Beiträge von Zefira

    Ich habe gerade erst den ersten Teil des zweiten Buchs beendet. Aber Soames' unmöglichen Auftritt bei Irene - in dem Sinn, dass er von ihr "nur einen Sohn" will und ansonsten kann sie ihrer Wege gehen - habe ich gelesen. Wundert mich bei ihm nicht, ebensowenig die sehr ausdrucksvolle Darstellung ihres Widerwillens.

    Ich verstehe deine Vorbehalte gegenüber Irene. Aus der Perspektive des "jungen Jolyon", der sie ja später heiraten wird, wird fortwährend auf ihre Schönheit abgehoben. Diese Schönheit war es ja wohl auch, die damals Soames dazu bewogen hat, seinen Antrag x-mal zu wiederholen. Glück bringt diese Schönheit nicht - und irgendwelchen Esprit lässt Irene vermissen, sie sagt ja so gut wie nichts. Ich frage mich auch hin und wieder, was ich damit eigentlich anfangen soll. Vielleicht gewinne ich ein paar Erkenntnisse, wenn (oder vielmehr falls) die Ehe mit Jolyon noch ein wenig beschrieben wird.

    Interessant ist das Scheidungsrecht der Zeit, was ja wohl mit den "Schlingen des Gesetzes" gemeint ist.
    Soames kann die Scheidung nicht mit Berufung auf die Affäre Bosinney beantragen, dazu liegt diese Affäre zu lange zurück. (Außerdem hat er sie vergewaltigt. Rein juristisch aus seiner Sicht ist das eine "Verzeihung" ihres Fehltritts. )

    Er könnte auf Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft klagen, wie Winifred es mit Dartie tut. Das geht ihm aber gegen den Strich, es hat etwas Unwürdiges. Folglich bleibt ihm nur eine weitere Affäre Irenes als Scheidungsgrund, aber diesen Gefallen tut sie ihm nicht.
    Und was könnte Irene tun, um geschieden zu werden? Gar nichts. Soames hat weder Affären (seine Gänge ins Puff zählen nicht), noch würde sie ihm den Gefallen tun und ihrerseits auf Wiederherstellung der Ehegemeinschaft klagen. Das will sie ja gerade nicht.

    Das ist schon ein miserables Gesetz. <X

    Ich habe gerade erst mit dem zweiten Buch begonnen und festgestellt, dass das Ganze mir immer besser gefällt. Zum Beispiel das Kapitel über den alternden James, der in seinem Sorgenstuhl darüber hadert, wie es mit der ganzen Welt bergab geht - Cicely und Imogen und die ganzen jungen Leute haben Fahrräder und fahren ständig irgendwo herum, aufs Geld gibt es nur noch vier Prozent und Dartie hat die Perlen seiner Frau versetzt - das ist sowas von typisch und doch durchaus liebevoll-augenzwinkernd erzählt. Mit Soames kann man sich nicht anfreunden; er will ja eigentlich keine Frau, sondern nur so eine Art Klon von sich. Aus der Stammtafel sehe ich, dass er noch eine Tochter bekommt - das wird noch was Nettes werden ... || Ich lese gespannt weiter.

    Ich lese in einer LR Mary Shelleys kurzen Roman "Mathilda", der erst 40 Jahre nach seiner Niederschrift veröffentlicht wurde - wegen biographischer Parallelen zu Mary Shelleys eigenem Leben sah sie (auf Anraten ihres Vaters) lange von einer Veröffentlichung ab. Das Buch hat einige typische Elemente der gothic novel, vor allem einige Szenen, in denen die Heldin aufgelöst durch die Landschaft irrt, während Finsternis und Sturm ihre Gefühle widerspiegeln. Der Verlag hat davon abgesehen, die Sprache irgendwie modernisieren zu wollen; man taucht tief in die Vergangenheit ein mit diesem kleinen Buch.

    Und, by the way (den schwyzer Begriff dafür kenne ich nicht):

    Jeremias Gotthelf, Die schwarze Spinne.

    Ich kann mich nicht erinnern, diesen berühmten Klassiker je gelesen zu haben.

    Meine verstorbene Mutter las Gotthelf gerne, und in ihrem Nachlass fand ich eine Ausgabe von "Anne Bäbi Jowäger". Das versuchte ich zu lesen, musste aber bald aufgeben.
    Vorletztes Jahr habe ich das (in einem Schottlandurlaub) einem Schweizer Paar erzählt. Die meinten beide, Gotthelf würde nicht mal mehr in seiner Heimat verstanden.
    "Uli der Pächter" und einige Novellen habe ich aber gern gelesen, und auch da kamen Wendungen vor wie dass Uli "mit seiner Schleipfe desumetrolet" sei. Meistens erschließt sich aus dem Zusammenhang, was gemeint ist.

    Oliver Twist werde ich sicher nicht nochmal lesen - aber Bleakhouse auf jeden Fall und auch Große Erwartungen.
    Bleakhouse wollte ich mir dieses Jahr eigentlich auf die Liste setzen, habe es dann aber zugunsten des Grünen Heinrich gestrichen. Vielleicht lese ich es trotzdem noch ...

    Ha! Nun hat es mich gepackt. Der Ausflug Swithins und Irenes zu dem neuen Haus, wo sie Bosinney treffen, ist ein Meisterstückchen.
    Und so richtig toll fand ich auch die Beschreibung des Essens in "Junes Fest" - wie da alles aufgetragen, abgetragen, hereingebracht, herumgereicht wird - wie Figuren auf einer Spieldose.
    Irene erinnert mich an einer der Frauengestalten bei Maupassant; da gibt es etliche, die fast nichts sagen, aber um so beredter schweigen können - in "Bel Ami" zum Beispiel.

    Ich habe gerade erst Teil I beendet und kann noch gar nichts sagen. Die älteren Forsytes sind ein schlimmer Haufen Langweiler - Jolyon, Swithin und James "mir sagt ja keiner was" wirken auf mich derart selbstentfremdet, dass ich keine Ahnung habe, wie ich sie beschreiben sollte. Ich hoffe, dass Bosinney und der jüngere Jolyon ein wenig mehr Schwung haben. Wie Bosinney mit Soames umspringt, ist mir schon mal sehr sympathisch.

    Mein Eindruck - nachdem ich erst ein einziges Kapitel gelesen habe - ist: erstens, Frauen sind nur in bezug ihres Einflusses auf Männer wichtig, und zweitens haben wir es mit einem furchtbar bornierten, dünkelhaften Sippe zu tun. Das wird bestimmt lustig.
    Ohne den Stammbaum wäre ich aufgeschmissen, aber wenn man ihn im Auge behält, wird man wohl langsam vertrauter mit den Leuten.

    Stevenson hat meines Wissens noch mehr unheimliche Geschichten geschrieben, z.B. Der Selbstmörferclub.

    Den Selbstmörderklub habe ich noch vor mir (habe es, glaube ich, mal angelesen, aber nicht beendet).
    Ich kenne noch den Flaschenteufel, Olalla, Markheim und noch einige andere. Stevenson ist ja viel gereist und hat ein Händchen für die Schilderung spezieller Landschaften und Milieus. Ich mag vor allem "Olalla" sehr gerne, das auf einer einsam gelegenen Burg in Spanien spielt.

    Ich habe eine Anaconda-Ausgabe, die, wie es im Vorsatz heißt, unverändert auf einer Ausgabe von Kiepenheuer aus 1985 basiert. Übersetzt von Jutta Schlösser. Hinten drin ist ein Familienstammbaum, der mir jetzt schon Angst einjagt: Er ist so groß, dass er zwei Doppelseiten einnimmt.


    Dennoch wird man heute bestimmt anders darüber denken, wie weit ein Schriftsteller sich auch persönlich in seinen Werken entäußern darf.

    Naja, wenn ich an all die Beispiele von Autofiktion denke --- ich hatte in einer Leserunde einen Roman von Alex Schulman, in dem er (angeblich) die Trunksucht seiner Eltern thematisierte, aber eine dramatische Handlung dazu strickte, die vermutlich größtenteils erfunden war. Ich finde solche Lektüren eher unangenehm entweder man erzählt ganz klar von sich oder erklärt definitiv, dass der Plot ausgedacht ist. Für die Leute im Umfeld des Autors muss es doch furchtbar unangenehm sein, wenn ständig herumspekuliert wird, welche Anteile Dichtung und welche Wahrheit sind.

    Wenn Virginia Woolf ihre Sätze laut sprach, befindet sie sich damit in guter Gesellschaft, zb von Flaubert, der sich endlos seine Texte laut vorsprach. Nebenbei finde ich es eine sehr gute Methode, Szenen auf den Prüfstand zu stellen, indem man sie mal nachspielt. Die Eingangsszene von Merciers berühmtem "Nachtzug nach Lissabon", wo eine Frau einem Mann eine Telefonnummer (wenn ich mich richtig erinnere) ins Gesicht malt, ist m.M.n. schlicht Unsinn und würde einer echten szenischen Darstellung nie standhalten.

    . hatte Poe eigentlich vorgehabt, weiter dran zu schreiben? Hätte der es "gelöst" gekriegt?

    Zeit, wieder Poe zu lesen, ich hab das sehr lange nicht gemacht. Und erinnere mich, dass ich den Roman unglaublich beeindruckend fand.

    Der Roman ist fertig und abgeschlossen in jeder Hinsicht. Es folgt ja nach dem "Abbruch" der Pym-Erzählung noch ein erklärendes Nachwort (das ebenfalls fiktional ist, also quasi eine Rahmengeschichte).
    Ich erinnere mich, in einem Nachwort zu meiner Ausgabe von "Moby Dick" gelesen zu haben, dass Poe mit seiner undeutbaren weißen Gestalt ein bleibendes Topos gesetzt hat, das zum Beispiel die "Weißheit" des Wals und auch etwa Jack Londons Schilderungen von Schneewüsten beeinflusst hat.
    Letztes Jahr gab es eine Neuübersetzung des Arthur Gordon Pym, kennt die jemand? Hat sie gegenüber der alten irgendeinen Mehrwert?

    Danke für diese Darstellung! Mich interessiert besonders der Aspekt der "Weißglut".
    Wenn ich es recht verstehe, ist es eben der Zorn über die schlechten Bedingungen des Schreibens, der die Autorinnen daran hindert, ihr Potential voll auszuschöpfen?
    Ich hatte bisher immer das Gefühl, dass ein merkbarer persönlicher Furor beim Schreiben sich eher positiv auf den Text auswirkt. Damit ist aber vielleicht eine andere Art Furor gemeint als der, den Virginia Woolf meint. Es gibt ja die Ansicht, dass große Literatur nur aus Dringlichkeit entsteht, aus einem Mitteilungsdrang heraus, der Zorn sehr ähnlich ist oder jedenfalls ähnlich sein kann.

    (Ich denke bei diesem Thema übrigens immer an Robert Gernhardts Gedicht "Nach der Lektüre einer Anthologie", nachzulesen zb auf Robert Gernhardts Autorenseite (ganz runter scrollen).

    Ich meine, das Problem in "Die Eissphinx" war weniger ein Mangel an Wissenschaftlichkeit. Wenn man sich hinsetzt, um ein Mysterium fortzuschreiben wir den Arthur Gordon Pym, dann ist es eben nicht damit getan, dass man Pyms letzte Eindrücke als psychotische Visionen hinstellt. Dann sollte man es besser ganz lassen.


    Ich habe schon öfter Bücher dieser Art in der Hand gehabt. Da wird ein tolles Drama aufgebaut mit unerklärlichen Vorkommnissen, man liest förmlich sabbernd weiter vor Spannung, wie der Autor diesen Knoten zu lösen gedenkt, und dann ist alles nur geträumt, oder die Hauptperson hat LSD genommen oder sonstwelches Kraut, und alles verpufft. Betrug am Leser hat mein verstorbener Papa sowas genannt.

    Alle anderen versaut er -

    Fast hätte ich vergessen: Die Erklärung, die er für Pyms Mysterien angibt - das von zähflüssigen Adern durchzogene Meerwasser, die Angst der Eingeborenen vor der weißen Farbe, die weiße Riesengestalt usw. - ist ein literarisches No-Go. Wie wenn er geschrieben hätte "alles nur geträumt".

    Nee, das war kein Knaller.

    Nachdem ich in diesem Jahr schon zwei Bücher gelesen habe, die an "Die Abenteuer des Arthur Gordon Pym" von E. Poe anschließen, nämlich "Berge des Wahnsinns" von Lovecraft (Zweitlektüre) und "Das Schiff" von Stefan Máni, habe ich nun doch zu Jules Vernes "Eissphinx" gegriffen.
    Es ließ sich besser an, als ich geglaubt hatte, und (nebenbei) ein Buch, in dem eine der wichtigsten Personen "Hurliguerly" heißt, hat bei mir schon Vorschusslorbeeren. Erinnert sich noch jemand von den Älteren hier an Donovans "Hurdy Gurdy Man"? Ich hatte tagelang einen Ohrwurm ...

    Aber komisch ist es doch, dass ein für spannende Abenteuerliteratur derart bekannter Autor nicht mehr aus seinen Höhepunkten macht. Besonders die Szene, als Dirk Peters bei Entdeckung seines toten Freundes selbst tot umfällt, ist der reinste Rohrkrepierer. Ich habe in meiner Leseliste zu dem Buch vermerkt: "Der Berg kreißte und gebar eine Maus".

    Mehr Freude gemacht hat mir "Das Floß der Medusa" von Franzobel. Das wollte ich schon lange lesen. Allerdings hat mir auch darin der Erzählton nicht durchgehend gefallen, und einige Stilmanierismen haben richtig gestört. Es gibt ja demnächst einen neuen History von Franzobel mit einem interessanten Thema (die Geschichte der grönländischen Inuit), aber den habe ich erstmal wieder von der Wunschliste gestrichen.