Beiträge von Berch

    Hallo zusammen,


    zunächst kann ich nur zustimmen, daß die Studienbedingungen zumeist zu wünschen übrig lassen. Literatur"seminare" mit 80-100 Teilnehmern sind auch bei uns an der Tagesordnung. Das läuft meist darauf hinaus, daß die ersten vier Reihen noch eifrig mitarbeiten, der Rest allerdings nur auf das Durchreichen der Anwesenheitsliste wartet, wobei es nicht so ist, daß man sich um einen Platz in den ersten Reihen schlagen müßte. So einen bekommt man selbst dann noch, wenn man kurz vor dem Dozenten noch in den Raum huscht, was auch schon Bände spricht.
    Textkenntnisklausuren gibt es bei uns jedoch nicht.


    Die andere Seite der Medaille ist jedoch, daß überhaupt die Notwendigkeit besteht, solche Klausuren schreiben zu lassen. Wenn sich durch solche Klausuren die Teilnehmerzahl wirklich merklich drücken läßt - und ich nehme an, daß zumindest bei unangekündigten Tests mindestens 50-60% den Kurs verlassen müßten - dann zeichnet das kein gutes Bild von der studentischen Arbeitsmoral. Da helfen dann auch keine größeren Räume oder mehr Dozenten. Wenn die grundsätzliche Bereitschaft fehlt, sich mit dem behandelten Stoff auseinander zu setzen, dann braucht man sich über das Bildungs- bzw. Ausbildungsniveau wohl keine Gedanken mehr zu machen.


    Gruß
    Berch

    Hallo Papagena,


    also ich würde nicht sagen, daß Eichendorff in einer 'ruhigen' Zeit lebte (1788-1857). Wirf vielleicht mal einen Blick in diese Liste http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kriege, da kommt zu seinen Lebzeiten schon einiges zusammen. Natürlich wird er nicht von allen Kriegen betroffen gewesen sein, aber in seine frühe Kindheit fällt der Russisch-Preußische Polenkrieg, dazu noch die Napoleonischen Kriege und der Preußisch-Dänische Krieg. Nicht zu vergessen die 'Nachwehen' der französischen Revolution und natürlich die Deutsche Revolution von 1848, sowie das Hambacher Fest von 1832, das er in 'Auch ich war in Arkadien...' satirisch beschreibt.
    Außerdem dürfte er zumindest den Beginn der industriellen Revolution miterlebt haben.


    Heute würde ich Eichendorffs Popularität nicht allzu hoch ansetzen. Sein Taugenichts steht wohl in den meisten Schulen noch auf dem Lehrplan, weil er sich als exemplarisches Beispiel für die Epoche der Romantik gut eignet, aber seine restlichen Texte, werden zumindest meiner Einschätzung nach, nicht mehr sonderlich viel gelesen. Unter den Romantikern dürfte er aber wohl zu den Bekanntesten zählen.


    Ich hoffe, das konnte Dir ein bißchen helfen.


    Gruß
    Berch

    Hallo Saturnia,


    das müßte von der Metrik her schon passen, aber ändert doch leicht den Sinn.
    In der Originalfassung 'hallt ein Schrei', d.h. der Untergangs des Bootes ist von einem mitschwingenden Schrei, einer letzten Warnung begleitet. Das ist doch schon ein bißchen dramatischer als 'Backbord, Jungs', was sich für mich etwas nach 'Joho und nen Buddel voll Rum...' anhört :zwinker:


    Gruß
    Berch

    Hallo Dostoevskij,


    ich kenne Dein Problem mit Security-Diensten, wenn auch aus der genau anderen Perspektive. Neben dem Studium arbeite ich zeitweise bei einer Buchhandlung, die größere Kunden im Stadtbereich auch beliefert (zumeinst Uni-Institute, Kirchengemeinden, Firmen, etc.) und ich vertrete dabei auch manchmal unseren eigentlichen Postfahrer. Dabei ist es mir auch schon öfter vorgekommen, daß ich Pakete abliefern wollte, diese aber von den zuständigen Securityleuten nicht angenommen wurden. Meist mit der Begründung, dies sei ihnen nicht erlaubt, da sie für den möglichen Verlust haftbar gemacht werden könnten. Sprich: Mit der Nicht-Annahme entziehen sie sich etwaigen Scherereien.
    Wir sind jetzt dazu übergegangen, bei den betreffenden Kunden schlicht die Personenanrede auf der Adresse wegzulassen und diese nur in die Pakete zu legen. Damit sind die Pakete äußerlich nicht als Privateinkäufe erkennbar und werden einfach an die Poststelle der Firma weitergeleitet, dort geöffnet und für den eigentlichen Adressaten, der dann erkennbar ist, zurück gelegt. Könnte Dir vielleicht auch helfen.
    Eine andere Möglichkeit ist, daß Du bei der Post einen Sammelliefertermin für Paketpost vereinbarst, an dem Du defintiv zu hause bist (beispielsweise Samstag, falls das zutrifft). Zumindest für Firmenkunden ist das möglich, denn die sind ja oft an Samstagen eben nicht erreichbar. Bliebe natürlich das Problem, daß die Postboten Deinen 4. Stock meiden möchten...


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,
    hallo Gretchens Freund,


    zur eigentlichen Textdiskussion werde ich vermutlich recht wenig beitragen können. Emilia Galotti habe ich noch in der Schule gelesen, der Werther ist auch schon einige Semester her, die anderen Bücher liegen seit längerem auf meinem SUB, ohne daß sie sich wirklich weit nach vorne arbeiten konnten :zwinker:
    Aber vielleicht wecken ja die Diskussionen doch mein Interesse und ich lese den jeweiligen Text noch fix mit.


    Zur Arbeitsweise in der Germanistik kann ich Dir teilweise schon zustimmen. Wir haben bei uns auch ein paar 'Spezialisten', die jeden Sachverhalt offenbar möglichst kompliziert darstellen möchten. Das ist teilweise wirklich ärgerlich, weil es den Fortlauf der Diskussion eher behindert als foranbringt. Allerdings halte ich das auch nicht für wissenschaftliches Arbeiten. Natürlich erfordert wissenschaftliches Arbeiten, daß man Sachverhalte auch abstrahiert, von verschiedenen Standpunkten beleuchtet und argumentativ ergründet und dabei das gültige Fachvokabular verwendet. Das kann man meiner Ansicht nach aber auch tun, ohne gleich hochgestochen daherzureden.
    Was mich aber fast noch mehr ärgert in Seminaren, ist vollkommen sinnfreies Gelaber. Dafür gibt es bei uns auch zahlreiche Beispiele. Im letzten Semester z.B. wurde auf die Frage nach Ersteindrücken zu Grass' 'Im Krebsgang' geantwortet: "Ich mag die Tulla total gern. Am liebsten würd ich nen Buch nur über die lesen. Gibt's das?"
    Bei solchen Äußerungen (im Hauptstudium) beginnen meine Halsschlagadern immer zu pochen und leider ist das Beispiel kein Einzelfall. Dann muß man sich auch nicht mehr wundern, wenn Deutsch oft als Laberfach bezeichnet wird.


    Gruß
    Berch (wie vielleicht deutlich wurde, auch Germanistik Student, allerdings in Münster und ohne Textverständnisklausuren)

    Hallo Joon,


    es tut mir leid, wenn Du Dich ungerecht behandelt fühlst, aber ich kann sandhofers Reaktion nachvollziehen. Wenn fast täglich Anfragen kommen, die nur auf eine schnelle Lösung aus sind und die dann meist auch im falschen Forum gepostet wurden, wobei sich die Fragesteller anschließend nie mehr blicken lassen, dann stellt sich doch recht schnell ein großer Frust ein. Vielleicht kannst Du das nachvollziehen, wenn Du Dir mal die Liste der nervigen Postings anschaust, die hier in letzter Zeit so eingetroffen sind.
    Das dann der ein oder andere durchs Raster fällt, der eigentlich anderes im Sinn hatte, ist natürlich schade, aber irgendwie auch verständlich.
    Trotzdem: Herzlich Willkommen hier im Klassikerforum, vielleicht gefällt es Dir hier ja doch, wenn Du Dich ein bißchen genauer umsiehst!


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,


    ich weiß, ich habe schon oft auf rätselhafte Schüleranfragen geschimpft, aber meine Frage paßt wohl am ehesten in diese Kategorie. Zur Erklärung hole ich etwas weiter aus:


    Ich habe vor einer Woche einen ersten groben Umriß meiner Examensarbeit mit meiner Dozentin entworfen (schreiben werde ich die Arbeit wohl Anfang 2006). Die Arbeit beschäftigt sich mit dem wissenschaftlichen Diskurs (Harald Welzer, Gabriele Rosenthal, u.a.) über den Umgang der Nachfolgegenerationen mit dem Holocaust, sowie der literarischen Aufarbeitung dieses Diskurses. Ganz grob lassen sich die Generationen folgendermaßen charakterisieren:
    1.G.: Zur Zeit der NS-Herrschaft lebende Menschen - Umgang mit dem Holocaust ist durch Verdrängung, Abstreiten oder 'Nicht-Wissen' gekennzeichnet.
    2. G.: Deren Kinder - starkes Bedüfrnis nach Aufarbeitung, Konflikte mit der 1. G. bzgl. deren Verhalten und daraus resultierend oftmals die Unfähigkeit zur Kommunikation mit der 1. G.
    3. G.: Enkel der 1. G. - große zeitliche Distanz -> kein direkter Bezug mehr zu den eigentlichen Ereignissen oder deren unmittelbaren Folgen in der Nachkriegszeit, z. T. Überfrachtung mit 'Wissen' über den Holocaust in Schule, Medien, etc., ohne Aufarbeitungsmöglichkeiten an die Hand zu bekommen, bessere Möglichkeiten zur Kommunikation mit der 1.G., da direkte Vorwürfe an die 1. G. meist nicht mehr oder weniger stark erhoben werden.


    Als Ansatz für die literarische Umsetzung soll Grass' Novelle 'Im Krebsgang' dienen, in welcher eben diese Generationsproblematik sehr deutlich, neben anderen Themen, aufgegriffen wird.
    Allerdings sind die Figuren in dieser Hinsicht oft sehr plakativ und oberflächlich gestaltet, was in meiner Arbeit zu problematisieren ist. Besonders deutlich wird dies bei der Darstellung der 3. Generation, die sich bei Grass doch sehr ins Extreme wendet und nur einen sehr kleinen Bereich der wissenschaftlichen Debatte aufgreift (fehlende Aufarbeitung führt in der 3. Generation zu Rechtsradikalismus) und stark von Grass' politisch-moralischem Zeigefinger überprägt ist.


    Der zweite Teil meiner Arbeit soll sich folglich kritisch mit dem durch Grass gezeichneten Bild der 3. Generation auseinandersetzen. Dies möchte ich im Vergleich zur Darstellung des Umgangs der 3. Generation mit dem Thema Holocaust, bzw. dem Thema NS-Vergangenheit durch Autoren der 2. oder 3. Generation herausarbeiten.


    Dabei habe ich zunächst an Christian Krachts 'Faserland' gedacht, ferner werde ich mir Maxim Biller, Tanja Dückers, Marcel Beyer und Uwe Timm näher anschauen und bin noch auf der Suche nach weiteren Autoren, die dieses Thema behandelt haben.


    Das bringt mich endlich zu meiner Frage: Um eine geeignete Auswahl für die zum Vergleich herangezogenen Autoren bzw. Texte treffen zu können, suche ich noch weitere Autoren, die sich ebenfalls mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben. Ich weiß, daß das im Grunde kein Thema für das Klassikerforum ist, aber bei den vielen Leseratten hier, könnte es ja sein, daß der/die ein oder andere doch einen hilfreichen Lesetipp hat, da die Thematisierung wie z.B. bei Krachts 'Faserland' oftmals wohl nicht Hauptthema des Textes ist, sondern eher im 'Untergrund' verläuft, was meine Suche natürlich nicht gerade erleichtert.
    Bin für jeden Hinweis dankbar.


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,


    Gitta:

    Zitat

    Die Realität ist schlecht und alle wissen es. Welchen Sinn soll es haben, sich das Schlechte auch noch außerhalb der Realität anzutun?


    Das war eine, zugegeben recht platte, Umformulierung der angeführten Houellebeqc'schen These und nicht meine eigene Meinung. Ich kann das zwar in Teilen nachvollziehen, jedoch stört mich persönlich vor allem seine Pauschalisierungstendenz 'wir wissen', etc.


    Dostoevskij:

    Zitat

    Demnach wäre es Masochismus, wenn man liest


    Das Ertragen des Lebens selbst scheint bei Houellebecq schon Masochismus zu sein. Bei so einer Grundhaltung hat man dann vermutlich auch nicht mehr viel zu erwarten.


    Außerdem: Selten habe ich über eine Loriotanlehnung so gelacht und selten war sie so passend.


    giesbert: Ich stimme Dir bei der Wirkung von Kunst und Literatur vollkommen zu. Es mag sein, daß ich Deinen Standpunkt mißverstehe oder überinterpretiere, dann korrigiere mich bitte, aber ich sehe darin keinen Widerspruch zu Houellebecq: Genau diese 'Lebenshilfe', die Literatur geben kann, bzw. ihre Inanspruchnahme zeigt doch, daß ich als Leser Defizite in meinem realen Leben erkenne, die ich so zu überwinden hoffe. D.h. überspitzt formuliert, ich liebe das Leben, wie es ohne Literatur ist, nicht.
    Dieser These einen absoluten Charakter zu verleihen und sie zu verallgemeinern, das zeugt allerdings von einer gewissen Engstirnigkeit, weil es viele andere Wirkungsbereiche, beispielsweise die reine Freude an der Konstruktion von Sprache, vollkommen vernachlässigt. Das ist zugegeben nicht sehr weit gedacht, aber ich unterstelle, daß einiges an Sinngehalt Houellebecqs Wunsch nach Provokation zum Opfer gefallen ist. Ob man das nun allerdings als Begründung gelten lassen kann oder nicht, sei dahingestellt.


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,


    giesbert:

    Zitat

    Folglich? Was ist denn das für Blödsinn?


    Ich verstehe nicht ganz, weshalb das Blödsinn sein soll? Innerhalb seiner Argumentation macht diese Folgerung ja durchaus Sinn: Die Realität ist schlecht und alle wissen es. Welchen Sinn soll es haben, sich das Schlechte auch noch außerhalb der Realität anzutun?
    Daher sehe ich in dieser Folgerung auch keine Begründung dafür, daß Houellebecq ein Flachkopf sein soll. Über seine medienwirksamen Themen läßt sich freilich trefflich streiten. Ob es nun 'echte' Anliegen sind oder nur die Bedienung eines Publikumswunsches sei dahingestellt. Im Grunde ändert das aber auch nichts an der Qualität (wie auch immer man die einschätzen mag) seiner Texte.


    Dostoevskij, Gitta: Vielleicht wird das aus der kurzen Textpassage nicht klar. Houellebecq dämonisiert das Lesen nicht, er sagt nicht, daß es schlecht ist, aus der Realität zu entfliehen, sondern hält es fast schon für erforderlich, dies zu tun. Nur sieht er keinen Sinn darin, aus der negativen Realität in eine Literatur zu fliehen, die eben diese Realität wiederspiegelt. Besser, nach seiner Theorie, ist eine Flucht in realitätsfremde oder -ferne Literatur.


    Gruß
    Berch

    Hallo sandhofer,


    Zitat

    Das ist noch ein Mann, der weiss, dass die Socken eines Herren nicht über dem Knöchel aufhören, sondern die ganzen Waden bedecken, weil nichts unästethischer ist, als nackte Altherrenwaden, die bei übereinandergeschlagenen Beinen aufblitzen ...


    Das ist sicherlich richtig, aber ich fürchte, ich könnte mir noch unästethischere Dinge vorstellen :zwinker:


    Gruß
    Berch

    Hallo Georg,


    tut mir leid, ich habe das Buch gerade nicht zur Hand und auch nicht mehr so präsent, als daß ich Dir adhoc eine stichhaltige Antwort geben könnte.
    Vom Typ her ist das aber auch eine Frage, die mehr oder minder auf die Erarbeitung von Inhalt und Textverständnis hinausläuft...


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,


    Georg: Zudem gibt es heute doch deutlich mehr Möglichkeiten, sich anderweitig zu unterhalten als 'früher' und es ist nunmal leichter, sich den SAT1 FilmFilm der Woche anzusehen, als ein etwas anspruchsvolleres Buch zu lesen. Allerdings werden auch Menschen in früheren Zeiten schon ihre Möglichkeiten gefunden haben, sich zu 'verblöden' :zwinker:


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,


    vielleicht ist es hilfreich, wenn ich kurz den Kontext des Zitates wiedergebe.
    Es stammt aus Houellebecqs erstem Buch 'Gegen die Welt, gegen das Leben.', in dem er sich mit H.P. Lovercraft auseinandersetzt und zwar aus dem ersten Teil des Buches, aus dem Kapitel 'Ein neues Universum'.
    Es beginnt folgendermaßen:


    "Das Leben ist schmerzhaft und enttäuschend. Folglich ist es nutzlos, neue realistische Romane zu schreiben. Was die Realität im allgemeinen betrifft, so wissen wir bereits, woran wir sind; und wir haben keine Lust, noch mehr darüber zu erfahren. [...] Ist das Buch einmal zugeschlagen, verstärkt all das nur unseren Ekel, der bereits von jedem beliebigen Tag des 'realen Lebens' reichlich genährt wird. [...] Wer das Leben liebt, liest nicht. Und geht erst recht nicht ins Kino. Was immer auch darüber gesagt wird, der Zugang zum künstlerischen Universum ist mehr oder weniger für jene reserviert, die ein wenig die Schnauze voll haben."


    Man muß das Zitat also wohl zum einen vor dem Hintergrund der in Houellebecqs Texten allgemein vorherrschenden lebensverneinenden Grundstimmung und zum anderen in Bezug auf das von H.P. Lovercraft geschaffenen Universum sehen.
    Daher würde ich sagen, daß er das Lesen (speziell das Lesen von nicht-realitätsnahen Texten) deutlich als Fluchtmöglichkeit aus der Realität ansieht. Ich würde diesem Zitat zumindest in weitem Umfang zustimmen. Natürlich ist es überspitzt und provokant, aber der Kern scheint wahr zu sein. Die Zeit, die ich aufwende, um zu lesen, d.h. um mich in das Leben anderer Personen hinein zu denken, andere Lebensgeschichten und Ereignisse zu erkunden, nutze ich nicht, um mich mit meinem eigenen Leben zu beschäftigen. Da ich recht viel und gern lese, scheint mir dies wohl eine willkommene Abwechslung zu sein, scheint die aufgebrachte Zeit besser angelegt zu sein, als in die 'Erfahrung', das 'Erleben' des eigenen Lebens.


    Bliebe die Frage nach seinen eigenen Büchern, die ich in weiten Strecken als zutiefst realistisch, fast schon schmerzhaft realistisch und zeitgebunden erfahren habe...


    Gruß
    Berch

    Hallo Imrahil,


    die sieben besprochenen Wegbereiter sind:
    Arthur Schnitzler
    Thomas Mann
    Alfred Döblin
    Robert Musil
    Franz Kafka
    Kurt Tucholsky
    Bertolt Brecht


    Mir hat das Buch sehr gefallen, aber da es eine Sammlung bereits zuvor veröffentlichter Essays, Vorträge und Aufsätze ist, könnte Dir einiges schon bekannt sein, oder man hat es ähnlich von MRR schon anderorts gehört/ gelesen. Ich habe es jedoch als Bereicherung empfunden, zumal hier die Essays, etc. kompakt vorliegen und man folglich nicht mehr so lange suchen muß, um nach einer bestimmten Stellungnahme zu suchen.


    Noch ein bißchen besser hat mir allerdings 'Lauter schwierige Patienten' gefallen, in dem Peter Voß mit MRR im Interview über bedeutende Autoren des 20. Jahrhunderts diskutiert. Leider kann ich Dir hier keine genaue Liste der besprochenen Autoren geben, weil ich mir das Buch seinerzeit nur ausgeliehen hatte und bisher immer versäumt habe, es mir zu kaufen (Brecht, Böll, Frisch und Dürrenmatt waren dabei, aber ansonsten läßt mich mein Gedächtnis im Stich).
    Das Buch gewinnt für mich einerseits sehr durch den Interviewstil, der MRRs 'Redeschwall' ein bißchen abmildert und lenkt, sowie die nicht ganz so starke Focussierung auf Thomas Mann.


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,
    hallo Nightfever,


    ich kann Dich beruhigen, auch zahlreiche Lehrer 'traditioneller' Schulformen, sowie alle Pädagogikdozenten meiner Universität, von denen ich dazu Äußerungen gehört habe, richten sich gegen das Zentralabitur, z.T. mit nahezu identischen Begründungen. Zudem halten viele dieser Zentralabiturgegner eben dieses als Instrument zur Angleichung und Erhöhung des Abiturniveaus für vollkommen untauglich, da es u.a. ein individuelles Eingehen auf die Schüler, bzw. ein Ausrichten der Themen an den Schülerinteressen (was in der gegenwärtigen Pädagogik meist für unabdingbar gehalten wird) stark erschwert oder gar unmöglich macht.


    Steffi:

    Zitat

    Da bleibt ja im Leistungskurs noch genügend Zeit für Goethe, Brecht und Co. Mein Thema damals war "Prinz Friedrich von Homburg" von Kleist, gelesen habe wir aber jede Menge z.B. Fontane, Brecht, Goethe, Schiller, Klopstock, Novalis, Kafka, Eichendorff ... im Grunde haben wir die Epochen durchgenommen und repräsenativ ein oder zwei Werke gelesen.


    Ehrlich gesagt, halte ich das zwar für wünschenswert, aber nicht für sonderlich realistisch. Die Auswahl beschränkt sich ja rein auf den literaturwissenschaftlichen Anteil. Die Richtlinien und Lehrpläne für die Sek II in NRW sehen dies aber nur als einen Unterpunkt des Teilbereichs 'Umgangs mit Texten und Medien', zu dem darüber hinaus u.a. auch die Analyse von nicht-literarischen Textformen (Werbung, etc.) oder der Umgang mit Internetmedien gehört. Darüber hinaus gibt es die gleichwertigen Bereiche: Sprechen und Schreiben, Reflexion über Sprache und Methoden fachlichen und fachübergreifenden Arbeitens.
    Wenn man dann davon ausgeht, daß die fünf genannten abiturrelevanten Themen jeweils in einer eigenen Unterrichtsreihe von mindestens zwölf, eher aber deutlich mehr Stunden behandelt werden und den anderen Teilbereichen ein ähnlicher Rahmen gewährt wird, dann bleibt für andere Werke und Autoren vermutlich nicht mehr viel Raum.
    Ich befürchte, daß es darauf hinauslaufen wird, daß Lehrer versuchen werden, ihre Schüler möglichst gut auf die Aufgabenstellungen des Abiturs hin zu trainieren, um ein möglichst gutes Abschneiden zu gewährleisten, was zwangsläufig zu Lasten anderer Themengebiete gehen wird.


    Und zu der anderen Frage: Meine Schulzeit hat sich wohl eher gelohnt, zumindest in einigen Fächern. So hat mir mein Abiturwissen in Erdkunde geholfen, meine Zwischenprüfung in Geographie, für die ich keine Zeit hatte zu lernen, zu bestehen. Auch meine Berufswahl dürfte von meinen Erfahrungen in der Schulzeit maßgeblich beeinflußt worden sein (ich studiere Deutsch und Geographie Sek II/I).


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,


    ich habe das Buch vor ein paar Wochen gelesen. Zur Zeit wühle ich mich durch Berge von Sekundärliteratur zum Umgang der Nachkriegsgeneration mit dem Holocaust und da steht mir in meiner Freizeit nicht auch noch der Sinn nach Literatur, die ein sehr konzentriertes Lesen erfordert. Ich habe das Buch also quasi als Spannungsausgleich gelesen und diese Funktion erfüllt es durchaus. Leicht zu lesen, recht interessant und spannend geschrieben, zudem ein leicht gruselig-mysteriöses Thema.
    Sicherlich kein Buch für die Ewigkeit und auch nichts für eine tiefergehende Betrachtung, aber als Zeitvertreib und um auf andere Gedanken zu kommen, erfüllt es ebenso seinen Zweck wie z.B. Stephen Kings Bücher.


    Gruß
    Berch

    Hallo Cherry,


    keine dieser Fragen sollte Dich vor ernsthafte Probleme stellen, wenn Du den Text gelesen hast.
    Mehr als bloße Inhaltsangaben werden ja kaum abgefragt.
    Also viel Spaß beim Lesen.


    Gruß
    Berch

    Hallo zusammen,
    hallo Erika,


    ja, ich denke, man kommt damit durch. Das handelsübliche Referat in der Schule läuft doch oft nach dem Muster ab: Der Schüler stellt sich vorne hin und erzählt ein bißchen was. Der Lehrkörper döst dabei, den Blick aus dem Fenster in die Ferne schweifen lassend, vor sich hin und schreckt nur auf, wenn grob falsche Aussagen getroffen werden. Nach einer Viertelstunde ist das Referat um, der Lehrkörper fragt, ob noch fragen offen sind, was natürlich nicht der Fall ist, weil die Mitschüler a) ihren Kollegen nicht reinreiten wollen und b) der Großteil ohnehin mit anderen Sachen beschäftigt war, als dem Gesagten zuzuhören. Dem Referenten wird gedankt und er setzt sich wieder hin. Sollten doch tatsächlich mal Rückfragen kommen, darf man nur nicht so dumm sein, ins Stottern zu geraten, sondern man repetiert noch einmal ein bißchen aus dem Referat um die eigentliche Frage drumherum und sagt dann, daß man sich mit dieser speziellen Fragestellung aus Zeitgründen nicht näher beschäftigt hat.
    So sind zumindest meine Erfahrungen aus dem eigenen Schulleben und bisherigen Schulpraktika.


    Zudem fragen ja die wenigsten hier nach Referaten. Häufiger kommen ja Anfragen nach Interpretationen von Textpassagen und Gedichten und die sind wohl eher für Hausaufgaben gedacht und bei denen sind Lehrer ja meist schon heilfroh, wenn sie überhaupt jemanden finden, der sie freiwillig vorträgt...


    Gruß
    Berch