Hallo!
Ich habe den ersten Teil beendet und benötige dringend Motivation! Das kalte und karge Island behagt mir derzeit gar nicht, liegt etwas abseits meiner Leseroute.
Seit ich in Bücherforen unterwegs bin, befinde ich mich eigentlich immer abseits meiner Leseroute. :breitgrins:
Ich konnte das Buch erst vorgestern beginnen, bin aber bereits im zweiten Teil. Ich finde, es lässt sich gut lesen. Laxness kannte ich bisher noch nicht, hatte ihn mir aber viel ernster und schwermütiger vorgestellt. Sein Roman hat jedoch das, was ich an skandinavischer Literatur, besonders an Bang und Hamsun, so mag: Neben den eigenwilligen Romangestalten und den lyrischen Naturschilderungen ist das vor allem dieser schlichte, oft kindliche, aber immer von Humor und leiser Ironie geprägte Ton.
Die Volksdichtung scheint in Island seit jeher einen großen Stellenwert zu besitzen und auch unter einfachen Leuten weit verbreitet gewesen zu sein. Allein im ersten Teil des Romans kommen vier Dichter vor bzw. vier Personen, die Gedichte verfassen. Auch wenn sie als Nichtstuer und Schmarotzer gelten, sind doch ihre Produkte, besonders die Gelegenheitsgedichte, sehr gefragt und offenbar auch von einigem Nutzen, zum Beispiel bei Brautwerbungen. Wie ich zufällig neulich in einem Bericht über Island gehört habe, sind die Isländer bis heute ein Volk von Lesern und Schriftstellern. Anders als in Deutschland ist dort auch die Lyrik nach wie vor sehr populär.
Wenn man sich das Schicksal des Gemeindepfleglings anschaut, erstaunt es einen immer wieder, wie stark die Überlebensinstinkte und Selbstheilungskräfte in der Natur sind. Selbst Kinder, die völlig ohne Liebe aufwachsen, ständig gedemütigt werden und dazu noch von früh an hart arbeiten müssen, hängen nicht nur am Leben, sondern finden auch noch immer etwas, das es ihnen lebenswert macht. Die Szene, in der Olafur Karason nach den Schlägen des Pflegebruders zwischen Leben und Tod schwebt, erinnert mich an den an Typhus erkrankten Hanno Buddenbrook. Beiden schrecken vor der Rückkehr ins Leben zurück, aber während Hanno aus Furcht und Abscheu vor dem Leben die völlige Auslöschung durch den Tod ersehnt, möchte Olafur nicht sterben, sondern in der irrealen, phantastischen Welt seiner Fieberträume verweilen. Aus demselben Grund steht er der Vorstellung von einem ewigen Leben skeptisch gegenüber. Er denkt es sich als eine Fortsetzung des langweiligen, vernünftigen Erdenlebens, in der Phantasie und Dichtkunst keinen Platz hat (deswegen ist das Paradies auch für Kinder nicht unbedingt ein verlockender Ort). Die plötzliche Wunderheilung Olafur Karasons am Ende des ersten Teils wirkt zunächst etwas unglaubwürdig, lässt sich aber damit erklären, dass seine Bettlägerigkeit eher psychisch bedingt war, eine Flucht vor den Misshandlungen und der schweren Arbeit auf dem Hof seiner Pflegemutter.
Wie oft in der skandinavischen Literatur gefallen mir auch bei Laxness die Naturschilderungen sehr. Sie sind nie langweilig, manchmal zart und stimmungsvoll, dann wieder kraftvoll und imposant.
mir fehlt der Humor, wenigstens durchschimmernd
Ich finde schon, dass hier der Humor mehr als durchschimmert. Da ist die bereits von Lost erwähnte ironische Nacherzählung der Felsenburg-Geschichten oder die wirklich witzige Szene mit den „Irren“ zu Beginn des zweiten Teils. Außerdem gibt Laxness immer, wenn es zu gefühlvoll oder idyllisch zuzugehen droht, der Situation eine leichte Drehung ins Humorvolle. Übrigens behandelt er bei aller Komik gerade die sonderlichen Gestalten immer mit Respekt.
Gruß
Anna