Was lest ihr gerade?

  • Da hast Du absolut recht. Der Stechlin und 'Vor dem Sturm' sind die besten Romane von Fontane, da beißt keine Maus den Faden ab. Und die Effi ist einfach längst nicht so gut - da fehlt auch zu viel Humor.

    Das kann ich nur unterschreiben. Meine Lieblingsbücher von Fontane sind auch sein erster und sein letzter Roman. Eigentlich merkwürdig, dass diese beiden zeitlich so weit auseinanderliegenden Romane so besonders viel Lesefreude bereiten.


    Zefira, wenn ich mit dem Dahl fertig bin, melde ich mich im Krimi-Thread: Mal sehen, welche Skandinavier wir so lohnend finden.

  • Stechlin und vor dem Sturm habe ich aus den von Euch genannten Gründen mehrmals gelesen. Ein Mal kurz hintereinander. Dabei hat sich mir eine ganz merkwürdige Parallelirät beim "Personal", ja, ich muss schon sagen "aufgedrängt": Der alte Dubslav und der alte Bernd, die Domina von Wutz und die hochgestochene Schwester von Bernd (Namen müsste ich nachgucken) Woldemar und der Sohn vom Bernd, es gibt auch parallele " Nebenrollen", die mir leider nicht mehr so gegenwärtig sind. Ich fand es verblüffend. Es gab sogar Handlungsparallelen, soweit man beim Stechlin von Handlung sprechen kann (die Armut an spektakulärer Handlung ist ja mit das Schönste beim Stechlin)

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

  • Für das großartige "Middlemarch" hab ich jetzt gut 10 Wochen gebraucht - das liegt aber an mir, nicht an Eliot. Früher hätte ich das in max. 10 Tagen gelesen - oder vielleicht auch nicht, ich hab den Verdacht, dass ich mit ~25 dem Roman nicht viel abgewonnen hätte, vielleicht hätte ich es auch nach 300 Seiten gelangweilt zur Seite gelegt, wer weiß. Virginia Woolf hatte schon Recht: Middlemarch ist ein Buch für Erwachsene ;-).


    Aktuell jetzt, nachdem hier im Forum so verführerisch geschwärmt wurde: Pym, Vortreffliche Frauen. Nach 50 Seiten: sehr amüsant.

  • Für das großartige "Middlemarch" hab ich jetzt gut 10 Wochen gebraucht - das liegt aber an mir, nicht an Eliot. Früher hätte ich das in max. 10 Tagen gelesen - oder vielleicht auch nicht, ich hab den Verdacht, dass ich mit ~25 dem Roman nicht viel abgewonnen hätte, vielleicht hätte ich es auch nach 300 Seiten gelangweilt zur Seite gelegt, wer weiß. Virginia Woolf hatte schon Recht: Middlemarch ist ein Buch für Erwachsene ;-).


    Aktuell jetzt, nachdem hier im Forum so verführerisch geschwärmt wurde: Pym, Vortreffliche Frauen. Nach 50 Seiten: sehr amüsant.

    Ich merke auch, dass ich bestimmten Romanen heute viel mehr abgewinnen kann als früher, z.B. solchen diffizielen Gesellschaftsromanen wie Middlemarch oder auch dem von mir neu entdeckten Anthony Trollope. Allerdings habe ich Fontanes Stechlich schon in Studienjahren geliebt. Aber heute komme ich z.B. mit Hesse, auch mit einigen Dostojevskis wie "Verbrechen und Wahrheit" nicht mehr so gut zurecht: Diesen Gefühlsüberschwang kann ich nicht mehr nachvollziehen. Das ist wie mit der Musik, da ändert sich bei vielen der Geschmack ja auch von dem eher Aufdringlichen hin zum Diffizielen.

    Zu Pyms Roman wünsche ich dir weiterhin viel Spaß: Ich habe mir letzte Woche die Neuausgabe von "In feiner Gesellschaft" (Original "No Fond Return of Love") zugelegt. Aber ich habe gerade sehr gewichtige Leküre, da wird es noch etwas dauern. Habe aber noch drei andere Romane von Pym hier liegen.
    Momentan und noch monatelang bin ich mit Beauvoirs "Das andere Geschlecht" beschäftigt, eine sehr anspruchsvolle und verstörende Lektüre. Außerdem lese ich von Theodor Plivier "Der Kaiser ging, die Generäle blieben", einen sehr interessanten dokumentarischen Roman über das Ende des ersten Weltkriegs. Wenn ich dort etwas fortgeschrittener bin, werde ich in einem eigenen Thread etwas dazu schreiben. Der Autor ist relativ vergessen, lohnt sich aber sehr.
    Übrigens ein interessanter Kontrast, Beauvoirs feministisches Grundwerk und diese Darstellung einer reinen Männerwelt ... .

  • Ihr habt mich. Ich habe mir aus der Onleihe "Vortreffliche Frauen" geholt.

    Will ja mitreden können.

    Nun muss ich zusehen, dass ich damit parallel zur Strudlhofstiege zurechtkomme. Immerhin darf ich das Buch drei Wochen lang behalten. Das ist doch recht lang.

  • Für das großartige "Middlemarch" hab ich jetzt gut 10 Wochen gebraucht - das liegt aber an mir, nicht an Eliot. Früher hätte ich das in max. 10 Tagen gelesen - oder vielleicht auch nicht, ich hab den Verdacht, dass ich mit ~25 dem Roman nicht viel abgewonnen hätte, vielleicht hätte ich es auch nach 300 Seiten gelangweilt zur Seite gelegt, wer weiß. Virginia Woolf hatte schon Recht: Middlemarch ist ein Buch für Erwachsene ;-).

    Ha, das hat mich jetzt dazu veranlasst, mal nachzuschauen, wann ich eigentlich Middlemarch gelesen habe... tatsächlich mit 26 Jahren. Mir hat es damals auch schon ausgezeichnet gefallen, ich hatte seinerzeit eine Phase, in der ich ziemlich viele britische Autorinnen des 19. Jahrhunderts gelesen habe. Im Gegensatz zu den Brontes, die mich heute nicht mehr reizen, würde ich Middlemarch aber gerne noch einmal lesen. Für den Wälzer muss ich dafür aber noch auf ein paar Lockdowns warten, fürchte ich...

  • Ha, das hat mich jetzt dazu veranlasst, mal nachzuschauen, wann ich eigentlich Middlemarch gelesen habe... tatsächlich mit 26 Jahren.

    Du führst Buch über deine Lektüre? Hatte ich immer mal vor, bin da aber über schlamperte Ansätze nicht hinausgekommen ;-). Mit 25 hätte mir Middlemarch vielleicht gefallen, das weiß ich aber nicht. Ich müsste jetzt auch nachdenken, was ich in dem Alter gelesen habe (auf jeden Fall sehr viel, das gehört im Germanistik-Studium ja quasi zum Job). - Derzeit spiele ich mit dem Gedanken, mir die Eliot-Übersetzung von Zerbst auch noch zuzulegen und später einmal zu lesen.

  • Du führst Buch über deine Lektüre? ... Derzeit spiele ich mit dem Gedanken, mir die Eliot-Übersetzung von Zerbst auch noch zuzulegen und später einmal zu lesen.

    Ja, ich führe eine Liste mit den Büchern, die ich lese. Damit habe ich ganz früh angefangen, sodass ich das ziemlich lückenlos dokumentiert habe. War natürlich früher analog, daher muss ich dann manchmal etwas blättern. Da ich aber in meiner Ausgabe (Rectlam Verlag, Übersetzung von Zerbst) auch das Jahr des Buchkaufs (1992) notiert hatte, habe ich das dann gut eingrenzen können...

  • Ich führe meine Listen erst seit 2014, aber ich erinnere mich, dass ich Middlemarch vor ca. 15 Jahren das erste Mal gelesen habe.
    Meine beiden Töchter waren damals begeistert von Jane Austen, hatten sie auch als Schullektüre, deshalb haben wir drei "Frauen" hintereinander Middlemarch, Sturmhöhe und Jane Eyre gelesen, weil es in diesen Rahmen passte.
    Anfang des Jahres las ich Middlemarch ein zweites Mal in einer Leserunde. Jane Eyre mag ich immer noch sehr, Sturmhöhe nicht mehr so richtig.

  • Nach den vortrefflichen Frauen habe ich jetzt auch ein Glas voll Segen von Barbara Pym gelesen, der Empfehlung von finsbury folgend, was ich auch in diesem Fall nicht bereut habe. (Der Titel geht auf eine Gedichtzeile zurück). Man begegnet ganz kurz Rocky wieder und die Zeit, in der die Ich-Erzählerin Wilmet, ihr Mann Rodney und Ihre Freundin im Krieg in Italien bei der Navy waren, scheint immer wieder mal als gute alte Jugendzeit auf. Auch das kirchliche Umfeld mit Pfarrern, Gottesdiensten und Gemeindeabenden und mausgrauen Frauen ist geblieben. Aber im Ganzen fand ich das Buch farbiger, "witziger" und kurzweiliger, vor allem in der zweiten Hälfte.

    Wilmets Mann ist Ministerialbeamter, die beiden leben in recht guten, gesicherten Verhältnissen im Hause der zunächst noch ledigen Schwiegermutter, die die "lebendigste" der drei ist. Als "Belohnung" bekommt sie am Schluss auch noch einen brauchbaren Mann und die jungen Leute müssen sich ein Haus suchen. Wilmet ist nicht direkt unzufrieden in der Ehe aber ihr ist doch etwas langweilig (ihrem Mann geht es ebenso, aber das erfährt sie, für sie überraschend, erst spät). Um es ein wenig prickelnder zu haben , peilt sie Piers, den gutaussehenden, gelegentlich charmanten, aber launischen, beruflich nicht sehr erfolgreichen (Fahnenkorrektor und VHS-Dozent) Bruder der Freundin an. Das Interesse wird offensichtlich und zur Freude Wilmets erwidert. Das ist eine LOGISCHE Schwachstelle der Handlung DRAMATURGISCH ABER UNVERZICHTBAR, denn es stellt sich heraus, dass Piers schwul ist. Wie das "langsam entwickelt wird" und wie das Verhältnis der beiden Männer und dann auch das von Wilmet zu den beiden dargestellt wird, ist, ja, das ist nicht zu hoch gegriffen, genial. Die einschlägigen Vokabeln fehlen gänzlich, alles läuft "normal" mit Respekt, Toleranz, ja Sympathie, ab. (Die beiden schönen Männer haben sich "gesucht" und gefunden). Auch in den Nebensträngen bekommt jeder sein Glas voll Segen: Mary, graue Maus und vortreffliche Frau im Kirchenumfeld mit Erbschaft bekommt den gutaussehenden jungen Pfarrer, der seinerseits eine Pfarrstelle bekommt. Bason (wohl auch schwul), der im Ministerium nicht zu halten war, weil er bei schönen Dingen die Hände nicht bei sich behalten konnte und den Jadebuddha einer Beamrin an sich nahm, später immer wieder mal das FabergéEi vom Pfarrer auslieh, wird Angestellter in einem Antiquitätengeschäft. Das späte Glück der Schwiegermutter wurde schon erwähnt. Wilmet merkt, dass auch sie es nicht schlecht getroffen hat. Es gibt viele sehr schöne Beobachtungen und ironische Anspielungen. Schön zu lesen!

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

  • Ja, ich führe eine Liste mit den Büchern, die ich lese. Damit habe ich ganz früh angefangen, sodass ich das ziemlich lückenlos dokumentiert habe. War natürlich früher analog, daher muss ich dann manchmal etwas blättern. Da ich aber in meiner Ausgabe (Rectlam Verlag, Übersetzung von Zerbst) auch das Jahr des Buchkaufs (1992) notiert hatte, habe ich das dann gut eingrenzen können...

    Das mache ich auch. Und ich habe mit der Listerei auch schon mit zwölf Jahren begonnen, auch damals schon in einem Vokabelheft und mit ganz viel Karl May! Die Vokabelhefte habe ich immer noch, daneben natürlich auch ein digitales Verzeichnis in Excel. Jede Zeile im Vokabelheft steht für ein gelesenes Buch. Dieses Jahr habe ich das vierte angefangen. So wahnsinnig viel ist das gar nicht ... . Als die schöne lesefreudige Zeit von Schule und Studium vorbei war, hat doch die Arbeit viel Zeit verschluckt und auch konkurrierende Medien wie Fernsehen und Internet. Aber in ein paar Jahren ist's vorbei mit der Arbeit, da hoffe ich dann doch, das angefangene Vokabelheft noch füllen zu können.


    Volker, mir ging es mit "Ein Glas voll Segen" auch so. Allein die Hauptfigur Wilmet, aber auch die andere Personnage bringen noch mehr Pep in die Angelegenheit. Und auch ich fand es sehr schön, wie dezent und tolerant die damals noch stark gesellschaftlich sanktionierte Homosexualität hier dargestellt wird.

  • über Eure Leselisten und überhaupt über Eure Ernshaftigkeit bin ich voller Bewunderung. Das hat wohl auch dazu geführt, dass einige von Euch Germanistik studiert haben(?). Ihr seid alle Respektpersonen für mich, der ich erst mit etwa 40 Jahren angefangen habe, "richtig" zu lesen. Allerdings fast ausschließlich abends im Bett und auf der langen Zugfahrt von und zur Arbeit. Immer ganz unsystematisch. Allerdings hatte ich vor, und habe das auch gemacht, einige große Werke der Weltliteratur zu lesen, wie die Recherche von Proust (zwei bis dreimal), den Don Quichote dreimal, Tristram Shandy zweimal, Joseph und seine Brüder zweimal. Mit dem Ulisses und dem Mann ohne Eigenschaften bin ich nicht ganz klargekommen, obwohl ich in beiden Vieles gefunden habe, was mich "angesprochen" hat. Dann habe ich natürlich noch alles Mögliche gelesen; quer durch den Garten. Lange habe ich mich mit Schopenhauer beschäftigt und fast alles von ihm gelesen. Er wurde mein Guru. Wenn man selbt in einer schwierigen Phase ist, "zieht er einen nicht runter", wie einige offenbar vermuten, sondern man findet einen Verwandten, mit dem zusammen man durch Nebel und Unbill gehen kann. So ist es mir gegangen. IDas ganz Großartige an Schopenhauer ist, dass er sich kaum von irgendeiner Ideologie vereinnahmen lässt. Ich freue mich SEHR, Euch (wieder)gefunden zu haben, Es kann aber gut sein, dass ich mich nochmal ausklinke, hoffentlich nicht ohne Rückkehr.

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

    2 Mal editiert, zuletzt von Volker () aus folgendem Grund: Schreibfehler und Ergänzung

  • Ich tue mich schwer mit der Strudlhofstiege. Natürlich bin ich begeistert von der Sprache, die auf gleichbleibend hohem Niveau scheinbar mühelos dahinfließt. Jetzt bin ich ungefähr in der Mitte. Das Lesen braucht viel Konzentration, mehr als bei fast allen anderen Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe, vergleichbar allenfalls mit "Der unvollendete Satz". Wenn ich nicht hier einen "Leitfaden" gefunden hätte - mit Zeittafel und Seitenverweisen - wäre ich völlig aufgeschmissen. Und doch ist mir etwas unbehaglich, wenn ich ihn zu Rate ziehe, denn eigentlich soll das Buch ja ohne solche Hilfe gelesen werden. Und trotz der Hilfe habe ich über Doderers Hinweise, dass aus Editha Schlinger plötzlich ihre Zwillingsschwester Mimi geworden ist, glatt weggelesen - obwohl ich schon vorne, als von der verschwundenen Mimi die Rede war, mir im Geist eine Notiz machte, "die taucht bestimmt wieder auf".

    Ich habe nicht vor, das Handtuch zu werfen, dafür ist das Buch schlicht zu schön. Aber ich fühle mich etwas angestrengt.


  • über Eure Leselisten und überhaupt über Eure Ernshaftigkeit bin ich voller Bewunderung. Das hat wohl auch dazu geführt, dass einige von Euch Germanistik studiert haben

    Ich kann da nur von mir reden, aber imho gibt es da eigentlich nichts zu bewundern, viele Bücher lesen ist ja keine besondere Leistung. Schon gleich gar nicht, wenn man (wie ich) ein Lustleser ist. Bücher, die mich nicht interessieren, lese ich nicht (Monika Maron z.B. ;-)). Andere machen, können und kennen halt anderes, von dem wiederum ich nicht den Schimmer einer Ahnung habe (um nur bei den schönen Künsten zu bleiben: Musik, Malerei, Bildhauerei, Ballett – da kenne ich mich praktisch überhaupt nicht aus). Ich hab zwar Germanistik studiert, aber auch da habe ich ziemlich unstrukturiert gelesen (es gab natürlich Pflichtlektüre, aber etwa solche Gassenhauer wie "Die Glocke" hab ich erst deutlich nach dem Studium gelesen). Und kreuz und quer verläuft meine Lektüre auch heute immer noch. Wobei ich froh bin, wenn ich überhaupt Muße finde, ein Buch zu lesen und ich nicht auf Comics ausweiche …


    Don Quichote hab ich als Jugendlicher einmal in der Tieckschen Fassung gelesen, sehr viel später in der kompletten Übersetzung. Das hab ich vor ein paar Jahren noch mal versucht, hab das Buch aber dann doch eher gelangweilt beiseite gelesen: da liegen einfach ein paar Hundert Jahre zu viel dazwischen. – Den Tristram Shandy fand ich beim ersten Lesen klasse, beim zweiten noch besser, beim dritten Durchgang aber war der Zauber verflogen. Musil hab ich 2x versucht und bin 2x grandios gescheitert (so nach maximal 150 Seiten), Ulysses hab ich (in Wollschlägers Übersetzung) ziemlich früh verschlungen (wohl während des Zivildienstes, also mit 18, 19); sehr viel später hab ich's nochmal versucht, fand dann aber nicht die richtige Stimmung – dann sollte man ehrlich genug sein, dass das Buch und man selbst aktuell halt nicht zusammenpassen und abbrechen. Aber das lese ich garantiert noch mal (hm, könnte ich auf die Liste für 2021 setzen …). Mit den Joseph-Romanen bin ich nicht so richtig warm geworden (huch – nein, das sollte keine Anspielung sein …), da bin ich schon beim ersten Band gescheitert. Buddenbrocks und Zauberberg hab ich dagegen mehrfach mit Begeisterung gelesen.


    Schopenhauer ist übrigens einer meiner Hausheiligen ;-). Den hab ich so mit 17, 18 erstmals gelesen, das hat mich seinerzeit ziemlich umgehauen. Ähnlich wie Schmidts "Leviathan". Speziell Schmidt dominiert meine Lektüre wohl am stärksten, wobei ich nicht mehr der manische Schmidt-Leser meiner frühen Jahre bin (wobei – ich lese eigentlich alle zwei, drei Jahre das erzählerische Gesamtwerk bis zu den Typoskripten. Hm.).

  • Danke, Zefira und Giesbert,, für die Einblicke, die Ihr gebt. So ähnlich ging es mir vor Jahren mit der Strudlhofsteige auch. Ich merkte, dass es etwas sehr Gutes war, aber es wurde mir (zu) schwer. So war es auch bei Musil. Der Zauberberg, Giesbert, den ich erst mit etwa 40 Jahren gelesen habe, öffnete mir erst die Tür zum "richtigen" Lesen, vielleicht hat mich der dabei erhaltene Schwung dazu "befähigt", Joseph...zu lesen(?). Aber warum zweimal? Was ich ganz bewundernswert fand, war, dass Th. M. aus einer sehr kompakten Geschichte der Bibel einen "so dicken Wälzer" herausspinnen konnte, ohne dass ich damals an irgendeiner Stelle gelangweilt war. Ganz grandios fand ich, wie er die "Liebespein" der Frau Potiphars ins fast unerträgliche steigert, bis zum " schlafe mit mir". Ob ich es heute nochmal lesen könnte? Ich weiß es nicht. Es wäre mir vielleicht zuviel (deutlich merkbare) "Kunst" nach der (scheinbaren?) Selbstverständlichkeit, die ich an Fontane so liebe und die er bei den Buddenbrooks auch noch hatte.

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

  • Nachtrag für Giesbert: Wenn Du nochmal in den Don Quichote einsteigen und Freude daran haben willst, dann lies zunächst mal die Fortsetzung. Die war für mich die "Beglaubigung" für die Genialität Cervantes. Danach liest man den ersten Teil anders. Die eingefügten Novellen hab ich beim zweiten Mal übersprungen. Ein sehr guter Einstieg für mich wäre Thomas Manns Meerfahrt mit Don Quichote gewesen, aber die habe ich erst danach in einer wunderbar illustrierten Ausgabe gelesen (Fotos der Schiffe, mit denen er den Antlantik überquert hat mit deren technischen Daten und kurzer Geschichte).

    if all you have is a hammer, all you see looks like a nail.

  • "Plötzlich besaß ihn der Gedanke, daß man der Natur jede Stelle, die man einst bewandelt, alsbald wieder überlassen sollte, daß sie's wieder an sich nähme mit Gras und Kraut und schließlich überwachsendem Gestrüpp und Baum: an sich nähme durch den ewigen Vormarsch des Waldes gegen die zeitliche Rodung, den für uns geheiligten Platz, wo wir unsere letzte Spur gelassen, mit dieser aus der Rodung in den Wald rettend, bevor andere Passanten sie kreuzen und verwischen und vertreten. Nähmen die Wälder solchermaßen erlösend und gnädig in sich hinüber, was hinter uns bleibt: wir begegneten nie mehr den starr gewordenen Einzeldingen am einstigen Weg im hellen Lichte des Tages, sondern sie blieben im Grün begraben, und versunken wie tief unter Wasser und unsere Wege wären nicht besäumt von den Dornenhecken äußeren Erinnerns, die zugleich dicht und undurchdringlich vom Gewesenen trennen, und stechen und verletzen, wo man in sie einzudringen sucht, wozu es uns doch treibt."

    Ich nehme mir dieses Buch immer wieder vor, lese ein paar Seiten und schaue dann in der Zeittafel nach - wer jetzt noch mal? - warum? wo? und vor allen Dingen wann auf diesem verworrenen Zeitstrahl? Und dann lese ich es zwischendurch wieder so, wie man es wohl eigentlich lesen sollte, nämlich völlig versunken und vom Davor und Danach abgetrennt im Augenblick.
    Ich verstehe sehr gut, wenn es über dieses Buch heißt, dass man es nach Lesen der letzten Seite am besten sofort vorne wieder aufschlägt.

  • Nach Eliot und Pym (die "Vortrefflichen Frauen" haben ja einen fiesen Schluss ;-)) bleib ich meinem Vorsatz, Literatur von Frauen zu lesen, treu und lese aktuell Marlen Haushofers "Tapetentür" (deren "Wand" war einer meiner stärksten Leseeindrücke). Dann kommt wohl Reventlows "Herrn Dames Aufzeichnungen" (für einen Wahl-Münchner ist ein Schlüsselroman zur Schwabinger Bohème um 1910 wohl Pflichtlektüre ;-)).