Was lest ihr gerade?


  • :lesen: Da ich einem neuen McEwan nur schwer (d.h. gar nicht) widerstehen kann, lese ich jetzt ebenfalls "Kindeswohl" (The Children Act). Nach bisher ca. 50 Seiten bin ich sehr angetan.


    Gruß, Gina


    Uih :klatschen:

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich versuch mich jetzt mal an: Hans Henny Jahnn "Fluss ohne Ufer". Das Vorwort war nervig, aber danach wird es jetzt besser.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)


  • Gina, ich lese dieses Buch auch gerade und bin davon ebenso angetan. Keine leichte Kost, aber auf seine Art wunderschön.


    Gestern habe ich mir übrigens die Literaturclub-Sendung vom Januar angeschaut. Darin wurde das Buch auch ausführlich diskutiert. Elke Heidenreich bezieht sich in der Diskussion auf eine Szene des Buches, die sie zutiefst erschüttert hat. Es ist die Beschreibung der Dorfbewohner, die ihren Kindern das Träumen abgewöhnen. Du wirst Dich erinnern.


    Nun stellt E. H. dieses Szene m. E. insofern falsch dar, als es ja eine Erzählung der Mutter ist, bei der der Sohn mehrfach nachfragt, ob es denn auch wahr sei. Ich lese diese Erzählung nicht als eine Darstellung der Wirklichkeit, sondern als ein Mittel der Mutter, den Sohn von der Dorfbevölkerung zu distanzieren. Gib dich nicht mit ihnen ab - so sind die Leute hier!


    Was meinst Du dazu?
    http://www.srf.ch/sendungen/li…r-literaturclub-im-januar


    Interessant fand ich ebenfalls, den Roman als eine Beschreibung der Verhältnisse in Ungarn zu lesen, die bis heute die Probleme Ungarns mit einer 'offenen Gesellschaft' erklären.


  • Ja, an die besagte Szene erinnere ich mich natürlich. Ich habe sie eben noch einmal gelesen und auch in die Literaturclub-Sendung reingeschaut.


    Ich sehe es auch so, dass die Mutter die Geschichte erzählt, um Distanz zu den Bauern zu schaffen. Sie sagt anfangs der Episode auch: "Wir sind nicht so wie die hier." Mit der Erzählung unterstreicht sie das.


    Aber ich habe die Erzählung doch für wahr genommen. Aber nicht, weil die Mutter mehrfach versichert, dass sie wahr sei, sondern weil ich diese Art des "Träumeaustreibens" beim Lesen für einen tief verwurzelten Aberglauben gehalten habe bzw. immer noch halte. Schwarze Katzen mussten (und müssen) immer wieder unter dem menschlichen Wahnsinn leiden.
    Ob sich die Mutter die Geschichte nur ausgedacht hat? Ich weiß nicht recht. Dazu finde ich keinen Hinweis.


    Die Texte im Anhang fand ich auch interessant, vor allem im Hinblick auf Borbélys eigene Lebens- bzw. Familiengeschichte.


    Gruß, Gina

  • Tja, spannende Frage.


    Dafür, dass die Geschichte reale Geschehnisse wiedergibt, spricht, dass im Anschluss auch Otto darüber spricht und die Erzählung weiter ausschmückt. Allerdings ist Otto natürlich Teil der gleichen 'Mythengemeinschaft', d.h. auch ihm wird diese Geschichte erzählt worden sein, sodass er sie gegenüber dem Kleineren weiter ausspinnen kann. Man hört hier förmlich die Kinder miteinander reden und sich gegenseitig ihre gruseligen 'Beobachtungen' erzählen.


    Allerdings wird auf den folgenden Seiten mehrfach auch darauf hingewiesen, dass die Mutter eben nicht immer die Wahrheit spricht. Mehrere Personen weisen darauf hin, dass den Erzählungen der Mutter nicht immer zu trauen ist...


  • Tja, spannende Frage.


    Dafür, dass die Geschichte reale Geschehnisse wiedergibt, spricht, dass im Anschluss auch Otto darüber spricht und die Erzählung weiter ausschmückt. Allerdings ist Otto natürlich Teil der gleichen 'Mythengemeinschaft', d.h. auch ihm wird diese Geschichte erzählt worden sein, sodass er sie gegenüber dem Kleineren weiter ausspinnen kann. Man hört hier förmlich die Kinder miteinander reden und sich gegenseitig ihre gruseligen 'Beobachtungen' erzählen.


    Allerdings wird auf den folgenden Seiten mehrfach auch darauf hingewiesen, dass die Mutter eben nicht immer die Wahrheit spricht. Mehrere Personen weisen darauf hin, dass den Erzählungen der Mutter nicht immer zu trauen ist...


    Die Mutter ist ja auch eine Außenseiterin ... muss man denn da nicht immer misstrauisch sein? :zwinker:
    Aber ob jetzt speziell diese Geschichte "wahr" ist oder nicht: Sie ist schockierend und "passt" in dieses grausame und verrohte Umfeld.


    Gruß, Gina


  • Ich versuch mich jetzt mal an: Hans Henny Jahnn "Fluss ohne Ufer". Das Vorwort war nervig, aber danach wird es jetzt besser.


    Bin etwas irritiert.
    Meine Jahnn-Lektüre läuft schon etwas länger, es kommen immer wieder andere Bücher dazwischen.
    Wie üblich.
    Ich hatte mir die Bände der gebundenen Werkausgabe genehmigt, nicht die Paperback-Jubiäumsausgabe.
    Hier
    http://www.hoffmann-und-campe.…ss-ohne-ufer-i-buch-3098/
    ist kein Vorwort drin, fängt direkt mit "Das Holzschiff" an.
    Liest du die neue 3-bändige
    http://www.hoffmann-und-campe.…luss-ohne-ufer-buch-7198/
    und da ist ein Vorwort drin?
    Gruß, Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Kapiert, das Vorwort ist NICHT von Jahnn.
    Danke für den Link auf dein Blog.


    Ich stecke inzwischen im "Epilog". (Und werde dann auch die "Bornholmer Aufzeichnungen" lesen.)
    Hatte das schonmal gelesen. Vor vielleicht 30 Jahren. Das war seinerzeit die Gelbe Ausgabe von Hoffmann&Campe, aus der Bibliothek entliehen. Und darauf gekommen war ich durch Brinkmanns "Rom, Blicke".
    Habe jetzt etwa ein Jahr, mit Unterbrechungen, daran gelesen und festgestellt, dass ich mich an Einiges erinnern konnte, nach der langen Zeit.
    Der Roman muss mich seinerzeit sehr beeindruckt haben - hat er diesmal auch.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)