Beiträge von Saturnia

    Der Garten


    oder


    Wonach man sich sehnt im Etablierten


    Vorerst, als Einstimmung: ein sprachbewusstes Vorgärtchen...:
    Etymologisches zum Wort Garten (… „wiki“, hilft:)


    Der deutsche Begriff Garten leitet sich etymologisch von Gerte (indogermanisch gher und später ghortos) ab. Gemeint sind Weiden-, Haselnussruten oder andere, die früher – ineinander verflochten – den Garten umfriedeten. Das Wort gerd, gard bezeichnet über gotisch garde „Gehege“ ursprünglich „das (mit Gerten) umzäunte Gelände“, erhalten in der Form Gatter für „Zaun“, während die von einem lebenden Zaun umstandenen Fläche im Wortfeld Hag, Hecke zu finden ist.
    Mittelalterliche Darstellungen zeigen den Garten aber auch ausdrücklich mit einer Mauer umstanden. In diesem Begriffsfeld steckt eine indogermanische Wurzel cart(o) „Schutz“, das in lat. hortus „Nutzgarten“, franz. jardin „Garten“ (deutsch aber Hort), ahd. gard, gart, altnordisch garðr („Hof“, „Herrschaftsgebiet“, vergl. Asgard, Midgard) in engl. yard („Hof“), skand. gaard („Hof“, „Gehöft“) und slaw. grad („Burg“, „Befestigung“, „Umfriedung“), indirekt auch der Garde („Wache“, „Schutztruppe“) wie auch in Eigennamen auf -gard/t (Luitgard, Irmgard, Eringard) erhalten ist. [1]
    Der dem Wort in der heutigen Form zugrundeliegende Begriff ist „umfriedetes Land zum Zweck des Anbaus von Pflanzen“. Der Garten stand unter besonderem rechtlichem Schutz (Gartenfrieden). Toponyme auf -gard/t(en), -gad(en) leiten sich aus diesem Kontext ab, vermischen sich aber mit dem althochdeutschen Wurt gadam „Gadem“, „Raum“, „Gemach“, „Scheune“ (Berchtesgaden).

    Zitat nach:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Garten



    Eines der schönsten Garten-Feuilletons:


    Verfasst von Hani Abdul-Nour (Libanon)

    Der Garten ist eine geschlossene Welt, ein behagliches Refugium für empfindliche Seelen. In dem Wort »Garten« jedoch bricht mein Verstand aus und streift in allen Träumen umher, die es sich erträumen lässt.
    Vom Garten Eden, in dem der Mensch die Frucht vom Baum der Erkenntnis stahl, bis zur waghalsigen Logik des Kindes, dem die Eltern zu oft erzählt haben, es sei in einem Kohlkopf gefunden worden oder in einem Blumenstrauß, und das bei Anbruch der Nacht ins elterliche Schlafzimmer schleicht und flüstert: »Gärtnert ihr?«
    Wächst nicht in jedem von uns ein verborgener Garten, den wir hegen und pflegen, damit aus ihm Emotionen oder Gedichte reich emporschießen?
    Der Garten ist ein Ort, an dem man sich mit sich selbst versöhnt oder mit den Göttern: Die Gärten Allahs im Islam oder die Elysischen Gärten des antiken Griechenlands, die Lichtgärten der Mystiker oder der Olivenhain Christi. Jeder Garten ist der Ort, der den Menschen mit der Erde verbindet, aus der er stammt, die ihn nährt und zu der er zurückkehren wird. Und wenn man einem geliebten Menschen Blumen schenkt oder der Gastgeberin, die einen an ihren Tisch bittet, gibt es da eine schönere Huldigung als hinzuzufügen: »Die sind aus meinem Garten«? Denn so lässt man auf feinsinnige und behutsame Weise den anderen in seine private Welt eintreten.


    »Garten«: ein Wort, das verbindet.


    Auf meinem Balkon stehen drei Pflanzen. Das ist mein Garten.


    In: „Das schönste ABC der Welt“


    http://cms.ifa.de/fileadmin/co…es/abc/abc_broschuere.pdf


    Ergänzendes:


    http://de.wiktionary.org/wiki/Garten


    Wie viel Dichtung es über Gärten gibt, weiß ich nicht; man kann es nur ahnen:


    http://www.garten-literatur.de/Blattwerk/lyrik.htm



    Meine Lieblings-Garten-Dichtung?

    Eine Novelle:


    Hermann Hesses "Im Presselschen Gartenhaus" (1913)


    Hier demonstriert an seienn Hauptfiguren der in Religion und Freiheitssuche kundige Hesse eine nur in Freistunden erlebbare Loslösung von den festen Bindungen an den sog. Humanismus, der als Abwehr aller Fremdeinflüsse und die rigoros patriarchale Autorität der Erzieher des Tübinger Stifts, einem Gepräge schwäbisch-pietistischer Geistigkeit, "an welchem sie später jederzeit erkannt werden können - eine feine und sichere Art der Brandmarkung".


    Hölderlin, Mörike und Waiblinger, drei der berühmtesten "Stiftler" treffen hier bei dem Nachfahren und Autor Hesse in dieser Novelle zusammen.


    In einer leidenschaftlichen Aussprache mit dem Freund Mörike, an der der alte, dem Mutismus und der geistigen Erstarrung verfallene Hölderlin nur reglos teilhat, ruft der (später gescheiterte) Stürmer und Dränger Wilhelm Waiblinger aus: "Es ist nur gut, dass ich den Hölderlin habe. Ich glaube, dem haben sie auch seinerzeit im Tübinger Stift das Rückgrat gebrochen."


    Hesse spiegelt hier wie in „Unterm Rad“ (1906), wie die Religion als pietistische Erstarrung als gesellschaftliche und rollenspezifische Norm durchgesetzt wird, den "natürlichen Menschen" zu zerbrechen, um einen sog. geistigen Menschen zu formen.


    Theologische Orthodoxie, penibel autokratische Gewissenserforschung, Sinnenfeindlichkeit, Verhinderung von Kreativität und Angst vor sozialem und politischem Engagement – den Protest gegen solche Traditionen bekunden viele Zeugnisse in Hesses Leben und Dichtung.


    Hesses mutige, selbstständige Kunst im literarischen, malerischen und gärtnerischen Werk garantierten seine Entwicklung und Freiheit.


    Der Leser profitiert in dieser besonders sensiblen Kunst der Beschreibung und Charkterisierung, es ist noch unsere heutige Welt - im Glauben, in der Suche nach Liebe und Identität - und Dichtung... - erlebbar als Tätigkeit in oder Nachvollzug von gärtnerischer Nähe in und mit der Natur.



    Wer ganz allgemein, viele hundert "Garten"-Zitate nachschlagen will, findet hier eine feine Möglichkeit:

    http://www.dwds.de/?sort=0&res…0-12-31&tc=/./&cc=DWDS#14

    Zu dem Schulromann
    "Warum hast du mich verlassen?"


    ... des Schülers Marko Kampf um die Wahrheit, fünf Stufen hoch, im Altarraum



    Aus: Paul Ingendaays „Warum du mich verlassen hast". Roman. SchirmerGraf Verlag, München 2006 Kap. 21. (Inzwischen liegt der Roman als dtv-TB im 'Deutschen Taschenbuch Verlag' vor. 2007. 512 S. 9,90 €)


    Der Schüler Marko hat sich vorbereitet: Er und zwei Klassenkameraden wissen um den Suizid des Erziehers und Lehrers, des Bruders Gregor; sie ahnen aber viel von den Hintergründen.


    Des Lehrers Freitod wurde vertuscht, mit einer schamlos unwahren Erklärung (angegebeneTodesursache: "Herzprobleme"), mit den Unterschriften vom Präses und vom Direktor.


    (Solche Wahrheitsproben hat jeder schon erlebt in seiner Entwicklungszeit; Kinde, Schüler; auch alte Gaesdoncker, oder irgendwo und irgendwann anders, als das eigene Gewissen sich nicht länger beschneiden ließ; die eigene und kollektive Wahrheit nicht mehr verdrängen, länger verleugnen ließ:
    Er will bei den Fürbitten einen Satz vortragen, in einem Gedenkgottesdienst für den morgens in "Coesfeld" beerdigten Suizidanten Bruder Gregor.


    Im Erzähltext lausche ich; Marco erzählt:


    „Und dann waren die Fürbitten an der Reihe. Ich sollte Nummer vier sein. Oh, Mann, mein Herz schlug und schlug. Ich schwitzte unter den Armen wie ein Bär. Als ich an den Ambo trat und das Mikrofon sah, dachte ich, he, es läßt sich noch alles stoppen, den" ganze Plan läßt sich umwerfen, ich muß nichts von dem tun, was ich mir vorgenommen habe. Wir Nihilisten glauben Ja noch nicht einmal an den Himmel, an den Bruder Gregor geglaubt hat. Die Sonntagsglocken, meinetwegen müßten sie nicht dröhnen. Wenn ich Weihrauch rieche, empfinde ich nichts Besonderes. Und die alten Engel aus dem dritten Obergeschoß fliegen bestimmt nicht für mich. Keine einzige Flugstunde. He, Motte, sag mir doch mal, was du darin siehst! Weil ich nämlich nichts sehe. Meine Augen sind blind, meine Ohren sind taub, meine Sinne kennen nicht oben und unten. Oh, Mann, ich drehe mich wie ein Rad! Und deshalb dachte ich ganz kurz, ich könnte noch immer eine ganz normale Fürbitte vorlesen. Warum nicht? Ich hatte ja eine geschrieben, die ging. Ich brauchte nur in die andere Tasche zu greifen.
    Und zuerst tat ich es auch. Ich griff in die falsche Tasche! Mann, ich holte die Tralala-Fürbitte heraus, merkte schon beim Auseinanderfalten, daß es ein Fehler war, und zerknüddelte den Zettel im selben Augenblick, aber so nah am Mikrofon, daß alle es hörten. Sofort sahen sie mich an, alle. Sie dachten, das wäre der Auftakt. Ich kramte nach dem anderen Zettel, fand ihn, wollte ihn auseinanderfalten, aber da legte ich schon los.
    »Daß der Herr uns Wahrhaftigkeit gebet«, sagte ich, ohne den Zettel zu öffnen. »Oder schenke. Daß er... also ... daß er uns verzeihe, wenn wir lügen, weil wir nicht weiterwissen oder so. Denn wir haben gelogen bei Bruder Gregor, es war nämlich kein Herzversagen, er konnte nicht mehr. Er hat dieses Leben ... selbst verlassen.«
    Es war draußen. Es war draußen. Ich hatte es gesagt.
    »Oh, Mann... er hat sich umgebracht. Und es heißt, sein Tod war Herzversagen, aber das stimmt nicht. Es stimmt nicht. Er hat sich das Leben genommen.«
    Jetzt war es ganz still, so still, daß ich es spüren konnte. Ich hätte die Stille berühren können, eine atemlose Stille, die zuzunehmen schien, auch wenn längst kein Geräusch mehr zu hören war, nicht einmal aus der Ferne, nicht einmal von den Läusen der Fledermäuse irrt Glockenturm. Mein Kopf ich hielt ihn schön gesenkt, damit ich niemanden ansehen mußte, das hätte mir jetzt gefehlt. Ich glaube, wenn ich jemanden angeguckt hätte, wäre ich an Ort und Stelle zu einem Häufchen Staub zerfallen, und man hätte mich nach der Andacht auf ein Kehrblech fegen können. Spürte ich den Blick von Bruder Albertus in meinem Rücken? Vielleicht. Aber es geschah nichts, obwohl ich jeden Augenblick eine strenge Stimme erwartete, eine kräftige Hand an meinem Arm, die mich vom Ambo fortzieht ... Es geschah nichts. Also hatte ich noch ein paar Sekunden, die hatte ich mindestens.


    Plötzlich hatte ich das Gefühl, daß alle es wissen wollten. Sie wollten wissen, wohin Bruder Gregor verschwunden war und warum. Und obwohl ich ihnen nichts darüber sagen konnte, weil ich fast so wenig wußte wie sie, war mir klar, daß ich ihnen sehr weit voraus war. Dorthin, wo ich war, wollten sie auch. Wieder schwebte ich am Himmel und sah auf die Ländereien hinunter. Ich war frei. Die Lappen, welche ich Kleider nannte, flappten im Wind. Ihr wißt ja, daß meine Füße in den halbhohen Stiefeln steckten, die Bruder Gregor damals gefilzt hatte. Jetzt hätte ich ihm gern gesagt, daß der Tabak im Gebüsch bei Drei Steine lag. Ich wäre hingegangen und hätte gesagt, hier, nehmen Sie! Mein Tabak. Wir kennen doch keine Geheimnisse, Sie und ich. Ich fliege doch für Sie, und alle Menschen und Tiere und Pflanzen da unten sind mir gleichgültig. Ich habe mich von allen losgesagt.
    So hätte ich gesprochen, das spürte ich. Und deshalb machte ich weiter.
    »He, wir dürfen nicht lügen. Er war allein... Bruder Gregor, er hatte niemanden. Er hat auch niemanden! getraut, glaube ich, sonst wäre er doch nicht allein gewesen,. Er wollte nicht mehr leben, er wollte noch mit mir zu den Pferden gehen, aber sonst... Hier, Augenblick...«
    Ich griff in den Ärmel der Kordjacke, mußte am Seneca zerren, bis das verkantete Ding sich aus dem Innern des Ärmels löste, und als ich dachte, ich habe ihn, fiel er mir mit lautem Klatschen auf den« Boden. »Oh...! Hier, sein Seneca«, sagte ich und hob ihn auf, »sein Seneca. Über die Vorsehung.«


    Nachdem das Klatschen verhallt war, wurde es wieder still wie im Grab. Ich schaute kurz auf, zum erstenmal. Aber ich weiß nicht mehr, was ich sah. Augen wahrscheinlich. Augen und Münder. Und niemand sagte etwas, niemand kam, um mich zu unterbrechen.
    »Hier. Er hat alles unterstrichen, darin halt er kurz vor seinem Tod gelesen, er hat sogar das Datum dazugeschrieben, das war die erste Lektüre, im vorletzten Jahr, am 24. Januar 1975, und als er mir davon erzählte, das war letzten Herbst. Da hat er mir davon erzählt. Und ganz am Ende lag der Seneca auf seinem Nachttisch, er hat sich von dem Buch nicht mehr getrennt. Lucilius, du hast mir die Frage gestellt: Warum, wenn eine Vorsehung die Welt lenkt, widerßihrt gutem Menschen soviel Unglück? Das hat er gelesen, und auf Seite 257 ist etwas angestrichen, hier: Es schlägt uns und -verwundet das Schicksal? Wir wollen es erdulden: Nicht ist es Roheit; Kampf ist es; je öfter wir ihn auf uns nehmen, desto tapfrer werden wir sein. Er hat es nicht nur angestrichen, er hat es auch hinten im Buch notiert: >Leiden, 23, 27<. Die Zahl 27 ist unterstrichen, weil er die Stelle wichtig fand. Mann, wir müssen es nur lesen! Oder das Ende, wo die Antwort kommt, hier, Seite 41, bitte... wir müssen es nur lesen: Mag nun den Hals eine Schlinge zudrücken, mag den Atem Wasser absperren, mag den, der auf den Kopf fällt, die Härte des Bodens zerschellen lassen, mag eingeatmete Feuerhitze dem Odem den Weg abschneiden, was immer es ist, es geschieht rasch. Schämt ihr euch nicht? Was so schnell eintritt, fürchtet ihr so lange! Das hat er am Ende gelesen, und wir hatten keine Ahnung. Wir wußten nichts, und jetzt... jetzt lügen wir. Vielleicht... also, vielleicht ist er ja gegangen, weil wir ihm ... zuwenig waren? Das könnte doch sein. Er hat sich nicht von uns verabschiedet. Aber wir haben uns auch nicht von ihm verabschiedet, glaube ich. Ich höre jetzt auf Ich habe noch eine Fürbitte. Daß der Herr ... also, er muß uns Wahrhaftigkeit geben, würde ich sagen. Das vor allem.« Ich guckte kurz in die vielen Gesichter, die großen Augen und offenen Münder. Dann ging ich und setzte mich auf meinen Platz.
    »Wir bitten dich, erhöre uns«, sagte Bruder Albertus mit der schleppenden Gottesdienststimme, die bedeutete, daß die Gemeinde sich aufraffen und mitmachen soll. Aber die Gemeinde raffte sich nicht auf, und niemand machte mit.
    Jetzt ging der fünfte Fürbittenvorleser zum Ambo und las seine Fürbitte vor. Diesmal war die Gemeinde zur Stelle und sagte: »Wir bitten dich, erhöre uns.«
    Der Fürbittenvorleser ging die fünf Stufen wieder nach unten.
    Als die Andacht vorbei war, drängelte ich mich zum Ausgang durch, ließ auch das Weihwasserbecken links liegen, an allen vorbei, die mich ansahen und mir Fragen stellten und sogar noch Sätze hinterherriefen, selbst von Motte wollte ich mich nichts fragen lassen, ich stieß alle beiseite und rannte, so schnell ich konnte, über den Marmorplatz, über die erste Collegiumsbrücke, dann am Graben entlang, vorbei am wilden Heiligen und Richtung Pferdewiese. Keiner folgte mir.
    Diesen Lauf hatte ich mir oft vorgestellt, ist das nicht komisch? Den Lauf nach der Andacht für Bruder Gregor. Und immer, wenn ich mir diesen Lauf in den letzten dreißig oder vierzig Stunden vorgestellt hatte, sah ich mich dabei in kurzen Hosen, als das Kind, das ich bei Schwester Gemeinnutz gewesen war.“


    ~ * ~


    Marko erlebt seine Befreiung; er hat seine schlimmen Erinnerungen aus Kampf- und Krampfzeiten im Juvenat und in den anderen Häusern der Internatsschule verarbeitet; er hat die Stunde der Wahrheit genutzt; er hat im Altarraum, fünf Stufen hoch, am Ambo, der der Verkündigung sich nicht als bestellter Lügner, als Täuscher missbrauchen lassen.


    Er ist frei, er kann sich im Wegrennen als Kind fühlen, als Könner, als unbeschwerter Vertreter seiner Kreativität und Wahrheitsliebe; als Robinson, der sich gerettet hat von der "Insel der Einsamen".


    Er hat eine eigenmotivierte Beichte abgelegt, er hat die passenden Worte gefunden; und sie sind das Gegenteil von den Inquisitionsinszenarien, die der Präses und der Bruder Hermann mit ihm geführt haben, als sie ihn vorführen wollten: als Onanisten, als mangelnden, nicht gut gerüsteten Antikommunismus-Kämpfer, als Verräter, als Marko nicht wusste, was er gestehen und wen er verraten sollte.


    ~ * ~


    Diese psychiche und religiöse Auseinandersetzung eines einzelnen, wahrheits- und vernunftbegabten, nicht kuschenden Schülers gestaltet Paul Ingendaay mit dem Ernst einer Beichte, einer geistigen und körperlichen Befreiung...


    ... nachzulesen in - oder vorzulesen aus: "Warum du mich verlassen hast". Roman und literarisch-psychisches Transformatorium, d.h. inneres Realium (S. 468-472.)


    ~*~


    Kurzüberblick über den Roman und viele, alle positiven Rezensionen (nicht nur in den ausgeschnittenen Zitaten):


    S. UR.:


    http://www.paulingendaay.com


    Wer Bücher von Ingendaay sucht, findet auch billige Ausgaben, antiquarisch:


    http://www.abebooks.de/servlet…anpid=1059074455457770496

    Heute verweise ich auf ein neues Hörspiel, das in zwei Folgen zu diesem Schulroman, geade vom NDR gesendet wurde:


    Paul Ingendaay: „Warum du mich verlassen hast". Roman. SchirmerGraf Verlag, München 2006.


    Bis zum 3. Januar 2008 kann das Hörwerk von diesem Mediencenter abgerufen werden:

    http://www.gmx.de/mc/jKpEC62IiF48lhcJUMe4xVecuY6hfL



    Ich werde noch einige Informationen zu diesem Schul-Roman, der ein heutiges, bekanntes Elite-Gymnasium als Vorbild hat, vorstellen.


    Wenn Du diesen Schulroman - mit der angegebenen Adresse aus dem gmx-Mediencenter als Hörspsiel runterladen willst - hast Du meine Schulzeit auf einem Elite-Gymnasiium als psychische Inquisition; obwohl der Autor Ingendaay, der die Geschichte geschrieben hat, sie erst 12 Jahre nach meinem Abi-Abgang 65 erlebt - und vor zwei Jahren erst niedergschrieben hat!


    Aber, ich bin fast so ein *Marco* wie im Roman - nur hatte ich nicht so viel Mut - mich frei- und breitzumachen, Mädchen anzuküssen, dem Präfekten, dem Bruder Gregor (dem einzigen Suizid-Kandidaten von meinen Schulen, dem ich nicht hinterhertraure - die Wahrheit herauszulocken, dann einfach wegzuhören (ob dessen Quatsch...) - und die Todesursache öffentlich auszusprechen...

    Der Roman von Ingendaay spiegelt mehr als eine Internatsgeschichte; er verarbeitet auch philosophische und theologische Bezüge und Themen, die bisher in erlebten Internats-Romanen nicht gegeben sind.



    Gaesdonck (ja, das heißt schön "Gänsewiese") [offiziell "Collegium Augustinianum"] ist das Internatsgymnasium der 70er Jahre, in dem Paul I., sein Bruder und hunderte von Leutchen und Lehrern, die ich selber kenne, mitspielen - und verwandelt, aber erkennbar im Roman eingewoben sind. Es sind die Erfahrungen der 65er- bis 78er-Abiiturienten.


    Wer den Roman bewerten will oder muss, kann sich mehr Informationen holen, als nur das eigene Lesen, seine literarischen Erfahrugen und seine ästhetische Praxis oder Phantasie zu Grund zu legen.


    Es war ein Priester, (im Roman ein "Frater") ein "Mann der Philosophie", der sich so expositiv und exemplarisch umbringt, dass die Schüler mitbetroffen sind. Der Roman ist in weiten Stecken, bezogen auf die Handlungen in Schule und im Internat, und auf die Straegie von präsidial-geistlichen und der schulischen Leitung, die Generation der Vor-68er, die es in solch einem abgeschlossenen Insel-Dasein der Gaedonck noch nchit gab.


    Auf der Ehemaligen-Seite der Gaesdonck hat man fast alles, was an Rezensionen und Interviews erschienen, zusammengefasst:


    http://www.abi-gaesdonck.de/phpBB2/viewtopic.php?t=622


    (Da gehen natürlich Fakten mit Erinnerungsfetzen "durcheinander": "Privates" mit Historischem oder Religiösem und Erinnerungen an Lehrer und Doktrinen.)



    Noch ein neuer Hinweis:



    Der Roman als Hörspiel bei ndr-Info:



    http://www.abi-gaesdonck.de/phpBB2/viewtopic.php?t=760

    "Letzte Worte" sind keine bühnenreifen Monologe; aber es sind die eindringlichsten, die verbalen Finalisten (wenn man denn "final" auch nicht steigern darf).


    "Es ist getan" waren Jesu letzte Worte. "Es ist vollbracht" - ist die bessere Übersetzung.


    Physicus Galileo Galilei verschied im Triumph des Wissens: "Und sie bewegt sich doch!"


    Montaigne vermutete, dass jeder vor dem Tode lieber die Wahrheit sage; denn mit einer Lüge brächte man sich um das Seelenheil und da sei Gottes Gottes vor.

    Schiller hinterließ (am Abend des 8. Mai 1805) ein rätselhaftes "Iudex!" (was lateinisch Richter heißt.


    Und Goethe? Seine letzte Worte lauteten nicht "Mehr Licht", sondern an seine Schwiegertochter gerichtet waren: "Frauenzimmerchen, gib mir dein Pfötchen!" Goethes Diener Krause aber beharrte darauf: "Es ist wahr, dass er meinen Namen zuletzt gesagt hat ... er verlangte den Nachttopf."


    Ungewöhnliche Prophetie setzte der New Yorker Polizistenmörder George Appel mit Galgenhumor in schlichte, pomologische Materie um: "Jetzt bekommt ihr gleich einen Brat-Apfel zu sehen." So soll er auf dem elektrischen Stuhl dem Ströme de Energie entgegen geschaut haben.


    Vielleicht könnte man aus diesen von Werner Fuld gesammelten Essenzen eine Vorstellung machen: "Vorhang! - Letzte Vorstellung".


    *


    Hier stellt Perlchentaucher das Buch vor:


    http://www.perlentaucher.de/buch/7186.html


    Wenn man beim Vorsprechen gepatzt hat, könnte folgendes Exemplum helfen:


    Nero hat viele getrieben. Sogar einmal ein geschmiertes Olympia-Gold, ja, in Olympia selber! In de Disziplin "Gesang..."! Eine akustische Aufnahme gibt es Gottseidank nicht!


    Aber - sein göttlich gottloser, verbaler Abschied: "Welch ein Künstler geht mit mir dahin!"



    Abe seinAbschied sol kurz und empfindsam gewsen ssein.

    Jetzt, nach 50 Jahren, wird der KZ-Bericht Wiecherts, "Der Totenwald", erstmals in einem wichtigen, literarisch anspruchsvollen Verlag (ja, auch Brechts oder Handkes .... Verlag: Suhrkamp) erscheinen - und somit dem Vereins- und Biedersinn der Vertriebenen und Alt-Masuren und der indiskutablen Wiechert-Gesellschaft entzogen sein.



    Das Werk Wiecherts könnte in einigen wichtigen Texten und Dokumenten einen neuen Wirkungszyklus ereichen.


    Vgl.:


    http://www.suhrkamp.de/titel/titel.cfm?bestellnr=22425


    *


    Im Internet gibt es den KZ-Überlebens-Bericht Wiecherts hier:



    http://www.ernst-wiechert.de/E…iechert_Der_Totenwald.htm


    Abgedruckt ist er dort mit Nachworten von:


    Herbert Hupka: "Den Kommenden zur Mahnung"


    und


    Reinhold Schneider: "Ernst Wiechert in Buchenwald"


    *


    Informationen zu E.W.:


    http://www.ernst-wiechert.de/Ernst_Wiechert_Fotos.htm

    Ich suche diese, offenbar berühmte, aber nicht zu findende Kurzgeschichte von Mark Twains Frosch in DEUTSCH:
    "The Celebrated Jumping Frog of Calaveras County”.


    Diese alte Meldung fand ich: Mark Twains Frosch wieder aufgetaucht


    (13.04.04) Mit der Kurzgeschichte "Der berühmte Springfrosch aus der Grafschaft Calaveras und andere Geschichten (1867)" begann die Karriere des Autors Mark Twain, der mit den Geschichten von Huckleberry Finn weltberühmt wurde. Wissenschaftlich gesehen heißt der "berühmte Springfrosch", Rana aurora draytonii und wurde zuletzt 1969 in Calaveras, Kalifornien, gesichtet. Im Oktober 2003 hat nun ein kleines Mädchen auf der Rinderfarm ihrer Eltern einen Frosch gefunden, der bislang in dieser Gegend unbekannt war. Um Hilfe gebetene Herpetologen identifizierten den "fremden" Frosch als ein Exemplar des in dieser Gegend als ausgestorben geglaubten Rana aurora draytonii, auch Mark Twains Frosch genannt. Da es von dieser Art nur noch wenige, zum Teil sogar isolierte Populationen in den USA gibt, die durch Habitatverlust, Pestizide und "Eindringlinge", wie den amerikanischen Ochsenfrosch Rana catesbeiana, als besonders stark gefährdet gelten, hoffen Biologen und Umweltschützer, dass sich Mark Twains Frosch mit menschlicher Hilfe nun wieder in Calaveras heimisch einrichtet.


    http://www.eidechsen.de/newsticker04.htm


    “The Celebrated Jumping Frog of Calaveras County and Other Sketches” (1865/67).



    ... "Frosch" - höre ich; na, claro, er soll es gut bei mir haben:


    :breitgrins:
    [Blockierte Grafik: http://www.ursula.nl/duits/felix.gif]

    Von wem und wie der Titel heißt …


    ... – das kann man bei gutenberg.spiegel.de nachlesen.


    Der Dichter ist hier im Forum häufig vertreten, mit Schullektüren; ich kenne aber keine Reclam-Ausgabe z.B. von dieser hier gemeinten Novelle.
    Mich interessieren Thematik und Motiv, wie sie der Autor schon in Kellers „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ (1856) vorgebildet fand.


    Vgl.:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Romeo_und_Julia_auf_dem_Dorfe


    Oder Hofmannstahls Symbolik vom Ritter, dem Mädchen, dem Becher und dem Tropfen Wein, in "Die Beiden". Hier z.B. , mit niederländischer Übersetzung.
    http://users.pandora.be/gaston.d.haese/Hofmannsthal.html



    Im vorletzten Kapitel („Draußen im Walde“) einer Novelle aus dem Jahre 1862 (erschienen 1863) spielt die untere Passage:


    Der Erzähler, ein Student trifft in einem einsamen Waldgasthaus, das von Chorps-Studenten bevölkert wird, ein Arbeitermädchen wieder, das er aus einer Heimatstadt kennt.


    Nicht nur wegen der Begriffe „Raugraf“ und „Lerchensalmi“; mehr noch wegen der Rollen-Not des Mädchens, das sich hier – schon psychisch aus det Balance - in Champagner-Vergeudung noch in der Kelch-Symbolik präsentiert – als Abschiedsvorstellung aus einer bürgerlichen Welt, in der die „akademische Jugend sich in übermütiger Herabwürdigung des Weibes gar nicht genug tun konnte“. (So der Erzähler drei Absätze zuvor.)



    „Lerchensalmi“ (ein Wort, das man nicht im Internet erklärt findet): Gemeint ist ein gebratenes Lerchen-Ragout, das nicht im Grimmschen Wörterbuch steht, das man aber in der „Oekonomischen Encyklopädie von J. G. Krünitz findet.


    http://www.kruenitz1.uni-trier.de/xxx/l/kl04448.htm .


    „Raugraf“ ist hier der Studentensprache entnommen, wie auch „Haupthähne“; diese Titel galten als bevorzugte Ehrbegriffe, weil sie erfolgreiche Rangpositionen innerhalb der Machtstruktur markierten.




    Theodor Storm:
    "Auf der Universität"


    Textpassage aus dem Kapitel "Draußen im Walde".
    Der Ich-Erzähler berichtet:



    Als nebenan die Musik absetzte, kamen noch einige der Tanzpaare zu uns an den Tisch; der Raugraf mit Lore war auch darunter. – Sie setzte sich neben ihn, während er die Speisekarte musterte, und bald hatte der Kellner einige Schüsseln und eine Flasche Champagner vor den beiden hingestellt. Der Kork wurde behutsam abgenommen – der Raugraf ließ niemals einen Champagnerpfropfen knallen –, und der schäumende Wein floß in die Gläser. Die andern Mädchen, denen ein einfacheres Mahl serviert war, stießen ihre Tänzer heimlich mit den Ellenbogen; und auch meine Aufmerksamkeit war bald ausschließlich auf dieses Paar gerichtet. – Lore hatte ihr blasses Gesicht in die eine Hand gestützt, während die andre wie vergessen an dem Fuß des vollen Glases ruhte; der Raugraf beschäftigte sich behaglich mit seinem Lerchensalmi und schlürfte schweigend seinen Wein dazu. »Willst du nicht essen, Lore?« fragte er endlich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er sah sie einen Augenblick an. »Du willst nicht? – Nun«, setzte er ruhig hinzu, »deine Sache!« Dann schenkte er sich ein und setzte seine Mahlzeit fort.
    Das Mädchen hatte indessen ihr Glas an die Lippen geführt und es mit einem durstigen Zug hinabgetrunken. Ohne den Kopf zu erheben, der noch immer müde in ihrer Hand ruhte, nahm sie die Flasche und hielt sie schwebend über dem leeren Glase, so daß der Wein langsam hineinfloß und nur allmählich schäumend in dem Kelch aufstieg. Ihre Augen blickten mit einem Ausdruck von Trostlosigkeit darauf, als sehe sie ihr Leben aus der Flasche rinnen. Sie achtete auch nicht darauf, als der Schaum aus dem Glase auf den Tisch und von diesem auf den Boden floß; nur ihre andre Hand schien sich immer fester in das schwarze seidige Haar hineinzuwühlen.
    »Schöne Dame«, flüsterte ein hübscher milchbärtiger Junge, während er wie bettelnd ihr sein leeres Glas entgegenhielt, »einen Tropfen von Eurem Überfluß!«
    Lore blickte nicht auf; aber ich sah, wie es flüchtig um ihre Lippen zuckte.
    »Was denn, Fuchs, was hast du?« fragte einer von den Alten, der sich bisher nur mit seinem Glase beschäftigt hatte. »Oho, Stoffvergeudung!« rief er plötzlich und legte seine Hand auf den Arm des Mädchens.
    Der Raugraf war nur ein wenig zur Seite gerückt, als der Wein neben ihm auf den Boden tropfte. »Laß sie«, sagte er, »es ist ihre Natur so. – Nicht wahr, Lore«, setzte er hinzu, indem er sich lächelnd zu ihr wandte, »wir beide, wir verstehen uns aufs Vergeuden!«


    Sie setzte die Flasche auf den Tisch und warf ihm einen Blick voll unergründlichen Hasses zu. Dann stand sie auf und ging nach der Tür, die in den Saal führte. Aber er war zugleich mit ihr aufgesprungen. Ein Ausdruck verbissenen Jähzorns entstellte die schönen regelmäßigen Gesichtszüge. »Was fällt dir ein!« flüsterte er und packte mit Heftigkeit ihren Arm. Sie blieb stehen, ohne daß sie Miene machte, sich von seiner Hand zu lösen; nur ihre dunkeln glänzenden Augen blickten ihn fragend und verachtend an. Eine Weile ertrug er es; dann zog er die Hand zurück, und indem er ein kurzes Lachen ausstieß, trat er wieder an den Tisch und schenkte langsam die Neige aus der Flasche. – Lore sah ich durch die Saaltür zwischen den Tanzenden verschwinden.


    Mir quoll das Herz; ich hatte aus der Ecke, wo ich saß, alles genau beobachtet. Nach einer Weile machte ich mich los und trat in den Saal, um sie zu suchen. (...)



    :void(0);


    Anmerkung zum Textausschnitt:


    Es handelt sich um Theodor Storms Novelle „Auf der Universität“, aus dem Jahre 1862; erschienen in Münster 1863; er konnte sie - wegen der kritischen, provozierenden Handlung unter Studenten und dem missbrauchten, weiblichen Dienstpersonal - nicht in einer Publikumszeitschrift, wie der „Gartenlaube“ unterbringen.


    Storm verwendete in ihr Erlebnisse und Einschätzungen seiner Schülerzeit in Husum und der Studienzeit in Kiel (1837).


    *


    Nachzulesen (es lohnt sich!):


    http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=2802&kapitel=1

    Das Fontane-Gedicht, auf das Carola Stern mit ihrem Buchtitel anspielt, lautet:


    Theodor Fontane:
    An meinem Fünfundsiebzigsten

    (1895)


    Hundert Briefe sind angekommen,
    ich war vor Freude wie benommen,
    nur etwas verwundert über die Namen
    und über die Plätze woher sie kamen.
    Ich dachte, von Eitelkeit eingesungen:
    Du bist der Mann der »Wanderungen«,
    du bist der Mann der märk’schen Geschichte,
    du bist der Mann der märk’schen Gedichte,
    du bist der Mann des Alten Fritzen
    und derer die mit ihm bei Tafel sitzen,
    einige plaudernd, andere stumm,
    erst in Sanssouci, dann in Elysium;
    du bist der Mann der Jagow und Lochow,
    der Stechow und Bredow, der Quitzow und Rochow,
    du kanntest keine größere Meriten
    als die von Schwerin und vom alten Zieten,
    du fandst in der Welt nichts so zu rühmen
    als Oppen und Groeben und Kracht und Thümen,
    an der Schlachten und meiner Begeisterung Spitze
    marschieren die Pfuels und Itzenplitze,
    marschierten aus Uckermark, Havelland, Barnim
    die Ribbecks und Kattes, die Bülow und Arnim,
    marschierten die Treskows und Schlieffen und Schlieben,
    und über alle hab' ich geschrieben.
    Aber die zum Jubeltag da kamen,
    das waren doch sehr andre Namen.
    Auch »sans peur et reproche«, ohne Furcht und Tadel,
    aber fast schon von prähistorischem Adel:
    Die auf »berg« und auf »heim« sind gar nicht zu fassen,
    sie stürmen ein in ganzen Massen,
    Meyers kommen in Bataillonen,
    auch Pollacks und die noch östlicher wohnen,
    Abram, Isak, Israel,
    alle Patriarchen sind zur Stell',
    stellen mich freundlich an ihre Spitze,
    was sollen mir da noch die Itzenplitze!
    Jedem bin ich was gewesen,
    alle haben sie mich gelesen,
    alle kannten mich lange schon,
    und das ist die Hauptsache … »Kommen Sie, Cohn!«


    *


    Als Datei im Internet:


    http://de.wikisource.org/wiki/An_meinem_Fünfundsiebzigsten_(Fontane)


    **


    [move]Eine Interpretation folgt...
    [/move]

    Carola Stern bezieht im Umkreis dieses Verleger- und Autoren-Paares viele zeitgenössische Autoren in ihre Darstellung ein; sie beleuchtete ihre Freundschaften, ihre Polemiken, ihre politischen und poetischen Leistungen, macht auf lässliche Dummheiten und vergessene, aber verlässliche Glanzlichter aufmerksam.
    Besonders hebt sie zwei fast verloren gegangene dichterische Existenzen hervor:
    Cäsar Flaischlen und Armin T. Wegner.


    Von Flaischlen (12.05.1864 in Stuttgart; gestorben am 16.10.1920) zitiert sie ein Gedicht als Beispiel für seine Lyrik, das heute fast jeder als Volkslied einschätzt:


    Hab Sonne im Herzen
    Nach der Melodie: Der Mai ist gekommen.
    Hab Sonne im Herzen,
    ob's stürmt oder schneit,
    ob der Himmel voll Wolken,
    die Erde voll Streit!
    Hab Sonne im Herzen,
    dann komme, was mag!
    das leuchtet voll Licht dir
    den dunkelsten Tag!
    (…)


    Tipp:
    Autoren-Artikel und der ganze Text bei:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Flaischlen


    http://www.amazon.de/gp/reader…09270-1624536#reader-link

    Über Fontane, den Verleger Cohn und die Autorin Viebig


    CAROLA STERN: „Kommen Sie, Cohn!” – Friedrich Cohn und Clara Viebig. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2006. 167 Seiten, 16,90 Euro.


    Ein wundervolles Buch: Über mehr als ein halbes Jahrhundert deutscher Literatur und Geschichte; seit Friedrich Cohn und die Erfolgs- und Volksschriftstellerin Clara Viebig 1895 auf Fontanes 75. Geburtstag erschienen waren, geht diese kurze, kluge Doppelbiografie. Wer anekdotisch und historisch und literaturwissenschaftlich wissen will, was ablief – von der Kaiserzeit, über Demokratie-Versuch und die Nazizeit bis in die 50er Jahre der bürgerlichen BRD hinein – der hat ein kleines, wundersam bebildertes Nachschlagebuch zu einer christlich-jüdischen, einer deutschen Familie (und als Zugabe noch vieles, auch über Armin T. Wegner, den fast temperamentvollen, fast vergessenen Nazi-Gegner).
    *


    Dazu fand ich diese Rezension von JÜRGEN BUSCHE (in: Süddeutsche Zeitung, 13.09.2006):


    Carola Stern letztes Buch: „Der Roman einer Gedichtzeile“. Sie erzählt von Clara Viebig und Friedrich Cohn


    Ihr letztes Buch ist vielleicht ihr schönstes, gewiss aber ihr bestes. Manch einer kennt jenes resignierte Gedicht Fontanes, in dem der Dichter beklagt, von den preußischen Adeligen, deren Familien er so liebevoll porträtiert hat, nicht gebührend hofiert zu werden, wohl aber von seinen jüdischen Freunden und Verlegern. Die Schlusszeile lautet „Kommen Sie, Cohn!” Wer ist dieser Cohn, wie kam es zu der Zeile? Darüber hat Carola Stern das nun von Ingke Brodersen fertiggestellte Buch geschrieben. Es enthält sehr viel mehr als die Lösung eines literarhistorischen Knötchens.


    Cohn, mit Vornamen Friedrich, war der Mann, der mit Fontanes jüngstem Sohn, ebenfalls Friedrich geheißen, lange Zeit erfolgreich einen Buchverlag führte. Verheiratet war Cohn mit Clara Viebig, einer Schriftstellerin, die Fontane wegen ihrer lebensnahen Geschichten schätzte, wenn er auch von ihrem Schreibtalent nicht überzeugt war. Was nun im Erzählen vom Leben dieses Ehepaars entfaltet wird, ist deutsch-jüdisches Schicksal im 20. Jahrhundert.


    Clara Viebig wird eine erfolgreiche Schriftstellerin, Friedrich Cohn ist ein erfolgreicher Verleger, das einzige Kind der beiden, ein Sohn – musikalisch hochbegabt, aber unstet – hat als Kapellmeister mittlere Erfolge. Er schließt sich der KPD an, emigriert nach Brasilien und stirbt 1959. Die Mutter bleibt in Deutschland und kann, da der jüdische Ehemann rechtzeitig stirbt, bald wieder publizieren. Ihr 80. Geburtstag wird 1940 in der Öffentlichkeit ehrend wahrgenommen, aber es gibt eben keinen Cohn mehr. Ihr 90. Geburtstag wird im geteilten Berlin von den zuständigen Gratulanten in der DDR bedacht, aber die Schriftstellerin wohnt wie seit Kaiserzeiten in Zehlendorf. Dort stirbt sie 1952. Bestattet wird sie in Düsseldorf, wo ihr Vater, ein stellvertretender Regierungspräsident, ein Ehrengrab gefunden hatte.


    Die „deutsche Zola” wurde Clara Viebig von manchen genannt. Wie Zola hätte Stern ihr Thema ausbreiten, ausweiten können. Das hat sie nicht getan. Statt dessen hat sie mit einer Sparsamkeit, die aus Einfühlsamkeit kommen mag, das Leben ihrer Protagonisten in die Reihe der Zeitgenossen gestellt, mit denen sie zu tun hatten. So ist eine höchst lesenswerte Skizze über den Schriftsteller Armin T. Wegner in dieses Buch gelangt. Auch wird ein wenig Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass es neben dem großen Samuel Fischer den Verleger Friedrich Cohn gab, der den Poesie-Album-Lyriker Cäsar Flaischlen, Redakteur der Kunstzeitschrift PAN, mit exorbitantem Erfolg druckte, aber auch Georg Hermanns Roman „Jettchen Gebert”. Heute noch neu aufgelegt, ist er ein Klassiker aus dem zweiten Rang. Der Autor wurde 1943 in Auschwitz ermordet.
    Man wird nach der Lektüre von Carola Sterns Buch wahrscheinlich nicht sogleich den Wunsch verspüren, etwas von Clara Viebig zu lesen. Aber es ist möglich, dass man künftig durch die eine oder andere Straße Berlins geht mit der Erinnerung an „Kommen Sie, Cohn!”. Theodor Fontane hat übrigens das Gedicht mit dieser Zeile zu Lebzeiten nicht veröffentlicht. Einer seiner Freunde wies ihn auf den herablassenden Ton der Wendung hin: hätte er, wenn‘s bei der Gratulationscour umgekehrt gelaufen wäre, geschrieben „Kommen Sie, Itzenplitz”? Das überzeugte den Dichter, aber vernichtet hat er das Gedicht nicht.



    Carola Sterns letztes Buch, ein besonderes Vermächtnis:


    [Blockierte Grafik: http://bilder.buecher.de/produkte/20/20856/20856886n.jpg]

    Da hier noch kein Bericht über eine Besuch der Parfüm-Verfilmung vorliegt...:


    (Diese meine Kritik ist unter einem anderen „Nick“ auch im filmstarts.de-Forum zu lesen.)


    Sex-. Und Gewalt – und Horror-Kult, als Mittelalterschinken, als Kost- oder Duftprobe, wie BLÖD-TV- "frei ab 12"?


    Nein - dieser chemikalisch-parfümatorische Unsinn mit seiner Liebes-Kraft war nicht das Wichtigste für mich.


    Nun, die Entschärfung der Gewalt- und orgiastischen Details zu der eher friedlich-schmusigen Sexgala in Grasse (der jemand die Erotik einer FKK-Szenerie attestierte) ist schon enorm (es war kein Penis zu sehen, wohl aber frisierte Schamdreiecke bei Frauen…) – damit das Prädikat ab 12“ möglich wurde:


    Mein wichtigster Punkt bei diesem pseudo-romantischen Kult:


    Der Engel mit dem betörenden Parfüm, der Essenz der Liebe:


    Wg. der Romans von Süskind habe ich mir den Schmarren angekuckt.
    Die Körper-Essenzerei (bei den Jungfrauen organisch abgezogen) ist physiologisch Unsinn; nie haben Menschen (der Gattung homo sapiens sapiens) auf solche Gerüche (Pheromone) reagiert. Das Gehirn wäre laufend und läufig durcheinander gekommen und hätte sich gar nicht zum Sprach-Organ ausbilden können.
    Ja, es gibt immer noch Männer, die sich so benehmen, als ob sie bei "Liebe" - also Vorbe-Reitung auf Sex - bestialisch, animalisch über-zeugen...
    Während man das noch als poetische Freiheit bei Süskind liest, ist es hier im Film wissenschaftlich-chemisch kultiviert gesehen Murks und Albernheit und Aberglaube.


    Was aber dreister, dümmer und gefährlicher ist:


    Der Massenmörder als Engel der Liebe, der zwar letztlich erdrückr wird ob seiner Gnadengabe von den Liebessüchtigen, dann aber mittels religiös besetzter Himmelfahrt buchstäblich in Verflüchtigung, in die ewig zu rühmende Dispersion gerät - das ist pseudo-religiöser Irrsinn und Wahn!
    Aber so stellen sich wohl Kitschproduzenten theatralisch inszenierte, immerwährende Liebes-Sehnsüchte vor, vornehmlich von und für Frauen als Abhängigkeit von Männern.


    Das wird zwar allgemein nicht als Wertverlust, als religiöser Tiefschlag empfunden in dieser BILD- und HollyBLÖD-Kultur, ist aber dreistes Altertum, wo z. B. in Griechenland auch alle Göttersöhne wie Prometheus, Oidipus, Herakles („Göttertöchter“ gab es ja nie...) in den Himmel aufgenommen wurden, damit ihnen auf Erden ewige Verehrung beschieden sei; nicht zuletzt der auf den Willen seines Vaters hin ermordete Jesus Christus.


    Ein Amen, ein Hallullaja (gesungen von dem lallenden Engel von Ludwig Thoma oder von Mr. Bean in seiner Kapelle, woe er so duselig einschläft...) auf die reich ausgestattete, geistig arme Film-Geschichte.

    Eine inhatliche Erklärung, nicht eine Analyse in die Einzelheiten ist hier zu finden:


    http://www.landshut.org/members/msagerer/f_schach.htm


    *
    Eine genauere Beschreibung der Vorgänge als drängen zur Hochzeit, vor der Heirat selbst und dem erst danach folgenden Suizid, ohne Rückgriff auf Suizid-Theorien, lasse ich nachmittags noch folgen...


    *


    Ein sinnvolles Arbeitsblatt findest du noch hier:


    http://www.schule.bayern.de/un…it/gn/schach/schach14.htm

    Solche literarischen Auskünfte kannst du bei wichtigen Werken bei “wikipedia“ finden:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Physiker


    Zitat der dortigen Inhaltsangabe:


    "Das Theaterstück handelt von drei Patienten: Newton, Einstein und Möbius. Johann Wilhelm Möbius ist ein Physiker, der Formeln (Weltformel) entdeckt hat, die in falschen Händen die Welt vernichten könnten. Newton und Einstein sind die Decknamen von Spionen, die Möbius dazu bewegen wollen, sich der jeweiligen Macht (USA und Sowjetunion) anzuschließen. Alle drei spielen Irre: Möbius, damit seine gefährlichen Formeln als Produkt des Irrsinns abgetan werden; Newton und Einstein, um unentdeckt an Möbius heranzukommen.
    Jeder der drei erdrosselt eine Krankenschwester, die er liebte, um sein jeweiliges Geheimnis zu bewahren. Als deshalb die Polizei eintrifft, vernichtet Möbius seine Formeln.
    Fräulein von Zahnd, die Besitzerin und Chefärztin des Irrenhauses, gleichzeitig auch die einzige wirkliche Irre, hat jedoch sämtliche Aufzeichnungen bereits zuvor kopiert (wobei sie im Auftrag König Salomos zu handeln glaubt) und will nun die Weltherrschaft an sich reißen. Sie hat auch den Physikern die Krankenschwestern auf den Hals gehetzt, um sie vor der ganzen Welt als unglaubwürdig dastehen zu lassen."


    **
    Meine Anregung zur Schuld-Frage...


    Zum Schluss hat ja die von Zahnd die Machtfrage für sich entschieden; soweit der offene Schluss; so dass jeder Zuschauer mit dieser Povokation fertig oder schuldig werden muss, der sich irgendwie beruflich oder politisch oder ideell mit solchen Welt-Beherrschungsplänen von Fachleuten, Psychoten (Durchgedrehten) oder Terroristen befassen muss (oder müsste).

    Ich habe hier im Forum in einem Beitrag interessante Äußerungen über Klabund gefunden.
    Deshalb hier meine Frage zu Klabunds "Ich baumle mit de Beene":


    Vorangestellt meine Frage dazu:


    Wer hilft mir? Was heißt in der 3. Strophe:
    "...Wegen 'Hm' in Plötzensee,"


    "Hm" - "Homo" kann es doch nicht heißen; irgendwie stehe ich auf dem Schlauch - na, wer hat eine Idee...?


    **


    Klabund:
    Ich baumle mit de Beene


    Meine Mutter liegt im Bette,
    Denn sie kriegt das dritte Kind;
    Meine Schwester geht zur Mette,
    Weil wir so katholisch sind.
    Manchmal troppt mir eine Träne
    Und im Herzen pupperts schwer;
    Und ich baumle mit de Beene,
    Mit de Beene vor mich her.


    Neulich kommt ein Herr gegangen
    Mit 'nem violetten Schal,
    Und er hat sich eingehangen,
    Und es ging nach Jeschkenthal!
    Sonntag war's. Er grinste: "Kleene,
    Wa, dein Port'menée is leer?"
    Und ich baumle mit de Beene,
    Mit de Beene vor mich her.


    Vater sitzt zum 'zigsten Male,
    Wegen "Hm" in Plötzensee,
    Und sein Schatz, der schimpft sich Male,
    Und der Mutter tut's so weh!
    Ja, so gut wie der hat's keener,
    Fressen kriegt er, und noch mehr,
    Und er baumelt mit de Beene,
    Mit de Beene vor sich her.


    Manchmal in den Vollmondnächten
    Is mir gar so wunderlich:
    Ob sie meinen Emil brächten,
    Weil er auf dem Striche strich!
    Früh um dreie krähten Hähne,
    Und ein Galgen ragt, und er...
    Und er baumelt mit de Beene,
    Mit de Beene vor sich her.
    *


    In der Frankfurter Anthologie (FAZ vom 18.03.06) hat Marcel Reich-Ranicki eine Interpretation geschrieben, unter der Überschrift: „Er hat nie mit seinem Pfunde gewuchert“. Aber er erwähnt "Hm" nicht, um es nicht erklären zu müssen.
    (Entnommen ist das Klabund-Gedicht der Ausgabe "Das Leben lebt" von Joseph Kiermeier-Debre. Dtv. München 2003.)
    *


    Kurt Tucholsky erwähnte auch "...mit de Beene", aber auch ohne Erläuterungen. In: Die Weltbühne, 12.07.1927, Nr. 28, S. 73: "Harfenjulius Klabund".


    *
    Nachzulesen:
    http://www.textlog.de/tucholsky-klabund.html