Beiträge von Anna Magdalena

    Hallo!


    Ich habe mir zwei Strandtage gegönnt und den Roman im Liegestuhl liegend durchgelesen. @ Jaqui, ich kann Dich verstehen. Wie schon bei den "Lehrjahren" ist auch mein Interesse im letzten Teil etwas erlahmt. Kein Buch, das man ewig weiterlesen könnte. :zwinker: Da ich jetzt zu müde bin, um noch etwas zu schreiben (1000 m bei ziemlichen Wellengang geschwommen), verschiebe ich meinen Kommentar auf morgen.


    Gruß
    Anna

    Hallo!



    Das Erzählerische tritt zurück hinter der Darlegung von Ansichten, Gedanken Weisheiten, das bedeutet aber nicht unbedingt, wie bonaventura schreibt und auch hier in der Leserunde anklingt, dass Goethe Romanhandlung nicht kann.


    So weit wie bonaventura würde ich nicht gehen. Ich mag Goethes Sprache und Stil, er schreibt nie langweilig und trotz der beanstandeten Gleichförmigkeit finden sich auch immer wieder sehr unterhaltsame Passagen im Roman. Ich glaube auch, dass das Fehlen einer stringenten Handlung nicht auf Unfähigkeit Goethes beruht, sondern - wie bonaventura es ja auch andeutet - schlichtweg auf seinem mangelnden Interesse an einer geradlinigen erzählerischen Gestaltung. Trotzdem gefällt mir Goethe als Dramatiker und Lyriker noch besser. Mein Lieblingsstück von ihm ist nach wie vor der "Faust". Übrigens mochte ich früher auch den "Torquato Tasso" sehr gern, ein Stück, das nur noch selten erwähnt wird (wie ich sehe, hat es aber weiter oben Karamzin getan).


    Ich bin erst beim siebten Kapitel des zweiten Buchs. Leider komme ich aus Zeitgründen momentan kaum zum Lesen und das wird die nächsten Tage noch so bleiben. Am Wochenende werde ich mich dann aber ganz unserem Wilhelm widmen und meine Gedanken getreulich nachtragen.
    Im Allgemeinen lese ich keine Sekundärliteratur und wenn, dann erst nach der Lektüre des betreffenden Textes. Umso dankbarer bin ich für Eure Erklärungen. Ich werde mich aber weiterhin ausschließlich an den Primärtext halten, ich hoffe, das ist für Euch in Ordnung.


    Gruß
    Anna

    Hallo!



    [...] Hersilie (ist das nicht ein herrlicher Name: Ich will immer Petersilie schreiben!). [...]


    Hier in Italien ist "Ersilia" zwar auch ein eher altmodischer Name, taucht aber hin und wieder noch auf. Eine jüngere Kusine meines Mannes heißt so, und ich habe ihr gegenüber immer steif und fest behauptet, dass es im Deutschen keine Entsprechung für diesen Namen gäbe. Nun hat Goethe mich eines Besseren belehrt. Irgendeinen Nutzen kann man doch immer aus den Klassikern ziehen. :smile:



    Momentan stecke ich im 6. Kapitel und bin auch mit Hersilie und Juliette bekannt geworden, von denen mir besonders Hersilie mit ihrer praktisch-ironischen Umkehrung der Weisheiten, die überall auf dem Gelände angebracht sind, gefällt.


    Diese Stelle ist ein schönes Beispiel dafür, dass unser Meister durchaus zur Selbstironie fähig war. Vor allem mit folgendem Satz:


    Zitat

    Wir Frauen sind in einem besonderen Zustande. Die Maximen der Männer hören wir immerfort wiederholen, ja, wir müssen sie in goldenen Buchstaben über unsern Häuptern sehn[...]


    Goethe war ja selbst ein Sprücheklopfer vor dem Herrn und schreckte auch vor dieser und jener Allerweltsweisheit nicht zurück, wie ich in den "Lehrjahren" festgestellt habe. Einige Seiten später ist dann aber wieder Schluss mit lustig. Als Hersilie in Bezug auf die vielen sinnigen Inschriften im Haus heiter bemerkt, sie würde vieles gern vergessen, was sie wüsste, und was sie begriffen hätte, wäre auch nicht viel wert, antwortet Wilhelm "bedächtig", dass er kurzgefasste Sprüche jeder Art zu ehren vermöchte. Ich sage ja, die Frauen bei Goethe sind spritziger.



    So gut muss ich Goethe nicht mehr kennenlernen


    Keiner kann einen Gott in seiner ganzen Größe ertragen, daher ist Dein möglicher Rückzug verständlich. :breitgrins:



    aber mir würde es ebenso gehen, wenn ich an große Teile der Literatur des 20. Jahrhunderts und der unmittelbaren Gegenwartsliteratur denke, zu der ich kaum einen Zugang finde.


    Was ist denn mit Marcel Proust, Franz Kafka, Thomas Mann, Joseph Roth, Robert Musil, Heimito von Doderer, Knut Hamsun, Herman Bang, Michail Bulgakow, mit John Steinbeck, F. Scott Fitzgerald, Joseph Conrad, mit Philip Roth, John Updike, Winfried.G. Sebald oder Christoph Ransmayr? Nichts dabei, was Dich reizen könnte?


    Heute versuche ich, ein paar Kapitel weiter zu kommen, habe allerdings viel zu tun.


    Gruß
    Anna

    Hallo!


    Leider hinke ich etwas hinterher und bin gerade erst beim zweiten Kapitel des zweiten Buchs. Ich benutze eine alte Bertelsmann-Ausgabe "Goethe - Werke in acht Bänden", die vom Winkler Verlag autorisiert ist. Der knappe Kommentar stammt von Bernt von Heiseler.



    Jarno ist in den "Lehrjahren" eine wichtige Figur.


    Er scheint sich aber gewandelt zu haben. In den "Lehrjahren" trat er als eine Art Generalsekretär der Turmgesellschaft auf, weltmännisch, umtriebig, wirkte auch nüchterner und rationaler als die anderen Figuren. Jetzt hat er sich offenbar aus der Welt zurückgezogen und führt ein kontemplatives Leben.



    Nachdem ich den Thread in den Buchvorschlägen gelesen habe, war ich schon darauf gefasst eine Abhandlung über Steine und dergleichen zu lesen, aber dem ist ja nicht so.


    Das hatte ich auch befürchtet, aber der erste Kontakt mit der Gesteinskunde verlief Gott sei Dank glimpflich. Die Gefahr ist jedoch nicht vorüber, Jarno lauert noch irgendwo. :breitgrins:



    Insgesamt finde ich den Roman bisher viel besser lesbar als angenommen, aber so richtig springt der Funke nicht über. Alles wirkt so behäbig-lehrhaft.



    [...]die Menschen in diesem Roman sind mir bisher zu modellhaft-steif, haben kaum Eigenleben[...]


    Ähnlich ist es mir schon mit den "Lehrjahren" ergangen. Sie waren zunächst unterhaltsamer, als ich erwartet hatte, zumindest der Teil mit der Schauspielertruppe, aber dann empfand ich den Text als zunehmend gleichförmiger. In den "Wanderjahren" ist es schon von Anfang an so: Alle Personen sprechen gleich, denken und agieren im Grunde auch gleich, die Örtlichkeiten mit ihren fruchtbaren Gärten und lieblichen Wegen ähneln sich ebenso wie die Häuser mit ihren Gemäldegalerien. Man hat das Gefühl, Wilhelm kehrt immer wieder bei den selben Leuten ein. :zwinker: Mir scheint, für Goethe ist hier das Erzählerische weniger wichtig als die Darlegung seiner Themen und Ansichten.


    Was die eingeschobenen Novellen und Episoden angeht, so hat mir die Erzählung von der "Pilgernden Törin" bis jetzt am besten gefallen. Mit dem Romangeschehen verbunden ist sie durch die Idee des Wanderns und der Enthaltsamkeit. Man kann in der Protagonistin durchaus eine moderne, selbstbestimmte Frau sehen, wie Karamzin angedeutet hat. Zumindest im "Wilhelm Meister" treten die Frauen doch schon einigermaßen selbstbewusst auf und fordern das "Recht auf Klugheit" (Natalie) für sich ein. Spritziger als die Männer sind sie allemal (Philine im ersten Teil, Julie und vor allem Hersilie im zweiten). Eine Törin ist sie aber dennoch, weil ihre Verhalten als Reaktion auf die Untreue ihres Geliebten übertrieben ist.


    Im Kommentar ist zwar festgehalten worden, dass sich die junge Frau in diesem Gedicht "loser" gibt als sie ist, sie ist eine ernst zu nehmende Frau.
    Aber der Kommentar gibt an dieser Stelle nichts zur Funktion des Gedichts her!


    Wenn ich die Novelle nicht völlig falsch verstanden habe, dann spricht die "Törin" in dem Gedicht von ihrem eigenen Schicksal und von dem Grund ihrer Pilgerschaft. Sie schildert das Geschehen aus der Sicht des Mannes und was "lose" wirkt, entpuppt sich dann als reine Ironie, denn in der letzten Strophe wird klar, dass sie das "edle Liebchen" ist, das vom Geliebten mit der Müllerstochter betrogen wurde und seine Untreue nun mit ihrer Pilgerschaft "abbüßt".


    Nicht besonders gefallen hat mir die Novelle "Wer ist der Verräter". Das Zaudern und Zagen Lucidors zog sich etwas hin und die glückliche Auflösung durch das Belauschen seiner Monologe war lahm. Die Episode mit dem "nussbraunen Mädchen" fand ich ziemlich überflüssig. Sie entfaltet nur, was der Leser ohnehin schon lange weiß, dass nämlich eine Namensverwechslung vorliegt. Interessant wird erst der zweite Teil der Geschichte.


    Gruß
    Anna

    Hallo!



    Bei mir hat sich ein Urlaub dazwischen geschoben, und ehrlich gesagt, nach den "Lehrjahren" bin ich gar nicht mehr neugierig auf die "Wanderjahre", es hat mir eigentlich gereicht. Ein paar Jahre Ruhe, so wie ihr das nun auch gemacht habt, brauche ich wohl. Aber ich denke, meine Mitleserin, würde evtl. und macht das auch vielleicht, na ihr werdet schon sehen ... :zwinker:


    Wie von Krümel schon dunkel angedeutet, biete ich mich als Ersatzfrau für sie an. Ich habe aus Zeitgründen bis jetzt gezögert, hoffe aber, mich regelmäßig beteiligen zu können. Jetzt, wo ich die "Lehrjahre" gelesen habe - zugegeben mit gemischten Gefühlen -, bin ich doch neugierig, wie es mit all den schönen Seelen weitergeht, und ein paar Jahre Ruhe kann ich mir da angesichts des Riesengebirges an Büchern, das noch abzutragen ist, nicht leisten. :zwinker:


    Gruß
    Anna

    Gerade habe ich die "Erfindung des Lebens" von Hanns-Josef Ortheil beendet, nach "Die große Liebe" der zweite Roman, den ich von ihm gelesen habe. Weitere Bücher von dem Autor werde ich mir ersparen. Sie haben zuviel Lebensart, zuviel schönes Ambiente, zuviel Nabelschau, und das langweilt mich.


    Lese jetzt ein paar Erzählungen von Tolstoi, im Moment gerade der "Überfall", eine der frühen Kaukasus-Geschichten. Sie ist nichts Besonderes und von vorneherein durchschaubar, aber die Beobachtungen der menschlichen Natur und die Beschreibungen der Landschaft lassen doch schon den Meister erahnen.


    Gruß
    Anna

    Ich lese auch gerade "Wilhelm Meisters Lehrjahre". Und Safranskis Goethe-Biographie. Und Thomas Manns Joseph-Tetralogie. Und die "Geschichte des Todes" von Philippe Ariès. Und Interviews des Journalisten Stefan Klein mit verschiedenen Wissenschaftlern über die "Rätsel dieser Welt" ("Wir alle sind Sternenstaub"). Lesen ist schön! :smile:


    Gruß
    Anna


    Ja, auf Berlin. Alexanderplatz sollten wir nicht verzichten [...] weil, wenn man sich davon nicht abschrecken lässt und ihn liest, er sich als ein ganz wunderbarer Roman erweist.


    Das finde ich auch, und deswegen gehört der Roman für mich auf jeden Fall in den Kanon, ebenso wie der „Radetzkymarsch“. Allerdings hat montaigne ja seine Kriterien bei der Auswahl dieses speziellen Literaturkanons genannt. Sie richtet sich nach den Vorlieben im Forum, also danach, welche Romane hier besonders häufig in Leserunden und Diskussionen auftauchen. Zum „Radetzkymarsch“ gibt es, glaube ich, keine einzige Leserunde.



    Für Professor Unrat und Radetzkymarsch könnte ich gut auf Doderer, Frisch oder Thomas Bernhard verzichten.


    Auf Frisch und Bernhard könnte ich auch verzichten, aber nicht auf die „Strudlhofstiege“ von Doderer (im Gegensatz zu den „Dämonen“, die ich für erheblich schwächer halte). Die „Deutschstunde“ von Lenz habe ich ganz gern gelesen, die „Blechtrommel“ ging so, beide Romane würde ich genauso wenig wie die Werke von Walser in meinen persönlichen Kanon aufnehmen.


    Gruß
    Anna

    Hallo Gontscharow und montaigne!


    Ich habe erst gut hundert Seiten gelesen, aber ich bin ja auch kein Stopfkuchen, sondern eine Genießerin, die die guten literarischen Bissen langsam und mit Bedacht kaut und verdaut :zwinker: (wobei unser Stopfkuchen auch wieder Recht hat, wenn er sich das Beste nicht mehr bis zum Schluss aufhebt, weil er sich nicht darauf verlassen kann, noch Zeit zu haben). Dass sich die Geschichte trotz ihrer komplexen, wahrscheinlich erst nach mehrmaligen Lesen ganz durchschaubaren Erzählstruktur so leicht und unterhaltsam liest, zeigt das Können Raabes und lässt wieder mal erahnen, wie viel Arbeit hinter solch scheinbarer Mühelosigkeit steckt.


    Raffiniert ist schon, dass der Roman zwei Erzähler hat, auf verschiedenen Erzählebenen, da die Person Stopfkuchens dem Leser nur durch die Erinnerung Eduards vermittelt wird. Schlägt schon Eduard ein langsames Erzähltempo an, übertrifft Stopfkuchen ihn an Gemächlichkeit bei weitem. Diese Weitschweifigkeit, das behagliche Ausholen und Nicht-zur-Sache-Kommen mag ich sehr. Gerade in der scheinbaren Umständlichkeit des Erzählens stecken die Details, all die kleinen Beobachtungen, Gedanken und Einsichten, die für mich den eigentlichen Reiz des Romans ausmachen. Der behagliche Plauderton, der humane Blick auf die Welt und der Humor erinnern mich an Fontane, nur scheint mir Raabes Ironie etwas schärfer zu sein. Es finden sich immer wieder kleine Seitenhiebe auf den deutschen Bürger (samt seiner „germanischen Verwandtschaft“), der, so gebildet und weitgereist er auch ist, nicht unbedingt weniger provinziell und beschränkt erscheint als die Kaffern und Buren im finsteren Afrika.


    Ebenfalls gut gemacht ist die Einführung der Hauptperson in die Handlung. Zunächst erfährt man von Stopfkuchen nicht viel, außer dass er ein fauler, gefräßiger, von allen belächelter Schulversager und Außenseiter ist. Als er in den Jugenderinnerungen Eduards dann zum ersten Mal persönlich in Erscheinung tritt, bietet er jedoch ein ganz anderes Bild, nämlich das eines klugen, ironischen Menschenkenners, der weitaus erwachsener und souveräner wirkt als Eduard. Es ist gerade der Moment, in dem Eduard zum ersten Mal dämmert, dass er den Schulfreund nicht wirklich kennt oder besser gesagt, dass er ihn bisher verkannt hat, er und mit ihm die ganze Welt, sprich Lehrer, Mitschüler und Einwohner der Stadt Maiholzen.


    „Stopfkuchen“ funktioniert auch als Kriminalroman, denn Raabe erzeugt durch die ständigen Hinweise auf Kienbaum durchaus Spannung und Neugierde. Man fragt sich natürlich, was es mit dem Mann auf sich hat, wer sein Mörder ist und warum er umgebracht wurde. Andererseits hat man es mit Aufklärung des Falles genau so wenig eilig wie Stopfkuchen, so amüsant, ironisch und tiefsinnig sind dessen Ausführungen. Ach, wären doch nur alle Krimis so! :smile:




    Bei uns war Stopfkuchen der schmuck-und geschmacklose Blechkuchen, mit dem die Mäuler allzu vieler Gäste und Mitesser gestopft wurden, auch "Beerdigungskuchen"genannt. Und so ungefähr stellte ich mir auch den Genuss bei der Raabe-Lektüre vor.
    Wie der schlichte Blechkuchen heute mein Gefallen findet, so hat auch die Lektüre von Stopfkuchen natürlich alle negativen Erwartungen von damals zerstreut.


    Den Begriff "Stopfkuchen" kenne ich gar nicht, aber natürlich den Blechkuchen. Es geht mir wie Dir: Als Kind fand ich ihn langweilig, heute schätze ich ihn sehr. Leider ist er aus der Mode gekommen, und man muss tatsächlich auf die nächste Beerdigung warten, um mal wieder in seinen Genuss zu gelangen.


    Gruß
    Anna

    Hallo!


    @ Gontscharow, schön, dass Du mitmachst. Ich habe eben die ersten vierzig Seiten des Romans gelesen und ärgere mich, dass ich Raabe erst jetzt kennengelernt habe. Dabei stamme ich wie er aus Niedersachsen. Aber an den Schulen ist sein Name nicht mal erwähnt worden, jedenfalls nicht zu meiner Zeit, und auch während meines Germanistikstudiums in Würzburg habe ich nie etwas von seinen Werken gehört. Ich habe immer geglaubt, dass er ein verzopfter niedersächsischer Heimatdichter sei, so etwas wie der Heidedichter Hermann Löns. Man gut, dass es das Klassikerforum gibt, das einem hilft, die gröbsten Bildungslücken zu schließen. :zwinker: Morgen dann mehr zu dem Roman, jetzt bin ich leider zu müde.


    Gruß
    Anna

    Hallo montaigne!


    Damit kein Missverständnis aufkommt: Mein Beitrag war ein Scherz, was meines Erachtens schon aus der Formulierung zu ersehen war, auch ohne die Smilies, die ich extra noch dazugesetzt habe. Ich fand es lustig, dass in letzter Zeit häufiger Beiträge zu Kleiderfragen auftauchen, erst das Dirndl, dann der Anzug für die Stufenparty, jetzt die Reizwäsche, und habe die natürlich nicht ernst gemeinte Frage gestellt, ob hier am Ende bildungsfeindliche Kräfte das Klassikerforum unterwanderten, um es zu zerstören. Mich kümmern diese paar Beiträge nicht und ich sehe auch das Niveau des Forums nicht in Gefahr. Ich habe allerdings den Eindruck, Du tust es. Warum, ist mir allerdings schleierhaft.


    Gruß
    Anna :winken:

    Hallo zusammen!



    Ansonsten ist gerade im dritten Teil noch ein gerüttelt Maß an Satire enthalten


    @ finsbury, natürlich gibt es auch im letzten Teil noch einige ironische Stellen, aber insgesamt lässt die erzählerische Intensität doch stark nach und der Schluss ist mir einfach zu forciert, als habe Laxness partout noch zu einem erhebenden Abschluss kommen wollen.



    Ich bin auch fertig. Ihr habt viele interessante und schöne Dinge in Eure Schlußresümees gepackt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.


    @ Sir Thomas, mich würde trotzdem interessieren, ob Dir der Roman gefallen hat. Ein kurzes Statement?



    Hier noch ein treffendes Zitat aus dem 1. Band:
    „Es dauert ein langes Menschenleben, sich in die Literatur Islands hineinzuversetzen, und sei es auch nur, um sich klar zu machen, dass man nur ganz wenig von ihr kennen und noch viel weniger von ihr verstehen kann.“


    Bei solchen Sätzen bin ich skeptisch. Warum sollte die Literatur Islands schwerer zugänglich sein als die Literatur anderer Länder? Bei “Weltlicht“ hatte ich jedenfalls nicht das Gefühl, dass mir der Roman und die darin beschriebene Welt fremd geblieben wäre. Was die Figur des Olafur angeht, auf die Du wohl anspielst, so nehme ich da eine Mittelposition zwischen Euch ein. Ich kann sie in ihrer Sonderbarkeit verstehen und akzeptieren – bei Hamsun, den ich sehr mag, kommen nur sonderbare Figuren vor -, aber sie wirkt auf mich etwas konstruiert. Besonders stören mich die jesusähnlichen Züge an ihr, so etwas habe ich grundsätzlich nicht so gern, aber das ist wahrscheinlich Geschmackssache.


    Zum Schluss noch ein Buchtipp: Wenn man sich mit der isländischen Literatur beschäftigen will, kommt man um die Isländersagas nicht herum, denn die spielen bis heute selbst in den isländischen Krimis eine große Rolle. Im Oktober letzten Jahres ist im Fischerverlag eine Neuübersetzung in vier Bänden mit einem Begleitband herausgekommen. Nicht ganz billig, aber sicher lohnend.


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    Vielen Dank auch an Euch, wir sehen uns zum Teil ja bald in der Dämonen-Runde wieder!


    Gruß
    Anna

    Hallo!


    Ich bin mit dem Buch schon seit einiger Zeit fertig, aber da Ihr bisher so unterschiedlich weit in der Lektüre wart, habe ich mit meiner abschließenden Meinung noch gewartet.


    Nach den ersten beiden Teilen hatte ich mich schon gefreut, einen weiteren guten Autor aus Skandinavien entdeckt zu haben. Leider fand ich dann den dritten, vor allem aber den vierten Teil erzählerisch weitaus schwächer und habe den Roman ziemlich lustlos zu Ende gelesen. Bei der Beschreibung von Armut, Hunger und Demütigungen gibt es doch zunehmend Längen und Wiederholungen, eine Kürzung um etwa ein Viertel seines Umfangs hätte dem Buch gut getan. Von den eindringlichen Naturschilderungen und besonders von der pointierten, ironischen Darstellung der Figuren und sozialen Verhältnisse ist in der zweiten Hälfte des Buches nicht mehr viel zu finden. Gerade der Humor, hinter dem das mühselige, elende Leben der Romanfiguren doch immer spürbar blieb, fehlt fast völlig. Obwohl im vierten Teil eine ganze Menge geschieht, bleiben die einzelnen Episoden matt und farblos. Die Liebesgeschichte wie überhaupt das ganze Romanende fand ich schwach. Der Traum von dem Mädchen Bera, die Begegnung mit ihr, der großen Liebe, die ihm nach einem trostlosen, gedrückten Leben doch noch den Blick auf die Schönheit eröffnet, der Aufstieg zum Gletscher, dem Sinnbild der ewigen, unvergänglichen Schönheit, all diese Ereignisse am Schluss des Romans wirkten auf mich überhastet und aufgesetzt.


    Diese Reaktionen bezüglich eines fiktiven Charakters verstehe ich nicht. Eure Aversionen sind mir fremd.


    Da geht es mir genau so wie Sir Thomas. Auch ich gehöre zu den Lesern, die sich nicht mit den Romanfiguren identifizieren, sondern sie immer mit einer gewissen Distanz betrachten. Mich über deren Charakter oder Verhaltensweise aufzuregen, als hätte ich reale Personen vor mir, liegt mir fern (mit Ausnahme von Old Shatterhand; den würde ich, wenn es mir möglich wäre, mit seinem dämlichen Henrystutzen über den Haufen schießen :breitgrins:). Es sind eben zwei verschiedene Arten des Lesens. Ich hoffe, Sir Thomas, Du nimmst an der Dämonen-Leserunde nicht nur deswegen nicht teil, weil Du „identifikatorische Leser“ fürchtest.


    Aber abgesehen davon empfinde ich Olafur Karason Verhalten auch nicht als egoistisch oder abstoßend. Angesichts seiner elenden Kindheit ist es doch eigentlich erstaunlich, dass aus ihm ein so sanftmütiger, mitleidiger, zu Hass völlig unfähiger Mensch geworden ist. Nicht einmal Alkohol rührt er an. Trotzdem habe auch ich ein Problem mit dieser Figur. Olafur wird als eine Art heiliger Narr beschrieben, eine Mischung aus jesusähnlicher Gestalt, der selbst noch mit seinen Peinigern mitfühlt, allen Schmerz der Welt in sich trägt und den Menschen Erlösung durch die Dichtung verschaffen will, und reinem Tor mit kindlichem Gemüt, der ohne Bewusstsein von Schuld und Sünde stets seinen eigenen Bedürfnissen nachgibt. Er ist voller Mitleid mit den Menschen, macht aber nicht den leisesten Versuch, das durch Hunger und Kälte drohende Leid von seiner Familie fernzuhalten, und obwohl er sehr reflektiert ist, ist er nicht in der Lage, die Folgen seines Handelns zu überblicken. Auf mich wirkt die Figur weniger zerrissen als an vielen Stellen einfach überzogen und unstimmig.


    Da ich aber die ersten beiden Teile des Romans sehr gelungen fand, werde ich sicher noch einen Roman von Laxness lesen, vielleicht erstmal „Atomstation“.


    Gruß
    Anna

    Hallo allerseits!


    Erst war ich tagelang ohne Internetverbindung, dann krank, deswegen melde ich mich erst jetzt wieder. Inzwischen bin ich schon weit im vierten Teil.


    aus diesem Aspekt heraus verändert sich nun auch, meiner Meinung nach, der Blick auf den Lichtvikinger oder zumindest mein Verständnis zum Dichter. Angesichts von nationalistischem Gedankengut und der drohenden Kriegsgefahr, bleibt nur das Licht der Welt, oder anders gesagt, die Schönheit der Welt als Erlösung (oder muß die Welt durchs 'Feuer'gefecht um geläutert zu werden :rollen: war das vielleicht auch Laxness Intention)... ich bin gespannt wie es weitergeht...


    Olafur Karason meint, wie finsbury schon angedeutet hat, mit dem Tausendjährigen Reich nicht die Nazidiktatur, sondern in Anlehnung an das im Buch der Offenbarung erwähnte tausendjährige Friedensreich Christi auf Erden seine eigene dichterische Vision von einem irdischen Paradies, das er auf der Arbeiterversammlung ausführlich beschreibt („In dem Land, in dem ich zu Hause bin, in das ich nie komme, dort haben die Menschen keine Sorgen, ….“). Jana nennt diese Vision den „Traum vom Glück“. Der Nationalsozialismus spielte auf Island keine Rolle, das Gerede vom „wahren Isländer“ bezieht sich wohl eher auf die Loslösungsbestrebungen Islands vom übermächtigen Dänemark, die erst 1944 endgültig Erfolg hatten, und auf den Einfluss sozialistischer Ideen auf die Arbeiterklasse. Im Grunde geht es bei Petur Palsson doch um reine Unternehmerinteressen, die dem einfachen, obrigkeitshörigem Volk in bewährter Manier als patriotische und religiöse Ziele verkauft werden, für die es Opfer zu bringen gilt, während der Kampf der Arbeiter um gerechtere Löhne als kommunistische Umtriebe angeprangert werden.


    @ JMaria, die göttliche Offenbarung, d.h. die Anschauung ewig-zeitloser, das unvollkommene irdische Leben übersteigender Schönheit erfährt Olafur Karason als Klang und mehr noch als Licht, als „inneres Licht“, „Freudenlicht“, „Allmachtslicht“. Wie Du sagst, sieht er in der Dichtung die Erlösung der Welt (er spricht von Erlösung der Seele), wobei für ihn die Welt grundsätzlich eine Welt des Leidens ist.


    So, da ich immer noch nicht richtig auf dem Damm bin, werde ich mich jetzt mit meinem Buch, einem Glas Rotwein und einer Wärmflasche aufs Sofa zurückziehen. Morgen dann mehr zur Figur des Dichters.


    Gruß
    Anna

    Hallo montaigne!


    1. Ich spiele Klavier.


    2. Natürlich meine ich nicht die Volkslieder, sondern diese Humtata-Musik Marke „Blauer Bock“. Ich dachte, wenn erst die Generation, die mit den Beatles, Led Zeppelin und Pink Floyd aufgewachsen ist, in die Jahre kommt, ist es mit der Volksmusik endgültig vorbei. Aber nein, die Fans solcher schauerlichen Klänge sterben nie (aus).


    3. Die „Stechlin“-Verfilmung stammt aus den 70igern. Ich kenne sie auch nur durch die vielen Wiederholungen. Bis in die neunziger Jahre hinein wurde sie regelmäßig an Weihnachten oder Ostern auf den Regionalsendern gezeigt. Seitdem ist sie wohl endgültig im Archiv verschollen. Es gibt aber eine Theodor Fontane-Box „Große Geschichte“ mit sieben DVDs. Neben der Verfilmung seines Romans „Vor dem Sturm“ und szenischen Darstellungen der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ ist auch der „Stechlin“ enthalten. Bei Amazon kannst Du ein kurzen Videofilm dazu ansehen (ist unter der Abbildung der DVD zu finden). Nach einem kleinen Ausschnitt aus dem „Sturm“ gibt es auch etwas aus dem „Stechlin" Im Hintergrund hört man tatsächlich auch die „Unvollendete“.


    Gruß
    Anna


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    Hallo montaigne!



    Was sind den deine Lieblingskompositionen von diesen vier Meistern der klassischen Musik. Bei mir wären das:
    Bach: Weihnachtsoratorium
    Schubert: Forellenquintett
    Schumann: Frühlingssinfonie



    Von Bach mag ich fast alles, von daher ist er wirklich mein Lieblingskomponist. Sein Weihnachtsoratorium gefällt mir sehr, ebenso die Matthäuspassion. Aber auch die Präludien und Fugen, die Suiten, die Goldbergvariationen, die h-Moll Messe und natürlich die Brandenburgischen Konzerte, die selbst an trüben Tagen meine Laune wieder zu heben vermögen. An Bach kann man sich nicht überhören, finde ich. Er hat etwas, was sich am besten mit dem englischen Wort „drive“ ausdrücken lässt, so eine vorwärtsdrängende Spannung. Wer ein Instrument spielt, weiß, was ich meine.


    Bei Schubert höre ich neben dem Forellenquintett auch den Liederzyklus „Winterreise“, die Klaviertrios und die Impromptus und Moment musicaux für Klavier gern. Und natürlich die „Unvollendete“. Es gab vor Jahrzehnten einen sehr schön verfilmten Fernsehvierteiler von Fontanes „Stechlin“ mit Arno Assmann in der Hauptrolle. Da wurde sie als Titelmusik gespielt. Seitdem denke ich immer, wenn ich die Sinfonie höre, an den Roman (dabei fällt mir ein, dass ich den „Stechlin“ unbedingt mal wieder lesen muss).


    Bei Schumann liebe ich besonders das Klavierwerk. Ob Kinderszenen, Album für die Jugend, Kreisleriana, Carneval oder Fantasiestücke, die Stücke sind in ihrer Schlichtheit meisterhaft. Merkwürdigerweise ist das Klavierwerk Schumanns auch heute noch nicht sehr populär. Die Frühlingssinfonie und natürlich auch seine Vertonung der Eichendorff-Gedichte sind natürlich auch meine ewigen Favoriten.



    Dann würde ich Vivaldi mitnehmen, der ist zwar nicht so hochwertig, aber bringt für jede Stimmung etwas mit und sorgt insbesondere immer für gute Laune.


    :breitgrins: Was interessiert uns, ob etwas hochwertig ist, Hauptsache es gefällt (solange es sich nicht um Volksmusik oder Dieter Bohlen handelt). Italienische Barockmusik - Vivaldi, Corelli, Manfredini - ist wirklich Nervennahrung.


    Gruß
    Anna

    Ähnlich wie ich in der Literatur eher Lieblingsbücher als Lieblingsautoren habe, mag ich einzelne Werke ganz verschiedener Komponisten. Wenn ich mich unbedingt entscheiden müsste, würde ich sagen. Bach, Schubert und Schumann, Mozart, Chopin und Ravel. In letzter Zeit beschäftige ich mich wieder mehr mit Beethoven, zu dem ich bisher nie vollkommenen Zugang gefunden habe. Viele seiner Kompositionen bewundere ich sehr und staune, wie gut sie gemacht sind, aber sie packen mich einfach nicht, sie halten mich auf Distanz. Aber vielleicht soll das ja auch so sein.


    Gruß
    Anna