Beiträge von thopas

    Ein richtiges Lieblingsbuch habe ich, glaube ich, gar nicht. Das ändert sich von Zeit zu Zeit immer mal wieder. Trotzdem fällt mir da ein Buch ein, das ich immer wieder gerne lese (ist eher kein literarisches "Schwergewicht", wie die von euch genannten :zwinker:) und das beginnt so:


    "The Signora had no business to do it," said Miss Bartlett, "no business at all. She promised us south rooms with a view, close together, instead of which here are north rooms, here are north rooms, looking into a courtyard, and a long way apart. Oh, Lucy!"
    (E.M. Forster, A room with a view)

    Hallo,


    so, ich habe den Michael Kohlhaas nun auch gelesen. Zur Kant-Krise kann ich leider nicht viel sagen, denn was man so über Kleists Leben in diversen Lexika und Literaturgeschichten findet ist nicht besonders ausführlich. Es wird zwar die Kant-Krise erwähnt, aber mehr auch schon wieder nicht. Manchmal wird noch auf den Brief verwiesen, den sandhofer zitiert hat.


    Das Thema der Erzählung (Novelle?) fand ich sehr interessant, da ja fast jeder mal irgendwann in eine ähnliche Situation kommt. Ich habe mich da auch schon öfter gefragt, wie extrem man gegen offensichtliches Unrecht vorgehen soll. Daß es bei Kohlhaas dermaßen umschlägt, liegt wohl auch am Tod seiner Frau; aber irgendwie kann ich ihn verstehen, daß ihn diese aufgeblasenen Adligen, die sich ständig von ihren Verwandten (welche in allen wichtigen Ämtern sitzen) decken lassen und das Unrecht vertuschen, ziemlich reizen. Das da mal einer "ausflippt" und dann über Leichen geht ist zu erwarten. Ich finde die psychologische Komponente an dieser Geschichte fast am spannendsten.


    Interessant ist auch, daß es dann wieder Passagen gibt, wo die Beamten verstehen, daß Kohlhaas Unrecht getan wurde, und ihm auch helfen wollen; dann aber trotzdem wieder bürokratisch was schiefgeht, oder zu viel Zeit vergeht und dann wieder einer querschlägt bzw. der Junker wieder zu jammern anfängt, und schon vergessen sie wieder, was eigentlich zu tun wäre. Auch daß niemand die Anzeige an den Kaiser zurücknehmen will, um Kohlhaas zu retten...



    Für mich sehr interessant sind auch die ganzen Zufälle, die im Kohlhaas eine entscheidende Rolle spielen. Und noch gar nicht erwähnt wurde der Zettel der Zigeunerin.


    Diese Zigeunerin hat mich eher irritiert. Ich wußte nicht genau, warum sie hier auftaucht. Nur um Kohlhaas eine Möglichkeit zu geben, sich am Kurfürsten zu rächen? War der Kurfürst derjenige, der sich an den Kaiser gewandt hat bzw. ihn dann nicht gerettet hat? Manchmal bin ich mit den Personen etwas durcheinander gekommen :redface:, es sieht so aus, als müßte ich die Geschichte gelegentlich nochmal lesen, um die Zusammenhänge genau mitzubekommen.


    Auf jeden Fall war es eine sehr interessante Lektüre, die viel zum Nachdenken anregt.


    Viele Grüße
    thopas

    Durch den Fabian-Thread im großen Forum bin ich daran erinnert worden, daß ich schon längst mal etwas von Erich Kästners "Erwachsenen-Büchern" lesen wollte und habe mir demgemäß gleich den Fabian vorgenommen. Ich fand es sehr spannend, im Berlin der späten Zwanziger Jahre unterwegs zu sein und zu sehen, womit sich die jüngeren Leute damals "herumschlagen" mußten. Auf mich wirkt dieses Buch sehr modern; wäre da nicht die Erwähnung von Kommunisten und Faschisten, die sich gegenseitig bekriegen (und natürlich einige zeitgebundene Formulierungen), wäre es für mich zeitlich gar nicht so leicht einzuordnen.


    Jetzt habe ich mit Michael Kohlhaas begonnen, und bin ganz froh, mir dieses Buch doch noch zugelegt zu haben.


    Viele Grüße
    thopas

    Hallo andrey,


    herzlich willkommen im Forum :winken:


    Vor ein paar Tagen stand ich in der Buchhandlung und hatte Michael Kohlhaas in der Hand, konnte mich aber nicht zum Kauf entschließen. Ich denke, daß ich es mir aber doch zulegen sollte, da ich von Kleist noch nicht so viel kenne (Schullektüre war bei uns Das Erdbeben in Chili und Die Marquise von O.).
    Ich kann dir also leider deine Frage nicht beantworten. Aber sie hat mich jetzt dazu bewogen, mich auch einmal mit dieser Erzählung zu beschäftigen :smile: .


    Viele Grüße
    thopas

    Ich habe inzwischen in einem Katalog für den Buchhandel gesehen, daß der Verlag darauf hinweist, daß er alle Schulen und Universitäten anschreibt und für diese Reihe wirbt. Damit wäre das Zielpublikum klar definiert.


    viele Grüße
    thopas

    Hallo Thomas,


    als Besitzerin der Metzler Literaturgeschichten Deutsch und Englisch kann ich dazu folgendes sagen:


    Ich habe mir die beiden Bücher zu Anfang meines Studiums gekauft (vermutlich auf Anraten irgendeines Dozenten), sie aber nie komplett durchgelesen. Wie schon einer der Rezensenten auf Amazon erwähnt, ist halt sehr vieles dort hineingepackt worden, sodaß vieles angerissen, aber dann nicht in größerer Tiefe darauf eingeangen wird. Bei der deutschen Literaturgeschichte stört mich das weniger, da ich mich nicht so gut auskenne und ich deshalb durchaus interessante Informationen rausziehen kann. Die englische Literaturgeschichte ist mir dagegen zu oberflächlich, reicht für meine Interessen dann nicht mehr aus. Darüber ärgere ich mich gelegentlich.


    Fazit: Sie sind beide ganz gut geschrieben und eigenen sich zum schnellen Nachlesen, wenn es nicht allzusehr in die Tiefe gehen soll.


    Viele Grüße
    thopas

    Ich weiss nicht, ob das auch für Prospekte und anderes Werbematerial gilt. Bei der inkiminierten Seite zur Göttlichen Komödie habe ich übrigens den Verdacht, dass da dem Gestalter der Seite eine Zeile entwischt ist:


    "Aus dem Italienischen
    von XYZ"


    :winken:


    Danke, daß du mich darauf aufmerksam machst: Ich habe da nicht genau gelesen; ich hatte das so verstanden, als ob im Buch der Übersetzer nicht angegeben wäre. Aber dabei handelt es sich nur um die Beschreibung im Prospekt :redface:
    Gut, dann ist meine Welt wieder in Ordnung :zwinker:


    Wenn ich mir die Beschreibung der göttlichen Komödie ansehe, die an Informationen zur Übersetzung nicht mehr zu bieten hat als "Aus dem Italienischen' dann paßt das ja. Ebenso die Beschreibung zur Montaigne-Auswahl, die ebenfalls keine Infos zur Übersetzung enthält. (Irgendwas mit "erste deutsche Gesamtübersetzung" von So-und-so steht im Buch selbst.)


    Hmmm. Das ist in der Tat eher seltsam. Auch wenn man gemeinfreie Übersetzungen verwendet, kann man doch dazuschreiben, von wem die stammen. Ich dachte, inzwischen muß der Übersetzer auch erwähnt werden. Oder trifft das nur zu, wenn es noch ein Urheberrecht gibt?


    Hoffentlich sind sie dann bei den Kommentaren/Anmerkungen nicht genauso nachlässig.

    Deshalb sprach ich von den Schülern als von einem wichtigen, aber nicht vom einzigen Zielpublikumssegment ;).


    Das habe ich schon verstanden. Ich wollte mich hier auch nur als weiteres Zielpublikum outen :zwinker: :winken:


    Reclam-Heftchen kaufe ich allerdings nicht mehr. Deshalb bin ich ganz froh, daß es Wilhelm Raabes Stopfkuchen nun als "richtiges" Taschenbuch geben wird. Da wollte ich nicht unbedingt eine Reclam-Ausgabe kaufen und hätte mir dann wohl doch eher eine gebundene Ausgabe besorgt.


    Allerdings habe ich hier gerade gemerkt, dass ich D. H. Lawrence wohl dringend mal wieder lesen sollte :smile:. Ich weiß z.B. nicht mehr, ob Lady Chatterley mit Oliver Mellors nach Kanada auswandern wollten...


    Oh je... da habe ich jetzt was angerichtet :breitgrins:


    Auch von mir ein herzliches Willkommen :winken:


    viele Grüße
    thopas


    Stevenson und die Frauen ... ja ... - - - Selbst in seinen Reiseberichten fällt es auf: Travels with a Donkey in the Cevennes - keine Frau weit und breit. Erst viel später hat Stevenson selbst zugegeben, dass es eigentlich ein einziger grosser Liebesbrief an die Frau war, die zu erreichen er damals nicht hoffte. Across the Plaines - die Geschichte, wie Stevenson in die USA auswandert und wie er dort aufgenommen wird: Ausser zwei oder drei sehr, sehr kryptischen Anmerkungen kein Wort davon, dass er das ganze für ebendiese Frau auf sich nimmt. Erst, nachdem er sie dann wirklich hat heiraten können, auf seiner Südseereise (In the South Seas), wird sie erwähnt. Als "Mrs. Stevenson". Ich weiss immer noch nicht, was ich daraus machen soll.


    In der Einleitung wird des öfteren erwähnt, daß Stevensons Frau Fanny Osbourne und auch deren Sohn Lloyd durchaus gerne am Entstehungsprozeß der Werke beiteiligt waren. Aufgrund eines negativen Kommentars von Fanny hat Stevenson wohl die erste Fassung von Dr Jekyll und Mr Hyde verbrannt und noch einmal neu begonnen. Nach seinem Tod haben Fanny und Lloyd das Werk des armen Stevenson wohl ziemlich ausgeschlachtet und jedes Fitzelchen, das er einmal zu Papier gebracht hat, veröffentlicht... Mir kommt es vor, als hätte sich die gute Fanny ein bißchen zu stark in Stevensons Leben eingemischt. Vielleicht wollte er sie deshalb zumindest aus seinem Werk raushalten; quasi zumindest dort mal seine Ruhe haben :breitgrins: ? Das ist jetzt alles natürlich reine Spekulation :zwinker:


    Ich bin ja nun auch kein Spezialist des Buchmarkts. Aber ich vermute mal, dass mit Schülern als wichtigem Segment des Zielpublikums gerechnet wird. Und die kaufen nun mal keine gebundenen Ausgaben, sind aber ganz froh um einige Hinweise zu Autor und Werk, die sich nicht mühsam in Internetforen zusammenfragen müssen :breitgrins: ...


    Ich bin kein Schüler mehr, auch kein Student, tendiere aber trotzdem nach wie vor dazu, Taschenbücher zu kaufen. Und ich freue mich, wenn da auch noch Anmerkungen, Kommentare etc. enthalten sind. Insofern könnten diese Ausgaben ganz interessant für mich sein. Ich werde mir auf jeden Fall einige davon anschauen, wenn sie erhältlich sind :smile:

    Hallo,


    ich habe nun ein weiteres Werk von Stevenson gelesen und bin nach wie vor begeistert. Meine Ausgabe (Oxford World´s Classics) hat eine ganz interessante Einleitung, die einige spannende Aspekte anspricht.


    Interessant ist z.B. die Tatsache, daß diese Erzählung schon sehr bald als Theaterstück aufgeführt wurde bzw. seither vielen Leuten fast nur als Theater, Verfilmung, Musical etc. bekannt ist. In diesen Bearbeitungen ist es scheinbar generell so, daß die Verwandlung von Jekyll zu Hyde schon sehr früh dargestellt wird, vermutlich auch um dieses "Horrorelement" auszuschlachten und die Leute zu gruseln; wohingegen die Erzählung ja "rückwärts" läuft und man erst ganz zum Schluß erfährt, in welcher Beziehung Edward Hyde zu Henry Jekyll steht.


    Was ich auch nicht wußte: daß eine Theaterproduktion dieses Stückes 1888 in London eingestellt wurde, weil "Jack the Ripper" umging und man vermutete, daß er durch die sehr realistische Darstellung des Mr Hyde inspiriert worden sein könnte.


    In Stevensons gesamtem Werk kommen wohl kaum Frauen vor; trotzdem wurde in Verfilmungen und Bühnenversionen meist eine weiblich Rolle mit eingeflochten (oft eine Verlobte von Henry Jekyll), damit wohl keine Vermutungen bzgl. einer homosexuellen Beziehung zwischen Jekyll und Hyde aufkamen. Wobei die meisten Leute ja die Auflösung schon kennen (der Autor der Einleitung nennt es sogar einen "modernen Mythos"). Vielleicht meinte man ja auch nur, daß es eine weibliche Rolle geben müsse um auch das weibliche Publikum anzusprechen? Stevenson sah da wohl keine Notwendigkeit und ganz ehrlich: wenn ich nicht darauf hingewiesen worden wäre, daß da kaum Frauen vorkommen, mir wäre es nicht aufgefallen :breitgrins:


    In meiner Ausgabe sind noch ein paar kurze Erzählungen von Stevenson, die sich auch mit dem Doppelgängermotiv beschäftigen, das damals (sowohl in der Tradition des Schauerromans, als auch in Hinblick auf die Entwicklung der Psychologie) sehr beliebt war.


    Ich bin weiterhin gespannt
    :winken:
    thopas

    Hallo finsbury,


    ich wollte nur zwischenzeitlich mal vermelden, daß ich immer noch an diesem Buch lese :breitgrins: (vielleicht hast du es inzwischen ja schon gelesen?)


    Ich habe jetzt den ersten Teil beendet und muß sagen, daß es mir ganz gut gefällt. Dieser Teil des Buches ist für mich wie ein buntgemischter Leseband über verschiedene Aspekte der Romantik. Es werden nach und nach die einzelnen Vertreter der Romantik vorgestellt und mehr oder weniger ausführlich behandelt. Safranski gibt ebenfalls einen Überblick über Politik, Philosophie, Religion aber z.B. auch über den Büchermarkt/das Lesepublikum der damaligen Zeit.


    Da ich ja, wie schon erwähnt, kaum Vorwissen habe, fühle ich mich fast ein bißchen erschlagen von der Fülle an Informationen, die da über mich hereinbricht. Ich habe parallel dazu auch noch in einer Literaturgeschichte nachgelesen, um einen etwas strukturierteren Überblick zu bekommen (und auch um mir die Weimarer Klassik wieder ins Gedächtnis zu rufen).


    Ich gehe aber davon aus, daß jemand, der sich gut mit der Romantik bzw. überhaupt gut mit der deutschen Literaturgeschichte auskennt, das Buch wahrscheinlich anders lesen wird bzw. anderes für sich daraus ziehen wird. Wobei es fraglich ist, ob Safranski wirklich neues bringt; das kann ich nämlich nicht beurteilen.


    Jetzt bin ich gespannt, was Safranski im zweiten Teil über "das Romantische" zu sagen hat.


    :winken:
    thopas

    Den Schluß des Buches habe ich kurz nochmal überflogen. Da passiert das, was du erwähnst. Aber es wird nicht von Auswanderung gesprochen, nur daß Oliver auf seine Scheidung wartet. D.h. es müßte vielleicht schon eher im Text gewesen sein. Aber das wird dann uferlos, das zu finden. Da müßte man das Buch fast nochmal lesen :zwinker:


    Trotzdem danke :winken:


    Zur Definition passt natürlich schon, dass die beiden eigentlich durch ihren Stand getrennt sind.


    Ich hatte in Erinnerung, daß die beiden zum Schluß nach Kanada (?) auswandern, wo dieser Standesunterschied niemanden mehr interessieren würde. Jetzt kann ich diese Stelle aber auf die Schnelle im Buch nicht finden... täusche ich mich da? Verwechsle ich es etwa mit einem anderen Buch? (Meine Lektüre von Lady Chatterley´s Lover liegt schon einige Zeit zurück.)


    Viele Grüße
    thopas


    Nu jo - es gibt Schlimmere als Collins. Aber so ganz Kunstwerk wollen mir weder The Moonstone noch The Woman in White scheinen. Dazu fehlt v.a. formal der letzte Schliff: Die Stories haben zwischendurch ganz schöne Löcher ...


    An diese Löcher erinnere ich mich gar nicht mehr :redface:. Aber ich habe die Romane auch mit Vergnügen gelesen. Da ist halt im Nachhinein nur das Positive hängengeblieben :zwinker:. Vielleicht wäre eine Zweitlektüre gar nicht schlecht. Unterhaltsam ist The Moonstone ja.


    Poes Kriminalnoveletten (im Gegensatz zu anderm, das er geschrieben hat) würde ich nicht als Kunstwerke bezeichnen. Collins' Œuvre übrigens genausowenig :zwinker: .


    Hmmm. Das Problem dabei ist, daß ich Kriminalromane meist eher auf die Handlung konzentriert lese. Mir fällt natürlich auf, wenn jemand extrem schlecht schreibt; wenn jemand gut schreibt, dann ist das eher selbstverständlich. Meine Collins-Lektüre ist zu lange her, als daß ich darüber jetzt noch viel sagen könnte. Ob er den hohen Ansprüchen von Vult genügt (also ein "Meister der erzählenden Prosa" ist), kann ich nicht sagen. Er ist mir als Erzähler nicht negativ aufgefallen ist; das hätte ich mir dann gemerkt :zwinker:

    Hallo Vult,


    falls Engländer für dich auch in frage kommen, könnte ich dir Wilkie Collins Der Monddiamant (The Moonstone, 1868) empfehlen, der einer der ersten englischen Kriminalromane ist. In meiner Ausgabe wird T.S. Eliots Meinung zu diesem Roman zitiert: "The first, the longest, and the best of modern English detective novels". Ist sehr lesenswert und bietet schon vieles, was später typisch für englische Krimis sein wird.


    Viele Grüße
    thopas