April 2003: Theodor Fontane - Effi Briest

  • Hallo Euch allen!


    Was für eine reine Magd! Ich bin von Effi immer mehr angetan, und ich verstehe nicht, warum sie bei Hubert an Sympathie einbüßt.


    Mir fällt auf, dass Instetten wenig beschrieben wird. Schon ganz am Anfang, als er um Effi anhält, lässt Fontane uns über ihn im Unklaren. Und jetzt wird er nur als der Überlegene dargestellt, aber ohne Seele, finde ich. Was will er von seiner Frau? Ich frage mich, warum wollte er Effi. Es sieht so aus, als brauchte er sie nur, um seinen Status zu festigen.


    Auffällig finde ich übrigens auch, dass Fontane nur die Leute seiner Schicht besser beschreibt. Bei den Bediensteten z.B. kann ich mir kein Bild machen, so unbedeutend sind sie erwähnt.


    Ich muss erst mal weiter lesen, ehe ich meine Gedanken zu dem Buch in die Reihe kriege.


    Mir geht es ähnlich wie Ingrid, ich möchte in die Geschichte hinein und Effi rütteln, um ihr zu sagen: "Wirf dich nicht weg an diesen Mann! Du hast etwas Besseres verdient."


    Hubert: Die Liebermann-Lithos wurden für eine Effi Briest Ausgabe von 1926/27, die als Jahresgabe der Maximillian-Gesellschaft erschien, gefertigt. Steht so in der Klappe. Was das für eine Gesellschaft ist, kann ich Dir leider nicht sagen.


    Ingrid: Hui, bist Du schnell, schon durch!! Liest Du jetzt schon etwas Neues oder bleibst Du erst noch bei Fontane?
    Ich hoffe doch, dass es heute keine Effi mehr gibt. Die Abhängigkeit vom Mann ist ja unerträglich. Ich hatte übrigens nicht den Eindruck, dass auch Effis Mutter so von Briest dominiert wird. Weil er sie liebt, hoffe ich.


    Gute Nacht zusammen, ich lese weiter.


    Polly

  • Hallo Polly, hallo zusammen,


    stimmt schon, ich habe das Buch ausgelesen, aber nur deswegen, weil ich es einfach spannend fand, und das, obwohl ich wußte, wie es enden würde!


    Ehrlich gesagt, Polly, solche Bücher machen mich irgendwie wütend. Ich kann es nicht anders erklären, diese Abhängigkeit und dieses Unvermögen, sich wehren zu können, ist einfach für mich sehr schwer verdaulich.


    Instetten wird wirklich sehr wenig beschrieben, aber das brauchts auch nicht. Man kann sich die Männer eigentlich auch ohne genaue Detailbeschreibung sehr gut vorstellen, vor allem ihre selbstherrlichen Charakterzüge (oh je, ich höre mich an wie eine Emanze :breitgrins: :redface:).
    Er liebt Effi, das ist klar, aber er erstickt sie. Er versucht, eine Figur zu schaffen, die er auf den Sockel stellen kann, Effi muß Ehefrau, Geliebte, und Kind für ihn sein, denn als gleichberechtigte Person behandelt er sie nicht. Er belächelt in gewissem Maße ihre Ängste wie die Ängste eines kleinen Kindes, das Angst vor der Dunkelheit hat und er bemerkt nicht, dass er sie in ihrer Seelenqual völlig alleine lässt. Um zu schlimmer für ihn dann das böse Erwachen, als er bemerkt, dass die Kind-Frau absolut kein Kind mehr ist.


    Ist das Liebe? Nicht zu bemerken, wie der Partner leidet? (nur so nebenbei bemerkt!)


    Ehrlich, die Geschichte beschäftigt mich. Und deshalb - wie schon gesagt - auch wenn ich das Buch ausgelesen habe, diskutiere ich auf jeden Fall mit.


    Polly: Nein, noch einen Fontane tue ich mir im Moment nicht an :zwinker: , da les ich jetzt lieber was "normales".


    Ich bin mal gespannt, was Hubert und Maria noch zu sagen haben.


    Liebe Grüße aus dem Saarland ins Saarland
    Ingrid

  • Hallo zusammen!


    Viel weiter bin ich noch nicht mit dem Roman gekommen. Am Wochenende war Schwimmbad und gestern abend Bloomsday angesagt. Außerdem verliere ich auch viel Zeit, weil ich immer versuche, die im Roman erwähnte Literatur nachzulesen, also z.B. die Holunderbusch-Szene aus Kleists „Kätchen von Heilbronn“. Ansonsten ist mir bei den Literaturzitaten aufgefallen wie subtil Fontane die Bildungsunterschiede zwischen Männern und Frauen in der damaligen Zeit kritisiert. Wenn Geert im 5. Kapitel aus Goethes Faust zitiert, kann Effi mit dem Zitat nichts anfangen und wenn im Kapitel vorher Briest aus Schillers Wallenstein zitiert, ist seine Frau ausnahmsweise auch mal mit ihrem Latein am Ende.


    @ Maria:
    Ich habe nach dem Gemälde: Insel der Seeligen im Netz gesucht, aber nichts gefunden.


    Leider bin ich hier auch noch nicht fündig geworden, obwohl ich schon fast meine ganzen, in Frage kommenden Kunstbücher durchgesehen habe. Ich suche aber weiter.


    Kann sich jemand vorstellen, was der Chinese im Kapitel 6 bedeuten könnte, weil Effie ihn fürchtet?


    Im Forum „Gemeinsames Lesen – Chronik“ habe ich zwei neue Links zu Fontane hinterlegt. Mit dem zweiten Link („Landshut.org“) erhält man über -> Prosawerk -> Effi Briest -> Download zum Chinesen eine Facharbeit über „Die Allegorie des Chinesen im Roman Effi Briest“. (Da ich Sekundärliteratur immer erst nach dem Roman lese, kann ich aber zum Inhalt noch nichts sagen)


    @ Ingrid:
    Vielen Dank für den Link. Darüber habe ich noch den Link zur "Mission Fontane" gefunden (siehe "Lesen-Chronik") .


    Im Text bleibt Effis genauer Sterbetag offen. Auch hier hilft die Sekundärliteratur. Es war der 15.8. Maria Himmelfahrt."


    Verstehe ich nicht: Wenn im Text der Sterbetag offen bleibt, kann auch die Sekundärliteratur nicht weiterhelfen?


    Frage: Könnte es heute noch so eine "Effi" geben?


    Wenn es heute keine „Effi“ mehr geben kann, dann haben daran sicher Bücher wie „Effi Briest“ ihren Anteil. (siehe mein Posting im Thread: „Bücher, die die Welt verändern) Oder sehe ich das falsch?


    ich habe das Buch ausgelesen, aber nur deswegen, weil ich es einfach spannend fand, und das, obwohl ich wußte, wie es enden würde!


    Jetzt ist mir aber ein Stein vom Herzen gefallen, den nach Deinem ersten Posting (nach Lesebeginn) hatte ich schon befürchtet, dass Dir das Buch überhaupt nicht gefällt


    @ Polly:
    ich verstehe nicht, warum sie bei Hubert an Sympathie einbüßt.


    Effi ist mir jetzt nicht unsympathisch, so schnell ändere ich meine Meinung nicht, aber mit dem folgendem (u.a.) kann man bei mir keine Sympathiepunkte gewinnen:
    Romanzitat: "Tante Therese, so hatte Effi gleich nach der Ankunft gesagt, »müssen wir diesmal inkognito bleiben. Es geht nicht, daß sie hier ins Hotel kommt. Entweder Hôtel du Nord oder Tante Therese; beides zusammen paßt nicht."


    Ich frage mich, warum wollte er Effi. Es sieht so aus, als brauchte er sie nur, um seinen Status zu festigen.


    Es war aber nicht Geert, sondern Effi die folgendes sagte: „Jeder ist der Richtige. Natürlich muß er von Adel sein und eine Stellung haben“


    Auffällig finde ich übrigens auch, dass Fontane nur die Leute seiner Schicht besser beschreibt


    Der Roman spielt aber doch unter Adligen und das war sicher nicht Fontanes Schicht, der in ärmlichen Verhältnissen gelebt hat.


    Liebe Grüsse


    Hubert

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  • Hallo zusammen,


    ich bin jetzt auch einmal durch, habe fast die ganze Nacht und den heutigen Tag gelesen. Aber ich bin nicht fertig mit Effi Briest, sondern lese jetzt noch einmal mit Genuss!


    Hubert:


    Effi ist mir jetzt nicht unsympathisch, so schnell ändere ich meine Meinung nicht, aber mit dem folgendem (u.a.) kann man bei mir keine Sympathiepunkte gewinnen:
    Romanzitat: "Tante Therese, so hatte Effi gleich nach der Ankunft gesagt, »müssen wir diesmal inkognito bleiben. Es geht nicht, daß sie hier ins Hotel kommt. Entweder Hôtel du Nord oder Tante Therese; beides zusammen paßt nicht."


    Dies solltest Du ihr nachsehen, Hubert, denn damit beweist sich einmal mehr ihre Unreife. Es gehört eine gewisse Reife dazu, sich mit Menschen, die aus dem Rahmen fallen, in der Öffentlichkeit abzugeben. So weit ist Effi noch nicht.
    Meine eigene Mutter hat eine gewisse Zeit meinen großen Bruder verleugnet, weil der durch Drogensucht kriminell geworden war. Das passte nicht in ihr Bild, also wurde er einfach verschwiegen, und wir waren nur noch vier Kinder!! Die Härte: Heute streitet sie es ab! Aber der Sohn ist ja auch wieder clean.


    Es war aber nicht Geert, sondern Effi die folgendes sagte: „Jeder ist der Richtige. Natürlich muß er von Adel sein und eine Stellung haben“



    Immerhin hat Innstetten um Effi angehalten!


    Das mit den "ärmlichen Verhältnissen" sehe ich nicht so, auch arme Adelsfamilien gab und gibt es. Dass es Fontane nicht so gut ging, war doch durch seine Tätigkeit als Autor bedingt. Er hätte als Apotheker vielleicht zu den wohlhabenderen Leuten zählen können. Vielleicht hat mich auch die Frage, ob Fontane in seiner Londoner Zeit wohl Dickens getroffen hat, geleitet, sie waren doch Zeitgenossen. Dickens aber hat die Zustände in der bürgerlichen Schicht (seiner eigenen) angeprangert.
    Naja, nach der Lektüre von Effi Briest denke ich, dass auch Fontane den Zeitgenossen ein paar Kopfnüsse verpasst hat, wenn auch nicht so drastisch.


    Ja, der Chinese, der ist wirklich gut. Ich weiß nicht, was der wirklich symbolisiert, es ist zu verschieden. Darüber sollten wir uns austauschen, wenn alle das Buch durch haben. Ich bin froh, jetzt noch einmal ohne Erwartungsdruck lesen zu können und z. B. die Stellen mit dem Chinesen, aber auch die sprachliche Struktur des Romans genauer ins Visier zu nehmen.


    Als Ergänzung nach Effi habe ich mir den Briefwechsel Fontanes mit seiner Frau zugelegt und ich hoffe, bald aus der Bibliothek meiner Eltern eine Biografie Fontanes zu bekommen.


    Ingrid: Jetzt, nach der Lektüre, bin ich mir nicht sicher, ob Innstetten wirklich so selbstherrlich war. Ist das vielleicht genauso eine Rolle, die er als Ehemann auszufüllen hatte, weil "man" so zu sein hatte? Er tat Dir doch sicher auch Leid gegen Ende der Ehe, oder? Und was konnte "Mann" schon machen? Er war in seinem preußischen Korsett gefangen und meiner Meinung nach genauso Opfer der Umstände wie Effi.


    Sorry, bekomme noch Besuch - morgen mehr.


    Liebe Grüße,


    Polly

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  • Hallo zusammen,


    Polly schreibt:

    "Jetzt, nach der Lektüre, bin ich mir nicht sicher, ob Innstetten wirklich so selbstherrlich war. Ist das vielleicht genauso eine Rolle, die er als Ehemann auszufüllen hatte, weil "man" so zu sein hatte? Er tat Dir doch sicher auch Leid gegen Ende der Ehe, oder? Und was konnte "Mann" schon machen? Er war in seinem preußischen Korsett gefangen und meiner Meinung nach genauso Opfer der Umstände wie Effi."


    Wahrscheinlich hast du recht, von dieser Seite aus habe ich die Geschichte noch nicht betrachtet. Es war sicher so, dass Männer genauso den starren Zwängen unterworfen waren, wie die Frauen. Aber es ist auch unbestritten, dass sie es ein bißchen einfacher hatten. Was für mich auch so unverständlich ist, ist dieser total übertriebende Ehrenkodex, der dann in dem Duell seinen traurigen Höhepunkt findet.


    Hubert: Natürlich hat mir das Buch gefallen.
    Ich muss glaube ich eine kleine Erklärung abgeben: Ich mag keine Bücher mit traurigen Geschichten, ich muss einfach irgendetwas positives, irgendein "Lachen" (wie in unserem nächsten Projekt "Alexis Sorbas" ja reichlich vorhanden), in einem Buch finden. Ich weiß nicht richtig, wie ich es erklären soll.
    Vielleicht damit: Ich leide mit, so wie ich mit Effi gelitten habe.
    Klingt verrückt, :elch: ich weiß, aber es ist leider so. (Deshalb habe ich auch wahrscheinlich früher einen so großen Bogen um das Buch gemacht.


    Aber ich bin ehrlich froh, dass ich "meinen inneren Schweinehund" überwunden habe und das Buch mit euch gelesen habe.


    Bin gespannt, was ihr noch zu erzählen habt.


    :winken: Ingrid

  • ihr mir davon eilt, - - - aber dass ihr mich so zur Schnecke macht, hat mich tief getroffen. Nein, im Ernst, ich finde es phantastisch, dass ich so leidenschaftliche Leser in euch gefunden habe und würde euch am liebsten :knuddel:
    Ich bedauere nur, dass ich z.Zt. soviel Stress habe, dass ich vermutlich noch einige Zeit für den Roman brauche. Hoffentlich lasst ihr mich bei der Diskussion nicht im Stich.
    Polly:
    Immerhin hat Innstetten um Effi angehalten!


    Ja, aber doch nicht um seinen Status zu festigen, sondern er hatte sich in „das reizende Geschöpf“ verliebt und wer will ihm das verdenken.


    ob Fontane in seiner Londoner Zeit wohl Dickens getroffen hat


    Eine interessante Frage: müsste sich doch klären lassen?


    Dickens aber hat die Zustände in der bürgerlichen Schicht (seiner eigenen) angeprangert.


    Im Gegensatz zu Dickens hat Fontane Bücher über die verschiedensten Schichten geschrieben. Im kleinbürgerlichen Milieu spielen z.B. die Novelle „Grete Minde“ und der Roman „Unterm Birnbaum“.
    Eine Stufe höher dann „Frau Jenny Treibel“. In „Irrungen, Wirrungen“ geht es um eine Liebesbeziehung die an den sozialen Schranken zwischen Adel und Kleinbürgertum zerbricht und „Effi Briest“ spielt, was die Hauptpersonen betrifft, ausschliesslich in Adelskreisen, um Fontane Gelegenheit zu geben, Kritik an der Erstarrung des politischen Systems und seiner adligen Repräsentanten mit ihrem unzeitgemäßen Ehrenkodex (Duell) anzubringen.


    Darüber sollten wir uns austauschen, wenn alle das Buch durch haben (Chinese)


    Darüber und über einige andere Themen z.B. „Die Schuld der Eltern?“, „Die adlige Gesellschaft als geschlossene Gruppe“, „Die Rolle der Frau, bzw. des Mannes“, „Das Scheitern der Ehe“ und, und und ...


    Jetzt, nach der Lektüre, bin ich mir nicht sicher, ob Innstetten wirklich so selbstherrlich war. Ist das vielleicht genauso eine Rolle, die er als Ehemann auszufüllen hatte, weil „man“ so zu sein hatte? ... Er war in seinem preußischen Korsett gefangen und meiner Meinung nach genauso Opfer der Umstände wie Effi.


    Obwohl ich mit dem Roman noch nicht fertig bin, denke ich, damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Fontane wollte sicher nicht Einzelpersonen vorführen, sondern gesellschaftliche Zwänge kritisieren.


    Ingrid:
    Mit „Alexis Sorbas“ haben wir ja anschließend ein schönes Kontrastprogramm. Ich hoffe nur, dass Du nicht schon fertig bist, wenn ich anfange.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Hallo zusammen


    Hubert:
    wir sind hier beide wohl die Schneckenpost *ggg*


    Ich komme zu Kapitel 16 und bin froh, daß heute ein Feiertag ist um auszuspannen und mal sehen, was sich heute lesemäßig noch ergibt.


    im Kapitel 13 konnte ich einige Vorausahnungen seitens Effie's tragisches Schicksal erkennen bzw. Hinweise zu ihrem Tod:


    Kapitel 13 Zitat:
    Denn Heiteres sehen, war ihr wie Lebensluft........
    Nein, nein, ich mag hier nicht sterben, ich will hier nicht begraben sein, ich will nach Hohen-Cremmen. Und Lindequist so gut er ist - aber Niemeyer ist mir lieber; er hat mich getauft und eingesegnet und getraut, und Niemeyer soll mich auch begraben.... Und dabei fiel eine Träne auf ihre Hand. Dann aber lachte sie wieder. "Ich lebe ja noch und bin erst siebzehn, und Niemeyer ist siebenundfünfzig." - Zitat Ende.


    Ein paar Seiten weiter trifft sie die Gesellschafter der verstorbenen Registratorin auf dem Friedhof:


    Zitat:
    "Ach, gnäd'ge Frau, was soll ich vorhaben. Ich habe garnichts vor. Wahr und wahrhaftig, ich möchte hier sitzen bleiben und warten, bis ich tot umfalle. .... Und dann würden die Leute noch denken, ich hätte die Alte so geliebt wie ein treuer Hund, und hätte von ihrem Grabe nicht weg gewollt und wäre da gestorben..." Zitat Ende.


    Auch Effi's Vater nimmt auf die Rolle des Hundes als Freund bis in den Tod bezug. Wenn man beim Lesen sehr sensibel reagiert, dann bekommt man ein Gefühl beim Lesen, sprichwörtlich: da geht einer über Effi's Grab.


    Der Altersunterschied zwischen Effi und Geert bekommt nun immer mehr Gewicht.


    Auf der anderen Seite, waren die Ansätze zu Beginn der Ehe garnicht so schlecht. Beide sind ehrgeizig und Effi möchte ihren Mann unterstützen, sie ist auch anschmiegsam und in seltenen Momenten, wenn Geert nicht so eingespannt ist in seiner Arbeit, erwidert er es auch zärtlich.


    Aber das sind Einzelmomente und für eine 17jährige doch viel zu wenig. Besonders enttäuscht ist sie, als sie alleine mit ihrem Töchterchen Lütt-Annie und dem Kindermädchen die Eltern besucht.


    Ich glaube insgeheim hegte sie die Hoffnung, er würde ihr nachreisen.


    Es berührt mich doch mehr als ich zuanfangs gedacht hatte.


    Auf der anderen Seite, finde ich es wunderbar einfühlsam wie Fontane hier Mißstände aufdeckt ohne zu Verurteilen und ich denke nun an die Frage von neulich: welche Romane die Welt veränderten!


    Wenn vielleicht nicht die Welt, so tröstet mich der Gedanke, daß "Effie Briest" eine damalige und nachfolgende Gesellschaft geprägt bzw. aufgerüttelt hat. Diese Geschichte kann nicht spurlos an dem Leser vorbei gehen. So seh ich das.


    Hubert:
    danke für den Link. Ich werde mir auch erst hinterher das ganze durchlesen. Die Farbsymbolik seh ich bisher nicht so deutlich wie du. Obwohl sie sicher vorhanden ist, mir fiel z.B. auf daß öfters von einem gelben Licht die Rede ist. Weiß das aber nicht so recht einzuordnen.
    Ich achte aber vermehrt darauf, seit du es erwähnt hast.


    Die Spukgeschichte paßt für mich noch nicht so richtig ins Bild *grübel*


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    vielen Dank für Deine Gedanken. Leider bin ich noch nicht beim 13. Kapitel, deshalb heute nur ganz kurz:


    im Kapitel 13 konnte ich einige Vorausahnungen seitens Effie's tragisches Schicksal erkennen bzw. Hinweise zu ihrem Tod:


    Diese Vorausdeutungen setzt Fontane sehr häufig ein, wobei er es sehr geschickt macht, da sie fast immer von den handelnden Personen und nicht vom auktorialen Erzähler ausgesprochen werden.


    Der Altersunterschied zwischen Effi und Geert bekommt nun immer mehr Gewicht.


    Frage: Wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn der Altersunterschied zwischen Geert und Effi nicht so groß gewesen wäre?. – Wouw, gerade ist mir beim Schreiben der zwei Namen aufgefallen, dass Fontane schon bei der Namensgebung seiner Protagonisten zeigt, dass Geert (Konsonant – Doppelvokal – Konsonant) und Effi (Vokal – Doppelkonsonant – Vokal) sehr unterschiedlich sind.. .

    Wenn vielleicht nicht die Welt, so tröstet mich der Gedanke, daß "Effie Briest" eine damalige und nachfolgende Gesellschaft geprägt bzw. aufgerüttelt hat. Diese Geschichte kann nicht spurlos an dem Leser vorbei gehen. So seh ich das.


    Das sehe ich genau so. Natürlich veränderte „Effi Briest“ nicht mit einem Schlag die Welt“, aber wenn zuerst die Leser und durch die, die Gesellschaft aufgerüttelt wurde, hat sich zum Schluß doch die Welt verändert.


    Viele Grüße


    Hubert

  • Hallo zusammen


    Hubert:
    noch ein paar Infos, die fürs Weiterlesen nützlich sind. Vielleicht kennst du ja bereits das meiste:


    Im Kapitel 17 schau Effis aufs Meer, sie sieht Bojen mit kleinen roten(!!) Fahnen und stellt sich vor dort müßte Vineta liegen.


    Dazu eine Infoseite über dieses Atlantis des Nordens.


    Crampas erwähnt, daß Heinrich Heine's Seegespenst von Vineta handelt.


    Außerdem hat Crampas anscheinend eine Vorliebe für Heinrich Heine, denn er erzählt Effi Gruselgeschichten über den Kalatrava-Ritter, der eine Königin liebt und sein Kopf verliert und sein treuer Hund (er nennt ihn Rollo!!) legt das Haupt auf die Tafel: Spanische Atriden


    auch das Vitzliputzli stammt von Heinrich Heine.


    Im 18. Kapitel spricht Effi von einem Gedicht namens Die Gottesmauer von Clemens von Brentano.


    Zitat

    Wouw, gerade ist mir beim Schreiben der zwei Namen aufgefallen, dass Fontane schon bei der Namensgebung seiner Protagonisten zeigt, dass Geert (Konsonant – Doppelvokal – Konsonant) und Effi (Vokal – Doppelkonsonant – Vokal) sehr unterschiedlich sind.. .


    da kann ich auch nur: Wow sagen.


    Ich bin gespannt was ihr dazu meint, daß Geert sein Spuk dazu hernimmt um Effi zu erziehen. Einmal sagt er zu Effi, frei zitiert, wenn sie brav wäre, passiere ihr schon nichts. Das nagt an Effi, seit Crampas diesen Gedanken ihr offenbarte.


    Zitat

    Wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn der Altersunterschied zwischen Geert und Effi nicht so groß gewesen wäre?.


    vielleicht. Sie wäre dann evtl. auf die Crampas dieser Welt besser gerüstet gewesen. Er weiß, wie er sein Ziel erreicht, das merkt man spätestens bei der Theatervorführung. Er ist ein Verführer.


    Ingrid
    danke für den Link, ich wußte garnicht, daß Fontane damals ein lebendiges Vorbild hatte. Wie diese Frau sich fühlte, als sie Effi Briest las? (vorausgesetzt sie las es).

    Zitat von "Polly"


    Vielleicht hat mich auch die Frage, ob Fontane in seiner Londoner Zeit wohl Dickens getroffen hat, geleitet, sie waren doch Zeitgenossen. Dickens aber hat die Zustände in der bürgerlichen Schicht (seiner eigenen) angeprangert.
    Naja, nach der Lektüre von Effi Briest denke ich, dass auch Fontane den Zeitgenossen ein paar Kopfnüsse verpasst hat, wenn auch nicht so drastisch.


    Darüber habe ich folgendes gefunden:
    Seit seiner Zeit als Apothekergeselle las Fontane das Werk Dickens’, durch den sein Verständnis von Literatur als zeit- und sozialkritisches Instrument beeinflußt wurde – wenngleich er ihm später vorwarf, daß er »in Novellen demokratisiert und Dinge behandelt, von denen er nichts versteht«.
    (Zitiert nach Helmuth Nürnberger: ’Der frühe Fontane’.)


    außerdem noch - entnommen von dieser Seite:
    http://www.xlibris.de/Autoren/Fontane/FoBio/FoBio04.htm


    Zitat:
    Die berufliche Situation sieht Fontane ganz und gar nicht positiv: »Ich habe mich heute der Reaction für monatlich 30 Silberlinge verkauft [...]. Man kann nun mal als anständiger Mensch nicht durchkommen.« Seine Tätigkeit besteht darin, für die Preußische Zeitung, genannt »Adler-Zeitung«, die englische Presse auszuwerten. Fontane erreicht es, daß er diese Tätigkeit ab April 1852 in London fortsetzen darf – allerdings ohne Gehalt vom Ministerium, obwohl er offizieller Presseberichterstatter ist. In London macht er die Bekanntschaft einer ganzen Reihe von flüchtigen Aktivisten der gescheiterten 48er Revolution, die hier Asyl gefunden haben. Einige Zeit ist Fontane am Tavistock Square sogar unmittelbarer Nachbar von Charles Dickens, den er jedoch nicht aufzusuchen wagt.
    Zitat Ende


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ihr Lieben,


    ich habe das Bild gefunden. Die "Insel der Seligen" heißt eigentlich "Gefilde der Seligen", ist von Arnold Böcklin (1827-1901).
    Und hier ist eine Abbildung zu sehen:


    http://www.bildindex.de/rx/apsisa.dll/bildzoom?sid={b27d3624-45a2-4f8f-892c-6bedf704647a}&cnt=25867&did=&rid=2&aid=*&zoomlevel=1&no=3&picno=3


    Ich hoffe nun bloß, dass das mit dem Link klappt, so etwas habe ich noch nie gemacht!


    @ Maria: Danke für die Aufklärung in Sachen Dickens. Ist ja sehr interessant!


    Und nur ganz kurz bemerkt:


    Ich glaube nicht, dass die Geschichte anders verlaufen wäre, egal wie alt oder jung Innstetten war. Effi war so ein Schmetterlingskind, sie war sehr leicht zu beeinflussen und das war ja wohl Crampas Spezialität.


    Ist es nicht auch eher er, Crampas, der den "Spuk" benutzt? Innstetten macht zwar die Bemerkung mit dem brav sein, aber an keiner Stelle gibt er auch nur zu, dass der Spuk überhaupt existiert, so dass ich davon ausgehe, dass es den Spuk gar nicht gibt.


    Aber mein Besuch ist noch da, daher kann ich jetzt nicht fortfahren in meinen Bemerkungen.


    Liebe Grüße,


    Polly

  • Hallo zusammen,


    Polly, du bist unbestritten klasse! Ich habe so lange im Netz nach dem Bild gesucht und nichts gefunden. Aber ehrlich gesagt: Ich finde es absolut schauerlich!! Der Geschmack damals war schon ein anderer!


    Zu der Frage, ob die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn der Altersunterschied zwischen den beiden nicht so groß gewesen wäre. Ich glaube nicht, dass das einen Unterschied gemacht hätte. Der Mann hatte das Sagen und damit punktum. Ich glaube, Geert betrachtete Effi wie einen heißgeliebtes Spielzeug, das den er formen wollte nach Gutdünken. Seufz., ich komme damit einfach nicht so klar, wie die Frauen zu dieser Zeit sich das haben alles bieten lassen.


    Ich glaube, es wäre langsam für mich an der Zeit, mal "Nora" zu lesen, wahrscheinlich gehen mir dann ganz die Augen über....


    Aber Scherz bei Seite Hubert: Ich werde ganz fest versprochen warten mit "Alexis Sorbas", bis du den Startschuss gibst. "Effi Briest" war eines der Bücher, die ich eigentlich nur aus "Pflichtbewußtsein" angefangen habe zu lesen, um dann nicht mehr aufhören zu können, weil ich einfach wissen wollte, wie es denn jetzt weitergeht, immer in der leisen Hoffnung, das Effi sich endlich mal darauf besinnt, dass sie ja auch eine Persönlichkeit ist und nicht nur ein ziemlich willenloses Geschöpf, das von allen Seiten manipuliert wird.


    Ich habe die Szene so entsetzlich gefunden, als sie ihr Töchterchen wieder sieht und dann feststellen muss, dass dieses Kind jetzt tatsächlich nur noch das Produkt ihres ehemaligen Mannes ist.


    Frage: Hat er bei dem Kind das geschafft, was er bei der Mutter nicht erreichen konnte?


    Schönen Freitag
    :winken:
    Ingrid

  • Hallo Polly


    auch von mir ein dickes Danke schön, für deine Sucharbeit.
    Wie nennt man noch gleich diese Sagengestalt, Halb Mensch Halb Tier?


    Komme nun zu Kapitel 24


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo liebe MitleserInnen,


    Maria hat geschrieben:
    ich wußte garnicht, daß Fontane damals ein lebendiges Vorbild hatte. Wie diese Frau sich fühlte, als sie Effi Briest las? (vorausgesetzt sie las es).


    Wie die meisten Romane von Fontane basiert auch „Effi Briest“ auf einem „wahren“ Vorfall. Fontane hat den historischen Fall aber nicht nacherzählt, sondern künstlerisch umgestaltet. Ich habe vor einiger Zeit mal eine TV-Sendung über die „echte“ Effi gesehen und mir gerade die Notizen, die ich mir damals machte, herausgesucht:


    Effis Vorbild war die 1853 geborene Elisabeth von Plotho, die wie Effi einen Hang zur Natürlichkeit und Lebendigkeit besaß und dafür von der „Gesellschaft“ kritisch begutachtet wurde. Ihr Mann war der Rittmeister Armand von Ardenne, ihr Liebhaber der Amtsrichter Emil Hartwich. Das Duell zwischen Armand von Ardenne und Emil Hartwich fand am 27.11.1886 auf der Hasenheide in Berlin statt und endete für Elisabeths Liebhaber tödlich. Ardenne wurde wie Innstetten nach nur kurzer Festungshaft vom Kaiser begnadigt und setzt seine Karriere fort. Er wurde Generalleutnant und starb 1919. Elisabeth verlor wie Effi das Besuchsrecht für ihre Kinder und litt darunter sehr. Wie Effi lebte sie im sozialen Abseits. Sie arbeitete als Krankenschwester und starb 1952 im Alter von 99 Jahren in Lindau am Bodensee. Zur gleichen Zeit wie Fontane hatte auch Friedrich Spielhagen diesen Stoff in einem Roman verarbeitet. Dieser Roman „Zum Zeitvertreib“ wurde aber von Fontane als zu unkritisch kritisiert. Fontane versuchte dagegen den Stoff umzugestalten, ich glaube weniger um das historische Vorbild zu verhüllen, denn die Zeitgenossen haben das Buch trotzdem sofort als Schlüsselroman erkannt, sondern viel mehr um
    1. die Gegensätzlichkeit zwischen Effi und ihrem Mann deutlicher zu machen
    2. das Schicksal Effis in seiner Unbarmherzigkeit herauszuarbeiten
    3. das Duell noch überflüssiger hinzustellen, als es eh schon war.


    Von Fontane vorgenommene Veränderungen:
    1. Elisabeth ist bei ihrer Hochzeit mit 18 Jahren nur 5 Jahre jünger als der 23-jährige Armand. (Effi ist bei der Hochzeit 17, Geert 38 Jahre alt)
    2. Die Ardennes nahmen in Düsseldorf am gesellschaftlichen Leben teil, dagegen ist das Leben in Kessin langweilig und trägt mit zu Effis Unbehagen und Einsamkeit bei
    3. Als das Verhältnis von Elisabeth und Emil bekannt wurde, bestand es noch, während das von Effi und Crampas Jahre zurücklag.. Dadurch erscheint das Duell noch unsinniger und die Folgen (Scheidung und Trennung von Annie) noch unmenschlicher.



    Polly hat geschrieben:
    ich habe das Bild gefunden. Die "Insel der Seligen" heißt eigentlich "Gefilde der Seligen", ist von Arnold Böcklin (1827-1901).


    Vielen Dank Polly, ich war schon fast verzweifelt, aber jetzt weiß ich, warum ich das Bild auch im Katalog der Berliner Nationalgalerie nicht fand. Das 1,7 m hohe und 2,5 m breite Gemälde hing dort seit 1878 und wurde von der Berliner Bevölkerung wegen der nackten Nymphen mit einem Sturm der Entrüstung aufgenommen (deshalb hat es ja wohl auch Vetter Dagobert solches Vergnügen bereitet, seine Tante und seine Cousine mit dem Bild zu schockieren). Allerdings ist das Gemälde seit 1945 verschollen und deshalb nicht mehr im Katalog der Nationalgalerie.


    Liebe Grüße


    Hubert



    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Hallo!


    Ingrid hat geschrieben:
    Ich muss gestehen, dass ich zwar das Heimatland von Ibsen sehr gut kenne und auch sein Geburtshaus schon gesehen habe, aber noch nie etwas von ihm gelesen habe.
    Vielleicht wäre "Nora" ja irgendwann ein Vergleich zu "Effi" wert?


    Wie ich im Thread „Bücher die - die Welt verändern“ schon mal geschrieben hatte, haben meiner Meinung nach die Dramen des Norwegers Ibsen („Nora“. „Stützen der Gesellschaft“, „Frau vom Meer“) ebenso (wenn nicht mehr) zur „Emanzipation der Frau“ beigetragen, wie die Romane „Madame Bovary“, „Anna Karenina“ und „Effi Briest“. „Nora“ und „Effi“ sind also auf jeden Fall einen Vergleich wert, genauso wie Effi mit Emma und Anna.


    Da ich ja „Madame Bovary“ schon mal gelesen habe, bin ich dabei eine Aufstellung der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede zwischen Emma und Effi zu erstellen. Sicher wäre das auch für Anna und Effi sowie Nora und Effi interessant. Aufgefallen ist mir beim Vergleich der drei Romane auf Anhieb, dass jeder der Romane in einem anderen Milieu spielt. „Madame Bovary“ im französischen Bürgertum, „Effi Briest“ unter preußischen Landadligen und „Anna Karenina“ in der russischen Hocharistokratie. Das heißt diese Probleme zogen sich durch alle Gesellschaftsschichten und alle Nationen, wodurch der Vergleich aber noch interessanter wird.


    PS: Ich kenne Norwegen auch etwas, Oslo und Bergen und die Küste, die ich mal mit dem Postschiff von Bergen über Trondheim, Tromsö und Hammerfest (Nordkap) nach Kirkenes entlang fuhr. Ibsens Geburtshaus fehlt mir aber noch. Lohnt sich das? (für die nächste Norwegenreise).


    Liebe Grüsse


    Hubert

  • Hallo zusammen


    ich nähere mich dem Ende.


    Im Kapitel 22, als Effi nach Berlin kommt um nach einer Wohnung zu suchen, trifft sie sich mit ihrer Mutter und ihrem Cousin Dagobert. Sie unterhalten sich über:


    Kladderaddatsch
    das war eine Satire-Zeitschrift. Effi las am liebsten die Kriegsberichte von Wippchen. Darüber findet ihr hier Infos:


    http://www.ub.fu-berlin.de/~goerdten/stinde14.html


    Kapitel 23:
    Effi spielt dem Doktor Rummschüttel etwas vor, er durchschaut es, aber merkt, daß es der Patientin wichtig ist. In meinen Augen ein sehr sympathischer Mann. Jetzt wissen wir auch welche Literatur bei Krankheit am besten ist und uns nicht geistig aufregt:


    Der Doktor über Sir Walter Scott:
    Oh, dagegen ist nichts einzuwenden. Das beste sind Reisebeschreibungen. :breitgrins:


    kurz davor hat Roswitha Effis Buchliste um die Hosen des Herrn von Bredow gekürzt. Es war ihr wohl peinlich, ein Buch aus der Bibliothek zu holen, in dessen Titel "Hosen" vorkommen ;-)


    Die Hosen des Herrn von Bredow


    Das war wohl das letzte Heitere, dann ging Effi zur Kur und das Unheil nimmt seinen Lauf.


    Vermehrt erkennt man auch die Farbsymbolik. Die Briefe waren mit einer roten Band umwickelt, aber verknotet, keine Schleife. Sagt doch auch viel über Effis Empfinden und ihr Wille ihr Leben zu ändern. Aber sie hätte die Briefe verbrennen sollen wie es später ihre Kurpartnerin Geheimrätin Zwicker an ihre Freundin schreibt, solange es diese "unsinnige Duelle" gab, durfte man solche Briefe nicht aufheben! Sie hat Effi aber nicht verurteilt.


    Als Innstetten am Ort des Duelles ankam (in dem Kapitel kommt die Zahl 3 sehr oft vor) bückte er sich und pflückte eine blutrote(!) Nelke. Er erwähnt, daß die Immortellen für nachher seien:


    Immortellen
    sind Stauden auf sandigen Magerstandorten. In Nord- und Ostdeutschland blühen sie im Spätsommer mit gelben und bräunlichen Kopfchen (genannt Helichrysum arenarium). Man kann sie trocknen und halten sehr lange.

    das könnte bereits andeuten, daß er für lange (immer) Effi diese Verletzung seiner Ehre nicht vergibt.


    Ist euch der Name von Crampas Sekundanten auch gleich ins Auge geschossen? "Buddenbrook"


    Ich nehme mal an, daß Thomas Mann sich diesen Namen für sein Werk aus Effi Briest entlieh.


    Ob es wohl auch in der nächsten Generation einen Schriftsteller geben wird, der sich etwas aus E.B. entleiht ?(Thomas Mann, Günter Grass hatten wir bereits). Es wäre wünschenswert.


    Was meint ihr bedeuten die letzten Worte Crampas?


    "Wollen Sie...."


    ja was?? Wollen Sie mir bitte verzeihen? Wollen Sie bitte Effi sagen, daß ich sie liebte? Wollen Sie bitte Effi grüßen?


    Kapitel 29
    Innstetten Gedanken sind sehr aufgewühlt. Er erwägt das Für und Wider nochmals, aber bleibt bei seiner Gesinnung. "Die Grenze, die Grenze. Wo ist sie? War sie da? War sie bereits überschritten?"


    Johanna küßt Innstetten's Hand. Rowitha hat es auf den Punkt gebracht. Sie verehrt ihren Herrn, ist evtl. sogar verliebt. (Sie hat ja auch so schönes blondes Haar = Reinheit?). Sie rechtfertigt Innstetten's Schritte, heißt sie gut.


    Dieses Hausmädchen hat strenger gehandelt als die Geheimrätin Zwicker, die Ministerin, die sich einsetzt, daß Effi ihr Kind wieder sieht, als Doktor Rümmschüttel...


    Ob diese beiden Hausangestellten, Johanna und Roswitha, ebenfalls etwas symbolisieren. Roswitha ist die Güte in Person und religiös in praktischen Sinne.


    Ich freute mich, daß Effi nicht ganz alle da stand.


    Als sie die Ministerin besucht mustert sie das Bild Aurora von Guido Reni. Ausdruck der Hoffnung (ein neuer Tag?).
    über die Stiche von Benjamin West habe ich nichts gefunden, allerdings über Aquatintamanier:


    http://www.bierl-antiquariat.de/aquatinta.html


    Zitat von "Hubert"

    Da ich ja „Madame Bovary“ schon mal gelesen habe, bin ich dabei eine Aufstellung der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede zwischen Emma und Effi zu erstellen. Sicher wäre das auch für Anna und Effi sowie Nora und Effi interessant. Aufgefallen ist mir beim Vergleich der drei Romane auf Anhieb, dass jeder der Romane in einem anderen Milieu spielt. „Madame Bovary“ im französischen Bürgertum, „Effi Briest“ unter preußischen Landadligen und „Anna Karenina“ in der russischen Hocharistokratie. Das heißt diese Probleme zogen sich durch alle Gesellschaftsschichten und alle Nationen, wodurch der Vergleich aber noch interessanter wird.


    Danke, daß du dir die Mühe machst. Das Thema "Frau" in der Literatur, insbesondere Frauengestalten, macht mich sehr neugierig. Leider bin ich darin nicht sehr bewandert, was sich aber irgendwann beheben läßt :)


    Deine Gegenüberstellung der Figur Effi mit der realen Elizabeth fand ich sehr informativ. Auch dafür Danke.


    Zitat

    1. die Gegensätzlichkeit zwischen Effi und ihrem Mann deutlicher zu machen
    2. das Schicksal Effis in seiner Unbarmherzigkeit herauszuarbeiten
    3. das Duell noch überflüssiger hinzustellen, als es eh schon war.


    das ist Fontane m.E. gelungen.


    Das mußte ich einfach loswerden, bevor ich die letzten Seiten lese.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    "Madame Bovary" habe ich bis jetzt auch noch nicht gelesen, deshalb hat mir da auch die Vergleichsmöglichkeit gefehlt. Aber wenn man so darüber nachdenkt, dann war das Jahrhundert, in dem all diese Bücher geschrieben wurden, wirklich das Jahrhundert des "Erwachens" der Frauen, wenn ich es mal so ausdrücken darf. Obwohl da ja wohl heute noch einiges im argen liegt.


    Was mich einmal interessieren würde, ob es tatsächlich heute noch möglich wäre, eine solche Ehe zu arrangieren? Nicht nur in "den gehobenen Kreisen", da ist so etwas wahrscheinlich wirklich noch Gang und Gäbe, aber in der sogenannten "Mittelschicht"? Wieviele Mädchen in Effi's Alter sind fasziniert von der "Anbetung" älterer Männer und nehmen auch die Konsequenzen einer solchen Verbindung auf sich?


    Hubert: Das Geburtshaus von Ibsen liegt in der Telemark bei Venstop..


    "Henrik Ibsen Museum, Venstøp.
    Das Geburtshaus Ibsens, ein Erlebnis für alle. Hier kann man den
    dunklen Dachboden, so wie ihn Ibsen in seinen Schauspielen
    beschrieben hat, sehen. Einfaches Café. "


    Lohnt sich nicht sonderlich, aber was sich wirklich lohnt, ist ein Besuch des Ibsen-Museums im Freilichtmuseum auf der Museumsinsel Bydoy in Oslo. Dort bin ich erst richtig auf Ibsen und sein Lebenswerk aufmerksam geworden.


    http://www.norskfolke.museum.no/


    Ein bißchen OT: Also, wenn du jemals die Gelegenheit haben solltest, die Museumsinsel ist ein fantastisches Erlebnis, nicht nur wegen Ibsen, du kannst dort auch die "Ra" von thor heyerdahl, ein Wikingermuseum und was weiß ich noch alles besichtigen.


    Liebe Grüße


    Ingrid

  • Hallo Ihr Lieben,


    es muß einmal gesagt werden: mit Euch zusammen zu lesen, macht richtig Spaß. Vielen Dank für die vielen Informationen vom „Kladderaddatsch“ (Maria) bis zur Museumsinsel Bydoy (Ingrid). Vieles bleibt noch zu antworten (ich hoffe im Laufe der Woche), aber da ich auch noch viel zu Lesen habe, beschränke ich mich heute auf ein Thema.
    .
    Maria hat geschrieben:
    noch ein paar Infos, die fürs Weiterlesen nützlich sind. Vielleicht kennst du ja bereits das meiste:


    Danke für die Links, Maria, da ich im Roman noch nicht soweit war, hast Du mir die Sucharbeit abgenommen. Es lohnt sich sicher diese Sachen nachzulesen. Ich fand es interessant, wie gezielt Crampas die Heinegedichte einsetzt. Z.B. erwähnt er ja, als das Gespräch mit Effi auf die versunkene Stadt Vineta kommt, Heines Gedicht das „Seegespenst“, gibt aber nur den Anfang und das Ende des Gedichtes wieder und animiert Effi durch die Bemerkung das Gedicht sei nur kurz, dazu, Heine selbst zu lesen. Wahrscheinlich hat Effi dies aber nicht getan, sonst hätte sie den mittleren Teil des Gedichtes von „Mich selbst ergreift des fernen Klangs ....“ bis „.... Stürz ich hinab an dein Herz“ als Liebesgeständnis von Crampas an sie begriffen, genauso wie die von Crampas erwähnten Gedichte „Du hast Diamanten und Perlen“ und „Deine weichen Lilienfinger“ die Effi auch nicht kennt und nicht nachliest.: Hier zieht Fontane ja alle Register, wenn Crampas das Gedicht erwähnt und dabei Effis Hand leise berührt. Romanzitat: „»Nein, es ist eigentlich kurz, etwas länger als ›Du hast Diamanten und Perlen‹ oder ›Deine weichen Lilienfinger‹ ...« Und er berührte leise ihre Hand“. :schmetterling:


    Da die beiden Heinegedichte nicht mehr urheberechtlich geschützt sind, hier der Text:


    „Diamanten und Perlen“ von Heinrich Heine:


    Du hast Diamanten und Perlen,
    Hast alles, was Menschenbegehr,
    Und hast die schönsten Augen -
    Mein Liebchen, was willst du mehr?


    Auf deine schönen Augen
    Hab ich ein ganzes Heer
    Von ewigen Liedern gedichtet -
    Mein Liebchen, was willst du mehr?


    Mit deinen schönen Augen
    Hast du mich gequält so sehr,
    Und hast mich zu Grunde gerichtet -
    Mein Liebchen, was willst du mehr?


    „Deine weißen Liljenfinger“ von Heinrich Heine:


    Deine weißen Liljenfinger,
    Könnt ich sie noch einmal küssen,
    Und sie drücken an mein Herz,
    Und vergehn in stillem Weinen!


    Deine klaren Veilchenaugen
    Schweben vor mir Tag und Nacht,
    Und mich quält es: was bedeuten
    Diese süßen, blauen Rätsel?


    Wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn Effi Heine gekannt oder nachgelesen und somit vor Crampas gewarnt gewesen wäre, oder wollte Effi gar nicht gewarnt werden?


    Liebe Grüße


    Hubert