Beiträge von Saturnia

    Ja, Gruß ans Meer..?


    Im Zusammenhang mit irgendwie knuffigen, von Schülern gern vorgetragenen und sogar gespielten "Nis Randers" (von Otto Ernst) hatte ich von einer Grundschullehrerin erfahren, dass sie den alten "Lotsen" in einer guten, interessierten Grundschulklasse "reaktivierte" - auch, um das eigenartige "links" "seemännisch" überprüfen und korrigieren zu lassen, was an der See ja völlig untypisch, ja komisch, ist.
    Aber als Erkenntnis blieb natürlich auch hängen: dass hier ein Lotse sein Leben opfert.
    Ich habe für eine sechste Klasse (Gymn.) noch nicht entschieden, ob und wie ich neben dem von Dir genannten "John M.", der von Fontane ja zu einem säkularisierten Helden für technisch hochgerüstete Projekte seiner Zeit gestaltet wurde, den alten "Lotsen" auftreten lassen soll.


    Ein Bild habe ich schon gefunden:
    http://www.weltnetzzeitschrift-der-lotse.de/lotse.gif

    Zu den Ergänzungen zu Theodor Fontane:


    Ja, sicherlich, Th. F. hat keine romantischen Frauenromane geschrieben, nie schreiben wollen, sondern Zeitromane, in denen Frauen unter gesellschaftlichen, moralisch-ständischen Anforderungen standen; wobei sie als gefällige Attrappen oder zwischenzeitliche Figuren (vor der standesverpflichteten Ehe) missbraucht wurden - außer z. B. bei Lene (eigentl. Magdalene) Nimptsch, die eine große geistige und psychische Selbstständigkeit zeigt.


    Und bei "Stine"?
    Dort möchte ein Adeliger, der sieche Waldemar von Haldern, eine Freiheitsvision mit der Freundin entfalten - samt Auswandern in die USA. Das ist eine Überforderung der sozial eingebundenen Arbeiterin Stine. - Er begeht - nach der Abfuhr im gräflichen Haus durch die eigene Mutter - Selbstmord. (Der Liebhaber Waldemar war schon von der burschikosen, bürgerlichen Witwe Pittelkow in Kap. 4 als "ausgepusetes Ei" diffamiert worden.)
    *
    Liebesromane als Symbolsysteme gesellschaftlicher Bedrohungszeichen, epische Wandelzeichen.

    Eine olle B a l l a d e...?


    [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/340604140X.03.LZZZZZZZ.jpg]



    Kann sich hier jemand vorstellen, dass man diese Ballade vom "Lotsen", deren Text man noch in dem verdienstlichen, umfassenden "Der ewige Brunnen" von Reiners findet, jetzt und heute sinnvoll verstehen kann, auch im Unterricht behandeln darf..?

    Ludwig Giesebrecht (1792-1873)
    Der Lotse


    "Siehst du die Brigg dort auf den Wellen?
    Sie steuert falsch, sie treibt herein
    und muß am Vorgebirg zerschellen,
    lenkt sie nicht augenblicklich ein.


    Ich muß hinaus, daß ich sie leite!"
    "Gehst du ins offne Wasser vor,
    so legt dein Boot sich auf die Seite
    und richtet nimmer sich empor."


    "Allein ich sinke nicht vergebens,
    wenn sie mein letzter Ruf belehrt:
    Ein ganzes Schiff voll jungen Lebens
    ist wohl ein altes Leben wert.


    Gib mir das Sprachrohr. Schifflein, eile!
    Es ist die letzte, höchste Not!" -
    Vor fliegendem Sturme gleich dem Pfeile
    hin durch die Schären eilt das Boot.


    Jetzt schießt es aus dem Klippenrande!
    "Links müßt ihr steuern!" hallt ein Schrei.
    Kieloben treibt das Boot zu Lande,
    und sicher fährt die Brigg vorbei.

    *
    Was wäre da Lernziel...? Wäre Erkenntnis?
    Auswendig lernen lassen - das geht ja nun wohl nicht mehr...!
    Irgendwie kritisch interpretieren - zur heldischen Historie der deutschen Segelschiffahrt einbeziehen..?

    Zu Leben und Werk von Keyserlings..?


    Zuerst: Dank für den Hinweis auf Tilman Krauses "Fontane in Moll".
    *
    Ich habe hier im Thema nicht alles nachgelesen; aber interessant ist:


    Thomas Manns Essay: Zum Tode E. K. s.
    In: Ders.: Rede u. Antwort. Bln. 1922. S. 258-263; auch in: T.M.: Schriften und Reden zur Literatur, Kunst und Philosophie. Bd. 1. 1986. MK 113 (T.M.: Das essayistische Werk).


    Oder auch:
    Reinhard Brökers Nachwort, in: E.v. K.: Harmonie. Romane und Erzählungen. München 1998. Knaur 61109. S. 921ff.
    *
    Die beste Arbeit aber ist Wolfgang Nehrings Essay zu Leben und Werk, mit Literatur: E. v. Keyserling. In: Deutsche Dichter. Bd. 6. Realismus, Naturalismus und Jugendstil. RUB 8616. Stgt. 1993. S. 285 - 297.
    *
    Ein Lebensroman oder eine Biografie zu von Keyserling - ja, das würde mich auch interessieren.
    *
    Das schöne Porträt bei:
    http://www.lesekost.de/HHL226.htm

    Also - alles - nein, "Theater" nicht; aber Dramen oder Stoffe auf den "Brettern", die um die Welt gehen können...!
    :klatschen: Schön so!


    *


    Wie J.W.v.G. sagte von der "Weltpoesie":


    „...wodurch wir uns abermals überzeugen, daß es eine allgemeine Weltpoesie gebe und sich nach Umständen hervortue; weder Gehalt noch Form braucht überliefert zu werden, überall, wo die Sonne hinscheint, ist ihre Entwicklung gewiß.“ (Schriften zur Literatur. Serbische Gedichte; 14, 549)
    UND:
    "Die Sonne tönt nach alter Weise..." :zwinker:

    An ANDIM... (?)
    Welttheater...?
    Oder: Globales –


    Ja, das sind Goethesche Begriffe hier...: Weltansicht, Weltbund, Weltfremde, Weltpoesie, Weltregiment, Weltgeist, Weltgenese, Weltgeschichte, Weltgewühle, Weltkultur, Weltpoesie u.a.; – und ganz viele Anschauungen und Zitate zu „Weltliteratur“ sind zu finden – aber „Welttheater“ – nein, nicht im Goethe-Wörterbuch verzeichnet.
    Ich vermute also ’nen Scheribfehelr. (Mhm: „Den Fehler, den man selbst geübt, / Man auch wohl an den andern liebt.“ Goethe; in: „Sprichwörtlich“. Artemis-Ausgabe 1, 427)


    Also, bevor (nachdem) die Arbeit zum falschen, weil irrtümlichen Thema führt(e) – lieber „Goethes Begriff der 'Weltliteratur'“ erproben.
    Vielleicht wie hier aus transatlantischem Zitat, als Europa noch nicht zu Alte war, als dass man seine klassisch gebildeten Länder zum Krieg verleiten wollte:


    Thornton Wilder: Goethe und die Weltliteratur
    (Rede; 1950 an der Universität in Harvard gehalten)


    Durch die Werke und Gespräche Goethes verstreut finden sich gewisse stets wiederkehrende Ideen, denen er immerfort neue Bedeutungsunterschiede hinzufügte, bis sie uns eher wie eine Milchstraße vereinigter Meinungen denn als eine einzige definierbare Lehre erscheinen. Diese Ideen kommen in seinem Geist nie zur Ruhe und hören nicht auf, uns zu verblüffen, uns zu entgleiten, uns anzuregen und uns zu dem atemraubenden Versuch zu reizen, uns der Jagd auf sie anzuschließen. Die bedeutendsten dieser Ideen sind selbstverständlich diejenigen, die sich mit dem Wesen der Natur beschäftigen, mit der Rolle des Dämonischen und mit der Gestaltungskraft im Weltall.
    Und zu ihnen gehört auch die Idee der «Weltliteratur».
    Wenn Goethe von einer Weltliteratur spricht, meint er mit diesem Wort nicht, wie wir das zu tun geneigt sind, den Schatz an Meisterwerken aller Zungen und Zeiten. Er scheint - zumindest bei einer Anzahl von Gelegenheiten - einfach die Literatur aller Zeiten und Sprachen gemeint zu haben, die bloß guten Werke ebenso wie die großen, sofern sie einem nur die Empfindung geben, den ihm so teueren Begriff von der Einheit der Menschheit zu veranschaulichen. (…)
    (Thornton Wilder: Goethe und die Weltliteratur. In: Th. W.: An die Jugend. [Zwei Reden] Zürich. Verlag der Arche. O.J. S. 23 – 45; die ersten Absätze.)
    *
    Und aus anderem Zusammenhang von Th. Wilder, der auch für solche Vermittlungen und Ideen und Werke den Nobelpreis erhielt:
    "Eine Weltliteratur wird erst in Erscheinung treten, bis diese ganze ungeheure Masse von Wissen als eine Einheit empfunden werden und Literatur nicht bloß nichtnational, sondern global sein wird."
    *
    Heute müsste man für viele US-Redner über vermeintliche Kultur "Bush-and-Gun-Prices" vermitteln, strafbewehrt.

    Die Familienstruktur zu erlesen und beschreiben und die Entwicklung oder Wandlungen ihrer Funktionen oder Desintegration in den Generationen oder Familienstufen zu beschreiben, da bedarf es keiner erotischen oder sexuellen Abenteuer oder Verwirrungen.
    Wer die klassisch einfache Novelle von Storm "Pole Poppenspäler" untersucht auf die Familienmitglieder und den Fortgang der Beziehungen der Personen hin erkennt, kapiert, wie Storm in dem ländlichen oder städtischen, künstlerischen oder bürgerlichen Milieu Abfolgen, Brüche, Neuanfänge und Hoffnungen artikuliert; innerhalb der Wandlung der Familienbilder vom patriarchalen zum matriarchalen Typ, von der schon reduzierten Großfamilie zur Kleinfamilie.


    Ähnlich in "Ein Doppelgänger" von Storm.
    *
    Jeder moderne Roman seit dem Realismus entfaltet ebenso Familienbeziehungen, ihre Fundamente und Fragmente, auch wenn er kein "Familienroman" mehr im Untertitel sein will.
    *
    Wer nach der historischen Vorlage in Storms erzählerischem Puppenspieler-Familiendrama einen modernen, kompetenten, phantasiestarken Jugendroman lesen und analysieren will - und Geschichte und Schicksal und Psychologie einer Nachkriegsfamilie im deutschen Sprachraum erfassen will, kann Nöstlingers Frech-Geschichte vom "Gurkenkönig" lesen. - Er oder sie wird sich wundern... - ob der Verwerfungen und Einsichten und Veränderungen familialer Sozialisation.
    "... so pfeifen wir auf den Gurkenkönig!"
    *
    Und wem das zu "simpel" scheint, der lese Grass' "Blechtrommel", als Familiendrama aus der Perspektive des liebesbedürftigen, erotisch und politisch starken Oskar.
    *
    Mhm - das Beispiel - Fontanes "Effi Briest"?
    Da bleibt - nach dem Tode der Mutter ein kleines Mädchen noch am Leben, von dem der Leser nichts mehr erfährt - zu dem die Großeltern von Briest keine erzieherische, religiöse oder rechtliche Beziehung haben. (Ja, erben könnte das Mädchen schon...!)
    Keiner weiß, was aus diesem kindlichen Opfer eines väterlich durchgezogenen Diktats nach Beleidigung, der oktoyierten Scheidung, sozialen Isolation von der Mutter, samt preußisch gesetzmäßiger Erziehungsberechtigung in den Akten und Verfügungen des Baron von Instetten geworden sein mag...
    *
    Erich Kästner hat einige solcher Scheidungs-Muster seit den 30er Jahren im sozialen Zusammenhang erkannt und erzählerisch durchgezogen... -mit mütterlichen Figuren.