Was lest ihr gerade?



  • Glaub ich schon. Aber ich mag halt meine Lieblinge. (Im übrigen hielt Wodehouse auch seine Vorträge im deutsch-nationalsozialistischen Radio für harmlos, ja für ein Zeichen seines inneren Widerstandes. Mit ein Grund, warum er, der schon vorher meist in New York bzw. in Paris gelebt hat, auch nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA zurückkehrte und nicht nach Grossbritannien. Und, um noch weiter abzuschweifen: Eigentlich seltsam ... Was wir für Repräsentanten des "alten" England halten, waren reine Nostalgiker. Doyles Sherlock Holmes benutzte noch die Pferdekutsche, als in Doyles Realität längst Benzinkutschen gang und gäbe waren. Und der "typisch englische" Wodehouse schrieb die meisten seiner Geschichten über den englischen Landadel in New York.)



    Zitat

    Sie hatten die weichen Teppiche und die Chippendale-Möbel der herrschenden Klasse hinter sich gelassen und gerieten in das Ödland der läuferlosen und nach Schmierseife riechenden Treppen und Korridore.


    Wodehouse ist schon ein wohltuender Kontrast zu Stifter :winken:


  • Wenn du sogar schon mal "dort" warst, wirst du an Atala/René bestimmt deine helle Freude haben. :smile:


    Hallo liebe Fee,


    Chateaubriand hat ja diesen Unsinn vom edlen Wilden in die Welt gesetzt, der sich auch noch bei Karl May findet. Da meine Lebenszeit und damit auch meine Lesezeit beschränkt ist, werde ich mir diesen Autor ersparen. Andererseits erstaunt mich immer wieder Victor Hugos (den ich immer wieder gerne lese) Spruch: „Je veux etre Chateaubriand ou rien.“ Verstehst Du, warum der das gesagt hat?


    LG


    Hubert

  • So, jetzt konnte ich noch mal kurz nachschlagen. Neben Blandings Castle (als Beispiel für rein aristokratisch) und Jeeves (als Beispiel für ein Mix aus Aristokratie und Bürgertum) nennt Waugh Mr Mulliner (als Beispiel für bürgerlich). Die Nennung hat also weniger qualitative als eher thematische Gründe.



    Also keine Leseempfehlung. Danke! :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Andererseits erstaunt mich immer wieder Victor Hugos (den ich immer wieder gerne lese) Spruch: „Je veux etre Chateaubriand ou rien.“ Verstehst Du, warum der das gesagt hat?


    Hallo Hubert,


    ich verstehe ja nicht mal, wie man sich wie Justin Bieber frisieren kann. :zwinker: Aber mal im Ernst, ich würde mal behaupten, dass Atala/René mit seinem Exotismus, der ekstatischen Übersteigerung des Affekts und der narzisstischen Selbstbezogenheit seiner Protagonisten auf eine Generation traf, die man seit ihrer Kindheit mit den Rationalisten traktiert hatte und die emotional und spirituell ziemlich unterversorgt war. Daher dann der Ausschlag ins andere Extrem. In England gab es dieses Phänomen ein paar Jahre später ja ebenfalls, der Hype um den ähnlich gestrickten Childe Harold war ja möglicherweise sogar noch um einiges größer.


    Viele Grüße Feeverte

    Einmal editiert, zuletzt von FeeVerte ()

  • Bei der Vereinigung Quo Vadis wurde aus den Jahren 2009/2010 der besten deutschsprachige historische Roman gewählt und dieses Buch machte im Herbst den ersten Preis, der im Herbst in Karlsruhe verliehen wurde.


    danke dir für die zusätzliche Information. :winken:


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Hubert,


    ich verstehe ja nicht mal, wie man sich wie Justin Bieber frisieren kann. :zwinker: Aber mal im Ernst, ich würde mal behaupten, dass Atala/René mit seinem Exotismus, der ekstatischen Übersteigerung des Affekts und der narzisstischen Selbstbezogenheit seiner Protagonisten auf eine Generation traf, die man seit ihrer Kindheit mit den Rationalisten traktiert hatte und die emotional und spirituell ziemlich unterversorgt war. Daher dann der Ausschlag ins andere Extrem. In England gab es dieses Phänomen ein paar Jahre später ja ebenfalls, der Hype um den ähnlich gestrickten Childe Harold war ja möglicherweise sogar noch um einiges größer.


    Viele Grüße Feeverte


    Hallo liebe Fee,


    ja, da hast Du sicher Recht und anders wäre der damalige Erfolg von „Atala“ wahrscheinlich auch nicht zu erklären. Von Justin Bieber habe ich noch nichts gelesen :zwinker: und „Childe Harold’s Pilgrimage“ kenne ich nur als Opus 16 „Harold en Italie“ von Hector Berlioz und nicht von Lord Byron.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • [kaufen='978-3442738960 '][/kaufen]


    Andrew Delbanco: Melville


    Die Biografie. Zeit für die Sekundärliteratur.

  • Alexander von Humboldt: Zentralasien


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    Alexander von Humboldt reist 1829 auf Einladung des Zaren nach Sibirien, um die dortigen Bodenschätze und ihre Förderung zu prüfen. Humboldt, der mal auf höchste Andengipfel zu Fuss geklettert ist und den Höhenkoller riskiert hat, reist nun mit allen Privilegien und 3 bequemen Kutschen versehen in den zentralasiatischen Teil des Russischen Reichs. Er wird von den lokalen Behörden als das empfangen, was er ist: Abgesandter des Zaren und Star der Wissenschaft. Denn das war er zu jener Zeit: ein absoluter Star der erderkundenden Wissenschaften. (Nur in Deutschland, wo sich Preussen gerade überlegte, ob man ihn zum Direktor eines mickrigen Kunstmuseums ernennen wollte, hatte man das noch nicht bemerkt. So, wie bis heute Humboldt - v.a. in Südamerika - bedeutend bekannter ist als in seiner Heimat.) Humboldt bietet eine tragi-komische Figur dar. Er weiss sehr wohl, welche Rolle er spielt, darf es sich aber nicht anmerken lassen. Nur in den Briefen an seinen Bruder Wilhelm tönt er es das eine oder andere Mal an.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hm, bin mir nicht so sicher, ob es richtig ist hier zu posten. Der Roman, den ich gerade lese nicht "Nichtkanonisch" (wer hat sich dieses Wort denn ausgedacht?) und auch nicht modern...


    Also, ich gehe das Risiko mal ein und der Chef verschiebt nach Gusto, bitte.


    Als sanften Übergang vom Kitsch zur Kunst lese ich Klatsch ;): die Urfassung von "Krieg und Frieden".


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  • Ich denke, mein Kommentar wird nun hier auch falsch sein, denn ich lese "Rauch" von Iwan Turgenjew. Ich habe für mich festgestellt, dass Turgenjew nicht so ein begnadeter Erzähler ist wie Tolstoi, Dostojewski oder Gontscharow, gesellschaftskritischer vielleicht, aber seine Werke schmökern sich nicht so gut. Es kann natürlich auch an der Übersetzung liegen: Übersetzer Demetrius Frh. von Kruedener-Struve, Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin 1. - 11. Juli 1941

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"


  • Als sanften Übergang vom Kitsch zur Kunst lese ich die Urfassung von "Krieg und Frieden".


    Hallo Poppea,


    ich wusste bislang nicht, dass es so etwas wie eine "Urfassung" gibt. Weisst Du etwas über die Unterschiede zur "handelsüblichen" Fassung?


    Viele Grüße


    Tom


  • Weisst Du etwas über die Unterschiede zur "handelsüblichen" Fassung?


    Scheint auf jedem Fall wesentlich kürzer zu sein, meine Ausgabe hat knapp 3000 Seiten.


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Scheint auf jedem Fall wesentlich kürzer zu sein, meine Ausgabe hat knapp 3000 Seiten.


    LG
    Anita


    Kürzer und der Schluss ist anders, es liegt mehr Gewicht auf den Familienszenen.


    [ftp=ftp://www.perlentaucher.de/buch/15907.html]Schau mal hier bei Perlentaucher[/url], es gibt zwei äußerst unterschiedliche Kritiken.


    Dies ist mein zweiter oder dritter Anlauf das Buch zu lesen und diesmal habe ich Spaß dabei, obwohl ich nicht genau sagen kann, woran das liegt. Vielleicht ist es einfach eine "frischere" Übersetzung. Oder es ist das psychologisches Moment, zu wissen, diese Fassung ist kürzer.


  • Kürzer und der Schluss ist anders, es liegt mehr Gewicht auf den Familienszenen.


    [ftp=ftp://www.perlentaucher.de/buch/15907.html]Schau mal hier bei Perlentaucher[/url], es gibt zwei äußerst unterschiedliche Kritiken.


    Dies ist mein zweiter oder dritter Anlauf das Buch zu lesen und diesmal habe ich Spaß dabei, obwohl ich nicht genau sagen kann, woran das liegt. Vielleicht ist es einfach eine "frischere" Übersetzung. Oder es ist das psychologisches Moment, zu wissen, diese Fassung ist kürzer.


    Hallo Poppea,


    ich wußte auch noch nichts von einer Urfassung. Vielen Dank für den Hinweis. Sehr interessant.


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Poppea,


    ich wußte auch noch nichts von einer Urfassung. Vielen Dank für den Hinweis. Sehr interessant.


    Grüße von
    Maria


    Vielen Dank, liebe Maria! Schön, dass ich auch mal etwas Interessantes beisteuern konnte, das freut mich. :smile:


    Liebe Grüße Y.

  • Vielen Dank, liebe Maria! Schön, dass ich auch mal etwas Interessantes beisteuern konnte, das freut mich. :smile:


    Liebe Grüße Y.


    mehr als das, Poppea.
    Heute hab ich mir die Urfassung gekauft :winken:


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Ich denke, mein Kommentar wird nun hier auch falsch sein, denn ich lese "Rauch" von Iwan Turgenjew. Ich habe für mich festgestellt, dass Turgenjew nicht so ein begnadeter Erzähler ist wie Tolstoi, Dostojewski oder Gontscharow, gesellschaftskritischer vielleicht, aber seine Werke schmökern sich nicht so gut. Es kann natürlich auch an der Übersetzung liegen: Übersetzer Demetrius Frh. von Kruedener-Struve, Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin 1. - 11. Juli 1941





    Hallo Poppea, hallo Anita,


    ihr habt Recht, - wenn man die Forums- und Thread-Bezeichnungen im Klassikerforum ernst nehmen würde, sind eure Beiträge hier nicht ganz richtig, aber das hat nichts damit zu tun, dass sandhofer die Forumsbezeichnung, wenn auch nicht verbessert, aber geändert hat, sondern damit das dieser Thread im falschen Forum ist, - und das ist er schon von Anfang an, deshalb wundere ich mich etwas, dass euch das erst jetzt auffällt, andererseits freue ich mich, dass zumindest ihr für solche Fragen inzwischen etwas sensibilisiert seid.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Ich lese gerade auf Empfehlung eines Freundes "Cloud Atlas" von David Mitchell.


    Der Roman ist soweit sehr interessant. Es handelt sich um mehrere Geschichten, die von Stil und Inhalt völlig unterschiedlich sind und in anderen Epochen spielen, aber trotzdem miteinander verknüpft sind.


    Als mir mein Freund das Buch vorgeschlagen hatte und beschrieb, war ich mir nicht sicher, ob es mir gefallen würde, weil mir so etwas meist zu experimentell oder einfach unstimmig vorkommt, doch ich bin mittlerweile überzeugt. Gerade die Unstimmigkeit macht es in dem Sinne aus. Die unterschiedlichen Geschichten sind komplette Individuen und hängen doch dünn miteinander zusammen. Das Konzept würde schnell blöd werden, wenn die Geschichten nicht so gut wären. Egal welches Genre oder welche Bühne Mitchell sich für seine Geschichten aussucht, er meistert es.


    Ich bin sehr gespannt, wo mich dieser Roman noch mit hinnehmen wird.