mir willkommen, Holkenäs! :blume: Schön, dass noch jemand mehr mitdiskutiert, und erst noch ein Fontane-Kenner!


    Kapitel 21: Rex und Czako sprechen wieder einmal über andere... :zwinker:
    Die Bemerkung, dass die richtigen Junker alle ein Stück Sozialdemokratie im Leibe haben, erinnerte mich an die Aufklärung, wo der sog. "bürgerliche Adel" ins Blickfeld rückte.
    In Kapitel 21 steht wohl Woldemar in Zentrum, wir erfahren, wie andere über ihn denken: Czako zweifelt an Woldemars Frauenverständnis, und die Offiziere "trauen ihm nicht zu", in eine delikate Situation zu kommen. Alles in allem hält man ihn wohl allgemein für korrekt, aber etwas langweilig??


    In Kapitel 22 ist es zunächst mal Czako hoch anzurechnen, dass er offen zugibt, ein wenig neidisch zu sein! Wenn man daran denkt, wie der Neid Beziehungen zerstören kann...
    Melusine legt Woldemar nahe, sich Traitors Gate anzusehen. Recht subtil, wenn man dann sieht, dass er ihr eine Seite später die Hand küsst und ein fast eindeutig zweideutiges Kompliment macht: "Es wird davon abhängen, an wen ich gerade denke."


    Zitat von "Holkanäs"

    Mit „Cordelia“ kann ja eigentlich nur Lears Tochter gemeint sein, oder?


    Steht auch in meinen Anmerkungen. Leider kenne ich den King Lear (noch) nicht, aber nach dem, wie's in den Anmerkungen paraphrasiert ist, wäre die Bemerkung sogar eine massive Beleidigung für Melusine (Cordelias Schwestern heuchelten Liebe zum Vater, intrigierten gegen ihn und veranlassten Cordelias Ermordung). Dass das alles drin sein soll, bezweifle ich und habe es so interpretiert, dass Barby es auch nicht allzu genau nimmt beim Plaudern und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt.
    A propos Zitate: Rex bezeichnet Czakos Verwechslung von Hero und Leander als eine "verwechselte Schillerstelle", obwohl es eine antike Sage ist. Wohl ein Hinweis auf das Schiller - Freiheit - Motiv.


    Zitat von "Maria"

    ich finde zwar nicht, dass man seine Zeit mit Bildern vertrödeln kann

    Zitat von "Steffi"

    Außerdem finde ich es interessant, dass mich der Roman so fesselt, obwohl es eigentlich keine Handlung gibt

    Ich finde, diese beiden Aussagen passen gut zusammen! Der Roman ist ein Zeitbild, eine Art Panorama.


    Zitat von "Holkenäs"

    Alles strahlt große Gelassenheit aus, man weiß gar nicht, warum einem das Lesen so großes Vergnügen bereitet.


    Ich stelle fest, dass es mir schwer fällt, etwas zum Roman zu denken oder zu schreiben. Liegt dass am Roman, der wenig Ecken und Kanten aufweist und nur wenige Fragen aufwirft (auf den ersten Blick jedenfalls), oder daran, dass ich nach langjähriger systematischer Hirnamputation in (schlechtem) Deutschunterricht erst ein Denkanfänger bin? :breitgrins:
    Jedenfalls an dieser Stelle mal ein herzliches Dankeschön für Eure anregenden Beiträge, ohne Euch hätte ich das Buch schon längst fertiggelesen, zurückgebracht und in einem Monat vollständig vergessen!


    Liebe Grüsse,
    Maja

  • Hallo,


    Steffi: Ja, „Unwiederbringlich“ ist ein Paradebeispiel für die gute Namenswahl Fontanes :zwinker: . Spielt auch ein faszinierende Frau (Ebba) mit, die mit den Männern spielt und die altbekannte Opferrolle durchbricht. Und es gibt eine wirklich heiße Liebesnacht (und das bei dem guten Herrn Fontane...). Also absolut lesenswert.


    JMaria: Danke für das herzliche Willkommen. Shakespeare war für Fontane einer der Allergrößten (er schreibt von drei Jahrtausend-Weltgrößen: Kolumbus, Shakespeare und Napoleon). Er übersetzte ihn und konnte viele der bekannten Monologe auswendig (was ich immer bewundere). Wäre also nicht überraschend, wenn er sich stilistisch an seinem Vorbild etwas ausrichtet. Ist mir jedoch noch nicht so aufgefallen.


    Maja: Danke für die Blumen. Aber der „Fontane-Kenner“ ist nur ein kleiner Fontane-Leser.
    Mit „Hero und Leander“ wird wohl auf die gleichnamige Ballade Schillers angespielt, in der er den antiken Stoff verarbeitet.
    „Grauenvoll ist deine Tiefe,
    Furchtbar deiner Wogen Flut,
    Aber dich erfleht die Liebe,
    Dich bezwingt der Heldenmut.“
    Die beiden können also nur schwer zueinanderkommen, nur wenn Leander den Hellespont durchkrault. Und das geht eines Tages schief. Er ertrinkt und Hero stürzt sich nach dem Anschwemmen der Wasserleiche selbst in die Fluten. Geht wohl eher um das Wasser- und damit Melusinenmotiv.
    Ja, Fontanes schwereloser Stil macht es einem nicht einfach, bodenständige Argumente der Analyse zu finden. Mach dir man nicht zu viel Gedanken. Genieß es.


    So wie ich es auch genieße, mich nach längerer Zeit mal wieder intensiver mit dem Buch zu beschäftigen. Hoffe, es geht so weiter.


    Schöne Grüße
    Holk

  • Hallo !


    Maja schrieb:

    Zitat

    Ich stelle fest, dass es mir schwer fällt, etwas zum Roman zu denken oder zu schreiben.


    Mir geht es ähnlich, wenn ich dazu übergehe, mir während des Lesens Notizen zu machen (anstreichen im Buch mag ich nicht), dann handelt es sich um schwere Kost :breitgrins: nein, dann gibt es zuviele Hinweise und Anspielungen, um das alles behalten zu können. Es ist halt wie mit allen (?Holk?) Fontaneromanen, es gibt mal wieder mehrere Ebenen, die man lesen kann - eine für das Herz und eine zum Nachdenken. Gerade das ist bei Fontane immer wieder schön !


    Holk schrieb:


    Zitat

    So wie ich es auch genieße, mich nach längerer Zeit mal wieder intensiver mit dem Buch zu beschäftigen. Hoffe, es geht so weiter.


    Davon kannst du ausgehen - wir sind hartgesottene Leserunden-Leser :breitgrins: Was hast für denn noch für Lese-Vorlieben ?


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen,


    Zitat von "Holkenäs"

    Steffi: Ja, „Unwiederbringlich“ ist ein Paradebeispiel für die gute Namenswahl Fontanes :zwinker: . Spielt auch ein faszinierende Frau (Ebba) mit, die mit den Männern spielt und die altbekannte Opferrolle durchbricht. Und es gibt eine wirklich heiße Liebesnacht (und das bei dem guten Herrn Fontane...). Also absolut lesenswert.


    über "Unwiederbringlich" hat MRR auch einen Artikel in der FAZ dieses Jahr verfaßt, anläßlich der neuen Übersetzung die heraus kam.


    Zitat von "Holk"


    [jMaria]: Danke für das herzliche Willkommen. Shakespeare war für Fontane einer der Allergrößten (er schreibt von drei Jahrtausend-Weltgrößen: Kolumbus, Shakespeare und Napoleon). Er übersetzte ihn und konnte viele der bekannten Monologe auswendig (was ich immer bewundere). Wäre also nicht überraschend, wenn er sich stilistisch an seinem Vorbild etwas ausrichtet. Ist mir jedoch noch nicht so aufgefallen.


    Zitate aus Büchern hersagen zu können, das bewundere ich auch. Ich besitze leider nicht dieses Talent. Letztes Jahr habe ich mit einer Freundin ein Frühlingsgedicht auswendig gelernt. Wir nahmen uns vor für jede Jahreszeit ein Gedicht zu lernen. Tja - mein Gedächtnis ließ mich bereits im Sommer im Stich. War aber trotzdem eine schöne Erfahrung *G*


    nochmals zu Fontanes' Shakespeare Übersetzungen:
    soweit ich mich noch erinnere, ist ja leider keine Übersetzung von Fontane mehr vorhanden. Finde ich wirklich sehr bedauerlich.


    Zitat

    "Hero und Leander“ wird wohl auf die gleichnamige Ballade Schillers angespielt, in der er den antiken Stoff verarbeitet.
    „Grauenvoll ist deine Tiefe,
    Furchtbar deiner Wogen Flut,
    Aber dich erfleht die Liebe,
    Dich bezwingt der Heldenmut.“
    Die beiden können also nur schwer zueinanderkommen, nur wenn Leander den Hellespont durchkrault. Und das geht eines Tages schief. Er ertrinkt und Hero stürzt sich nach dem Anschwemmen der Wasserleiche selbst in die Fluten. Geht wohl eher um das Wasser- und damit Melusinenmotiv.


    ich liebe diese versteckten Hinweise auf das Melusinenmotiv.


    Maja:
    mir gehts wie dir. Obwohl ich Fontanes' Werke liebe und schätze, fällt es mir beim Stechlin schwer, darüber zu schreiben. Trotzdem ist es mal wieder eine schöne Leserunde. :winken:


    Liebe Grüße an alle
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!


    Spät kommt er, doch er kommt - mein Senf zur Melusine:


    Das deutsche Volksbuch Die schöne Melusine ist m.W. 1492 erschienen. Nicht zu vergessen bei einem belesenen Menschen wie Fontane: Die neue Melusine, zu finden in Goethes Wilhelm Meisters Wanderjahre, Buch III, Kapitel 6.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!

    Zitat von "Steffi"

    Dann sollten wir ja unbedingt auch noch "Unwiederbringlich" lesen, oder :zwinker:


    Jedenfalls steht auch dort schon auf der ersten Seite eine Aloe rum... zusammen mit Kaktussen.
    Gruss,
    Maja

  • Hallo !


    Maja schrieb:

    Zitat

    Jedenfalls steht auch dort schon auf der ersten Seite eine Aloe rum... zusammen mit Kaktussen.


    :breitgrins: Ach nein, das gibts ja nicht !


    Ich habe inzwischen auch die Schiller-Ballade nachgelesen (danke Holk) und es ist sehr klassisch-tragisch; natürlich spielen die unberechenbaren Götter auch eine Rolle, weil Hero sich mit ihnen vergleicht, allerdings unabsichtlich ...


    Ich finde im Stechlin auch die Beziehung zwischen dem Leser/Erzähler zu den zwei Schwestern seltsam. Armgard taucht immer nur in einem Nebensatz auf. In dem Kapitel über die Verlobung ist mir das besonders aufgefallen, Woldemar kommt in das Barby'sche Haus, in einem Nebensatz wird erwähnt, nur die zwei Schwestern seien zu Hause, dann hören wir nur Woldemar und Melusine zu. Ich hatte Armgard total vergessen, bis sie plötzlich auch etwas sagt :sauer: Und plötzlich ist sie verlobt, naja, da hat sich Fontane selbst übertroffen - so eine "beiläufige" Verlobung hätte ich nicht erwartet. Soll das bedeuten, dass der Einzelne doch recht wenig wichtig ist ? Das wird ja auch öfters thematisiert - geradezu krankhaft ist dabei die verhinderte Prinzessin.


    Gruß von Steffi

  • Hallo,


    JMaria: In den tiefen des Forums habe ich noch deine tolle Zusammenfassung :klatschen: des Reich-Ranicki-Artikels gefunden. Hatte mir noch andere von seinen typischen griffigen und voll zustimmungswürdigen Formulierungen angestrichen, z.B.
    Fontane ist "der Meister der beiläufigen Pointe" oder
    Er wird "nicht nur gerühmt, sondern auch tatsächlich gelesen" und "mache süchtig". Es entsteht bei der Lektüre "ein ungewöhnliches Vertrauensverhältnis".
    Der Altmeister hat mein Leseempfinden schön ausgedrückt. :zwinker:


    sandhofer: Goethes Melusine ist – salopp gesprochen – auf der Jagd nach genetischem Material, das ihre Zwergenkolonie vor dem weiteren Schrumpfen retten soll. Und so lässt sie sich in der Menschenwelt, deren Größe sie für einige Zeit annehmen kann (in den Zwergenphasen lässt sie sich von ihrem nichtsahnenden Geliebten in einem Kasten herumtragen), schwängern. Eine witzige Geschichte. Und das Aufeinandertreffen von fehlerhaftem Mensch (denn sein Aufenthalt im sagenhaften Zwergenland, in das Melusine ihn mitnimmt, ist nur ein kurzer und er flüchtet vor der Hochzeit) und Elementargeist.
    Auch Woldemar scheut wohl die viel anstrengendere Beziehung mit der lebhaften Melusine und wählt die Konvention. Kein Märchenwesen, sondern Armgard.


    Maja: Immer wieder diese Aloen (und keine Veras... :breitgrins: ). Als Apotheker war Fontane in der Pflanzenkunde sicherlich bewandert. Und Kakteen sind ja auch ein deutliches Symbol. Vielleicht taucht die Aloe ja in allen seinen Werken auf?


    Steffi: Opferbereitschaft und Selbstgenügsamkeit sind wohl preußische Tugenden, die Fontane manchen seiner Figuren anhängt. Und wenn Armgard so viel plaudern würde wie ihre Schwester, dann hinge der Haussegen schief und ich als Leser durch. Es muss ja auch Zuhörer geben. :zwinker: Melusine gehört zum anderen Schlag, und auch Fontane selbst ließ seine eigene Person wohl eher selten unter den Tisch fallen.


    Liebe Grüße
    Holk

  • Zitat von "Holkenäs"

    JMaria: In den tiefen des Forums habe ich noch deine tolle Zusammenfassung :klatschen: des Reich-Ranicki-Artikels gefunden. Hatte mir noch andere von seinen typischen griffigen und voll zustimmungswürdigen Formulierungen angestrichen, z.B.
    Fontane ist "der Meister der beiläufigen Pointe" oder
    Er wird "nicht nur gerühmt, sondern auch tatsächlich gelesen" und "mache süchtig". Es entsteht bei der Lektüre "ein ungewöhnliches Vertrauensverhältnis".
    Der Altmeister hat mein Leseempfinden schön ausgedrückt. :zwinker:


    Hallo Holk
    toll, dass du den Beitrag gefunden hast. Ich bin erst heute auf die Idee gekommen mal die Suchefunktion zu benutzen. Manchmal bin ich zu umständlich *G*


    falls sich noch jemand MRR's Ansicht über "Unwiederbringlich" interessiert, hier ist nochmals der Beitrag:


    http://www.klassikerforum.de/f…ghlight=unwiederbringlich


    muß ja eine beeindruckende Frauengestalt sein, die darin vorkommt.
    aber ich bin voreingenommen, ich finde Fontane's Frauengestalten unwiderstehlich.


    Zitat von "Holk"


      Steffi: Opferbereitschaft und Selbstgenügsamkeit sind wohl preußische Tugenden, die Fontane manchen seiner Figuren anhängt. Und wenn Armgard so viel plaudern würde wie ihre Schwester, dann hinge der Haussegen schief und ich als Leser durch. Es muss ja auch Zuhörer geben. :zwinker: Melusine gehört zum anderen Schlag, und auch Fontane selbst ließ seine eigene Person wohl eher selten unter den Tisch fallen.


    ich frage mich ob Melusine es sich nicht mit ihrer Bemerkung sich eine evtl. Verlobung mit Woldemar verscherzte als sie sagte:


    Kapitel 22:
    "Unbedingt. Freilich, wenn ich dann wieder erwäge, daß an dieser berühmten Stelle nichts unmittelbar Wirkungsvolles zu sehn ist, so muß ich mich bei meinen Ratschlägen auf Ihre Phantasie verlassen können. Und ob das geht, weiß ich nicht. Wer aus der Mark ist, hat meist keine Phantasie."


    Der alte Graf und Armgard schwiegen, und auch Melusine sah wohl, daß sie mit ihrer Bemerkung etwas zu weit gegangen war.


    ob da wohl ihr Kopf rollte (als Metapher gesehen)?


    Woldemar nahm es zwar mit Humor, aber .....


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo, Ihr Lieben,


    nach einer Woche an der Nordsee mit viel Ruhe und noch mehr Nebel aber ohne Internetanschluss bin ich jetzt wieder daheim. Ich habe das Verlobungskapitel angefangen. Ich bin froh, dass es Euch genauso geht wie mir. Man mag gar nicht darüber schreiben sondern nur genießen.


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Zitat von "Steffi"

    Ich habe deine Frage nicht vergessen ! In Kapitel 13 wird Wroschowitz als scharfer Wagnerianer bezeichnet. Hat Wagner alles nordische, skandinavische abgelehnt ?


    Hallo zusammen
    danke Steffi, für die deinen Erklärung. Mit Wagner kenne ich mich leider garnicht aus.


    Zitat von "Steffi"

    In Kapitel 18 lernen wir noch über Ermyntrud, dass man bei reiner Pflichterfüllung, beim ausschließlichen Leben für die Familie und die Gesellschaft blaß und kränklich wird, wobei ich das blaß auch auf die Persönlichkeit insgesamt beziehen würde. In diesem Kapitel finde ich die Thematisierung "Ich - Andere" stark ausgearbeitet (Elisabeth v. Thüringen, Kreuzabnahme, Provinz-Großstadt).


    die Pflicht stand in dem Kapitel im Fordergrund, und wie kränklich sah dabei Ermyntrud aus.


    Ein komischer Name *grübel*


    Zitat von "Steffi"


    In Kapitel 19 werden wieder die Namen thematisiert, dazu kommen die verschiedenen Prinzen und ihre jeweilige politische Einstellung. Die Kirche funktioniert als Regulator bzw. als Moralwächter nicht mehr. Wann passierte diese Trennung zwischen Kirche und Staat ? Friedrich II


    puh, da muß ich auch erst nachforschen. Wenn ich was darüber finde, melde ich mich.


    Zitat von "Steffi"

    Mir ist aufgefallen, dass ich versuche, hinter ein Schema zu kommen, wie Fontane die Themen behandelt - aber bisher vergeblich. Könnte es für jeden Abschnitt ein übergreifendes Thema geben ?


    Pflicht, Kirche, Moral hast du genannt. Mir fiel auf, dass man die Kapitel "Verlobung, Weihnachtsreise nach Stechlin" unter den Begriff: "Tradition" einordnen könnte.


    ich glaube schon, dass Fontane seinen Stechlin thematisiert hat.
    Auch die Farbe Gelb und das Element Wasser kommen nun vermehrter darin vor, so fiel es mir auf.


    Was haltet ihr von dem Namen Rolf Krake? Könnte ja fast ein Name für einen männlichen Nix sein *G*


    wißt ihr wie der männliche Nix bei Heinrich Heine beschrieben wird?


    Den männlichen Nix erkennt man daran, daß er grüne Zähne hat, die fast wie Fischgräten gebildet sind. Auch empfindet man einen inneren Schuer, wenn man seine außerordentlich weiche, eiskalte Hand berührt. Gewöhnlich trägt er einen grünen Hut. Wehe dem Mädchen, das ohne ih zu kennen, gar zu sorglos mit ihm tanzt. Er zieht sie hinab in sein feuchtes Reich."


    :breitgrins:


    das nur so nebenbei.


    Liebe grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    wie weit seit ihr? schon durch?


    Ich komme zu Kapitel 37.


    Frage:
    Ich habe das Gefühl das hinter dem Gespräch zwischen Melusine und Lorenzen (Kapitel 29), das doch sehr tiefgründig war, mehr steckt. Kann es aber nicht greifen.


    Die Verlobung, Gespräch zwischen Stechlin und Diener Engelke:
    "Natürlich ist es 'ne gute Nachricht. Aber hast du noch nicht erlebt, daß einen gute Nachrichten auch genieren können?"


    "Jott, gnäd'ger Herr, ich kriege keine."


    :P ein richtiges Unikum und Stechlin nimmt es auch standesgemäß als selbstverständlich.


    Ich bin ja im Abschnitt "Sonnenuntergang" und die Stimmung wird trauriger. Stechlin blickt öfters zurück, auf seine Vergangenheit, seine Mißerfolge, seine wenigen Reisen - alles ziemlich negativ. Das irritiert mich nun doch etwas.


    Stechlin kommt heim und hat Kopfschmerzen und der Hut ist ihm zu eng. Obwohl ich weiß, was kommt, stimmt es mich traurig.


    Wie fandet ihr die Hochzeit und die Gespräche die geführt wurden?


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Maria schrieb:

    Zitat

    Ich habe das Gefühl das hinter dem Gespräch zwischen Melusine und Lorenzen (Kapitel 29), das doch sehr tiefgründig war, mehr steckt.


    Im Gespräch zwischen Melusine und Lorenzen sehe ich Fontanes Blick auf eine neue Epoche, das Zeitalter der Erfinder und Entdecker statt der Helden. Hingabe und Leidenschaft wird abgelöst durch Wissenschaft und kühle Berechnung - dieses Thema wird auch sehr ausführlich im Abschnitt Sonnenuntergang, Kapitel 36 - 38 behandelt: Stechlin traut dem Neuen nicht, er wendet sich lieber wieder der alten Medizin zu, die für ihn mehr im Einklang des Menschen steht. Überhaupt sehnt er sich stark nach dem Menschlichen, plötzlich sieht er überall Berechnung und eine gewisse Kälte.


    Zitat

    Wie fandet ihr die Hochzeit und die Gespräche die geführt wurden?


    Allerdings seltsame Gespräche für eine Hochzeit. Ich kann einfach die Beziehung zwischen der äußeren Handlung im Stechlin und dem Inhalt nicht nachvollziehen. :sauer:


    Im Abschnitt Hochzeit wurde für mich nochmal die Beziehung Preußen zu der Außenwelt deutlich; England, Frankreich, Bayern (Weihenstephan), die nordischen Länder werden in Bezug auf Kunst und Kultur thematisiert. Am Ende steht im Kapitel 35 wieder die Politik: die alten und neuen Kaiser, das Junkertum, die Freiheit als Ideal, dem Stechlin und wohl auch Barby immer noch nachtrauern - wohl auch ein Hinweis auf Fontanes jugendliche Begeisterung von der Revolution.


    Verlobung, Weihnachtsreise - dieser Abschnitt sollte eigentlich romantisch angehaucht sein, das könnte man jedenfalls nach der Überschrift erwarten. Doch es geht weniger um Liebe und Idylle als um das Verhältnis zu England, Blut und Adel, um Protestantismus=Berechnung und Katholizismus=Leidenschaft, um Krieg und Individualität, um Wetterfahnen im Museum. Der See als Symbol der Weite und (mystische) Verbindung zur Außenwelt macht deutlich, dass die Politik in das Elementare nicht eingreifen kann: "Das Eis macht still und duckt das Revolutionäre"


    Im Abschnitt Sonnenuntergang sieht man Stechlin nun doch als alten Mann, der seine letzten Tage verlebt. Dabei muss ich an Fontane denken, ob er sich auch so gefühlt hat ? Traurig aber doch auch mit seinem Leben im Reinen, kraftlos und die letzten Besuche empfangend ? Ich finde es ein sehr einfühlsames Portrait !


    Ich komme nun zum 39. Kapitel.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen!
    Ich bin ein wenig im Rückstand! :redface: Packe das Buch aber heute Abend für eine Stunde Zugfahrt ein!


    Im Abschnitt "In Mission nach England" fand ich auffallend, dass der Erzähler mit uns keinen Fuss ausser Landes setzt. Ist der Titel des Abschnitts, der ja eigentlich sinngemäss auch etwa heissen könnte "Woldemar reist weg" ein weiterer Hinweis darauf, dass man Woldemar als zentrale Figur des Romans ansehen muss? Trotz seiner Passivität.


    In Kapitel 25 wird so lange über England geschwatzt dass man verleitet wird, ein wenig diagonal zu lesen und PENG!, hat man eine Verlobung verpasst und muss nochmals zurück um mitzubekommen, wie das gelaufen ist.
    Sehr symbolisch, Woldemars Schilderung, wie er zwischen den Sarkophagen von Elizabeth I. (entspricht Armgard) und Maria Stuart (Melusine) stand. Noch dazu soll ihm der Vater Barby den Besuch dieser Kapelle ans Herz gelegt haben...


    Der Brief Stechlins in Kap. 26. wirkte auf mich depressiv.
    Besonders aufgefallen ist mir Du glaubst zu schieben und Du wirst geschoben. Das passt gut zu Woldemars Passivität!


    Zitat von "Maria"

    Ich bin ja im Abschnitt "Sonnenuntergang" und die Stimmung wird trauriger. Stechlin blickt öfters zurück, auf seine Vergangenheit,


    An der ersten Stelle, wo er auf seine Vergangenheit zurückblickt, in Kap. 23, ist gerade die Sonne untergegangen, aber es wirkte noch gar nicht traurig. Mir hat die Stelle sehr gefallen.


    Zitat von "Steffi"

    Im Abschnitt Sonnenuntergang sieht man Stechlin nun doch als alten Mann,


    Den Eindruck hatte ich auch schon bei der Beratung mit Engelke (Kap. 26), wen man einladen solle. Stechlin ist dort extrem unsicher, hat sein Selbstvertrauen verloren. Diese Unsicherheit machte mich betroffen, ich erlebe meine Grossmutter zur Zeit so.


    Kapitel 27:Warum ist Melusine am Schluss so unruhig??


    Herzliche Grüsse,
    Maja

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