Stevenson: Dr Jekyll and Mr Hyde

  • Hallo zusammen!


    Angeregt durch den Thread über Fantasy habe ich mir dieses Wochendende - so zwischendurch - einen Klassiker der phantastischen Literatur zu Gemüte geführt: R. L. Stevenson Dr Jekyll and Mr Hyde.


    Ich kannte bisher nur eine uralte Verfilmung. Stevensons Buch ist aber - abgesehen von der Tatsache, dass Jekyll in Minutenschnelle auch körperlich mutiert - überhaupt nicht 'phantastisch'. Es ist eine Parabel um das Böse im Menschen. Und darum, dass dieses Böse stärker ist als das Gute. Den Puritanern und Fortschrittsgläubigen jeder Epoche müsste dieses schmale Bändchen zur Pflichtlektüre erklärt werden.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo allerseits
    Hallo Sandhofer


    Handelt es sich hier um DEN Robert Louis Stevenson, der auch die Schatzinsel geschrieben hat?


    (Ich wusste überhaupt nicht, woher die Vorlage zu dem alten Film kommt :redface: )


    Manche Autoren sind ja wirklich vielseitig!


    Wenn ich Deine Aussage richtig lese, ist das BUch noch ein wenig anders gemeint als der Film?


    liebe Grüße aus dem verschneit/sonnigen Fastnorden


    :winken:


    Daniela

    "Kunst und Unterhaltung sind verschwistert und keine Feinde." - John Irving

  • Hallo zusammen!
    Hallo Daniela!

    Zitat von "elahub"

    Handelt es sich hier um DEN Robert Louis Stevenson, der auch die Schatzinsel geschrieben hat?


    Wenn ich Deine Aussage richtig lese, ist das BUch noch ein wenig anders gemeint als der Film?


    Zu Deiner 1. Frage: ja.


    Zu der zweiten: Soweit ich mich an den Film erinnere - ich habe ihn vor Jahrzehnten als Jüngling mit lockigem Haar einmal gesehen - : ja.


    Aber wirklich ein Text, der sich lohnt, wenn man ihn so einmal zwischendurch hineinschiebt ...


    Grüsse


    Sandhofer

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  • Hallo,


    ich habe nun ein weiteres Werk von Stevenson gelesen und bin nach wie vor begeistert. Meine Ausgabe (Oxford World´s Classics) hat eine ganz interessante Einleitung, die einige spannende Aspekte anspricht.


    Interessant ist z.B. die Tatsache, daß diese Erzählung schon sehr bald als Theaterstück aufgeführt wurde bzw. seither vielen Leuten fast nur als Theater, Verfilmung, Musical etc. bekannt ist. In diesen Bearbeitungen ist es scheinbar generell so, daß die Verwandlung von Jekyll zu Hyde schon sehr früh dargestellt wird, vermutlich auch um dieses "Horrorelement" auszuschlachten und die Leute zu gruseln; wohingegen die Erzählung ja "rückwärts" läuft und man erst ganz zum Schluß erfährt, in welcher Beziehung Edward Hyde zu Henry Jekyll steht.


    Was ich auch nicht wußte: daß eine Theaterproduktion dieses Stückes 1888 in London eingestellt wurde, weil "Jack the Ripper" umging und man vermutete, daß er durch die sehr realistische Darstellung des Mr Hyde inspiriert worden sein könnte.


    In Stevensons gesamtem Werk kommen wohl kaum Frauen vor; trotzdem wurde in Verfilmungen und Bühnenversionen meist eine weiblich Rolle mit eingeflochten (oft eine Verlobte von Henry Jekyll), damit wohl keine Vermutungen bzgl. einer homosexuellen Beziehung zwischen Jekyll und Hyde aufkamen. Wobei die meisten Leute ja die Auflösung schon kennen (der Autor der Einleitung nennt es sogar einen "modernen Mythos"). Vielleicht meinte man ja auch nur, daß es eine weibliche Rolle geben müsse um auch das weibliche Publikum anzusprechen? Stevenson sah da wohl keine Notwendigkeit und ganz ehrlich: wenn ich nicht darauf hingewiesen worden wäre, daß da kaum Frauen vorkommen, mir wäre es nicht aufgefallen :breitgrins:


    In meiner Ausgabe sind noch ein paar kurze Erzählungen von Stevenson, die sich auch mit dem Doppelgängermotiv beschäftigen, das damals (sowohl in der Tradition des Schauerromans, als auch in Hinblick auf die Entwicklung der Psychologie) sehr beliebt war.


    Ich bin weiterhin gespannt
    :winken:
    thopas

  • In Stevensons gesamtem Werk kommen wohl kaum Frauen vor; trotzdem wurde in Verfilmungen und Bühnenversionen meist eine weiblich Rolle mit eingeflochten (oft eine Verlobte von Henry Jekyll), damit wohl keine Vermutungen bzgl. einer homosexuellen Beziehung zwischen Jekyll und Hyde aufkamen. Wobei die meisten Leute ja die Auflösung schon kennen (der Autor der Einleitung nennt es sogar einen "modernen Mythos"). Vielleicht meinte man ja auch nur, daß es eine weibliche Rolle geben müsse um auch das weibliche Publikum anzusprechen? Stevenson sah da wohl keine Notwendigkeit und ganz ehrlich: wenn ich nicht darauf hingewiesen worden wäre, daß da kaum Frauen vorkommen, mir wäre es nicht aufgefallen :breitgrins:


    Stevenson und die Frauen ... ja ... - - - Selbst in seinen Reiseberichten fällt es auf: Travels with a Donkey in the Cevennes - keine Frau weit und breit. Erst viel später hat Stevenson selbst zugegeben, dass es eigentlich ein einziger grosser Liebesbrief an die Frau war, die zu erreichen er damals nicht hoffte. Across the Plaines - die Geschichte, wie Stevenson in die USA auswandert und wie er dort aufgenommen wird: Ausser zwei oder drei sehr, sehr kryptischen Anmerkungen kein Wort davon, dass er das ganze für ebendiese Frau auf sich nimmt. Erst, nachdem er sie dann wirklich hat heiraten können, auf seiner Südseereise (In the South Seas), wird sie erwähnt. Als "Mrs. Stevenson". Ich weiss immer noch nicht, was ich daraus machen soll.


    Generell ist in der Abenteuer- und Gruselliteratur das weibliche Element eigentlich überflüssig. In Doyles The Lost World gibt es im Original genauso wenig Frauen wie im Leben von Sherlock Holmes vom gleichen Autor; Allan Quatermain (Rider Haggards Held) ist Witwer ohne aktuelle romantische Verflechtung; das Junggesellentum von Winnetou und Old Shatterhand gab Arno Schmidt ebenfalls Gelegenheit, homoerotische Bande zu vermuten - - - in praktisch allen diesen Fällen fühlten sich Theaterdirektoren oder Filmmagnaten offenbar der besseren Publikumswirksamkeit halber verpflichtet, noch Liebesgeschichten hinzuzufügen. Oder allenfalls vorhandenen einen bedeutend grösseren Stellenwert beizumessen als dies im Originaltext der Fall war - siehe Lord of the Rings. Interessant, dass dies schon im vorletzten Jahrhundert der Fall war ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

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  • Stevenson und die Frauen ... ja ... - - - Selbst in seinen Reiseberichten fällt es auf: Travels with a Donkey in the Cevennes - keine Frau weit und breit. Erst viel später hat Stevenson selbst zugegeben, dass es eigentlich ein einziger grosser Liebesbrief an die Frau war, die zu erreichen er damals nicht hoffte. Across the Plaines - die Geschichte, wie Stevenson in die USA auswandert und wie er dort aufgenommen wird: Ausser zwei oder drei sehr, sehr kryptischen Anmerkungen kein Wort davon, dass er das ganze für ebendiese Frau auf sich nimmt. Erst, nachdem er sie dann wirklich hat heiraten können, auf seiner Südseereise (In the South Seas), wird sie erwähnt. Als "Mrs. Stevenson". Ich weiss immer noch nicht, was ich daraus machen soll.


    In der Einleitung wird des öfteren erwähnt, daß Stevensons Frau Fanny Osbourne und auch deren Sohn Lloyd durchaus gerne am Entstehungsprozeß der Werke beiteiligt waren. Aufgrund eines negativen Kommentars von Fanny hat Stevenson wohl die erste Fassung von Dr Jekyll und Mr Hyde verbrannt und noch einmal neu begonnen. Nach seinem Tod haben Fanny und Lloyd das Werk des armen Stevenson wohl ziemlich ausgeschlachtet und jedes Fitzelchen, das er einmal zu Papier gebracht hat, veröffentlicht... Mir kommt es vor, als hätte sich die gute Fanny ein bißchen zu stark in Stevensons Leben eingemischt. Vielleicht wollte er sie deshalb zumindest aus seinem Werk raushalten; quasi zumindest dort mal seine Ruhe haben :breitgrins: ? Das ist jetzt alles natürlich reine Spekulation :zwinker:

  • Hallo,


    zu Stevenson fällt mir ein recht interessantes schmales Bändchen mit dem Titel "Stevenson unter Palmen" ein. Geschrieben von dem ewig geschwätzigen Alberto Manguel, befasst sich diese Novelle mit Stevensons Aufenthalt auf Samoa. Es ist aber keine Biografie, sondern reine Fiktion, eher eine Art "Krimi".


    Auch wenn hier nicht danach gefragt wurde: Mein Lieblings-Stevenson ist und bleibt "Die Schatzinsel", eines der Bücher, die man in der Jugend liest, um sie nie wieder zu vergessen. Meine Enttäuschung über die vor einigen Monaten auf Pro 7 ausgestrahlte TV-Version war dementsprechend groß - trotz namhafter Schauspieler. Aber das ist jetzt wohl endgültig OT ...


    Es grüßt herzlich


    Sir Thomas