August 2007 - Uwe Johnson: Jahrestage

  • Hallo!


    Morgen ist "offizieller" Start der Leserunde, ich fing heute mit dem ersten Band an. Ich kenne bisher nur "Mutmassungen über Jakob" und war deshalb überrascht wie wenig avanciert die "Jahrestage" vergleichsweise geschrieben sind. Offenbar setzt Johnson die Erzählmittel der Moderne nur sehr dosiert ein. Der Auftakt war jedenfalls sehr vielversprechend, ich freue mich auf die weitere Lektüre.


    Bekanntlich spielt die "New York Times" in dem Roman eine wichtige Rolle, was bald thematisiert wird:


    Sie ist mit der New York Times zu Gange und zu Hause wie mit einer Person, und das Gefühl beim Studium des großen grauen Konvoluts ist die Anwesenheit von Jemand, ein Gespräch mit Jemand, denm sie zuhört und antwortet mit der Höflichkeit, dem verhohlenen Zweifel, der verborgenen Grimasse, dem verzeihenden Lächeln und solchen Gesten, die sie heutzutage einer Tante erweisen würde, einer allgemeinen, nicht verwandten, ausgedachten: ihrem Begriff von einer Tante. (S. 15)


    CK

  • Ich sitz noch ein bisschen davor wie am 30. November vor dem Adventskalender. Ich muss mir arg verkneifen, das erste Türchen nicht vorab zu öffnen. Aber auch das gehört dazu. :breitgrins:


  • Morgen ist "offizieller" Start der Leserunde, ich fing heute mit dem ersten Band an. Ich kenne bisher nur "Mutmassungen über Jakob" und war deshalb überrascht wie wenig avanciert die "Jahrestage" vergleichsweise geschrieben sind. Offenbar setzt Johnson die Erzählmittel der Moderne nur sehr dosiert ein. Der Auftakt war jedenfalls sehr vielversprechend, ich freue mich auf die weitere Lektüre.


    Ich hatte das Glück, Johnsons allerletzte Lesung in Tübingen miterleben zu dürfen; im Anschluss an die Lesung wurde die Frage gestellt, warum er die vergleichsweise radikale Schreibe der "Mutmassungen" nicht beibehalten habe, und Johnson antwortete, er habe eben feststellen müssen, dass die deutschen Leser ihre Sätze "lieber möbliert" haben. Insgesamt schien es ihm nicht besonders wichtig zu sein.


  • Ich kenne bisher nur "Mutmassungen über Jakob" und war deshalb überrascht wie wenig avanciert die "Jahrestage" vergleichsweise geschrieben sind. Offenbar setzt Johnson die Erzählmittel der Moderne nur sehr dosiert ein.


    Unter dem noch recht frischen Eindruck der "Mutmassungen" kann ich auch sagen, dass dieser Stil über 1900 Seiten etwas schwer durchzuhalten wäre. Vielleicht war dem Autor das ja klar.
    :wink:
    Mag sein, es fällt bei den "Mutmassungen" auch mehr auf, weil der Roman kurz und sehr komprimiert geschrieben ist.


    Weiteres bleibt abzuwarten, bis ich genug gelesen habe, um über die Monolog- und Dialogtechnik, die in den "Mutmassungen" ja eine wesentlich Rolle spielt, einen Überblick zu haben.


    Zumindest arbeitet er aber in beiden Werken mit einer Montagetechnik, wobei in den "Jahrestagen" aktuelle Tagesquellen mit einbezogen sind.
    Neumann schreibt einiges über Johnsons sehr großes Archiv und seine umfänglichen Recherchen.
    Da dürfte ja wohl der Online-Kommentar erhellend sein, den ich mir noch nicht weiter angeschaut hab.


    Ich hab seit gestern 30 Seiten, und bin verführt, wesentlich mehr am Stück zu lesen. Weil es sich sehr flüssig liest.
    Werde aber versuchen, ein wenig an mich zu halten.


    Übrigens, weil es ja hier andiskutiert wurde, es steht ß , nicht Doppel-s.
    ( Außer in "Cresspahl" :wink: )

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo zusammen,


    ich denke, dass die zeitlich, örtlich und auch dialogisch springende Erzähltechnik der Mutmassungen, ausgedehnt auf die Personen-, Orte-, und Faktenvielfalt der Jahrestage die Leser(innen) schier überfordert hätte. Zumindest für mich muss ich das feststellen. In der Tat sind die Jahrestage viel faktenbezogener, da Johnson mit journalistischen Quellen arbeitete. Die Jahrestage sind überhaupt ein auf große Quellen- und Archivarbeit fußende Arbeit und einige Erzählstränge kommen mir journalistisch vor, oder sind sogar Kurzübersetzungen von journalistischen Beiträgen, besonders der alten Tante Times. Das kam in den Mutmassungen so nicht vor. Da wurde eben viel mehr gemutmasst... Personen und Orte aus Johnsons frühreren Jahren wurden weiterentwickelt in den Jahrestagen oder manchmal wurden sogar Kenntnisse über diese Personen bei den Leser(innen) vorausgesetzt. Aufgefallen ist mir dies, als ich parallel auch das Büchlein "Kleines Adreßbuch für Jerichow und New York - Ein Register zu Uwe Johnsons Roman", herausgegeben von Rolf Michaelis, sowie " "Ich überlege mir die Geschichte..." Uwe Johnson im Gespräch", herausgegeben von Eberhard Fahlke, las. Der erste Beitrag, noch vor dem 21. August 1967 will mir den gleichen Eindruck aufdrängen. Da werden gleich vorsorglich die Strände und Dörfer von New Jersey, New York, Jerichow, Rande, Ribnitz sorgsam durcheinandergewirbelt, tauchen Gesine, Jakob, Cresspahl wie beiläufig und bekannt hier und dort in den Erinnerungen auf, wird deutscher Rassismus gegen amerikanischen Rassissmus gehalten usw.


    Grüße vom Schneckenleser,


    FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo zusammen,


    mir half einige Male "Kleines Adreßbuch für Jerichow und New York - Ein Register zu Uwe Johnsons Roman", herausgegeben von Rolf Michaelis und " "Ich überlege mir die Geschichte..." Uwe Johnson im Gespräch", herausgegeben von Eberhard Fahlke.


    Ersteres Buch scheint zur Zeit vergriffen und hat den Nachteil, sich mit Seitenanzahlen auf eine mir nicht vorliegende Ausgabe zu beziehen. Großer Vorteil ist die alphabetische Ordnung wichtiger Personen und Orte mit zugehörigen Zitaten usw., die helfen, die Übersicht über Johnsons Erzählkosmos (nicht nur die Jahrestage) zu behalten.


    Grüße FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Das ist mir auch aufgefallen: Dass der erste Beitrag gar nicht datiert ist und die "Jahrestage" also eigentlich am 21. August beginnen.
    Und wie viele Informationen er gleich unterbringt, ohne dass ich das Gefühl als Leserin habe, überfrachtet worden zu sein: Orte und Zeiten und die Verzahnung im eigenen Werkskatalog.


  • Und wie viele Informationen er gleich unterbringt, ohne dass ich das Gefühl als Leserin habe, überfrachtet worden zu sein: Orte und Zeiten und die Verzahnung im eigenen Werkskatalog.


    Also ich hatte das Gefühl, mit Informationen bombardiert zu werden. Es hat über 200 Seiten gedauert, bis ich mich einigermaßen zurechtgefunden habe.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym (2001)


  • Das ist mir auch aufgefallen: Dass der erste Beitrag gar nicht datiert ist und die "Jahrestage" also eigentlich am 21. August beginnen.


    Nein, der Roman beginnt am 20., nur dass das Datum fehlt.
    Wozu der Online verfügbare Kommentar bemerkt:
    "Der erste Tag hat deutlich präludierenden Charakter, der durch die fehlende Datierung hervorgehoben wird. "

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo zusammen,


    ein wichtiger Stellenwert hat das Wasser im Werk von Uwe Johnson. In der Biographie von Bernd Neumann über Uwe Johnson heißt es das 1. Kapitel "Lebensdämmerung. Wasser als Anfang und Ende". Weiter heißt es:


    Ob nun Ostsee oder Baltische See: Ihr Wasser stellt sich in Johnsons Werk stets als ein symbolisches Substrat der Kommunikation, aber auch als ein Medium der Liebe dar. Die ersten drei Bände der "Jahrestage" beginnen jeweils mit Wasser-Schilderungen."


    Auch im privaten Leben spielte Wasser für Uwe Johnson ein große Rolle. In seinem Leben spielten Flüsse und Meere immer eine dominante Rolle. Uwe Johnson stammte aus Pommern, die ursprüngliche wendische Wortbedeutung dafür ist die, die am Meer wohnen und starb im englischen Sheerness-on-Sea an den Ufern der Themse.


    Ich fand den ersten Satz aus "Jahrestage" bereits wunderschön:


    Lange Wellen treiben schräg gegen den Strand, wölben Buckel mit Muskelsträngen, heben zitternde Kämme, die im grünsten Stand kippen.


    oder auch dieser Satz:


    Der Sand ist noch schwer vom gestrigen Regen und läßt sich zu festen weichen Kissen zusammenschieben.


    Ich bin ganz angetan von solchen Sätzen. Trotz dieser schönen bildhaften Sprache, bringt Uwe Johnson viele wichtige Details bereits am 21. August unter und ich konnte den Gedanken, Personen und Zeiten gut folgen. Diese Gedanken/Zeitsprünge in die Vergangenheit sind angenehm flüssig eingebaut. Jakob wird erwähnt. Ich freu mich, dass ich noch die Zeit gefunden habe "Mutmassungen" vorher zu lesen. Wie ihr bereits erwähnt habt, ein ganz anderer Stil. Klaus Niebuhr und (Ingrid) Babendererde kommen in Gesines Gedankenwelt ebenfalls vor. Das Buch "Babendererde" kenne ich leider nicht.


    Auf die politische Situationen im Buch bin ich gespannt, denn damit tue ich mich erfahrungsgemäß in Romanen immer schwer.


    Zitat von "Friedrich-Arthur"

    "Kleines Adreßbuch für Jerichow und New York - Ein Register zu Uwe Johnsons Roman", herausgegeben von Rolf Michaelis,


    danke für den Buchtipp, werde mal auf die Suche gehen.


    Zitat von "Leibgeber"


    Nein, der Roman beginnt am 20., nur dass das Datum fehlt.
    Wozu der Online verfügbare Kommentar bemerkt:
    "Der erste Tag hat deutlich präludierenden Charakter, der durch die fehlende Datierung hervorgehoben wird. "


    Danke. Hab mich schon gefragt, warum das so ist.


    Zitat von "xenophanes"

    Also ich fand es auch relativ übersichtlich. Aber ich hatte auch etwas Ulysses-ähnliches erwartet


    Wenn ich meine beiden Suhrkamp-Ausgaben betrachte (Ulysses // Jahrestage) kam mir auch dieser Gedanke. :breitgrins:


    Zitat von "Leibgeber"

    Übrigens, weil es ja hier andiskutiert wurde, es steht ß , nicht Doppel-s.


    dasselbe in meiner Ausgabe (Suhrkamp St 3220).



    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Hallo Maria,


    das mit dem Wasser im Werk von Uwe Johnson fällt auf und danke für die Zitate. Ein Pommeraner, ein Mecklenburger musste unweigerlich mit dem Wasser in Berührung kommen und davon geprägt sein. Ich spreche da aus Erfahrung, denn mein Vater stammt auch aus Pommern. Erstaunlich ist dennoch, wie tief diese Prägung und wie stark diese Beeinflussung bei Uwe Johnson war. Überhaupt hat sich Johnson in seinem Werk sehr von geographischen Besonderheiten und Eindrücken beinflussen lassen, diese sehr genau beobachtet und nicht nur treffend, sondern auch sehr poetisch wiedergeben können.


    Detailgenaues Beobachten und Aufnehmen, verbunden mit einem großartigen (nicht nur photographischen) Gedächtnis und der Ausdauer zu penibler Archivarbeit, mit einem Sinn für poetische Beschreibungen, sowohl von Orten als auch Personen und mit einer ausgeprägten Weltanschauung, dass scheinen mir doch große Begabungen von Uwe Johnson gewesen zu sein. So will es mir scheinen, so ist immer wieder mein Eindruck beim Lesen. Ohne dies wäre wohl so ein geschlossenes Mammutwerk, wie die Jahrestage nicht möglich gewesen. Aber ich will nicht vorgreifen und schon garnicht mutmassen...


    War ich das mit dem -ß/-ss? Ich bin doch sonst garnicht so kleinlich...


    Jedenfalls gibt es sehr poetische Sätze und erstaunliche Beschreibungen in Uwe Johnsons Werk zu entdecken!


    Auch seine eigentümlichen stilistischen Satzbauten, von Martin Walser vielleicht zu Unrecht als "Manirismus" bezeichnet, finde ich in diesem Zusammenhang erwähnenswert, aber als Techniker will ich mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und die Wertung den Sprach- und Literaturprofis überlassen...


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo Friedrich-Arthur,



    Zitat

    War ich das mit dem -ß/-ss? Ich bin doch sonst garnicht so kleinlich...


    sorry, Leibgeber hat es erwähnt, ich habs ausgebessert. Es ging in der Diskussion eigentlich darum, dass Uwe Johnson generell -ss- statt -ß- schrieb. Doch in manchen Ausgaben findet man trotzdem das -ß-


    Zitat

    Jedenfalls gibt es sehr poetische Sätze und erstaunliche Beschreibungen in Uwe Johnsons Werk zu entdecken!


    Auch seine eigentümlichen stilistischen Satzbauten, von Martin Walser vielleicht zu Unrecht als "Manirismus" bezeichnet, finde ich in diesem Zusammenhang erwähnenswert, aber als Techniker will ich mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und die Wertung den Sprach- und Literaturprofis überlassen...


    Ich mag solche Eigenarten, wenn es auch zu anfangs, besonders in den "Mutmassungen" schon sehr ungewohnt war zu lesen.


    Was mir auffiel in den ersten Tagen der "Jahrestage", dass neben der Kriegsberichterstattung (Viet Nam) meist ein verkrüppelter oder behinderter Mensch auftaucht. So z.B. der Zeitungshändler mit der verkrüppelten Hand, oder der blinde Bettler. Ich bin noch nicht sehr weit, doch werde ich mal weiter darauf achten.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    ein wichtiger Stellenwert hat das Wasser im Werk von Uwe Johnson. In der Biographie von Bernd Neumann über Uwe Johnson heißt es das 1. Kapitel "Lebensdämmerung. Wasser als Anfang und Ende".


    Das Meer ist auch oft Symbol für das Epische.


    Woher weiss man, dass der erste Eintrag vor dem zweiten zu datieren ist? Könnte er nicht auch am Schluss stehen und somit eine Art Rahmen öffnen?


    Die vielen Namen finde ich am Anfang für Leser ohne Vorkenntnisse sehr verwirrend! Wer ist Jakob, Cresspahl, D.E., etc. Das kann man sich erst nach ein paar Dutzend Seiten zusammenreimen.


    Gruss, Maja

  • Hallo zusammen


    weiß man warum die Jahrestage an diesem Tag begannen?


    Persönlich vermute ich mal, dass er den Einmarsch der Sowjetarmee in die Tschechoslowakei vom 21. August 1968 (Prager Frühling) hernahm und ein Jahr zurückrechnete und aufrollte. Er lebte damals ja selbst in New-York.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Wenn ich mich recht entsinne, ist das Überschneiden mit dem Einmarsch purer Zufall. (Hab die "Begleitumstände" 2001 gelesen, deshalb schwammige Erinnerung.)
    Das Buch begann er vorher, arbeitete also in der chronologischen Ordnung. Wofür auch die Zeitlichkeit der Lieferungen spricht. Der letzte Teil ließ ja lange auf sich warten.

  • Hallo zusammen,


    Hallo Regina

    Zitat von “Regina“

    Wenn ich mich recht entsinne, ist das Überschneiden mit dem Einmarsch purer Zufall. (Hab die "Begleitumstände" 2001 gelesen, deshalb schwammige Erinnerung.)
    Das Buch begann er vorher, arbeitete also in der chronologischen Ordnung. Wofür auch die Zeitlichkeit der Lieferungen spricht. Der letzte Teil ließ ja lange auf sich warten.


    Ich hatte ganz vergessen, dass er den letzten Teil erst viel später schrieb. Danke, Regina. Vielleicht schaff ich es und kann die „Begleitumstände“ mit hinzunehmen.


    Ich lese gerade in dem Online-Kommentar, den du netterweise in den Leserunden-Materialen verlinkt hast. Dort steht u.a.

    Es ist naheliegend, intertextuelle Bezüge zu Virginia Woolfs »The Waves«, zu Äußerungen Thomas Manns und zu Marcel Prousts »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« anzunehmen, doch erschöpft sich die Passage darin nicht.
    Quelle


    Hier geht’s um die Passage am Anfang ohne Datums. Über die Sätze, die ich weiter oben hervorhob, weil sie mich so ansprachen.


    Am 5. September, Gesine fährt mit dem Fahrstuhl zu ihrem Arbeitsplatz, wird ein Fünfstrichsymbol der Bank erwähnt:


    Fünfstrichsymbol - Das Logo der Bank ist wahrscheinlich von dem der Chemical Bank inspiriert: ein Rechteck, das von vier diagonalen Strichen in fünf Streifen unterteilt wird. Quelle


    Zitat von “xenophanes“

    Bekanntlich spielt die "New York Times" in dem Roman eine wichtige Rolle, was bald thematisiert wird:


    Sie ist mit der New York Times zu Gange und zu Hause wie mit einer Person, und das Gefühl beim Studium des großen grauen Konvoluts ist die Anwesenheit von Jemand, ein Gespräch mit Jemand, denm sie zuhört und antwortet mit der Höflichkeit, dem verhohlenen Zweifel, der verborgenen Grimasse, dem verzeihenden Lächeln und solchen Gesten, die sie heutzutage einer Tante erweisen würde, einer allgemeinen, nicht verwandten, ausgedachten: ihrem Begriff von einer Tante. (S. 15)


    die weitere Beschreibung ... hagere Figur, harte Falten im Gesicht, dunkle elegante Kleidung, Beharren auf hochgesteckte Frisuren...... hat mich an Katherine Hepburn erinnert.


    Tante ist auch ein familiärer Begriff. Daran sieht man wie wichtig die NYT für Gesine ist.


    Wie findet ihr Marie Cresspahl?
    Für eine 10jährige schon sehr eigenständig im Denken. Sie trägt Kleidung mit Antikriegsparolen. Dennoch ist sie Kind genug um sich Geheimcodes auszudenken, inspiriert von D.E. und seiner Arbeit für den Krieg/Friedenssicherung (wie er sagt).


    Nach zwei Jahren wollte meine Mutter zurück nach Deutschland, und ich habe gesagt: Wir bleiben. (S. 23, 25. August 1967)


    7.September 1967:
    ...Was wollte Cresspahl in einer solchen Familie. (den Papenbrock)


    Das habe ich mich nach dem Lesen auch gefragt.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo,


    noch etwas erschöpft von Zentralasien habe ich mich pünktlich am 20.August der Leserunde angeschlossen. Mein Vorhaben, den Roman chronologisch zu lesen muss ich allerdings überdenken, Neugierde und Erzählrhythmus erscheinen nach den ersten Tagen eher schnellere Lektüre zu fordern. Allerdings will ich mich nicht sehr mit Sekundärliteratur und Johnson selbst beschäftigen. Ein Roman sollte schließlich auch eine Eigenständigkeit haben und nicht ausschließlich eine Vorlage zur Decodierung der Gefühlswelt eines Autors sein. Wahrscheinlich werde ich deshalb in der Diskussion etwas abseits stehen. Bisher lese ich ja nur den „Vorspann“, in dem Gesine stückweise erschaffen wird und noch kaum ein inneres Leben aufweist.
    Wenn ich meine Parallellektüre beendet habe, muss ich wohl Farbe bekennen. Ob ich allerdings dem Tempo von euch folgen kann muss sich erst zeigen.


    Kennt jemand die Verfilmung von Margarete v. Trotta, die als DVD erhältlich ist? Ist sie empfehlenswert?



    Gruß


    Bloom