Die Kunst des Überspringens ...

  • Hallo zusammen,


    ich las kürzlich "Books and You" von W. Somerset Maugham, Untertitel Eine kleine persönliche Geschichte der Weltliteratur, darin gibt er mehrmals dem Leser den Tipp, langweilige oder lückenfüllende Details zu überspringen. In "Don Quixote" als Beispiel gibt es Lückenfüller, die Cervantes einfügte, des Geldverdienen willens oder in "Krieg und Frieden" zu detailierte Schlachtenbeschreibungen und Pierres Erfahrungen mit den Freimaurern stuft er als langweilig ein, kann man gut und gern überspringen.


    Überspringen mit Schadensbegrenzung also? Gibt es das?


    Auszug aus dem erwähnten Buch:
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    Ich glaube, alle von mir erwähnten Bücher sind so wichtig, daß man sie gründlich lesen sollte, aber auch sie sind unterhaltsamer, wenn man sich das Recht vorbehält, hier und da zu springen. Der Wandel des Geschmacks führt dazu, daß selbst große Werke in Teilen langweilig wirken. Wir wollen uns weder mit den moralischen Abhandlungen, die das achtzehnte Jahrhundert so schätzte, noch mit den ausführlichen Naturbeschreibungen abmühen müssen, die im neunzehnten Jahrhundert so beliebt waren. .... Wer die Kunst des Überspringens beherrscht, dem gelingt es auch mit Gewinn und Vergnügen zu lesen, aber wie man das lernt, kann ich Ihnen nicht sagen, da ich mir diese Fähigkeit nie angeeignet habe. Ich kann schlecht überspringen.... [Zitat_Ende]
    -------------------------------------------


    Es ging in dem Büchlein um eine kleine Auswahl an Weltliteratur die man mit Gewinn und Vergnügen lesen kann.
    Geht das denn - Gewinn und Vergnügen durch Überspringen?


    Ich persönlich überspringe keine Passagen in Weltliteratur, ich hätte das Gefühl ich übersehe etwas oder mir entginge etwas, eher beende ich ein Buch, wenn es mich nicht fesseln kann.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()


  • Ich persönlich überspringe keine Passagen in Weltliteratur, ich hätte das Gefühl ich übersehe etwas oder mir entginge etwas, eher beende ich ein Buch, wenn es mich nicht fesseln kann.


    Mach ich ganz und gar genauso.
    Und hab oft hinterher gemerkt, dass anstrengende Passagen, die mir beim Lesen schon mal ein *seufz* abnötigten, sich im Nachhinein gelohnt haben.
    Was ein Autor des Füllens wegen schreiben musste, weiß ich im Normalfall ja auch gar nicht. Also, da müsste ich zuerst recherchieren. Dann doch lieber gleich lesen. :breitgrins:


    Wenn ich ein Buch interessant finde, dann respektier ich es auch zur Gänze. Und von den Romanen, die ich gelesen hab, hatten die meisten ihre Längen. Also, von vorn bis hinten straff durchkomponiert fand ich wenige.
    (Flaubert fällt mir da so auf Anhieb ein, auch Stendhal.)


    Aber mein deutscher Lieblingsautor zB ist ja ein chronischer Abschweifer, will heißen, es gibt ja auch Autoren, wo Abschweifungen zum literarischen Prinzip gehören.


    Gute Literatur hat allemal was mit Leben und leben zu tun -
    und da gehören Abschweifungen - bei mir meist unerwartete und ungeplante - allemal dazu.


    Ich habe allerdings einen Überspringtipp, im Nachhinein, OK gefunden. Nämlich im "Ulysses" zunächst mal bei Kapitel 4 anzufangen. Also, wo es mit Leopold Bloom losgeht. Und Kapitel 1-3, die im Turm, später nachzuholen.
    Das wäre Konstruktives Überspringen, bzw. mit Schadensbegrenzung, wie du es nennst.


    Wer in "Krieg und Frieden" die endlos lange Schlacht von Borodino überspringt, ist es selbst schuld. Für mich war es das interessanteste Kapitel des Romans. Den ich ansonsten, auch als Fan langer Romane, arg lang fand - und trotzdem ganz gelesen hab. Ich hätt ja sonst vielleicht was verpasst. :wink:


    Nachtrag, weil ich ein boshafter Mensch bin. :breitgrins:
    Wie hat/hätte W.S. Maugham das denn in Bezug auf seine eigenen Werke gesehen?
    Ich kann das nicht beurteilen, kenne nichts außer wohl die ein und andere anthologisierte Story. Mit Romanen von ihm hab ich es noch nie versucht.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

    Einmal editiert, zuletzt von Leibgeber ()


  • [quote='JMaria','http://klassikerforum.de/forum/index.php?thread/&postID=25652#post25652']
    Nachtrag, weil ich ein boshafter Mensch bin. :breitgrins:
    Wie hat/hätte W.S. Maugham das denn in Bezug auf seine eigenen Werke gesehen?
    Ich kann das nicht beurteilen, kenne nichts außer wohl die ein und andere anthologisierte Story. Mit Romanen von ihm hab ich es noch nie versucht.


    Hallo JMaria,
    ganz Deiner Meinung. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:
    Ich habe bis jetzt nur ein "Büchlein" von ihm gelesen. Dieses kann ich Dir aber auch empfehlen.


    Somerset Maugham, William: „Liza von Lambeth“


    Zumindest hatte ich nicht das Gefühl, etwas überspringen zu müssen. Als "Büchlein" bezeichne ich es weil es für das Thema sehr knapp geschrieben ist (im Vergleich z.B. zu "Effie Briest"). Aber ich hatte auch nicht das Gefühl, daß es zu kurz geraten ist.


    Viele Grüße
    Leseratte

    ...Dann sagte ein Lehrer: Sprich uns vom Lehren.<br />Und er sagte:<br />Niemand kann Euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern Eures Wissens schlummert.<br /><br />Khalil Gibran<br />Der Prophet

  • Sehr lange habe ich so gelesen, dass ich alle Bücher, die ich zu lesen angefangen habe, auch fertig gelesen habe, egal, ob sie mir gefallen haben oder nicht. Das heisst, ich habe mir in der Regel gar nicht eingestanden, dass ich mit einem Buch nichts anfangen kann - vor allem, wenn das betreffende Buch zur 'Weltliteratur' gezählt wurde (was immer das eigentlich auch ist). Hätte ich dabei wenigstens noch konzentriert gelesen, hätte ich von der Lektüre ja noch etwas gehabt. So aber, wie ich das praktiziert habe ... :rollen:


    Seit einiger Zeit habe ich endlich den Mut zur Lücke. Ich überspringe beim Lesen insofern, dass ich nicht Passagen in einem Buch, sondern 3/4 Bücher (eine gewisse Chance muss man einem Buch ja schliesslich noch geben) auslasse (neben der Unzahl von Büchern, die ich integral auslasse, weil ich aus tausenderlei Gründen gar nicht erst zu ihnen greife).


    In einem belletristischen Werk, das ich lesen möchte, lasse ich in der Regel keine Passagen aus. All die Abschweifungen, Kommentare, Reflexionen, Handlungselemente, Schilderungen ... machen das Werk ja letztendlich aus.


    Bei Fachliteratur sehe ich das etwas anders. Da kann es sogar eine Notwendigkeit sein, Bücher selektiv zu lesen. Allerdings muss man sich dessen dann auch wirklich bewusst sein und mit dem Gelesenen entsprechend vorsichtig umgehen.


    Lieber Gruss
    Ursula


  • Bei Fachliteratur sehe ich das etwas anders. Da kann es sogar eine Notwendigkeit sein, Bücher selektiv zu lesen. Allerdings muss man sich dessen dann auch wirklich bewusst sein und mit dem Gelesenen entsprechend vorsichtig umgehen.


    Oh ja, in Fachbüchern kann man auch mal etwas überspringen, das schadet jenachdem überhaupt gar nichts! - Ein zweites Beispiel sind überlange Biographien, die ich aus was für Gründen auch immer lesen will. Da kann es dann schon vorkommen, dass ich mir weniger wichtige Kapitel überspringe (z.B. in Gorbatschows "Erinnerungen" die Kapitel über die Bodenreformen...)


    Bei Literatur überspringe ich grundsätzlich keine Passagen, kann mich auch kaum zum Abbruch einer begonnen Lektüre überwinden.


    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo zusammen!


    Überspringen mit Schadensbegrenzung also? Gibt es das?


    Ähm ... ja, natürlich. Ich formuliere es jetzt mal bösartig: Vor allem story-orientierte LeserInnen werden u.U. so lesen. Und da ist es tatsächlich "Schadensbegrenzung", weil, wenn dies verboten oder unmöglich wäre, viele Klassiker kaum mehr gelesen würden. Praktisch jeder gutwillige, aber halt in Gottes Namen story-orientierte Leser von Krieg und Frieden empfindet die ausführlichen Schlachtenbeschreibungen als überflüssige Abschweifung. Dasselbe bei den Elenden von Hugo. Nochmals bösartig formuliert: Das Interesse dieser LeserInnen konzentriert sich darauf, ob "die" sich nun am Schluss kriegen oder nicht. Das ist, finde ich, auch eine legitime Leseweise, selbst wenn ich persönlich lieber den "ganzen" Roman lese.


    Sogar Übersetzer leisten sich diese Kürzungen gerne. Das gilt auch für Editionen namhafter Verlage. Mein Gil Blas aus dem Insel-Verlag ist im solche Passagen gekürzt, ebenso Benito Pérez Galdós' Fortunata und Jacinta bei Manesse. Den Exkurs zur Pariser Gassensprache in Hugos Elenden gibt es m.W. in keiner deutschen Übersetzung.


    Maugham selber, was ich von ihm kenne, ist story-orientiert. Exkurse, die man überspringen könnte, gibt es dort nicht.


    Nun gibt es einige der grossen Autoren der Weltliteratur, deren Texte praktisch nur aus Abschweifungen bestehen (Sterne, Rabelais, Montaigne, Robert Burton, Jean Paul ... ), andere, die so gar nicht story-orientiert schreiben (Woolf, Joyce, selbst Goethe in Wilhelm Meisters Wanderjahren ... ) Ich frage mich, wie diese Maughams Meinung nach zu lesen wären ... :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • selbst Goethe in Wilhelm Meisters Wanderjahren ... ) Ich frage mich, wie diese Maughams Meinung nach zu lesen wären ... :breitgrins:


    Grüsse


    Sandhofer


    Hallo zusammen,


    darüber gibt Maugham Auskunft:


    Zitat_Auszug:
    Wilhelm Meisters Lehrjahre - die Wanderjahre kann ich nicht empfehlen, sie sind unerträglich - sind gleichermaßen poetisch, absurd, tiefsinnig und langweilg. Nun ja, die langweiligen Stellen kann man übergehen.
    Zitat_ende


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • [...] die Wanderjahre kann ich nicht empfehlen, sie sind unerträglich [...]


    Die Kunst, gleich ganze Bücher zu überspringen ... :breitgrins: Aber ich kann ihn verstehen: Wenn man kein spezielles Interesse für den alten Goethe entwickelt hat, lasst man von den Wanderjahren wirklich lieber die Finger. (Die Komposition von Lang-Epen war so gar nicht Goethes Ding ...)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,



    Ich persönlich überspringe keine Passagen in Weltliteratur, ich hätte das Gefühl ich übersehe etwas oder mir entginge etwas, eher beende ich ein Buch, wenn es mich nicht fesseln kann.


    Ich kann weder Bücher abbrechen, noch Stellen überspringen, da ich Angst habe etwas zu verpassen. Oft zwinge ich mich dann täglich eine bestimmte Anzahl von Seiten zu lesen.
    ich ertappe mich bei Büchern oder Stellen die ich als langweilig empfinde oft dabei wie meine Gedanken abschweifen. Lesen und dabei über etwas völlig anderes nachzudenken klappt bei mir erschreckend gut. Wenn ich es bemerke lese ich aber die Stellen nochmals, die ich verpaßt habe.


    Viele Grüße,
    Zola


  • ich ertappe mich bei Büchern oder Stellen die ich als langweilig empfinde oft dabei wie meine Gedanken abschweifen. Lesen und dabei über etwas völlig anderes nachzudenken klappt bei mir erschreckend gut.


    Das sollte nicht arg erschrecken, weiss nicht, mag sein, dass das folgende Zitat nur teilweise dazu passt und dass ich es schon mal gepostet habe, mir ist es jedenfalls unvergesslich und teuer:


    Zitat von "Franz Kafka in Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande"

    „Nun, es ist nicht so wichtig“, sagte Raban, „ich meinte nur, Bücher sind nützlich in jedem Sinn und ganz besonders, wo man es nicht erwarten sollte. Denn wenn man eine Unternehmung vorhat, so sind gerade die Bücher, deren Inhalt mit der Unternehmung gar nichts Gemeinschaftliches hat, die nützlichsten. Denn der Leser, der doch jene Unternehmung beabsichtigt, also irgendwie (und wenn förmlich auch nur die Wirkung des Buches bis zu jener Hitze dringen kann) erhitzt ist, wird durch das Buch zu lauter Gedanken gereizt, die seine Unternehmung betreffen. Da nun aber der Inhalt des Buches ein gerade ganz gleichgültiger ist, wird er Leser in jenen Gedanken gar nicht gehindert und er zieht mit ihnen mitten durch das Buch, wie einmal die Juden durch das Rote Meer, möchte ich sagen.“



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo,


    als Seitenüberspringer würde ich mich nicht gerade bezeichnen, aber als Seitenüberflieger. Wenn mir Exkurse und Abschweifungen zum Zeitpunkt des Lesens zu weit gehen, dann lese ich extrem diagonal und nur mit Blick darauf, wann dieser bewußte Abschnitt endet, und an der Stelle steige ich dann konzentriert wieder ein. Das heißt nicht, daß ich solche Teile gar nicht lese, denn es kann sehr gut sein, daß ich mich durch eine Schlachtenbeschreibung lese, aber im nächsten Kapitel umfangreiche Ausführungen zur Landwirtschaft auslasse. Und beim Wiederlesen kann es passieren, daß ich es genau umgekehrt halte oder beides überfliege oder beide gründlich lese. Das hängt auch immer von meiner akuten Lesestimmung ab. Ganz schön schräg, ich weiß :breitgrins:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Kinywa ni jumba la maneno. <br />Der Mund ist der Palast der Worte. – Sprichwort aus Ostafrika

  • Moin, Moin!


    Ich bekenne mich zum Auslassen und Überspringen. Normalerweise schiebe ich als Zwischenstufe das laute Lesen ein. Wenn das nichts bringt und ich die Gefahr sehe, mit und im Buch nicht weiter zu kommen, überspringe ich. Schließlich gehört dies zu den <a href="http://www.bibliomaniac.de/fab/prim3/pennac2.htm">zehn unantastbaren Rechte des Lesers</a>. Kandidaten dafür sind beispielsweise Gedichte bzw. Lieder innerhalb von Prosa oder Dinge, die ich schon kenne. Beispielsweise las ich letzens eine <a href="http://www.amazon.de/Tod-Ein-Lesebuch-letzten-Dingen/dp/3406392253/">Anthologie</a> über den Tod, wo ich mehrere Beiträge querlesen oder auslassen mußte. Die Rede des toten Christus (Jean Paul) war bekannt, einige philosophische Einstreuungen waren mir zu unverständlich und langweilig, so daß ich sie eben kappte. Ich finde, es gibt genug Bücher auf der Welt. Langweiliges oder Unerträgliches wegzulassen ist ein probates Mittel. Manchmal ist es so, daß ich mir, wenn ich das Buch beendet habe, die betreffenden Stellen nochmals vorknöpfe und dann sogar bewältige.


  • als Seitenüberspringer würde ich mich nicht gerade bezeichnen, aber als Seitenüberflieger. Wenn mir Exkurse und Abschweifungen zum Zeitpunkt des Lesens zu weit gehen, dann lese ich extrem diagonal und nur mit Blick darauf, wann dieser bewußte Abschnitt endet, und an der Stelle steige ich dann konzentriert wieder ein. Das heißt nicht, daß ich solche Teile gar nicht lese, denn es kann sehr gut sein, daß ich mich durch eine Schlachtenbeschreibung lese, aber im nächsten Kapitel umfangreiche Ausführungen zur Landwirtschaft auslasse. Und beim Wiederlesen kann es passieren, daß ich es genau umgekehrt halte oder beides überfliege oder beide gründlich lese. Das hängt auch immer von meiner akuten Lesestimmung ab. Ganz schön schräg, ich weiß :breitgrins:


    Bei mir ist es genauso. Wenn ich das Gefühl habe, so viel zu überfliegen, daß ich etwas verpasse das wert ist gelesen zu werden, lege ich das Buch beiseite und schlag es ein paar Wochen später wieder auf. Auch wenn ich noch sehr viele Bücher lesen möchste, habe ich mir kein Lesepensum auferlegt; und somit habe ich auch kein Problem, wenn es bei dem ein oder anderen Buch mal etwas länger dauert.

  • Zitat von Markus Böhm

    Immer, wenn eine Leserin oder ein Leser in der Buchhandlung ein Buch sieht, bei dem der Titel schon auf Bekanntes hinweist, wird das Buch verschmäht. Zur Sicherheit schaut man noch auf die erste Seite – keinesfalls auf den Klappentext, der behauptet immer, das Buch sei ganz neu. Beim leisesten Gedanken der Art „Das kenne ich schon, das Buch will mir schmeicheln, will mir bestätigen, was ich schon weiß“, wird es weggezappt.


    Ja - aber das mache ich schon lange ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo!


    Interessantes Thema.


    Bei mir ist das sehr davon abhängig, ob ich ein Buch zum ersten Mal lese oder nicht. Ist mir das Buch schon bekannt, kann es durchaus sein, dass ich einiges überspringe. Wobei man hier natürlich zwischen "überspringen" und "anlesen" unterscheiden sollte. Ab und zu lese ich nur einige Seiten wieder und "überspringe" damit ja quasi den Rest.


    Mein Leseverhalten veränderte sich in den letzten Jahren ohnehin dahingehend, dass ich langsamer und genauer lese. Ich wähle die Bücher, meistens Klassiker, auch sorgfältig aus, so dass ich mir die Titel dann meist so wichtig sind, dass ich sie auch ganz lesen will.


    Wenn ich mich richtig erinnere, ist ja auch Rolf Vollmann ein großer Freund des Überblätterns, was mich angesichts seines Pensums aber nicht überrascht.


    CK

  • Ich denke nicht, dass sich Sachbücher zum Überspringen besser eignen als Belletristik. Wie soll man da die Übersicht behalten?
    Wenn sich die langatmigen Passagen oft auch nicht lohnen, dann empfindet man doch einen gewißen Stolz, es endlich geschafft zu haben, ohne etwas übersprungen zu haben.


  • Moin, Moin!


    Im aktuellen <a href="http://www.sf.tv/sf1/literaturclub/index.php">Literaturclub</a> empfehlen die Diskutanten übrigens, die ersten Seiten von Uwe Tellcamps "Der Turm" erst einmal wegzulassen. Mir begegneten auch schon solche am Anfang des Buch stehenden Passagen, die ich überhaupt erst verstand, nachdem ich das Buch gelesen habe.


    Meine Erfahrung spricht eher dafür, sich von den ersten Seiten nicht abschrecken zu lassen und das ein Roman mit zähem Anfang, der sich dann zum Schmöcker entwickelt, besser zu lesen ist, als ein Buch mit furiosem Beginn, welches dann ins Seichte abgleitet.
    Tellkamp versucht sich zu Beginn an Sprachkunst, für meinen Geschmack etwas zu intensiv, aber mich hat das schon neugierig gemacht.