Was lest ihr gerade?

  • b.a.t. : Unterschätz mir meinen Goethe nicht! :)


    Aber ja: Die gleiche Frage habe ich mir auch gestellt. Ich hab's zwar auch schon geschafft, Werkausgaben von A-Z durchzu ... na ja ... blättern, aber nicht hintereinander. Und Goethe habe ich noch nicht geschafft. ;)

    Aber selbstredend.

    Am Stück.

    Und zwar die Ausgabe des Deutscher Klassiker Verlag :-)


    Daraus hab ich einiges hier stehen, die Gedichte und der Faust, beides als Lizenzausgaben der WBG, die gab es seinerzeit eher preiswert.

    Und in Taschenbuchausgaben: Werther und Wahlverwandtschaften (plus Kleine Prosa und Epen), die beiden Romane hatte ich 2021 nach zig Jahren endlich wiedergelesen und fand die Kommentare, wie auch sonst, sehr spannend. West-Östlicher Divan, da war diese Ausgabe für mich die einzige Möglichkeit, mich damit zu befassen. Ja, das bekomme ich noch durchgelesen.

    Meine teuerste Buchinvestition des letzten Jahres war Zur Farbenlehre. Das ist als Dauerlektüre angedacht - hätte ich nur nicht schon so viele andere - und zwar parallel dann mit Schopenhauer.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Ich hab, vor vielen Jahren, "Die Maias" gelesen. Möchte ich gerne wiederlesen. "Das Verbrechen des Paters Amaro" steht hier, ist aus einem Bücherschrank. Danke für die Infos, ich wusste gar nicht, dass so viel von ihm übersetzt ist.

    Ich habe noch "Das berühmte Haus Ramirez" gelesen. Davon ist mir aber leider nichts im Gedächtnis geblieben als eine Szene, in der ein Mann in einem Teich voller Blutegel exekutiert wurde.

  • Ich habe noch "Das berühmte Haus Ramirez" gelesen. Davon ist mir aber leider nichts im Gedächtnis geblieben als eine Szene, in der ein Mann in einem Teich voller Blutegel exekutiert wurde.

    Vielversprechend.

    Blutegel finden sich in der klassischen Literatur ja oft.

    Eine der gängigsten Anwendungen 8)

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Inzwischen habe ich mich mit der "Reliquie" auch halbwegs versöhnt. Wenn man den Passionstraum aufmerksam liest, kann man da eine ganze Menge Religions- und Gesellschaftskritik finden. Wenn ich fertig bin, schreibe ich was zu dem Roman.

  • Lucinde hab ich schon vor längerem beendet. Ich war nie so die Romantikerin, auch diese Werk hat mich nicht zum Fan gemacht.

    In der Zwischenzeit habe ich ein aktuelles Buch gelesen, das mir sehr gut gefallen hat.

    Ein Debütroman von Dana Vowinckel - Gewässer im Ziplock es geht um eine jüdische Familie, die genauso dysfunktional ist wie ihr Heimatbegriff. Berlin, Chicago und Jerusalem. Interessant ist auch der jüdische Alltag in den unterschiedlichen Ländern.


    Derzeit lese ich zum xten Mal Jane Eyre und danach quasi das Spinn-Off - Wide Sargasso Sea von Jean Rhys, da geht es um die Welt der verrückten Bertha Rochester

  • Den Roman von Eca de Queiros habe ich jetzt gelesen und dazu einenThread aufgemacht.

    Nun bin ich wieder im zwanzigsten Jahrhundert unterwegs und lese von Gisela Elsner "Der Nachwuchs". Auch hier geht es um einen eher nichtsnutzigen Nachgeborenen, aber ansonsten ist alles anders.

  • Ich habe mit Jakob Wassermanns "Das Gänsemännchen" angefangen, recht vielversprechend bisher.

    Da bin ich auf deine Meinung gespannt. Ich habe eine Zeitlang mit wachsender Begeisterung Wassermann gelesen, auch das Gänsemännchen, und der Wahnschaffe ist eines meiner Lieblingsbücher geblieben.

  • Da bin ich auf deine Meinung gespannt. Ich habe eine Zeitlang mit wachsender Begeisterung Wassermann gelesen, auch das Gänsemännchen, und der Wahnschaffe ist eines meiner Lieblingsbücher geblieben.

    Die "wachsende Begeisterung" stellt sich auch bei mir ein. Ich habe kürzlich ein paar schöne Ausgaben antiquarisch erworben und überhaupt spielt das ja alles in nicht so weiter Ferne für mich, d.h. viele Schauplätze sind mir bekannt. Der Wahnschaffe war bei den Einkäufen dabei, den Hauser kenne ich schon, aber schon ewig lange her. Sprachlich gefällt mir das "Gänsemännchen" bisher sehr gut, ebenso die Beschreibung der damaligen Gesellschaft. Ein paar Mal hab ich mir schon gedacht, dass sich da bis heute nicht so viel geändert hat. Wenn ich das Buch gelesen habe, werde ich meine Meinung zum Besten geben.

  • Die "wachsende Begeisterung" stellt sich auch bei mir ein. Ich habe kürzlich ein paar schöne Ausgaben antiquarisch erworben und überhaupt spielt das ja alles in nicht so weiter Ferne für mich, d.h. viele Schauplätze sind mir bekannt. Der Wahnschaffe war bei den Einkäufen dabei, den Hauser kenne ich schon, aber schon ewig lange her. Sprachlich gefällt mir das "Gänsemännchen" bisher sehr gut, ebenso die Beschreibung der damaligen Gesellschaft. Ein paar Mal hab ich mir schon gedacht, dass sich da bis heute nicht so viel geändert hat. Wenn ich das Buch gelesen habe, werde ich meine Meinung zum Besten geben.

    Ich habe mir erst im letzten Jahr erstmalig den Gänsemännchenbrunnen angesehen - ich war wohl schon hin und wieder in Nürnberg, habe aber diesen Brunnen immer übersehen. Kunststück, er ist halt auch sehr, sehr klein ... Aber der Bezug zum Roman ist sehr geschickt. Besonders am Ende erwartet dich noch eine ganz tolle Wendung, in der die Brunnenfigur wichtig ist.

  • Mittlerweile habe ich das „Gänsemännchen“ ausgelesen und mein anfänglicher Eindruck hat sich nicht geschmälert. Da ist zum einen die Sprache, die mir sehr gefiel. Das fängt bei der Beschreibung von Landschaften an (Mir ist aufgefallen, dass der Satz ganz zu Beginn des Romans


    „An den zahlreichen Weihern steht das Gras höher, so hoch oft, dass man von den Gänseherden nur die Schnäbel gewahrt, und wäre das Geschnatter nicht, man könnte sie für wunderlich bewegte Blumen halten, diese Schnäbel.“


    knapp 600 Seiten später, nahezu identisch, als letzter Satz den Roman beschließt.), von Dörfern und Städten mit ihrer Gesellschaft bis zu der, in meinen Augen, wunderbar fein ausgearbeiteten Charakterisierung der Figuren. Diese Figuren sind so zahlreich, dass ich mir manches Mal nicht ganz sicher war, ob Daniel Nothafft die Hauptfigur bleibt.


    Daniels Schaffensprozess, das Werden eines Künstlers, in diesem Fall geht es um die Musik, hat Wassermann meiner Meinung nach großartig in Worte gefasst. Die innere Zerissenheit, das Ringen um Ordnung im Wirrwarr seiner Ideen, die raren Momente von Klarheit, die Verbindungen zwischen den einzelnen Stückwerken herstellen und allgemein die Schilderung seiner Musik, die seiner Zeit voraus scheint, fand ich sehr bewegend. Ausführlich lernt man das Dunkle in Daniels Charakter kennen, die Schmerzen, die nicht nur er erfährt, sondern die insbesondere auf sein gesamtes Umfeld ausstrahlen.


    Dabei spielen die Frauen eine gewichtige Rolle, auch wenn das anfänglich nicht so scheint. Seinen Beziehungen wird dann auch sehr viel Platz eingeräumt, ebenso der Auslotung ihrer Funktion für Daniels Musik - Lenore, Gertrud, Dorothea, Philippine. Dazu gesellen sich noch Randfiguren wie Sylvia, die Mutter, die drei Schwestern, die Magd, die Zingarella usw. Letztgenannte begleitet Daniel als Maske durch den Roman. Diese Symbolik ist an verschiedenen Stellen zu finden, natürlich auch in Form des titelgebenden Gänsemännchens, der Brunnenfigur vom Nürnberger Obstmarkt, die gegen Ende in einer Art Fiebertraum sogar zum Leben erwacht.


    Die zahlreichen Figuren, die Einfluß (oft negativer Art) auf Daniels Werdegang hatten, werden erstaunlich ausführlich und lebhaft beschrieben. Auch wenn sie Daniel teils übel mitspielen, haben fast alle früher oder später an ihrem Schicksal zu tragen (Carovius, Schimmelweis, Döderlein, der alte von Auffenberg, Eberhard, Benda usw.)


    Armut und Stolz sind weitere Themen des Romans, die nicht nur den Protagonisten beuteln (so auch der adelige Eberhard von Auffenberg). Mir gefiel Wassermanns Darstellung der Würde der Menschen, die gebrochen oder am Leben gescheitert scheinen und wie sie die Augenblicke stillen Respekts und Momente der scheinbaren Teilhabe an der Gesellschaft am Leben halten. (z.B. der alte Jordan, der sich mit Carovius im stillen Einvernehmen regelmäßig in der Gaststube trifft)


    Ich bin ziemlich eingetaucht in diese fränkische Welt der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit den verschrobenen, oft harten und gemeinen Figuren. Geschichten einzelner Figuren hätten eigene Novellen sein können (z.B. der alte Jordan und seine Erfindung). Man könnte das vielleicht als Kritikpunkt anführen, dass der Fokus noch öfter auf Daniel hätte gelenkt werden können. Andererseits gewinnt die Motivation der Hauptfigur durch die Ausarbeitung seines gesamten Umfelds an Glaubwürdigkeit, der Roman an Tiefe. Im kleinen Begleitheft (ich habe die Ausgabe der Bibliothek des 20. Jahrhunderts gelesen) ist ein Essay, der den Roman an einer Stelle so beschreibt: "(...) Statt des Gesellschaftsromans mit seinem Figurenpanorama den Bildungsroman mit seinem einen Helden, der von Stufe zu Stufe zur Persönlichkeitsvollendung geführt wird. (...)" Dem würde ich [der Autor beschreibt, warum er das so sieht] auch bedingt zustimmen, würde aber gerade aufgrund des Figurenpanoramas eher zu einem "sowohl, als auch" tendieren.


    Für mich war die Lektüre jedenfalls ein lohnendes Erlebnis und sicher nicht der letzte Roman Wassermanns.

  • Vielen Dank für deine begeisterte und ausführliche Besprechung des "Gänsemännchens". Da bekommt man Lust auf eine Zweitlektüre! Aber später, jetzt ist anderes dran.

    "Kindheitsmuster" von Christa Wolf, eine Aufarbeitung ihrer Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus und die Flucht aus den "Ostprovinzen". Zu Beginn recht herausfordernd, weil die Autorin sich zunächst einmal in fast erkenntnistheoretischer Weise mit dem Erinnern auseinandersetzt, Perspektivität, Wahrheit und Filter der Wahrnehmung. Langsam kommt aber Erzählfluss in die Handlung und die Lektüre schreitet einfacher voran.

  • Auch ich sage danke für die schöne Besprechung, die Lust auf eine weitere Lektüre macht (die in meinem Fall schon die dritte wäre ...).
    Wenn ich es richtig behalten habe, wird Daniel Nothaffts Tochter Eva später eine berühmte Tänzerin. Ich weiß nicht mehr, in welchem weiteren Roman sie vorkam; kann sein, dass es "Christian Wahnschaffe" war. Auch Sylvester von Erfft kommt in einem weiteren Roman von Wassermann vor.

  • Unter dem Eindruck der Kafka-Serie im TV habe ich mit der dreibändigen Biographie von Rainer Stach begonnen. Mal schauen, wie weit ich komme. Bestimmt werde ich flankierend auch die eine oder andere Erzählung wiederlesen.

  • "Des Teufels General" von Carl Zuckmayer. Neulich kam die Verfilmung mit Curd Jürgens auf arte, die wir aufgenommen haben. Hab ich bisher noch nie gesehen. Bevor ich eine Verfilmung oder ein Drama auf der Bühne sehe, lese ich möglichst immer vorher den Text.

    Zuckmayer mag ich, seitdem ich vor zwei Jahren seine Autobiografie gelesen habe. Dieses Drama ist ja umstritten. Einige sagen, es sei nicht kritisch genug gegenüber dem Nationalsozialismus. Im Kindler steht sogar, es glorifiziere teilweise diese Zeit. Das kann ich nach der bisherigen Lektüre absolut nicht nachvollziehen.

  • Stendhal, Italienische Novellen und Chroniken. Winkler, 1956.


    Mag sein, dass "Die Äbtissin von Castro" und Vanina Vanini" meine ersten Stendhals überhaupt waren.

    Reclam nämlich, aus den Bücherregalen unserer Eltern.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Stendhal habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gelesen, die "Kartause von Parma" und "Rot und Schwarz" vor Jahrzehnten. Beide haben mir ganz gut gefallen, aber bisher nicht den Wunsch nach Weiterlektüre ausgelöst. Wie sind denn die italienischen Sachen?


    Bin immer noch mit dem "Kindheitsmuster" von Christa Wolf beschäftigt, eine hoch interessante, aber auch emotional sehr berührende und anstrengende Lektüre, weil Wolf die Indoktrination gerade der Kinder, aber auch der Gesellschaft im Nationalsozialismus thematisiert und sich dabei intensiv mit der Frage der Schuld auseinandersetzt.

  • Ich habe vor kurzem "Abhängigkeit" von Tove Ditlevsen gelesen. Es hat mir nicht so gut wie die ersten beiden Teile gefallen, da doch der Fokus hauptsächlich auf ihre Drogenabhängigkeit lag, die dann doch sehr ermüdend war.

    Jetzt habe ich mit Kairos von Jenny Erpenbeck angefangen und kann verstehen, das die Engländer sie für eine sehr gute Schriftstellerin halten. Bisher toll geschrieben. Bin auf Seite 65. Handelt von einer Liebesgeschichte zwischen einem älteren verheirateten Schriftsteller und einer blutjungen Frau in den späten 80 ziger in der DDR. Erpenbeck belebt das doch etwas abgehangene Thema durch eine sehr schöne Sprache.


    Gruß, Holger

  • Ich habe einen weiteren Jakob Wassermann gelesen: "Die Masken Erwin Reiners", in der Amazon-Datenbank unter "Die Masken des Erwin Reiners", was wohl ein Übertragungsfehler ist. Der Protagonist heißt Erwin Reiner. Ich habe das Gutenberg-Ebook gelesen.

    Wie üblich lässt Wassermann eine große Anzahl Personen der gehobenen Klasse aufmarschieren, aber das Buch hat mir von so ziemlich allen, die ich von Wassermann kenne, am wenigsten gefallen. Zwei Topoi werden hier bis zum Abwinken durchgespielt: einmal der skrupellose Neureiche - Wassermann betont, dass Blaublüter ordentlicher sind, weil sie von klein auf der Familie verpflichtet sind, während die Söhne reich gewordener Industrieller machen, was sie wollen. Zum anderen: der skrupellose junge Mann wirft der standhaften jungen Frau, die ihn nicht erhören will, vor, sie hätte einen besseren Menschen aus ihm machen können - mithin, ihr Widerstand ist schuld, dass er der Drecksack bleibt, der er ist.
    <X<X<X

    Wenigstens erschießt er sich am Ende und die Leserin kann aufatmen. Aber auch dieses halbwegs versöhnliche Ende wirkt etwas märchenhaft, wie überhaupt der ganze Plot. Das kann Wassermann besser.


    Edit: Mit "versöhnlichem Ende" meine ich natürlich nicht, dass er sich erschießt, sondern dass die junge Frau sich nun wieder ihrem früheren Freund zuwenden kann, der sie aufrichtig liebt. Nachdem sie sich von ihrem Trauma erholt hat.

  • Ich hab das neue Buch von Gabriel García Márquez gelesen. Nun ja kein Buch eher ein Büchlein.


    Sprachlich wie immer schön zu lesen, aber ich glaube, dass das eher ein Konzept für einen Roman war, den er nicht mehr beenden konnte. Die Idee, dass eine Frau einmal im Jahr auf eine Insel fährt, um am Grab ihrer Mutter Blumen niederzulegen und dann nach einem One-night-stand Ausschau hält kann zwar funktionieren, es sind aber teils zusammenhanglose Teile im Buch.

    Interessant fand ich den Gegensatz der Insel die im Massentourismus erstickt, wo die Protagonistin einmal im Jahr hinfährt um sich etwas Ruhe zu gönnen. Es ist fast ein Tagebuchroman. Es geht immer nur um zwei Tage im Jahr.

    Hätten seine Erben dem Wunsch des Autors entsprochen und den Text nicht veröffentlicht, wäre es besser gewesen. Er hatte seine Gründe, und wusste wahrscheinlich schon, dass er das Buch nicht fertig stellen kann.


    Derzeit lese ich The Memory Monster von Yishai Sarid.


    Ich bin noch nicht sicher ob ich es Anfang Mai schaffe, Musil zu lesen.