Marcel Reich-Ranicki

  • Hallo!



    Zumindest reichen seine Hände und Füße für Ehrendoktortiteln. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    MRR hat sicher seine Verdienste, vor allem in der Literaturvermittlung und auch teilweise im Literaturbetrieb. Er hat nur ein etwas borniertes Literaturverständnis mit Thomas Mann als Ideal (den ich ja auch sehr schätze) und kaum Verständnis für moderne Ästhetik (Joyce etwa). Dass er Musil nicht versteht, nehme ich ihm aber am meisten übel :smile:


    P.S. Danke.


    CK

  • Dann hab ich leider auch kein Verständnis für moderne Ästethik, weil ich nicht weiß, ob ich J. Joyce in diesem Leben noch zu Ende lesen werde und an Musil sind schon sehr routinierte Leser gescheitert, weil nicht jeder Zugang zu dieser Literatur findet.

  • Ein Literaturkritiker, der kontrovers gesehen wird, ist ja nichts Schlechtes. Bei MRR kommt eben noch hinzu, dass er ein Showtalent ist, und zusammen mit seinem Einfluss auf den Literaturbetrieb sehe ich ihn in dieser Hinsicht auch sehr kritisch. Mir gefällt er nahezu immer, wenn er sich über Literatur und Schreibende äußert die er schätzt. Da findet er sehr gefühlvolle und treffende Beschreibungen, nicht nur für Fontane und T. Mann. Was ich weiter an ihm schätze ist, dass er nur wenig im Fachidiom schwelgt. Meistens lässt sich klar bestimmen was er meint. Bei Texten, die er ablehnt, bleibt er meines Erachtens allerdings häufig im Nebulösen bzw. bei starren formalen Aspekten hängen und leider verfällt er leicht in einen onkelhaften Stil. Für Literatur lassen sich bestimmt auch Beurteilungsregeln die überwiegend geteilt werden, ein großer Anteil ist jedoch subjektive Beurteilung, wenigstens was die Qualitätseinordnung betrifft. Hinter den Kritiken von MRR findet sich immer er selbst, was in der gegenwärtigen seichten, schon fast gleichgeschalteten Feuilletonwelt, für mich eine positive Ausnahme darstellt.
    Ein Gegengewicht zu seiner Machtfülle zu errichten ist dann auch eine Aufgabe die uns Lesern gestellt ist.

  • Ich finde es immer sehr erfreulich, wenn sich jemand so für Literatur begeistern kann. Was könnte einem denn Besseres passieren als sich bis ins hohe Alter so für Bücher zu interessieren?

  • Reich-Ranicki geht auf Distanz zum Suhrkamp-Verlag
    "Ich brauche keine Kräche" - Literaturkritiker wechselt mit Großprojekt zu Hoffmann und Campe


    "Frankfurt/Main - Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hat dem Suhrkamp Verlag aus Verärgerung den Großteil seiner neuen Literatur-Serie entzogen. Fünf der sechs Bücher über große Autoren werden beim Hamburger Verlag Hoffmann und Campe und nicht bei Suhrkamp in Frankfurt veröffentlicht. Er habe für dieses Projekt den Verlag gewechselt, bestätigte Reich-Ranicki am Donnerstag einen Bericht des Magazins "Cicero"."


    [...]


    http://derstandard.at/?url=/?id=1227102706032

  • Thomas Gottschalk hat gestern alle Fragen bei "wer wird Millionär" [url=http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,591770,00.html]richtig beantwortet[/url]. Bei der letzten Frage half ihm seiner neuer Duz-Freund MRR als Telefon-Joker. Das klingt fast zu passend...


    (Die Fragen kann man in dem oben verlinkten Artikel selbst ausprobieren, ich bin schon an der 2.000 Euro-Frage gescheitert)

  • Hallo zusammen


    Ich las auch MRRs Autobiographie: Sein Leben und wie er darüber schrieb, hat mich beeindruckt, nicht jedoch seine Wertungen über zeitgenössische Schriftsteller. Aber sicher gehört er zu den unermüdlichen Kämpfern für gute Literatur, auch wenn er oft die falschen Leute aufs Korn nimmt. :grmpf: :breitgrins:

  • Ich habe vor kurzem "Montauk" von Max Frisch gelesen weil es in MRRs Kanon aufgenommen wurde. Das Buch war praktisch unlesbar, ich konnte nicht mal einen Handlungsstrang ausmachen.

  • Ich habe vor kurzem "Montauk" von Max Frisch gelesen weil es in MRRs Kanon aufgenommen wurde. Das Buch war praktisch unlesbar, ich konnte nicht mal einen Handlungsstrang ausmachen.


    Als "unlesbar" würde ich Montauk ja nicht bezeichnen. Aber es hat mich schon gewundert, diesen Text in Reich-Ranickis Kanon zu finden. Der späte Frisch gehört unbedingt hinein; ich persönlich hätte aber Der Mensch erscheint im Holozän gewählt. Aber im Clinch von Textlänge und Rechtevergabe mag es auch sein, dass MRR keine andere Wahl hatte.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Als "unlesbar" würde ich Montauk ja nicht bezeichnen. Aber es hat mich schon gewundert, diesen Text in Reich-Ranickis Kanon zu finden. Der späte Frisch gehört unbedingt hinein; ich persönlich hätte aber Der Mensch erscheint im Holozän gewählt. Aber im Clinch von Textlänge und Rechtevergabe mag es auch sein, dass MRR keine andere Wahl hatte.


    Bei den Rechten hätte er wohl keine Probleme gehabt, da diese ja bei Suhrkamp liegen. Dass von Dir genannte Buch wird aber als Erzählung behandelt, daher hat er es wohl nicht wählen können.


    Gruß, Thomas

  • Hallo,


    kurz vor seinem 90. Geburtstag noch ein niederländischer Ritterorden:


    Ein Ordensritter der Literatur


    Mit ihm wird die Rolle des Literaturkritikers für die Rezeption holländischer Literatur gewürdigt.



    im Fernsehen gibt es zum 90. Geburtstag (02.06.10) einige Beiträge und Filme :


    30. Mai // 20:15 Uhr, EinsExtra: Papier und Passion
    2. Juni // 18:00 Uhr, Phönix: Eine Begegnung mit Marcel-Reich-Ranicki
    2. Juni // 20:15 Uhr, BR alpha: alpha Forum: Marcel Reich-Ranicki
    2. Juni // 22:25 Uhr, 3sat: Ich, Reich-Ranicki.
    4. Juni // 23:30 Uhr, ARD: Marcel Reich-Ranicki - Mein Leben


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Er war schon ein Unikat, allein wie er den deutschen Fernsehpreis abgelehnt hat, einfach herrlich :breitgrins:


    So wie ihn gibt es kein zweites Mal. Wenigstens hatte er ein langes Leben, ist ja auch nicht jedem vergönnt.


    Katrin

  • Eine sehr traurige Nachricht.
    Ich habe seine Art immer gemocht, ein streitbarer Geist, der da von uns gegangen ist.
    Ich denke, zumal im Anbetracht der zumeist zahmen Kritiker hier zu Lande, das der
    Literaturbetrieb so einen wie ihn wieder gut gebrauchen könnte.


    Gruß, Lauterbach