Was lest ihr gerade?

  • Ich krieg schon wieder Lust. Ist das sowas wie "Kitsch Konvention und Kunst", erweiterte Ausgabe? ;) Den berühmten Klassiker von Deschner hatte ich vor zig Jahren mal gelesen.

    Weiß ich leider nicht, ich kenne das Deschner-Buch nicht.
    Maars Buch besteht aus zwei Teilen: zuerst geht es um Sprache und Stil, Begriffsklärungen, Beispiele etc. Im zweiten Teil "Die Bibliothek" stellt er einzelne Autoren / Autorinnen und Werke vor, beginnend mit Hebel, den Grimms, Goethe bis zu Herta Müller, Herrndorf und Clemens J.Setz. Auch Eckhard Henscheid und Hildegard Knef haben ein Kapitel, und besonders gefreut habe ich mich über die Erwähnung Perutz' und Lernet-Holenias.
    Ich habe noch ein paar Bücher von Lernet-Holenia auf dem Reader, die ich noch lesen möchte, habe aber festgestellt, dass es wohl ganz gut ist, nicht zu viele hintereinander zu lesen.

  • Sachbuch, übrigens:

    Ulrich Kittstein: Gottfried Keller.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Die dt. Fassungen von ihm sind wohl besser als die Originale, also: schlechte Übersetzungen. Aber unglaublich gute, sehr eigene deutsche Texte. Er hat Bulwer in ein flüssiges, ja: süffiges Deutsch übersetzt, mit gelegentlich absichtlich platzierten Stolperern und meinethalben auch Manierismen. Er produziert da gewissermaßen einen Sprachstrom, in dem der Erzählfluss breit und gemächlich dahinfließt, um unversehens über Steine und Klippen zu springen. Ziemlich toll (auch wenn seine Übersetzungen eher mehr über das Welt- und Literaturverständnis des Übersetzers als über das Original sagen – ich denke, AS sehnte nach der Literaturwelt des 18./19. Jahrhunderts, aber die war Paradise Lost, das er über den Umweg der Übersetzung wiederzubewohnen versucht hat. Oder so ähnlich ;-))

    Das macht wirklich Lust und erinnert mich, hier wahrscheinlich eher unpassend, an Synchronisationen bei Serien wie "Die Zwei", die wohl mit dem Original noch weniger zu tun hatten, aber genau deshalb zum Erfolg wurden.


    Überhaupt ist das ja ein schwieriges Thema, das mir auch gerade wieder durch den Kopf ging. Gestern habe ich "Die Puppe" von Bolesław Prus zu Ende gelesen und dachte so über das Gelesene nach, versuchte alles ein bisschen zu ordnen. Ich würde es einfach mal als "großartig" bezeichnen. Als ich dann noch ein wenig im Internet stöberte, stieß ich auf zwei Rezensionen in großen Zeitungen (der gleichen Autorin), die das Buch lobt, die deutsche Übersetzung jedoch mit der Bemerkung "wird dem Original kaum gerecht" abkanzelt. Mag so ja auch stimmen, ich kann es leider nicht beurteilen, aber mir hat die Übersetzung (oder vielleicht besser: die Sprache) von Kurt Harrer dennoch sehr gut gefallen. Umso mehr bin ich dann auf die Neuübersetzung gespannt. Zumindest in der Slawistik scheint der Name noch bekannt zu sein, denn ich fand einen Artikel im Portal der Uni Wien mit dem Titel "Ist Kurt Harrer (1902-1959) ein vergessener Übersetzer? : Ein Beitrag zur Geschichte der polnischen Literatur in der DDR" (Übersetzung aus dem Polnischen).


    Unvergessen ist mir (nur ein Beispiel unter Hunderten) der Halbsatz, nachdem der Erzähler eine Tasse kaputt geschlagen hatte - seine Gesprächspartnerin stand "trübe trauernd über den Trümmern der Teetasse". Herrlich!

    Das ist wirklich ein grandioses Beispiel! Danke!

  • Empfehlenswert.

    Das meine ich auch. Allerdings erst nach Lektüre des Werkes.


    Ich hatte, vor Jahren, diese Ausgabe gelesen (außer Aufsätze, Autobiographien, Briefe)

    https://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=226897

    und viel Freude damit, vor allem wegen beider Versionen von "Der Grüne Heinrich" hintereinander.


    Ich denke, dass Kittstein vertiefend wirken wird.


    An die Keller-Fans, Bitte um Hilfe:


    welche Druckausgabe würdet ihr empfehlen?


    ( Abseits der HKKA - nicht bezahlbar -

    und der "Deutsche Klassiker-Verlag" - "Die Leute von Seldwyla", "Züricher Novellen" und "Der Grüne Heinrich" (leider nur die 1. Fassung) gibt es als Taschenbuch, die anderen einfach zu teuer für mich. "Heinrich" 2. Fassung ist antiquarisch gar nicht zu ermitteln. )


    Liebe Grüße

    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Danke für den Mobileread-Link! Ich hatte ganz aus den Augen verloren, dass es Keller auch online gibt, obwohl ich ihn sehr gern lese. Ich habe eine zweibändige Ausgabe der Erzählungen von Atlantis, die ich sehr gern in der Hand halte, aber der grüne Heinrich fehlt mir noch. Jetzt habe ich mir den ganzen Klotz runtergeladen und werde mir den Heinrich vielleicht demnächst vornehmen, weil ich mit dem Pelle von Nexö - das war schon bei ersten Leseanlauf vor ein paar Jahren so - nicht zurande komme. Das Buch zieh sich wie Gummi, der erste Teil ging noch, aber im zweiten hat mich jetzt zum wiederholten Mal der Leseschwung verlassen.

  • Danke für den Mobileread-Link!

    brucewelch veröffentlicht da eine Unmenge e-books, zum Teil richtige Gesamtausgaben, Editionen eigentlich schon.

    Bei meiner inoffiziellen, schon seit zig Jahren laufenden Lesereihe "unbekannte, obskure, seltsame, oder wie-auch-immer-Literatur vorrangig des 19. Jahrhunderts" ist er und sind Frodok und pynch immer wieder hilfreich. Das ist es, was ich zum größten Teil auf dem Kobo betreibe.

    Gerade fand ich

    https://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=341427

    Theodor Mügge ??? je von gehört ???

    aber: wann das alles nur lesen .......

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Oh, die Seite kannte ich natürlich, habe auch schon einiges von dort auf dem Reader gehabt. Aber kürzlich habe ich wieder eine Unmenge Ebooks geschenkt bekommen und mich daher an neuere Lektüren gehalten, "Die Anomalie" von Hervé Le Tellier zum Beispiel.
    Auf Keller habe ich jetzt aber tatsächlich große Lust. Ich werde mal hergehen und den Pelle von Martin Andersen Nexø durch den grünen Heinrich ersetzen. Auch ein Entwicklungsroman, passt doch.

  • ( Abseits der HKKA - nicht bezahlbar -

    und der "Deutsche Klassiker-Verlag" - "Die Leute von Seldwyla", "Züricher Novellen" und "Der Grüne Heinrich" (leider nur die 1. Fassung) gibt es als Taschenbuch, die anderen einfach zu teuer für mich. "Heinrich" 2. Fassung ist antiquarisch gar nicht zu ermitteln. )

    Den Großteil von Keller habe ich noch vor mir. Mit den DKV-Bänden geht es mir ähnlich, die sind mir meistens viel zu teuer. Trotzdem sammle ich sporadisch und bei Keller konnte ich die komplette Sammlung mal sehr günstig erwerben, so dass ich die davor gekauften 2 Bände übrig habe (Heinrich 1. Fassung und Züricher Novellen). Bei Interesse könnte ich sie Dir günstig abgeben (beide ohne Schuber, die Novellen leider ohne Umleger & Titelblatt).


    Zefira

    Hier wird man immer wieder angefixt. ;-)

    Ich habe mir jetzt ein paar Bände der Polnischen Bibliothek aus dem Suhrkamp Verlag antiquarisch gekauft, weil mir "Die Puppe" Lust auf weiteren Lesestoff aus dieser Ecke gemacht hat. Den Pharao von Prus hab ich jetzt auch noch gekauft, für 99 Cent.

  • Krylow

    Danke für das Angebot! Ich muss mal im Nachlass meiner Eltern schauen, denn ich habe so dumpf im Hinterkopf, dass da eine Gesamtausgabe vorhanden war. Die geerbte Bibliothek steht allerdings größtenteils in Kartons auf dem Speicher, aber ich werde in den nächsten Tagen mal hinaufklettern ... Ich geb dir dann Bescheid.


    Den Pharao von Prus habe ich zufällig auch als Ebook - auch in diesem riesigen Fundus, den ich mal geschenkt bekommen habe. Kannst du mir vielleicht kurz beschreiben, worum es dabei geht? Ein "History"?

  • Zefira

    Jetzt ist es mir ein wenig peinlich, aber da Leibgeber explizit nach Druckausgaben gefragt hatte, bin ich davon ausgegangen, dass er vielleicht die Bände gebrauchen könnte. Dir würde ich sie natürlich auch anbieten, wenn er sie nicht wollte. ;-) Sorry, falls das missverständlich rüberkam.


    Ja, „Der Pharao“ ist ein historischer Roman, der sich um Macht, Intrigen und die Gesellschaft im alten Ägypten zu Zeiten von Ramses XIII. dreht.

    Hier habe ich die Verfilmung schon mal gesehen, allerdings liegt die Sichtung schon mehr als 10 Jahre zurück, die DVD habe ich noch. Das Polnische Kino - die 60er sind eine starke Dekade - hat eine Vielzahl von großartigen Filmen und Literaturverfilmungen hervorgebracht. Wenn man die Schwierigkeiten akzeptiert, die eine Literaturverfilmung mit sich bringt, dann wird man eine große Freude an vielen Filmen aus dieser Zeit haben. Es gibt schon eine bemerkenswert hohe Zahl an künstlerisch sehr anspruchsvollen und opulent ausgestatteten Filmen. Ich habe den Eindruck, dass das Kino dort einen sehr hohen Stellenwert besaß. „Die Handschrift von Saragossa“ beispielsweise könnte man aufgrund der Verschachtelungen und des schieren Umfangs als unverfilmbar erachten, wurde meiner Meinung nach aber trotzdem sehr ansprechend umgesetzt. Das gilt bei den meisten Filmen auch für die musikalische/soundtechnische Komponente. Da sind die große Künstler beteiligt, die einen auch ins Experimentelle entführen.


    „Die Puppe“ in der Verfilmung von Wojciech Has (der auch „Die Handschrift von Saragossa“ verfilmte) habe ich schon hier und werde sie die Tage mal sichten und dann über Buch und Film ein paar Eindrücke niederschreiben.

  • Ich habe letzte Woche, als ich Strohwitwe war und die Abende totzuschlagen hatte, eine sechsteilige Serie aus Polen angesehen - stilsicher, kreativ und spannend gefilmt. Nach einem Roman des amerikanischen Thrillerautors Harlan Coben, der etliche Preise abgesahnt hat, aber imho einfach ein Mainstream-Thrillerschreiber ist. Ein Buch von ihm zu lesen hat die Wertigkeit eines Beutels Popcorn.
    Es ist übrigens schon die zweite polnische und sehr gut verfilmte Serie nach einem seiner Bücher, die ich gesehen habe.


    Edit, wegen der Bücher - kein Problem . Ich bin ziemlich sicher, dass bei mir noch eine alte Gesamtausgabe auf dem Speicher liegt.

  • Die zweite Fassung des Heinrich findest du z.B, in der alten schönen Leinenausgabe der Keller.Werke aus dem Aufbau-Verlag noch zu DDR-Zeiten. Der Heinrich macht die Bände 4 und 5 aus. Die Ausgabe bietet außerdem in Band 1 ein ausführliches biografisches Vorwort, editorische Notizen, eine Auswahl von Texten Kellers zu seinen Werken und Anmerkungen. Keine große Ausgabe, aber eine schöne Leseausgabe.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Edith Whartons "Haus der Freude" habe ich tatsächlich abgebrochen, was ich nur sehr selten mache. Aber diese Luxusproblemchen einer verarmten aristokratischen Schönen, die unbedingt viel Geld, aber auch einen zu ihr passenden Mann heiraten will und weil sie das nicht schafft, sozial immer mehr absteigt, kann und will ich im Moment einfach nicht nachvollziehen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Ich habe letzte Woche, als ich Strohwitwe war und die Abende totzuschlagen hatte, eine sechsteilige Serie aus Polen angesehen - stilsicher, kreativ und spannend gefilmt. Nach einem Roman des amerikanischen Thrillerautors Harlan Coben,

    Wie heißt die Serie denn?


    Ich habe dieser Tag auch eine 6-teilige polnische Serie angefangen, bei der ich aber nix von einem literarischem Hintergrund finde.


    Apropo polnische Serie. Wer nicht immer nur junge, gestylte, stereotype Schauspieler sehen will, wer Lust an einem skurrilem Plot mit Heist-Moment hat, wer Polen mag, dem sei die Miniserie "Die grünen Handschuhe" (Anfangssequenz) empfohlen. Ich habe mich prächtig amüsiert, weil ich sowieso an allem mehr und mehr interessiert bin, was die Altersproblematik aufwirft.

  • Dostoevskij , danke für den Tipp mit der Handschuh-Serie! Das sieht so aus, als könnte es auch für uns was sein.
    Die Serie, die ich zuletzt auf Netflix angesehen habe, hieß "Das Grab im Wald". Es geht um ein lang zurückliegendes Verbrechen. Der Held, ein Staatsanwalt, hat in seiner Jugend mit anderen Kids. ein paar Wochen in einem Waldferienlager verbracht. In der letzten Nacht wurde einer der Jugendlichen erstochen und drei weitere, darunter die Schwester des Staatsanwalts, verschwanden spurlos. Die Angelegenheit macht dem Anwalt noch zwanzig Jahre später zu schaffen. Dann tauchen plötzlich neue Spuren auf, wie das in solchen Krimis halt so ist. Inhaltlich nichts Besonderes, aber ich fand die Art, wie es verfilmt war (Licht- und Farbregie, Schnitte, Langeinstellungen etc.) ungewöhnlich und ganz anders, als solche Serien sonst aufgezogen sind.

  • Bei meiner inoffiziellen, schon seit zig Jahren laufenden Lesereihe "unbekannte, obskure, seltsame, oder wie-auch-immer-Literatur vorrangig des 19. Jahrhunderts" ...

    In deren Rahmen:


    Braddon, Mary Elizabeth: Lady Audleys Geheimnis

    https://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=285204

    https://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=285523

    https://www.mobileread.com/forums/showthread.php?t=285934


    Ich musste mal wieder für die Übersetzung entscheiden, zu viel Englisch ist aus Konzentrationsgründen nicht drin.

    Also deutsch von einem Dr. Büchle.


    Die Übersetzung stellt mich durchaus zufrieden.

    Nach einigen Vergleichen mit dem Original geht die für ungekürzt durch, und schön alterthümlich ist sie auch.

    Ich meine, dass Arno Schmidt mal was geschrieben hätte zur Qualität solcher Übersetzungen, eventuell im Zusammenhang mit JF Cooper.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)