Beiträge von JHNewman

    Weder der Fischer Verlag noch sonst wer hat behauptet, sie sei rechtsextrem oder gar ein Nazi. Das schwingt zugegebenermaßen mit.

    Ja, den Eindruck habe ich. Dem Vernehmen nach wurde bei S. Fischer gesagt, MM sei 'politisch unberechenbar'. In jedem Fall meine ich, dass der Vorwurf im Raum steht, sie sei 'zu rechts'.


    Zum Rest Deiner Ausführungen: Ja, da hast Du recht. Es gibt immer wieder Situationen, in denen sich Verlage von Autoren trennen (und umgekehrt). Martin Walser und Suhrkamp ging es ja ebenso. Was diesen Fall jetzt so brisant macht, ist imho die Frage, ob Stimmen wie die von MM noch in einen Mainstream-Verlag passen. Oder umgekehrt: Ob man es namhaften Autorinnen durchgehen lassen kann, mit Rechten zu kuscheln....


    Ingo Schulze hat darüber heute ausführlich in der Süddeutschen Zeitung geschrieben. Er hat die Trennung bedauert und hätte sich gewünscht, dass man nicht so schnell das Tischtuch zerschnitten. Zugleich betont er aber auch, dass er froh ist, dass S. Fischer nicht weggeschaut hat, was die Verbindungen von Monika Maron angeht.

    Während der Artikel die Inhalte von Marons Texten nicht reflektiert, setzt er sich mit dem Umfeld auseinander, in dem sich die Autorin bewegt.


    Die Diskussion hier im Forum zeigt eigentlich ganz gut, woran diese Debatte m. E. krankt.


    Die Dynamik läuft ungefähr so:

    Monika Maron soll sich von etwas distanzieren, was sie nicht selbst gesagt oder getan hat, sondern was andere gesagt oder getan haben. Es geht um das Umfeld, aus dem man einen Vorurf (sie sei rechtsextrem oder nazi) konstruiert. Und dabei wird mehr oder weniger explizit gesagt: Wenn Du Dich nicht distanzierst, dann wissen wir: Du bist wie die. Oder dann behaupten wir das. Unwidersprochen.


    Und dabei spielt überraschend wenig eine Rolle, was die durchaus eloquente Monika Maron selbst alles schon in Interviews (von denen es nicht wenige gibt) und ihren eigenen Büchern gesagt und geschrieben hat. Aber das hat nicht die formelhafte Bekenntnishaftigkeit, die die mediale Öffentlichkeit von ihr fordert.


    Ich kann mittlerweile besser verstehen, wo Monika Maron darin die Parallelen zum Sozialismus erkennt. Man muss nur 'Nazi' durch 'Klassenfeind' ersetzen, und erkennt sofort die Strukturen wieder. Ich würde nicht so handeln wie sie, aber ich kann aufgrund ihrer Geschichte ein wenig verstehen, warum sie sich weigert, nach diesen Regeln (mit)zuspielen.


    Die bittere Ironie: das ist so ziemlich das Szenario, das sie in ihrem letzten Roman vorweggenommen hat.


    (Und nein, ich bin durchaus nicht der Meinung, dass unsere heute Gesellschaft eine DDR 2.0 ist...)

    Du führst Buch über deine Lektüre? ... Derzeit spiele ich mit dem Gedanken, mir die Eliot-Übersetzung von Zerbst auch noch zuzulegen und später einmal zu lesen.

    Ja, ich führe eine Liste mit den Büchern, die ich lese. Damit habe ich ganz früh angefangen, sodass ich das ziemlich lückenlos dokumentiert habe. War natürlich früher analog, daher muss ich dann manchmal etwas blättern. Da ich aber in meiner Ausgabe (Rectlam Verlag, Übersetzung von Zerbst) auch das Jahr des Buchkaufs (1992) notiert hatte, habe ich das dann gut eingrenzen können...

    Für das großartige "Middlemarch" hab ich jetzt gut 10 Wochen gebraucht - das liegt aber an mir, nicht an Eliot. Früher hätte ich das in max. 10 Tagen gelesen - oder vielleicht auch nicht, ich hab den Verdacht, dass ich mit ~25 dem Roman nicht viel abgewonnen hätte, vielleicht hätte ich es auch nach 300 Seiten gelangweilt zur Seite gelegt, wer weiß. Virginia Woolf hatte schon Recht: Middlemarch ist ein Buch für Erwachsene ;-).

    Ha, das hat mich jetzt dazu veranlasst, mal nachzuschauen, wann ich eigentlich Middlemarch gelesen habe... tatsächlich mit 26 Jahren. Mir hat es damals auch schon ausgezeichnet gefallen, ich hatte seinerzeit eine Phase, in der ich ziemlich viele britische Autorinnen des 19. Jahrhunderts gelesen habe. Im Gegensatz zu den Brontes, die mich heute nicht mehr reizen, würde ich Middlemarch aber gerne noch einmal lesen. Für den Wälzer muss ich dafür aber noch auf ein paar Lockdowns warten, fürchte ich...

    Leider hinter Bezahlschranke.

    Ja, aber die ersten - frei lesbaren - Sätze reichen ja schon.


    Daraus (Hervorhebungen von mir):

    Zitat

    Ein Missverständnis ist in die Welt gekommen. Es geht wohl auf ein Interview zurück, das Maron im August der „Berliner Zeitung“ gab. Der Frage, warum sie ein Buch nach Loschwitz gegeben habe, wurde mit einem Hinweis auf die dortige Logistik Nachdruck verliehen: „Susanne Dagen vertreibt ihre Bücher über den Antaios-Verlag. Das ist neurechtes Umfeld.“ Auch im Interview in der „Welt am Sonntag“, in dem Monika Maron am 18. Oktober bekanntmachte, was ihr von Seiten ihres Verlags widerfahren ist, wurde sie darauf angesprochen, dass „der weit rechtsaußen stehende Verleger Götz Kubitschek“ die Bücher der Reihe „Exil“ vertreibe. Das stimmt, bedeutet allerdings nicht, dass Kubitschek für das Buchhaus Loschwitz den Vertrieb organisiert. So wurde es aber im Deutschlandradio Kultur dargestellt, so wurde es von der Deutschen Presse-Agentur verbreitet, und so stand es am 21. Oktober irrtümlich auch in dieser Zeitung, denn so hatten wir die an Monika Maron adressierte Fischer-Beschwerde über Kooperation zwischen Loschwitz und Schnellroda verstanden. Die „edition buchhaus loschwitz“ ist ein Kleinstverlag, der keine Vertriebsabteilung hat, aber den Vertrieb auch nicht delegiert. Auch Amazon vertreibt die Reihe. Es ist nicht so, dass man Marons Essayband nur durch Vermittlung von Kubitschek beziehen könnte und Kubitschek an jedem verkauften Exemplar mitverdienen würde. Noch nicht einmal dies, die Duldung einer Vertriebskooperation, kann Maron von Fischer vorgehalten werden.


    Das wirft ein deutlich anderes Licht auf den Vorwurf.

    Monika Maron hätte die Sache auch einfach aufklären können, zumindest wenn die Darstellung des Verlages stimmt. Für Maron ist es doch ein Leichtes, sich von allzu rechten Positionen der AfD zu distanzieren.

    Da bin ich ganz anderer Meinung. Mit welchem Recht werden von Monika Maron Distanzierungen gefordert? An dieser Stelle kann ich ihre Bockigkeit verstehen. Nur weil bei manchen Gesinnungswächtern der Geigerzähler verrückt spielt, muss sie sich noch nicht distanzieren oder erkären. Es gibt ja ausreichend Werke von ihr, die man lesen kann, um sich ein Urteil zu bilden. Müssten nicht diejenigen, die ihr vorwerfen, rechtextreme Positionen zu vertreten, selbst Belege beibringen? Das fehlt aber. Stattdessen wird fast überhaupt nicht über die Inhalte ihrer Texte gesprochen, sondern vor allem auf diesen Link zwischen Loschwitz und Antaios verwiesen. Und abgesehen davon hat Monika Maron sowohl klargestellt, dass sie mit Susanne Dagen wie auch mit Götz Kubitschek nicht politisch übereinstimmt.


    Nota bene: Ich halte es für falsch, dass MM diesen Essayband mit Susanne Dagen gemacht hat. Aber mir erscheint diese Tatsache als Vorwand, der nun vor allem dazu genutzt wird, eine unbequeme Stimme auszugrenzen.


    Übrigens wird auch im Interview mit Durs Grünbein (der sich ja sehr differnziert äußert) wieder dieser Vorwurf erhoben:


    Zitat

    Die Begründung, die ist eher lapidar. Es ist sozusagen wirklich dieser Fall dieses Buches, dieses Essaybands von Monika Maron, der eben bei Susanne Dagen erscheint. Dass dieses Buch nun auch vertrieben wird von Götz Kubitschek, dem Neuen Rechten des Antaios Verlags, das war für den S. Fischer Verlag irgendwie der Hauptgrund zu sagen, wir wollen auf keinen Fall, auch nicht mittelbar, in diesem doch ja auch als rechtsextremistisch eingestuften Umfeld, mit unserer Autorin, die immer noch unsere Autorin ist, wollen wir nichts zu tun haben.



    Der Vertrieb durch Kubitschek ist also ein Problem. Und verschwiegen wird, dass Kubitschek auch die Bücher von S. Fischer vertreibt. Wenn der Verlag also glaubwürdig bleiben wollte, müsste er Kubitschek diesen Vertrieb untersagen. Tut er aber nicht.


    Ich meine: Wenn in unserem kulturellen Mainstream kein Platz mehr für eine Stimme wie die von Monika Maron ist, dann ist mit unserem Mainstream etwas nicht in Ordnung...

    Heute morgen ist Guntram Vesper im Alter von 79 Jahren in Göttingen verstorben.


    Sein Roman 'Frohburg' wurde 2016 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet und ist einer der wichtigsten deutschen Romane der letzten 10 Jahre.


    RIP

    Ach herrjemine, gerade habe ich gesehen, dass Newman ebendiesen Link längst gesetzt hatte. Entschuldigt bitte! Tut mir leid.

    Kein Problem. Ich finde diesen Artikel allerdings unterirdisch. Julia Encke hat m. E. den Roman nicht verstanden und kommt daher auch zu einem falschen Schluss.


    Übrigens habe ich eine Sache noch einmal nachrecherchiert, denn das wird auch im Beitrag von Julia Encke wiederholt: Der Vorwurf, das Buch aus der Edition Buchhaus Loschwitz werde über den Antaios-Verlag vertrieben. Damit wird suggeriert, Monika Maron arbeite mit diesem rechtsextremen Verlagshaus zusammen. Das ist m. E. irreführend.


    Der Antaios-Verlag ist ein widerlicher rechtsextremer Verlag, der sich allerdings intellektuell gibt. Nazis mit Einstecktüchern, sozusagen.

    Der Verlag produziert einschlägige Bücher, aber er vertreibt auch Bücher anderer Verlage, sofern sie in sein Konzept passen. Darunter auch Bücher aus Mainstream-Verlagen.

    Antaios vertreibt und bewirbt auch die Bücher aus der Edition Buchhaus Loschwitz. Allerdings nicht exklusiv. Wenn man die Bücher der Reihe und den Verlag Buchhaus Loschwitz googelt, findet man die Webseite des Buchhauses und kann die Bücher auch dort bestellen. Die Nähe zwischen Antaios und Dagen ist bekannt. Aber ich finde es etwas scheinheilig, Monika Maron zum Vorwurf zu machen, ihre Bücher würden über Antaios vertrieben. Dagegen kann sie sich letztlich ebenso wenig wehren wie der S. Fischer Verlag oder Rowohlt, deren Bücher auch über Antaios vertrieben werden (ich sage nur Botho Strauß...).

    "Die Merowinger" ist das bisher einige Buch, welches ich von Doderer gelesen habe. Wirklich lesenswert! "Die Strudelhofstiege" hatte ich angefangen, bin aber irgendwie nicht warm geworden mit dem Text und habe es so nach 100 Seiten abgebrochen.


    So ging mir das auch mit der Strudlhofstiege. Es gab ja hier mal eine Leserunde dazu. Irgendwann will ich's aber nochmal versuchen...

    Ich habe von Anne Weber vor einigen Jahren mal 'Ahnen' gelesen, das ich eher mäßig fand. Danach war sie noch mit 'Kirio' für den Buchpreis nominiert, das ich abgebrochen habe. Das war vom Genre her völlig anders (eher in Richtung Schelmenroman). Aber da ich bisher von der Autorin nicht sehr angetan war, werde ich wohl dieses Epos nicht lesen.

    Stechlin habe ich am Anfang des Jahres gelesen. Den hätte man in der Schule lesen sollen. Und nicht die doofe Effi. Da hätte ich ein viel positiveres Fontane-Bild entwickelt. Es gibt übrigens auch eine tolle Verfilmung des Stechlin. Sehr werkgetreu.

    Da hast Du absolut recht. Der Stechlin und 'Vor dem Sturm' sind die besten Romane von Fontane, da beißt keine Maus den Faden ab. Und die Effi ist einfach längst nicht so gut - da fehlt auch zu viel Humor.

    Die "vortrefflichen Frauen" sind schon ein besonders gute Werk von Pym. Hier ist die Ironie schon nicht mehr nur freundlich, sondern die ausbeuterische Haltung der mittelständischen Intellektuellen-Ehe wird hier sehr schön herausgearbeitet. Gut und richtig, dass offenbleibt, ob die Heldin auf ein Angebot eingeht. Wohl eher nicht ... .

    Das hat mir übrigens auch in 'Crampton Hodnet' gut gefallen: die Hauptfigur Miss Morrow ist eine Gesellschafterin einer älteren, herrschsüchtigen Lady, die eigentlich die Hoffnung auf eine Ehe schon aufgegeben hat, als ein noch recht junger und gut aussehender Pfarrer ins Haus als Untermieter einzieht. Zwischen Miss Morrow und dem Pfarrer entsteht eine freundschaftliche Beziehung, der Pfarrer versteigt sich irgendwann zu einem Heiratsantrag, und dann kommt's: Statt glücklich auf diesen Antrag einzugehen und in Dankbarkeit zu zerfließen, weist Miss Morrow den Antrag zurück. Darin zeigt sie sich klug, souverän und überhaupt nicht bedürftig, sondern selbstbewusst.

    Ha ha, jetzt sind wir hier alle auf die Spur gesetzt worden. Nachdem finsbury hier so viel geschwärmt hat, habe ich in meinem Regal nachgeschaut und die alte Ausgabe von 'Tee und blauer Samt' (Crampton Hodnet) tatsächlich noch gefunden, die ich Anfang der 1990er Jahre einmal gelesen habe. Nun habe ich mich damit wieder gern ins gesellschaftliche Leben in Nordoxford in den späten 1930er Jahren versetzen lassen. Wie eine schöne Mischung aus Jane Austen und P. G. Wodehouse. Eine sehr angenehme Lektüre!


    finsbury: Du darst Dich jetzt als Influencerin bezeichnen!;);)