Warum lest ihr nur Klassiker??

  • Hallo zusammen,


    es haben ja noch nicht viele Forumsteilnehmer zu der Frage "Welche Genres lest ihr" geantwortet.


    Einige davon lesen eben nur Klassiker. Warum? Wir "Misch-Masch-Leser" lesen auch Klassiker, aber eben nicht nur. Warum nicht einmal einen Krimi, einen Thriller, etwas Fantasy? Oder gar einmal "Harry Potter"?


    Hört sich so vorwurfsvoll an, was ich da geschrieben habe, :breitgrins: sollte es aber sicher nicht sein, sondern ich frage aus reiner Neugier!


    Ich würde mich freuen, ein paar Antworten von euch zu bekommen.


    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Ingrid


    Ps: Ich vergass, euch zu sagen: Ich wohne in dem herrlichen Ländchen, in dem morgen Feiertag ist :klatschen:

  • Hallo Ingrid,


    eigentlich lese ich mehr zeitgenössische Literatur als Klassiker. Da ich mich aber mit der Einteilung in Genres etwas schwer tue, stelle ich mir leichtere Fragen: Also z.B. Warum nicht einmal „Harry Potter“? Leider hat mir auf diese Frage bis heute noch niemand eine überzeugende Antwort geben können. Vielleicht hilfst Du mir. Also, was spricht dafür, Harry Potter zu lesen?


    Folgende Antworten kenne ich schon und sie haben mich nicht überzeugt:


    1. Da braucht man nicht zu denken! (Kann sein, aber genau deshalb lese ich doch)
    2. Da kann man so schön entspannen (Kann auch sein, aber da kenne ich besseres)


    Also, nicht als Vorwurf an Harry-Potter-Fans verstehen (die mir bisher gegebenen Antworten können auch falsch sein), ich frage wirklich nur aus reiner Neugier.


    Liebe Grüße und auch ein schönes Wochenende


    Hubert.

  • Hallo Hubert,



    Ich habe alle auf deutsch erschienenen Harry Potter Bücher gelesen und muss aus meiner persönlichen Sicht sagen, dass die Antworten zwar nicht unbedingt falsch, so doch sehr unvollständig sind. Zwar kann man sich gut entspannen, aber das mit dem denken ist so eine Sache: Zwar ist es kann Muss bei den Büchern, dafür aber ein Kann. Der erste Teil ist noch ein Kinderbuch, ab dem 2. und 3. Teil sind jedoch eher Erwachsene gefragt.


    Hier ein kleiner Auszug aus meiner Rezension bei Literaturschock zu "Harry Potter und der Feuerkelch" (4. Teil):


    <i>Dennoch ist die Botschaft, die sie vermittelt sehr bemerkenswert: Bösewichte wie Voldemort und dessen Anhänger streben danach, alle Zauberer auszumerzen, die nicht "reinen" Ursprunges sind. So fällt es nicht schwer, gewisse Parallelen zu Rassismus und Faschismus zu ziehen. Der Schulleiter Dumbledore glaubt im Gegensatz dazu an die Einzigartigkeit jedes Lebewesens und man lernt schnell: Nichts ist so, wie man es eingeschätzt hat.</i>


    Natürlich sind die Bücher nicht so anspruchsvoll (in literarischer und auch in intellektueller Hinsicht) wie Bücher vieler anderer Autoren / Autorinnen. Trotzdem sind sie meiner Meinung nach nicht so banal, wie es viele glauben. Außerdem unterhalten sie tatsächlich wunderbar und das, was Rowling beschreibt ist wohl der Traum, den wir alle als Kinder geträumt haben.


    Liebe Grüße
    nimue

  • Hallo ihr beiden,


    warum Harry Potter? Weil Harry Potter in jeder Beziehung zauberhaft ist (schon wieder dieses Wort)


    Nimue hat recht, der erste Band ist ein Band für Kinder, was man vom 2. nur noch bedingt, und meiner Meinung nach vom 3. und 4. überhaupt nicht mehr sagen kann. Ich würde die beiden letzten Bände Kindern nicht mehr in die Finger geben, vor allem der 4. Band ist ziemlich "hart".


    Warum ich sie gelesen habe und sicher noch mal lese? Ich habe auch schon einmal versucht, eine Antwort zu geben: Weil es auch eine herrliche Fantasywelt ist, wie ein Märchen, man kann lachen, man kann weinen, ja, auch das. Man sieht die Welt plötzlich wieder mit den Augen eines Kindes, das Zaubern lernt, das Fliegen lernt (natürlich auf einem Besen) mit den Augen eines beinahe Erwachsenen, der lernen muss, dass es außerdem auch noch andere Dinge wie Folter, Mord, Rassismus gibt.


    Ich weiß nichts mehr, die Bücher sind einfach.....Weißt du was, Hubert, lies sie!!!! :breitgrins: Dann weißt du es, seufz.. Dann wirst du es verstehen! Es hilft nichts...


    :schmetterling:
    Liebe Grüße
    Ingrid

  • hallo zusammen
    hallo Hubert


    meine Frage: warum muß man jemanden von einem Buch überzeugen, damit er es liest? Das habe ich mich nun seit ein paar Beiträge öfters gefragt. Entweder ich mache mal einen "Ausflug" in ein anderes Genre, weil es mich reizt, oder weil ich wissen möchte, warum die anderen so begeistert sind, oder ich lass es, weil ich entweder ahne, das liegt mir nicht und die Neugierde auch nicht so groß ist. Mir reicht schon das Wissen, das ein Buch jemandes Herz erreicht hat, um mich neugierig zu machen.


    Ehrlich gesagt, würde ich keine Anstrengung machen, jemanden meine Lieblingslektüre aufs Skelett zu rezensieren und dann wäre ich nämlich nur enttäuscht oder verärgert, wenn es heißt: das hat mich nicht überzeugt.


    Entweder wagen oder sein lassen, ist meine Devise.


    Warum ich Klassiker lese? Das weiß ich selbst nicht so recht. Sie berühren etwas in mir, weil ich außer der Geschichte auch noch vom Schriftsteller selbst etwas erfahre. Meistens jedenfalls.


    aber so genau kann ich das nicht erklären.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • gründe (nur) klassiker zu lesen:
    - bildung als wissen über die geschichte und herkunft von kultur läßt sich eben nur aus klassischer lektüre, nicht aber aus zeitgenössischer gewinnen.
    - insbesondere, wenn die lesezeit begrenzt ist, ist die investition in einen klassiker ertragreicher, weil eine gewisse qualität vorselektiert ist. Im sinne des zitates von calvino hat die zeit in gewissen umfang das wesentliche vom unwesentlichen geschieden. Wieviele der heute gefeierten zeitgenössischen autoren werden auch noch in der zukunft gepriesen werden? Die halbwertzeit des literarischen ruhmes ist oft recht kurz und ich kann erst recht als "laie" nicht die werke im voraus identifizieren, die zum klassiker werden.
    gruß hafis

  • Hallo hafis,


    darf ich Dir widersprechen?


    Zitat von "hafis50"

    gründe (nur) klassiker zu lesen:
    - bildung als wissen über die geschichte und herkunft von kultur läßt sich eben nur aus klassischer lektüre, nicht aber aus zeitgenössischer gewinnen.


    Wenn ich mich bilden will, greife ich doch lieber direkt zur Fachliteratur. Wissen hinsichtlich der von Dir genannten Bücher kann ich auch durch das Lesen ganz banaler Belletristik erfahren. Das ist für mich jedoch kein Maßstab, ein Buch zu lesen. Egal was ich lese, in irgendeiner Weise erweitert es den Horizont, doch wenn ich etwas lernen möchte: Fachliteratur (da gibts Wissen ohne Umwege).


    Zitat

    - insbesondere, wenn die lesezeit begrenzt ist, ist die investition in einen klassiker ertragreicher, weil eine gewisse qualität vorselektiert ist. Im sinne des zitates von calvino hat die zeit in gewissen umfang das wesentliche vom unwesentlichen geschieden. Wieviele der heute gefeierten zeitgenössischen autoren werden auch noch in der zukunft gepriesen werden? Die halbwertzeit des literarischen ruhmes ist oft recht kurz und ich kann erst recht als "laie" nicht die werke im voraus identifizieren, die zum klassiker werden.


    Ich ziere mich da immer ein bißchen von Qualität bei Büchern zu sprechen. Denn was ich selbst als Qualität definiere, kann für jeden anderen schon literarischer Schrott sein. Für mich ist Qualität nicht nur hohes sprachliches Niveau und ein gewisses philosophisches Um-die-Ecke-denken. Vielmehr zähle ich unter Qualität auch die Lebensqualität. Das Gefühl, das ich beim Lesen eines Buches habe. Schwer zu fassen, aber für mich am wichtigsten, weil ich deshalb lese. Kann mich ein Buch bewegen? Bringt es mich dazu, die Figuren zu lieben oder zu hassen, mich mit ihnen zu identifizieren, bringt es mich zum nachdenken? All das tun zwar Klassiker auch, aber nicht alle und nicht ausschließlich.


    Warum lese ich selbst also Klassiker? Vielleicht ist es doch das Wissen, das sie vermitteln. Doch nicht das Wissen um Geschichte und Herkunft der Kultur, sondern vielmehr das Wissen über Literatur interessiert mich hier. Wenn jemand von Heathcliff als DEN Bösewicht spricht, dann möchte ich keine Katze dabei im Kopf haben. Das bedeutet aber nicht, dass ich deshalb ausschließlich Klassiker lesen würde, weil mir andere Bücher genauso viel Vergnügen bereiten und mich in anderer Hinsicht herausfordern.


    Liebe Grüße
    nimue


    P.S.: Hast Du nicht Lust, Dich hier anzumelden? Du gehörst doch eigentlich schon zu unserem Team :zwinker:

  • Hallo zusammen!
    Hallo Ingrid!


    Irgendwie werd' ich den Verdacht nicht los, Du meinst mit Deiner Frage mich :smile:


    Ich lese wirklich praktisch nur Klassiker. Es ist wohl eine Alterserscheinung, denn das war nicht immer so. Es gab eine Zeit, da las ich alles, das irgendwie gedruckt zwischen 2 Buchdeckeln erschien: eine Zeitlang fast nur Krimis, und zwar auch schlechte - Edgar Wallace und so. In der folgenden SciFi-Phase habe ich fast alles verschlungen, was die goldene und die silberne Aera in den USA hervorgebracht hat. Nur bei Fantasy und noch Romantischerem bin ich nie recht warm geworden. :schnarch: :zwinker:


    Dann irgendeinmal begann mich SciFi, Krimis und alles zu langweilen. Während die sogenannten 'Klassiker' das nie taten. Wenn also hafis50 schreibt:

    Zitat

    insbesondere, wenn die lesezeit begrenzt ist,

    (und das ist sie zwangsläufig und unerbittlich, und je älter man wird, umso weniger Zeit bleibt einem!)

    Zitat

    ist die investition in einen klassiker ertragreicher, weil eine gewisse qualität vorselektiert ist.

    , dann möchte ich dem voll und ganz zustimmen, und nur noch den Kreis in die andere Richtung vollenden, indem ich hinzufüge, dass man (ich jedenfalls) mit zunehmendem Alter auch immer mehr Wert auf Qualität legt, woraus im Literarischen automatisch eine zunehmende Vorliebe für Klassiker erfolgt. Als ich so 25 war, hat mir einmal ein guter, väterlicher Freund von ca. 50 erklärt, er lese nichts mehr, das nicht mindestens 50 Jahre alt sei. Als junger Spund damals war ich natürlich völlig entsetzt. Heute geht es mir wie ihm: Genauswenig wie ich mehr jeden Fusel trinke, sondern nur noch guten Wein, guten Whisky etc. etc. - genausowenig lese ich mehr alles und jedes. Es gibt wenige Neuerscheinungen der letzten so 10-15 Jahre, deren Kauf ich nicht bereut hätte. (Die letzte grosse Ausnahme war Mensching.) Es gibt sicherlich auch gute junge Autoren. Aber je älter ich werde, umso mehr empfinde ich, dass die Zeit zu kurz und zu kostbar ist, um sie mit Schrott zu füllen. Wobei dies meine persönliche Meinung ist, die ich niemandem aufdrängen will. Und wenn ich früher nicht so viel Schrott gelesen hätte, wüsste ich heute die Qualität der Klassiker nicht zu schätzen.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "nimue"

    Wenn ich mich bilden will, greife ich doch lieber direkt zur Fachliteratur...Ich ziere mich da immer ein bißchen von Qualität bei Büchern zu sprechen. Denn was ich selbst als Qualität definiere, kann für jeden anderen schon literarischer Schrott sein...Warum lese ich selbst also Klassiker? Vielleicht ist es doch das Wissen, das sie vermitteln. Doch nicht das Wissen um Geschichte und Herkunft der Kultur, sondern vielmehr das Wissen über Literatur interessiert mich hier.


    Aber das wissen um geschichte und herkunft von kultur und die lektüre von klassischer literatur sind doch miteinander verschränkt. Zur bildung gehört doch gerade auch die literatur, die ja nicht nur wie zB die geschichte der kleidung oder des rechtes ein mehr oder minder isoliertes teilgebiet der kultur ist, sondern die auch das entsprechende wissen um die anderen teilgebiete mittransportiert. Wenn ich einen klassiker lese, erfahre ich auch, auf welche weise damals das alltagsleben aussah, was die menschen für -religiöse, soziale etc.- vorstellungen hatten usw.. Das kann ich natürlich umfangreicher in fachbüchern nachlesen. Aber den klassiker werde ich nicht deswegen lesen, sondern weil er eben ein definierter teil dieser kultur ist, sonst wäre er ja kein klassiker mehr und schon lange vergessen.
    Natürlich ist qualität nie unzweifelhaft. Aber bei der aktuellen kritik der zeitgenossen sind mehr und andere beeinflussungsfaktoren am werke. Zum beispiel die anfälligkeit gegenüber modischen stimmungen, themen, persönlichen meinungen (zB von kritikern). Ein klassiker, der jetzt schon ein paar generationen überdauert hat und immer noch nicht vom markt verschwunden ist, zeigt mir, daß er in der evolution der gesellschaftlichen moden und veränderungen sich behaupten konnte. Er muß also etwas haben, was in jeder dieser unterschiedlichen zeitperioden trotz ihrer verschiedenheit von interesse war. Dieses wissen habe ich bei neuer literatur nicht.
    Ebenso wesentlicher für die entscheidung für klassiker ist aber wohl auch der wunsch, wissen über diese literatur zu erlangen. Und bei mir wie auch bei sandhofer dann noch der zeitaspekt, der mich einen der zahlreichen noch ungelesenen klassiker einem zeitgenössischem "hit" vorziehen läßt.


    P.S.: ich habe gerade ferien (vielleicht verreise ich noch) und weiß gar nicht, ob ich danach noch soviel zeit fürs internet haben werde. Mal seh'n.
    gruß hafis

  • Hallo Maria,


    Du hast geschrieben:
    meine Frage: warum muß man jemanden von einem Buch überzeugen, damit er es liest? Das habe ich mich nun seit ein paar Beiträge öfters gefragt. Entweder ich mache mal einen "Ausflug" in ein anderes Genre, weil es mich reizt, oder weil ich wissen möchte, warum die anderen so begeistert sind, oder ich lass es, weil ich entweder ahne, das liegt mir nicht und die Neugierde auch nicht so groß ist. Mir reicht schon das Wissen, das ein Buch jemandes Herz erreicht hat, um mich neugierig zu machen.
    Ehrlich gesagt, würde ich keine Anstrengung machen, jemanden meine Lieblingslektüre aufs Skelett zu rezensieren und dann wäre ich nämlich nur enttäuscht oder verärgert, wenn es heißt: das hat mich nicht überzeugt.
    Entweder wagen oder sein lassen, ist meine Devise.


    Alles was Du geschrieben hast, finde ich o.k. Deshalb weiß ich auch nicht genau was ich Dir antworten soll. Man muss mich nicht von einem Buch überzeugen, damit ich es lese. Ich lese immer freiwillig und meistens suche ich mir die Bücher die ich lese auch selbst aus.. Wann und wo habe ich dich aufgefordert, Deine Lieblingslektüre für mich aufs Skelett zu rezensieren? Bei Bekannten (und seien es auch nur flüchtige Internetbekannte), braucht es für mich nicht einmal das Wissen, dass ein Buch deren Herz erreicht hat, ein einfacher Hinweis, dass das Lesen lohnt, genügt für mich meistens.


    2 Beispiele die das beweisen:


    Sandhofer hat mal geschrieben
    Amado. Doch, doch, glaube mir. Noch fehlen wirklich gute Übersetzungen. Aber das war bei Joyce genauso. 'Dona Flor...', 'Tieta'...


    Meine Reaktion:
    Danke für den Tip, werde ich nochmals lesen.


    Ingrid hat mal geschrieben:
    "Aufruhr in Oxford" oder "Gaudy Night" wie es im Original heißt, ist eines der faszinierendsten Bücher, das ich je gelesen habe. Es rein als Kriminalroman zu bezeichnen, wäre nicht das richtige.


    Meine Reaktion:
    bei diesem Buch würde ich auch gerne mitlesen,


    Es reichte mir in beiden Fällen, dass Sandhofer oder Ingrid das Buch gut finden, weitere Überzeugungsarbeit habe ich nicht verlangt.


    Aber auf die Frage: Warum nicht einmal "Harry Potter"? in einem Klassikerforum, wird ja wohl die Gegenfrage erlaubt sein: was spricht dafür, Harry Potter zu lesen?


    Sollte ich Dich durch diese, möglicherweise dumme Frage, gekränkt, in Deinen Gefühlen verletzt oder beleidigt haben: es war nicht meine Absicht.


    Btw: ich versuche niemand davon zu überzeugen Klassiker zu lesen, wer nicht das Bedürfnis hat, soll es bleiben lassen. Ich freue mich natürlich wenn es viele tun, besonders wenn ich mich dann mit diesen darüber unterhalten kann. In einem Forum, das sich Klassikerforum nennt, vermute ich allerdings, Klassikerleser zu finden. Ich habe auch nichts dagegen wenn jemand nur Klassiker liest, genauso wenig stört es mich, wenn jemand nur Krimis liest (es gibt sogar Internetforen für Krimi-Leser) und auch Leute die beides lesen, haben sicher ihre Gründe dafür. Jeder soll das lesen, was ihm gefällt.


    Liebe Grüße


    Hubert


  • Hallo hafis,


    Vorab, ich habe nichts dagegen, wenn Du und Sandhofer nur Klassiker lesen. Bei begrenzter Lesezeit, kann das auch die bessere Strategie sein. Ich hoffe, Du bist mir aber doch nicht böse, wenn ich Dir meine Gründe nenne, warum ich nicht nur Klassiker lese.


    Du hast geschrieben:
    -bildung als wissen über die geschichte und herkunft von kultur läßt sich eben nur aus klassischer lektüre, nicht aber aus zeitgenössischer gewinnen.


    Diesen Satz kann ich 100% mitunterschreiben. Aber gehört zur Bildung nicht auch das Wissen über die Gegenwart. Obwohl ich schon mehrmals in Afrika war und dort verschiedene Länder besucht habe, hat mir das Lesen des nigerianischen Schriftstellers Chinua Achebe zusätzlichen Einblick in die Probleme des Landes gegeben, den ich aus Sachbüchern und Zeitungen oder durch eigene Anschauung nicht erhalten habe. Und das Lesen von Yasunari Kawabata hat mir Einblick in die japanische Mentalität gegeben. Und Toni Morrison in die Probleme der heutigen Schwarzamerikaner usw. – Alles das ist mir genau so wichtig wie die Zustände Russlands im 19. Jahrh., über die ich z.B. bei Dostojewskij erfahre (Natürlich weiß ich, dass es bei Dostojewskij um mehr, um allgemeingültige Probleme der Menschen geht, aber bei Toni Morrison auch).


    -insbesondere, wenn die lesezeit begrenzt ist, ist die investition in einen klassiker ertragreicher, weil eine gewisse qualität vorselektiert ist. Im sinne des zitates von calvino hat die zeit in gewissen umfang das wesentliche vom unwesentlichen geschieden. Wieviele der heute gefeierten zeitgenössischen autoren werden auch noch in der zukunft gepriesen werden? Die halbwertzeit des literarischen ruhmes ist oft recht kurz und ich kann erst recht als "laie" nicht die werke im voraus identifizieren, die zum klassiker werden.


    -Auch diesen Absatz kann ich 100% mitunterschreiben. Aber auch bei zeitgenössischen Autoren kann man eine gewisse Vorselektion erreichen, wenn man z.B. Nobelpreisträger u.ä. nimmt, da haben Experten für uns „Laien“ schon eine Auswahl getroffen. Ich weiß natürlich genau, dass diese Auswahl nicht immer optimal ist, aber immerhin, und auch bei Klassikern, muss man sich ja manchmal fragen, wie ist das Buch bloß zum Klassiker geworden.


    Gruß


    Hubert

  • Hallo Hubert!


    Ich habe Harry Potter 1 gelesen und die Aussage, dass man dabei nicht denken muss ist zu differenzieren: es ist ein Buch, das es dir leicht macht zu lesen, ein Buch das du lesen kannst, wenn du sonst gerade eine kritische Lebensphase durchmachst, es ist einfach ein Buch, das glücklich macht und ablenkt. Wenn du aber nach einer Geschichte suchen solltest, die dich mitreisst und über die du auch nachdenkst, wenn du gerade nicht weiterliest, deren Problemstellung dich bewegt, dann bist du bei Harry Potter 1 (die anderen kenne ich ja nicht)falsch.

    Two roads diverged in a wood and I -
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    <br />and that has made all the difference.

  • hallo hubert,
    es natürlich nur die knappe lesezeit, die mich im moment die klassiker vorziehen läßt. Natürlich heißt dies nicht, daß ich keine zeitgenossen gelesen habe oder lese. So hatte ich auch meine science-fiction-phase, in der ich zB nahezu alles von stanislaw lem las; heute warten immer noch im meinen regal u.a. ph. roth und cormac mccarthy. Und die hier zuletzt geposteten gedichte von erich fried haben mein interesse für einen weiteren "modernen" geweckt.
    gruß hafis

  • Hallo @ everybody !


    Mich würde mal interessieren, wo ihr die Grenze zwischen zeitgenössischer Literatur und Klasiikern legt. Hat das etwas dammit zu tun, ob der Autor noch lebt, geht es um die Bekanntheit eines Werkes oder welche Kriterien legt ihr an??

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  • Es gibt auch noch designklassiker; der vw käfer ist ein klassiker.
    Ich würde sagen, ein klassiker ist in einer fremden periode entstanden und hat anders als seine zeitgenössischen konkurrenzprodukte bis heute überlebt. Er muß sich damit in bestimmten kriterien von den heutigen produkten unterscheiden.
    Daß ein autor nur dann als klassiker gelten kann, wenn er tot schon ist, liegt dann nahe. Denn erst dann haben sich die lebensumstände hinreichend verändert, sodaß er, insofern er immer noch gelesen wird, auffällt.
    Ein zweiter grund, warum der tod wichtig sein könnte, ist die these, daß die wahrnehmung und die kritik des werkes nach dem tode "objektiver" wird (persönliche animositäten oder verpflichtungen fallen weg).
    Wenn die definitionshoheit, wer als klassiker zu gelten hat, bei gewissen gruppen (kritikern, akademikern etc.) liegt, sollte die popularität keine rolle spielen. Aber eine solche sicht ist vielleicht zu elitär.
    gruß hafis

  • Hallo Nimue, Ingrid, Amelie!


    Vielen Dank, dass ihr meine Frage ernst genommen habt und vielen Dank für eure Antworten.


    Maria hatte richtigerweise geschrieben:
    oder ich lass es, weil ich entweder ahne, das liegt mir nicht und die Neugierde auch nicht so groß ist.


    Wenn es immer so einfach wäre, hätte ich bestimmt nicht gefragt. Bei Harry Potter ahne ich zwar: das liegt mir nicht aber die Neugierde ist doch ziemlich groß.


    amelie:
    Warum hast Du eigentlich nur den ersten Band gelesen?


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Hallo Hubert !


    Wenn wir nochmal bei Harry Potter sind: In den ersten Bänden (1-3) sind wirklich alle Aspekte von Märchen und Mythen versammelt (Helden, das Böse, Magie, Treue, Freundschaft, Mut, ausweglose Situationen, wilde Tiere) auch Ansätze von Entwicklungsromane finden sich (man denke z.B. an den Simplizissimus). Das alles zurecht geschnittten auf die heutige Kultur, die mit etwas Ironie betrachtet wird.


    Also : unverstandener Junge zu Beginn seiner Pubertät findet heraus, dass er anders ist als seine Umgebung, bricht mit den Konventionen und entdeckt, dass es auch noch andere gibt, die ebenso denken wie er ! Als zusätzliche Identifikation kein intaktes Elternhaus und keine Zukunftsperspektive, eben ein Kind auf der Suche nach seinem Platz, ich würde sagen, Harry Potter erfüllt, wie Märchen auch, die Suche nach der Identität und Initiation.


    Interessant auch, wie Rowling Bilder oder Sagengestalten benützt und einsetzt z.B. das Treppenhaus von MC Escher oder Manticores, Basilisken und furchterregendes plötzlich lieb und nützlich erscheint z.B. Ratte und Kröte, Eule, Fluffy der dreiköpfige Hund.


    Also, so einfach wie "dabei muß man nichts denken" finde ich es nicht; man muß nicht, aber man kann :zwinker:


    Vielleicht, Hubert, versuchst dus mal unter diesen Aspekten ?


    Aber - ich bin kein Harry-Potter-Fan. Ich finde es gibt genug ähnliche Bücher, die nicht bewußt so konstruiert sind. Achja, Band 4 fand ich auch :schnarch: und Band 5 lese ich erst, wenns als TB zu haben ist.


    LG von Steffi,
    die umgeben ist von Harry-Potter-Videos, Bilderbücher, Lego, nimbus2000, Gryffindor-Schwert, Aufklapp-Papp-Hogwarts und Original Berti-Botts-Bohnen (nur eine probiert, aber Dreck schmeckt eklig!)

  • Hallo Hubert!


    Um auf deine Frage zu antworten, weshalb ich nur Band 1 gelesen habe: ich kam bisher einfach nicht dazu, denn ich hatte und habe so viele interessante Bücher im Kopf, so dass ich sogar manchmal zwei oder drei parallel lese, weil ich auf sie so gespannt bin. Dazu kommt noch, dass ich im Moment zwischen Abi und demBeginn meines ersten Semesters hänge, was bedeutet, dass ich sehr viel freie Zeit habe und endlich mal die Dinge tun uns lassen kann, wie ich es schon seit langem gewünscht hatte. Da finde ich ein solchesBuch wie HarryPotter nicht umbedingt geeignet, denn jetzt habe ich den Kopf über große Konflikte nachzudenken und mit den Helden zu leiden ;)

    Two roads diverged in a wood and I -
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    <br />and that has made all the difference.

  • Ich lese auch nur Klassiker. Warum? Dort bin ich
    vor Entäuschungen und irgendwelchen Modalitäten
    sicher. Und das meisste wird hier endgültig
    formuliert. Ist keine Arroganz, jeder liest das
    was ihn in seiner jetzigen Lebenssituation am
    meissten hilft und zusagt.

  • Zitat von "Ingrid"


    Einige davon lesen eben nur Klassiker. Warum? Wir "Misch-Masch-Leser" lesen auch Klassiker, aber eben nicht nur. Warum nicht einmal einen Krimi, einen Thriller, etwas Fantasy? Oder gar einmal "Harry Potter"?


    ich gehöre auch zu den "misch-masch-leserinnen" :zwinker: und lese gerne zwischendurch krimis - allerdings bin ich da seeehr wählerisch *g*.
    *harry potter* lese ich nicht, weil mich fantasy überhaupt nicht und jugendliteratur nur begrenzt interessiert. vom ersten HP-band habe ich 150 seiten gelesen bevor ich ihn meinem neffen geschenkt hatte, um zumindest sagen zu können: ich hab's versucht :lol:


    für *neuerscheinungleserInnen* ist ja jetzt wieder "jagen und sammlen" angesagt :roll: , und einiges liegt auch schon auf meinem SUB (paula fox, michael frayn, philip roth - um nur drei zu nennen).


    zu meinen klassiker-favoriten gehören: virginia woolf, thomas mann (samt familie), thomas bernhard.



    liebe grüße von
    vienna :sonne:

    Meine Übertreibungskunst habe ich soweit geschult, dass ich mich ohne weiteres den größten Übertreibungskünstler, der mir bekannt ist, nennen kann. Ich kenne keinen anderen. (Thomas Bernhard)