November 2004: Theodor Fontane - Der Stechlin

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    Stechlin - so heißt ein stiller See in der Grafschaft Ruppin, und so heißt auch der Besitzer des alten märkischen Guts: Dubslav von Stechlin. An einem schönen Oktobertag kündigt ein Telegramm den Besuch seines Sohns Woldemar an, der zusammen mit zwei Regimentskameraden erscheint. Stechlin, seit langem Witwer, freut sich über diese Gesellschaft, noch andere Gäste werden geladen, und so kommen zahlreiche Erzählungen und Plaudereien in Gang, von denen Thomas Mann schrieb, sie seien -Lebensmusik, hohe, heiter und wehe, das Menschliche auf eine nie vernommene Art umspielende Lebensmusik-.Theodor Fontane (1819 -1898) ist der bedeutendste Erzähler des literarischen Realismus. Der gelernte Apotheker machte mit 30 Jahren das Schreiben zum Beruf, zunächst als Journalist und Theaterkritiker. Erst spät begann er erfolgreich Romane und Erzählungen zu schreiben.
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    Kurzinhalt : xlibris, Fontane, der Stechlin


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    Autorenportrait
    Theodor Fontane (1819 -1898) ist der bedeutendste Erzähler des literarischen Realismus. Der gelernte Apotheker machte mit 30 Jahren das Schreiben zum Beruf, zunächst als Journalist und Theaterkritiker. Erst spät begann er erfolgreich Romane und Erzählungen zu schreiben. Seine Romane und Novellen, die vielfach verfilmt wurden, zählen zu den meistgelesenen Klassikern des 19. Jahrhunderts.


    Biographie: bei xlibris


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    Offizielle Fontane Gesellschaft

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    dann eröffne ich unser gemeinsame Leserunde. Ich freu mich schon.


    "Der Stechlin" soll lt. Fontane selbst ein "kleiner politischer" Roman sein, deswegen bin ich gespannt, wie er die Geschichte erzählt. Ich bin sicher, dass wieder eine interessante Frauenfigur darin vorkommt.


    Einführend möchte ich Fontanes' Stärke hervor heben. Hier ein Auszug aus der Biographie von Wolfgang Hädecke: "Theodor Fontane" :

    Poesie und Lebensdarstellung im Zeichen des Empfindens - das ist eine Hauptleistung des Schriftstellers Theodor Fontane. Er ist sich dieser besonderen gestalterischen Begabung bewußt. Oft verzichtet er auf die explizite sprachliche Benennung und Klassifizierung des Phänomens und stellt nur das jeweilige psycho-physische Erscheinungsbild, die sichtbare, hörbare, fühlbare Aktion und Reaktion der empfindenden Figuren dar. Er trifft diese so gut wie unfehlbar - und berührt uns Leser, die wir uns selber in dem geschilderten Empfinden wiederfinden: ....... wenn Dubslav von Stechlin und Melusine von Barby nach einem gewechselten Blick tiefe Sympathie füreinander empfinden und der entzückte Kavalier dies mit humorvoll geschilderten Handküssen besiegelt.


    Melusine von Barby! Was für ein schöner klangvoller Name.


    Aus unserer letzten Leserunde "Effie Briest" möchte ich hier noch erwähnen, dass Fontane gerne Farben- und Zahlensymbolik verwendet. Ob auch im Stechlin, weiß ich allerdings nicht. Auch das Element Wasser begegnen wir oft in seinen Werken.


    Melusine eine Gestalt aus einem Nixenmärchen?


    Nixen, stellen eine Gattung der sogenannten Elementar- oder Naturgeister dar. In Heinrich Heine's "Elementargeister" heißt es:


    "Die Nixen ... sind ... verlockend, anreizend und lieben den Tanz... Die Nixen tanzen bei Teichen und Flüssen; man sah sie auch wohl auf dem Wasser tanzen, den Vorabend, wenn jemand dort ertrank. Die weiblichen Nixen erkennt man an dem Saum ihrer weißen Kleider, der immer feucht ist. Auch wohl an dem feinen Gespinste ihrer Schleier und an der vornehmen Zierlichkeit ihres geheimnisvollen Wesens...."


    Der männliche Nix sieht dagegen schlimm aus *bg*


    Jedenfalls hat Fontane gerne diesen geheimnisvollen, märchenhaften Frauentyp verwendet, gerne verschlüsselt mit der Saga der Wassernixe. Nur in seinem letzten Werk "Der Stechlin" gibt er ihr auch diesen offensichtlichen Namen: Melusine....


    Ich werde morgen mit dem Roman beginnen.
    Ein schönes Wochenende wünscht euch
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    danke für die stimmungsvolle und interessante Einführung auf den Stechlin !
    Ich freue mich auf eine schöne Leserunde !


    Gruß von Steffi

  • Hallo, liebe Fontanefreunde,
    Ihr scharrt wahrscheinlich schon ungeduldig mit den Hufen :zwinker: - morgen geht es ja los. Ich habe mir den Stechlin aus der Bücherei ausgeliehen, weil das Buchpaket vom Elbeteam noch nicht gekommen ist. Die Mühe hätte ich mir sparen können (und auch die 10 Euro Gebühren für ein Jahr), aber so unterstütze ich wenigstens das kulturelle Leben Bielefelds :zwinker:


    http://gutenberg.spiegel.de/fontane/stechlin/stechlin.htm


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Moin, Moin!


    Zitat von "Erika"

    Ich habe mir den Stechlin aus der Bücherei ausgeliehen, weil das Buchpaket vom Elbeteam noch nicht gekommen ist.


    Ich kenne <a href="http://www.weltdesbuches.de/">Elbeteam</a>, wo ich sehr oft bestelle, als den schnellsten Lieferanten überhaupt. Ist was schief gegangen? Beim mir klappte bislang alles hervorragend.

  • Hallo Dostoevskij,


    am Elbeteam lag es nicht. Ich habe relativ spät bestellt. Außerdem ist der 1. November bei uns ein Feiertag. Daher kann das Paket erst morgen ankommen.


    Die Leute vom Elbeteam sind sehr zuverlässig. Außerdem bieten das Elbeteam behinderten Menschen und Langzeitarbeitslosen einen Arbeitsplatz. Das finde ich sehr unterstützenswert.


    Gruß
    Erika


    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo zusammen,


    [Kapitel 1]
    ich beginne Mal :smile:


    zuerst fiel mir die ausführliche Beschreibung der Gegend auf.
    Beginnend mit dem See Stechlin, dem Wald Stechlin, über das Dorf Stechlin hin zum Schloß Stechlin und zum Geschlecht der Stechlins.


    Mir gefällt der Beginn mit der Saga, dass wenn auf der anderen Seite der Erde etwas bedeutendes passiert, der See Wellen schlägt. Erinnert mich an den "Mummelsee" im Schwarzwald und seine Sage, die Grimmelshausen in seinem Simplicissimus erwähnt. Ist euch das auch aufgefallen?


    Das Dorf Stechlin mit Kirche und Friedhof. Die Beschreibung erinnert an den Beginn von Effie Briest.


    dann fiel mir die Gartenbeschreibung des Schlosses auf, (auch bei Effie Briest, folgt nach der Ortsbeschreibung die Gartenbeschreibung):


    2 Aloe, eine gut im Stande, die andere krank. Aber die kranke war der Liebling des Schlossherrn, weil sie im Sommer in Blüte stand, aber eigentlich durch einen Schwindel, denn aus der kranken angegelbten Aloeblätter, wächst weiß und rot blühende Dolden der Wasserliesch. Hängt mit Wasser zusammen! Keine Ahnung welche Symbolik dahinter steckt, aber ich würde fast darauf wetten, dass das was bedeutet. Fontane hat so eine Art :zwinker:


    Als nächstes fiel mir der Humor und die Gelassenheit des Hausherrn auf. Dubslav von Stechlin, klingt irgendwie slavisch. Ich mußte Schmunzeln als ich las, warum er lieber in seinem Witwerstand blieb.


    Gegen Ende von Kapitel 1 wird beschrieben, wie der Diener Engelke einen roten Streifen auf die verschlissene schwarz-weisse preußische Flagge nähen wollte und Dubslav sagte:


    Laß. Ich bin nicht dafür. Das alte Schwarz und Weiß hält gerade noch; aber wenn du was Rotes drannähst, dann reißt es gewiß.


    Dazu habe ich im Internet die Erklärung gefunden, dass hiermit das untergehende Preußenreich gemeint ist. Rot war die Farbe, die Bismarck der alten Preußenfahne vor der Reichsgründung hinzugefügt hatte.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Maria schrieb:

    Zitat

    Gegen Ende von Kapitel 1 wird beschrieben, wie der Diener Engelke einen roten Streifen auf die verschlissene schwarz-weisse preußische Flagge nähen wollte


    Weiß-Rot war ja die Flagge des Norddeutschen Bundes, der den Deutschen Bund 1867 abgelöst hatte, 1871 wurde dann das Deutsche Reich mit dem Kaiser Wilhelm I gegründet. Dieses weiß-rot und schwarz-weiß -Thema findet sich immer wieder z.B. die Blüten des
    Wasserliersch.


    Aloe ist übrigens schon seit 6000 Jahren als Heilpflanze bekannt, sozusagen als Erste-Hilfe-Pflanze. Nun wird diese Tradition von dem weiß-rot des Liersch abgelöst und niemand außer dem alten Stechlin merkt es.


    Damit ist für mich ein weiteres Thema gefunden: Alt - Neu. Im 2. und 3. Kapitel wird dieses sehr deutlich. Beispiele wären Alte Findlinge - neues Schloß, altmodisch eingerichtete Zimmer - junge Soldaten, Adelsregiment - Prinzenregiment, Einsamkeit - Moderne usw.


    Fontane zeigt zuerst einmal diese Differenzen auf und läßt Pfarrer Lorenzen sagen (3.Kapitel) :


    Nicht so ganz unbedingt mit dem Neuen. Lieber mit dem Alten, soweit es irgend geht, und mit dem Neuen nur, soweit es fort.


    Gruß von Steffi

    Gruß von Steffi

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Hallo zusammen,
    Hallo Steffi


    das war Gedankenübertrag:


    Zitat von "Steffi"

    Damit ist für mich ein weiteres Thema gefunden: Alt - Neu. Im 2. und 3. Kapitel wird dieses sehr deutlich. Beispiele wären Alte Findlinge - neues Schloß, altmodisch eingerichtete Zimmer - junge Soldaten, Adelsregiment - Prinzenregiment, Einsamkeit - Moderne usw.


    das fiel mir im Kapitel 2 auch sehr deutlich auf. Beginnend mit der Anreise der Burschen. Im Zimmer war eine 'Tänzerin-Figur' (modern) und eine Bibel (traditionell). Die Einrichtung war Rokoko. Das würde ich auch verspielt-modern sehen.


    Gelb und Rot: diese Farben stehen auch irgendwie für "Alt und Neu". Das Schloß Stechlin ist in gelben Dunst. Rot für den Wechsel in der Politik? Sozialismus? Das Ende des 19. Jht. und der Weg ins 20. Jht.?


    dein Gedanke mit der Aloe als Heilpflanze ist klasse. Danke :-)


    Komme zum 3. Kapitel.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich habe grade erst das erste Kapitel gelesen (es ist Klausurzeit).
    Der Schloßherr Stechlin nun vertritt auf der einen Seite genau die Vorbehalte des preußischen Adels gegen Bismarck, auf der anderen Seite scheint er in seiner eigenen Meinung über sein "Schloß" eine ganz andere, weniger zu diesem "Adelsklischee", wie ich es mir vorstelle, passende Charakterseite zu zeigen.
    Auch in seiner Meinung zu seinem Namen scheint er sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
    Und natürlich gefällt mir Engelke der "Vertraute ohne Vertraulichkeit".
    Sonst habe ich nichts zu den hier erwähnten Aspekten hinzuzufügen, und auf die Bedeutung der Wasserliesch in Beziehung zur Aloe wäre ich von selbst nicht gekommen; ich merke schon, dass die Hoffnungen, die ich in eine Leserunde gesetzt habe, wahrscheinlich nicht enttäuscht werden :zwinker:
    Ich bin schon gespannt auf den Sohn, der ja den Namen trägt, den sich Dubslav selbst gewünscht hätte: Woldemar.
    nachttraum

  • Zitat von "JMaria"


    "Der Stechlin" soll lt. Fontane selbst ein "kleiner politischer" Roman sein, deswegen bin ich gespannt, wie er die Geschichte erzählt. Ich bin sicher, dass wieder eine interessante Frauenfigur darin vorkommt.


    Hallo Maria,


    nur ganz kurz darf ich mich - hoffentlich - dazwischen schalten.
    Ja, es gibt für mich u. a. eine interessante Frauenfigur, nämlich die Schwester des Titelhelden, die Domina (ja, bei Fontane heißt sie tatsächlich so! :breitgrins:), das Stiftsfräulein Adelheid. Sie befindet sich im ehrwürdigen Alter von 76 Jahren u. auf die Frage seines Freundes "Eine nette Dame?" antwortet der Neffe "O ja. Ein Pummel." Bin mal gespannt, wie Dir, Euch diese Frau gefällt!
    Ich kann leider nur passiv an dieser sicher interessanten Diskussion über ein Meisterwerk Fontanes teilnehmen.


    Liebe Grüße,
    Gitta

  • Zitat von "Gitta"


    nur ganz kurz darf ich mich - hoffentlich - dazwischen schalten.
    Ja, es gibt für mich u. a. eine interessante Frauenfigur, nämlich die Schwester des Titelhelden, die Domina (ja, bei Fontane heißt sie tatsächlich so! :breitgrins:), das Stiftsfräulein Adelheid. Sie befindet sich im ehrwürdigen Alter von 76 Jahren u. auf die Frage seines Freundes "Eine nette Dame?" antwortet der Neffe "O ja. Ein Pummel." Bin mal gespannt, wie Dir, Euch diese Frau gefällt!
    Ich kann leider nur passiv an dieser sicher interessanten Diskussion über ein Meisterwerk Fontanes teilnehmen.



    Hallo zusammen,
    Hallo Gitta
    hab schon von dieser Dame gehört und ich bin auf sie schon gespannt. :breitgrins:
    Von meiner Seite spricht nichts dagegen, dass du passiv an unserer Leserunde teilnimmst, zeigt es doch, dass die Beiträge nicht nur von uns gelesen werden.


    Bisher wird von Domina Adelheid nur 'gesagt', dass sie ihrem Bruder finanziell hilft, wenn es nötig ist, aber nicht aus Geschwisterliebe, sondern eher aus Prestigegründen.


    Da wir uns in der Grafschaft Ruppin befinden, eine Einladung Fontane aus seinen "Wanderungen". Ich finde den Text sehr schön:


    Verschmähe nicht den Strohsack neben dem Kutscher, laß dir erzählen von ihm, von seinem Haus und Hof, von seiner Stadt oder seinem Dorf, von seiner Soldaten- und seiner Wanderzeit, und sein Geplauder wird dich mit dem Zauber des Natürlichen und Lebendigen umspinnen. Du wirst, wenn du heimkehrst nichts Auswendiggelerntes gehört haben...; der Mensch selber aber wird sich vor dir erschlossen haben. Und das bleibt doch immer das Beste. ------------- Vorwort zur 2. Auflage der "Wanderungen", erster Teil: "Die Grafschaft Ruppin" (1864)


    zum Stichwort: Geplauder, Plaudern...


    auch vom Stechlin wird gesagt, dass er gerne plaudert. Ich denke da bringt Fontane seinen Vater mit rein, denn von ihm schreibt Fontane, dass er ein Plauderer (im positiven Sinne) war und ich glaube Fontane plauderte auch gerne. Heute hat 'Plaudern' eher ein negatives Bild?


    dem Zauber des Natürlichen und Lebendigen, das beherrscht Fontane selbst sehr gut.


    bis dann
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Wer allerdings den "Small Talk" beherrscht wird immer noch beneidet, oder? (und aus diesem Neid heraus als oberflächlich betitelt?)
    Ich bin grade mitten im 4. Kapitel und hier wird das Plaudern liebevoll lächerlich gemacht, da z.B. die Frau von Gundermann "mit derartigen Intimitäten kam un den guten Pastor Lorenzen in Verlegenheit und dannn auch wieder in stille Heiterkeit versetzte"
    Schließlich wird auch gezeigt, wie schnell der Plaudernde in ein Fettnäpfchen treten kann; so der Pastor Lorenzen, der im allgemeinen über die fehlende Tugend der Jugend spricht (im Bezug auf ein Mädchen) und dann, nach Fr. G.s Einwand, sie wäre auch jung gewesen, die Damen aus seiner Behauptung herausnimmt und somit vollkommen den Sinn des Beispiels verkehrt, in dem doch der Junge der tugendhafte war...


    Die Gespräche gehen allerdings über Geplauder hinaus, besonders als der Herr von Gundermann Woldemar gegenüber den Herrn von Stechlin kritisiert...
    Ich bin schon gespannt wie es damit weitergeht und genauso auf das Auftreten der Domina.
    Im Übrigen hoffe ich auch, dass du, Gitta, uns ein wenig weiterhin passiv begleitest; die Kommentare von jemanden, der das Buch schon gelesen hat, erhöhen zumin. meinen Ansporn immer, genau zu wissen, was der jenige meint!
    Ich habe dann aber doch noch eine Frage: Wer ist mit dem "alten Kortschädel" gemeint, oder muss man das nicht wissen?
    Liebe Grüße


    nachttraum

  • Hallo zusammen


    Dankenswerterweise hat JMaria darauf hingewiesen, daß Fontane die Farbsymbolik liebt und eine Affinität zu Wasser hat. Sonst hätte ich die vielen Aspielungen wohl kaum bemerkt. Besonders auf die Farbe Rot wird man zu achten haben. Immer wieder bringt Fontane sie in Verbindung mit der aufkommenden Sozialdemokratie.


    JMaria schrieb:

    Zitat

    Gegen Ende von Kapitel 1 wird beschrieben, wie der Diener Engelke einen roten Streifen auf die verschlissene schwarz-weisse preußische Flagge nähen wollte und Dubslav sagte:


    Laß. Ich bin nicht dafür. Das alte Schwarz und Weiß hält gerade noch; aber wenn du was Rotes drannähst, dann reißt es gewiß.


    Dazu habe ich im Internet die Erklärung gefunden, dass hiermit das untergehende Preußenreich gemeint ist. Rot war die Farbe, die Bismarck der alten Preußenfahne vor der Reichsgründung hinzugefügt hatte.


    Das habe ich so verstanden, daß der alte Dubslav den preußischen Staat durch die Sozialdemokratie gefährdet sieht. Auch die Episode mit der Wasserliesch habe ich so interpretiert: Im Gegensatz zu der mächtigen, exotischen Aloe ist die Wasserliesch eine eher einfache Pflanze. Und diese einfache Pflanze mit roten Dolden (Arbeiter, Sozialdemokratie) kommt in der kranken Aloepflanze (Adel, Preußenstaat) zur Blüte.


    Zitat

    Mir gefällt der Beginn mit der Saga, dass wenn auf der anderen Seite der Erde etwas bedeutendes passiert, der See Wellen schlägt. Erinnert mich an den "Mummelsee" im Schwarzwald und seine Sage, die Grimmelshausen in seinem Simplicissimus erwähnt. Ist euch das auch aufgefallen?


    Das ist mir natürlich auch gleich in den Sinn gekommen. :smile:


    Zitat

    Dubslav von Stechlin, klingt irgendwie slavisch.


    Dazu habe ich mal in meinem Vornamen-Lexikon nachgeschlagen und dort steht: "slawisch, nach Wasserzieher (!) in der Bedeutung >berühmt durch seine der Eiche vergleichbare Stärke<."


    Steffi schrieb:

    Zitat

    Damit ist für mich ein weiteres Thema gefunden: Alt - Neu. Im 2. und 3. Kapitel wird dieses sehr deutlich. Beispiele wären Alte Findlinge - neues Schloß, altmodisch eingerichtete Zimmer - junge Soldaten, Adelsregiment - Prinzenregiment, Einsamkeit - Moderne usw.


    So viele Gegensätze waren mir bis da hin noch gar nicht aufgefallen. :redface: Aber Du hast recht, das scheint das Hauptthema des Romans zu sein. Es wird noch interessant werden, diese Gegensätze herauszufinden und ich werde beim Lesen besser darauf achten.


    nachttraum schrieb:

    Zitat

    Ich habe dann aber doch noch eine Frage: Wer ist mit dem "alten Kortschädel" gemeint, oder muss man das nicht wissen?


    Der alte Kortschädel ist der versorbene Freund des alten Stechlin. (Im 1. Kapitel wird er mal kurz erwähnt.)


    Ich komme zum 5. Kapitel.


    Viele Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)

  • Danke! Das hatte ich wohl in der Pause, die ich leider zwischen dem 1. und den weiteren Kapiteln machen musste, vergessen.
    Soweit ich das verstanden habe, war der preußische Adel auch allgemein gegen Bismarck eingestellt, weil dieser den Zusammenschluß der Fürstentümer zu einer Nation "verursacht" hatte.

  • Hallo zusammen!


    Darf ich? Ich lese zwar nur am Rande Eurer Diskussion mit, aber Fontane ist einer meiner alten Lieblinge ...


    Zitat von "ikarus"

    Das habe ich so verstanden, daß der alte Dubslav den preußischen Staat durch die Sozialdemokratie gefährdet sieht. Auch die Episode mit der Wasserliesch habe ich so interpretiert: Im Gegensatz zu der mächtigen, exotischen Aloe ist die Wasserliesch eine eher einfache Pflanze. Und diese einfache Pflanze mit roten Dolden (Arbeiter, Sozialdemokratie) kommt in der kranken Aloepflanze (Adel, Preußenstaat) zur Blüte.


    Ich hatte Fontanes Bild vom preussischen Landadel eigentlich nie so in Erinnerung, dass er sie mit einer exotischen Pflanze verglichen hätte. Die preussischen Junker waren in seinen Augen, wenn ich mich recht erinnere, doch eher gerade die Bodenständigen (wendisch-slawisch-märkischen) und deshalb von fremden, ausländischen Moden Bedrohten.


    Zitat von "ikarus"

    Dazu habe ich mal in meinem Vornamen-Lexikon nachgeschlagen und dort steht: "slawisch, nach Wasserzieher (!) in der Bedeutung >berühmt durch seine der Eiche vergleichbare Stärke<."


    Ich bin jetzt nicht sicher, was Du, ikarus, mit dem Ausrufezeichen hinter "Wasserzieher" meinst, und ob es überhaupt von Dir stammt. Jedenfalls hat das mit der Wasser-Symbolik bei Fontane nichts zu tun; Ërnst Wasserzieher war ein bekannter deutscher Etymologe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • @ Ikarus u. Sandhofer : Vielleicht ist das Bild der Aloe und der Wasserliesch nicht eigentlich auf seine politische Meinung abgezielt, sondern soll nur den Humor Stechlins beschreiben? Er macht sich über die Vornehmheit und Gelehrtheit seines Standes lustig, ohne ihm deswegen weniger verbunden zu sein.


    Dubslavs Standpunkt wird auch besonders im 5. Kapitel noch einmal betont- dass er nicht gerade demokratisch eingestellt ist.
    Obwohl ich also so gar nicht mit vielen seiner Ansichten übereinstimme, wird er mir immer sympathischer-
    wie er Woldemar neckt, seine Faszination für den Schulmeister, seine Bemerkungen zu Pastor Lorenzen ("Ach was, Lorenzen, mit Ihnen ist nicht zu reden .. Übrigens Prosit ... auch wenn Sie's auch eigentlich nicht verdienen.") und seine Selbstironie ("Nun weiß ich zwar recht gut, es geht auch ohne uns.. ").
    Mit jedem Gespräch erfährt man ein wenig mehr über die Sprechenden - oder wie sie die anderen sehen -, kein Gespräch erscheint mir überflüssig.
    Das Streitgespräch zwischen dem Schulmeister und Rex hat z.B. eine- zumindest für mich- ganz neue Charakterfacette Rex' gezeigt; keiner der Protagonisten ist dem anderen zu ähnlich.
    Immer, wenn die Aufmerksamkeit auf ein Gespräch gelenkt wird, passiert mit den anderen etwas anderes, reden sie etwas anderes, was man nicht erfährt - was viel an Glaubwürdigkeit her gibt und mir gut gefällt.
    Aber es hat mich doch gewundert, dass die Geschichte jetzt von Schloss Stechlin wegführt-
    auch wenn die Domina natürlich auch eine Stechlin ist.
    Ich wechsle also den Ort des Geschehens und beginne mit Kapitel 7.
    nachttraum

  • Hallo sandhofer


    Zitat

    Ich bin jetzt nicht sicher, was Du, ikarus, mit dem Ausrufezeichen hinter "Wasserzieher" meinst, und ob es überhaupt von Dir stammt. Jedenfalls hat das mit der Wasser-Symbolik bei Fontane nichts zu tun; Ërnst Wasserzieher war ein bekannter deutscher Etymologe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.


    Da war ich ja wirklich völlig auf dem Holzweg. Auf den Begriff "Wasserzieher" konnte ich mir keinen rechten Reim machen und habe ihn deshalb mit der Wassersymbolik Fontanes in Verbindung gebracht (Deshalb auch das Ausrufezeichen von mir). Vielen Dank für die Erklärung und Richtigstellung.


    Den Begriff "exotisch" will ich NUR auf die Pflanze bezogen wissen. Ich hätte ihn vielleicht besser weglasen sollen, wenn er zu solchen Mißverständnissen führt. Jedenfalls nehme ich mir Deine Kritik zu Herzen und werde versuchen in zukünftigen Postings noch vorsichtiger und zurückhaltender zu sein. :redface:


    Viele Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)