Marcel Reich-Ranicki

  • Zweifellos eine der schillerndsten Figuren im bundesrepublikanischen Literaturbetrieb und immer noch kaum hier besprochen - das verwundert mich. Und hat er nicht über seine beiden großen Projekte "Der Kanon" und die "Frankfurter Anthologie" einen wichtigen Beitrag im Dienste der Klassiker geleistet und diese auch in seinen eigenen Büchern verteidigt und gewürdigt? Und so mache ich ein altes Vorhaben endlich war und erstelle einen Reich-Ranicki-Leseordner. Und ehrlich bin ich auch, die drei Bücher ("Wer schreibt provoziert", "Anwälte der Literatur" und "Über Heinrich Böll" las ich sehr gerne, mochte die Ranikische Polemik. Das er etwas von Literatur versteht, bleibt für mich unangefochten. Seine persönlichen Literaturvorlieben sind ein anderes Kapitel. Aber warum komme ich gerade jetzt auf ihn? Weil er am 2. Juni seinen 85. Geburtstag feiern wird. Aber nicht nur als Kritiker wurde er bekannt, sondern auch als Schriftsteller. Seine Autobiographie hat allein in Deutschland 1 Million Leser gefunden. Aber ich will hier nicht zu weit mich vorwagen und erst einmal die ersten Reaktionen abwarten. Hier noch der obligatorische Link:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Reich-Ranicki


    sowie ein Link auf zwei seiner großen Projekte:


    http://www.derkanon.de/


    und


    http://www.literaturkritik.de/…fAnthol_Einzelbaende.html


    Und damit übergebe ich euch diesen Ordner...


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo Friedrich-Arthur


    vorab:
    das berühmte 'Literarische Quartett' habe ich nie gesehen. Zuanfangs war ich zu jung um mich dafür zu interessieren und später hat es sich nie ergeben und nun sind diese bereits Geschichte.


    Das heißt nicht, dass ich nicht von einige Streitdiskussionen gehört habe/gelesen habe.


    Seine Lebensgeschichte wollte ich schon seit längerer Zeit lesen, aber wie es manchmal so ist, es kommt immer ein anderes Buch dazwischen.


    Marcel Reich-Ranicki ist eine Person die sehr polarisiert. Aber es ist in letzter Zeit ruhiger um ihn geworden, außer mit Versöhnungsschlagzeilen war er kaum in den Medien.


    Das dtv-Porträt ist bestimmt interessant. Ein Mann der viel erlebt hat, der Kanten und Ecken hat. Seine Feuilletons habe ich gerne gelesen.


    Wer hat seine Biographie gelesen, oder auch das dtv- Porträt?


    Ich schätze, ob man ihn mag oder nicht, er hinterläßt eine Lücke.


    (Vielleicht ist dieser Thread so ruhig, weil es auch um den Mann ruhiger geworden ist. Danke für den Hinweis auf seinen 85.Geburtstag.)


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich habe mir erst vorgestern zwei Bücher von ihm gekauft. Das eine beinhaltet Aufsätze zu Thomas Mann und der Familie Mann - "Thomas Mann und die Seinen", das andere beschäftigt sich in Dialogform mit 12 Autoren des 20. Jahrhunderts - "Lauter schwierige Patienten".


    Insgesamt ist es eine sehr interessant geschriebene Lektüre, die zum lesen bestimmter Autoren (sei es nun Mann oder Frisch, Brecht...) anregt und neben einem lehrreichen auch einen kurzweiligen Aspekt birgt. Mir gefällts :zwinker:


    Imrahil

    "Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • MRR versteht schon sehr viel von Literatur Imrahil und hat einen eigentümlichen, aber (so finde ich) sehr schönen Schreibstil. Seine Verrisse lehne ich ab, wo er aber in und mit Liebe über ihm wichtige Autor(inn)en schreibt, da kann er einfach die Leser(innen) mitreißen. Er ist schon ein Unikum in der Kritikerbranche. Mir gefielen seine Bücher, die ich las, auch sehr gut. Halte uns/mich bitte auf dem Laufenden... Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo Friedrich-Arthur,


    Warum lehnst Du seine Verrisse ab? Weil sie schlecht begründet sind, weil Du bestimmte verrissene Bücher gut findest oder weil er zu apodiktisch seine Urteile fällt? Würde mich interessieren, habe leider nie das Literarische Quartett gesehen und in Zeitungen / Zeitschriften auch keine Kommentare von Ranicki gelesen, halt jetzt die Bücher, aber da lobt er nur :zwinker:


    Imrahil

    "Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Hallo Imrahil,
    das Buch von MRR (Lauter schwierige Patienten) interesssiert mich. Ich habe gerade mal nachgeschaut, welche Ausgaben es gibt. Hast du dir die Taschenbuchausgabe oder die gebundene Ausgabe ausgesucht?


    Gruß
    Erika
    :blume:

    Wer Klugheit erwirbt, liebt das Leben und der Verständige findet Gutes.
    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo Erika,


    Habe die Taschenbuchausgabe, zum einen preiswerter und zum anderen hatten sie die gebundene Ausgabe auch nicht.
    Lohnt sich von mir ausgehen :smile:


    Imrahil

    &quot;Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Hallo Imrahil,


    eigentlich aus zwei Gründen (die du schon andeutetest): zum einen zu harte Urteile und dann aus meiner Sicht ungerechte Urteile. Aber da MRR zur Zeit nur zu loben scheint, kann das der Literatur nur dienlich sein. Es gibt ja zwei Möglichkeiten:
    was ich mag loben und über das andere schweigen und ihm seine Berechtigung lassen oder
    was ich mag loben und über das andere harte Urteile verhängen, es bekämpfen usw.
    Ersteres ist mir lieber und trifft besonders auf Kritiker wie Hermann Hesse und Martin Walser zu. Letzteren nannte Ranicki ja in seinem Buch "Anwälte der Literatur" einen Kritiker der Liebeserklärungen - was übrigens auch meine Leseerfahrung ist. Ersteren führte er trotz dessen mehr als 3000 Rezensionen nicht auf, was mir sehr verwunderlich ist (aber MRR hat nun einmal Hesse für sich abgelehnt, da darf er natürlich auch nicht in die "Anwälte der Literatur")...


    Noch einen schönen Samstag wünscht euch FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Hallo zusammen,


    vorweg: ich habe vom MRR bisher 'Mein Leben', 'Sieben Wegbereiter', 'Lauter schwierige Patienten' und eine Reclam-Ausgabe, die ich aber leider gerade nicht finden kann, gelesen und muß sagen, daß ich zu denjenigen zähle, die ihn mögen. Bei seiner polarisierenden Wirkung ist das vielleicht nicht unwichtig zu erwähnen.


    Ich mag allerdings auch seine Verrisse. Natürlich sind sie oft vernichtend hart geschrieben und als kritisierter Autor muß man sich bei ihm wohl schon ein recht dickes Fell zulegen. Aber dennoch spiegeln sie meiner Ansicht nach auch immer seine große Liebe zur Literatur. Bei vielen Kritiken scheint er persönlich getroffen zu sein, da er sich von einem Autor so viel mehr erhofft hat, als dieser zu schreiben in der Lage war, oder weil ein Werk so garnicht seinen ästhetischen oder literarischen Anforderungen genügen konnte. Eine solch starke Emotionalität im Umgang mit Literatur macht mir die Person MRR schon sehr sympathisch...


    Gruß
    Berch

  • @FA:
    Hhm, ich denke wenn man lobt, darf man auch ablehnen. Denn wenn nur noch Lobhudelei, aber keine ablehnende Kritik mehr fabriziert wird, verfälscht doch das das Bil, oder? Es gibt immerhin auch schlechte Bücher, ich denke da sind wir uns einig.
    Aber Du magst Recht haben Friedrich-Arthur, vielleicht sind sie ungerecht oder überspannen den Bogen, das kann ich wie erwähtn nicht beurteilen, weil ich seine Verrisse nicht kenne. Aber selbst wenn dies der Fall ist, kann man sie für sich selbst ja immernoch annehmen oder eben ablehnen.


    Berch:
    Die "Sieben Wegbereiter" hatte ich im Buchladen auch schon mal in den Händen, ist es empfehlenswert? Und kannst Du mir vielleicht nochmals die sieben besprochenen Wegbereiter auflisten? :zwinker:


    Imrahil

    &quot;Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Zitat von "Friedrich-Arthur"

    Seine Verrisse lehne ich ab, wo er aber in und mit Liebe über ihm wichtige Autor(inn)en schreibt, da kann er einfach die Leser(innen) mitreißen.


    Aber der Beruf von MRR ist nicht Lobhudler, sondern Kritiker und zu den Aufgaben eines Kritikers gehört es nun mal schlechte Bücher oder Bücher er er meint, dass sie schlecht sind, als schlecht zu bezeichnen. Bücher loben - das tun ja die Verlage schon ausgiebig meint


    Georg

  • Hallo !


    Ich habe regelmäßig das Litrarische Quartett angeschaut. Interessant dabei war, dass bei den Diskussionen meist nicht nur herauskam, das ist gut oder schlecht, sondern oft ausführlich auch begründet wurde, warum: also Stil, Thema usw.


    Über MRR habe ich mir kein Urteil gebildet - dass er zuweilen sehr emotional reagierte und auch persönliche Animositäten nicht außenvorließ - nun ja, man wußte immerhin, wo man dran ist. Solche Polarisation machte aber die ganze Sache auch spannend - was man z.B. von Lesen! nicht gerade behaupten kann.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi :winken:,


    ich habe immer sehr differenziert zwischen den interessanten Artikeln von MRR in der "FAZ" und seinen Autritten im "Literarischen Quartett".


    Da war MRR nicht nur ein scharfzüngiger Literaturkritiker sondern durchaus auch ein guter Schauspieler der sich in Szenen zu setzen wußte.


    Liebe Grüße
    Leila

  • Hallo Imrahil,


    die sieben besprochenen Wegbereiter sind:
    Arthur Schnitzler
    Thomas Mann
    Alfred Döblin
    Robert Musil
    Franz Kafka
    Kurt Tucholsky
    Bertolt Brecht


    Mir hat das Buch sehr gefallen, aber da es eine Sammlung bereits zuvor veröffentlichter Essays, Vorträge und Aufsätze ist, könnte Dir einiges schon bekannt sein, oder man hat es ähnlich von MRR schon anderorts gehört/ gelesen. Ich habe es jedoch als Bereicherung empfunden, zumal hier die Essays, etc. kompakt vorliegen und man folglich nicht mehr so lange suchen muß, um nach einer bestimmten Stellungnahme zu suchen.


    Noch ein bißchen besser hat mir allerdings 'Lauter schwierige Patienten' gefallen, in dem Peter Voß mit MRR im Interview über bedeutende Autoren des 20. Jahrhunderts diskutiert. Leider kann ich Dir hier keine genaue Liste der besprochenen Autoren geben, weil ich mir das Buch seinerzeit nur ausgeliehen hatte und bisher immer versäumt habe, es mir zu kaufen (Brecht, Böll, Frisch und Dürrenmatt waren dabei, aber ansonsten läßt mich mein Gedächtnis im Stich).
    Das Buch gewinnt für mich einerseits sehr durch den Interviewstil, der MRRs 'Redeschwall' ein bißchen abmildert und lenkt, sowie die nicht ganz so starke Focussierung auf Thomas Mann.


    Gruß
    Berch

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Steffi"

    Über MRR habe ich mir kein Urteil gebildet


    Ich auch nicht wirklich, ich habe die Sendung auch nur unregelmässig verfolgt. Was ich schätze an MRR: Das ist noch ein Mann, der weiss, dass die Socken eines Herren nicht über dem Knöchel aufhören, sondern die ganzen Waden bedecken, weil nichts unästethischer ist, als nackte Altherrenwaden, die bei übereinandergeschlagenen Beinen aufblitzen ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Danke Berch!


    Klingt wir sehr lesenswert, werde ich mir wohl irgendwann mal besorgen :smile:


    "Lauter schwierige Patienten" habe ich übrigens, gefällt mir auch.


    Imrahil

    &quot;Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Moin, Moin!


    Neulich war MRR doch mit Durs Grünbein im Kanzleramt, wo er alles an sich riß, wie es so seine Art ist. Berichte darüber <a href="http://morgenpost.berlin1.de/content/2005/02/27/feuilleton/737687.html">hier</a> und <a href="http://www.taz.de/pt/2005/02/26/a0211.nf/text">hier</a>.

  • Hallo sandhofer,


    Zitat

    Das ist noch ein Mann, der weiss, dass die Socken eines Herren nicht über dem Knöchel aufhören, sondern die ganzen Waden bedecken, weil nichts unästethischer ist, als nackte Altherrenwaden, die bei übereinandergeschlagenen Beinen aufblitzen ...


    Das ist sicherlich richtig, aber ich fürchte, ich könnte mir noch unästethischere Dinge vorstellen :zwinker:


    Gruß
    Berch

  • Hallo Berch!


    Zitat von "Berch"

    ich fürchte, ich könnte mir noch unästethischere Dinge vorstellen :zwinker:


    Eckermann an Goethes aufgebahrtem Leichnam?


    :smile:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus