September 2004: Galsworthy - Die Forsyte Saga

  • Zitat von "marin"


    @all: Ich bin jetzt im 5. Kapitel des 2. Buches angelangt. Dass Dartie durchgebrannt ist, war eigentlich nicht so überraschend. Erstaunlich ist aber, dass Soames diesen "Wink" braucht, um über eine Scheidung nachzudenken, nach so vielen Jahren. Interessant wird auch noch die Beziehung zwischen Soames und Annette sein. Ob er sie auch wieder nur besitzen will? Wir werden sehen.


    Hallo zusammen


    marin: soweit bin ich auch.
    Die alten Forsyte sterben so nach und nach. Das Fundament bröckelt.


    Ich bin auf die weiteren Begegnungen zwischen dem jungen Jolyon und Irene gespannt. Ob Irene endlich ihr Glück findet?


    Liebe Grüße und schönes Wochenende an alle
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!


    Ich bin jetzt fast am Ende von Teil 1 von "In Chancery" und hoffe, dass ich damit heute noch fertig werde.
    Soames Treffen mit Irene hat mich überrascht. Ich dachte nicht, dass er sie noch einmal sehen will (oder sie ihn). Er hat sich ja sozusagen Eintritt verschaffen, indem er einen Teil der Wahrheit verschwiegen hat. Irgendwie hat er nicht direkt gelogen, aber irgendwie doch ...
    Auch Annette und ihrer Mutter enthält er einige Informationen, z.B. dass er noch verheiratet ist. Sonst schindet er aber mächtig Eindruck mit seinen teuren Gemälden. Anscheinend sieht er in Annettes Mutter eine Seelenverwandte, die nur an einer guten Partie (d.h. an einem reichen Mann) für ihre Tochter interessiert ist.
    Ich frage mich momentan aber, ob Soames in Bezug auf die Scheidung nicht doch noch zögert, da er eigentlich nur mit Irene und mit Jolyon redet, aber keine rechtlichen Schritte einleitet. Warum zögert er noch? Dass er wieder heiraten will, dürfte auch für die Gerichte Grund genug sein, oder?


    Viele Grüße
    marin

  • Hallo zusammen,


    es liest sich so flüssig, dass ich bereits im 2. Buch im 2. Teil zum 7. Kapitel komme. Ich harre hier erstmal und warte auf euch. Wie weit sind die anderen?


    Zitat von "marin"

    Soames Treffen mit Irene hat mich überrascht. Ich dachte nicht, dass er sie noch einmal sehen will (oder sie ihn). Er hat sich ja sozusagen Eintritt verschaffen, indem er einen Teil der Wahrheit verschwiegen hat. Irgendwie hat er nicht direkt gelogen, aber irgendwie doch ...


    tja, der Bursche kann einfach nicht von seinem "Besitz" lassen. Vielleicht erliegt er auch Irene's Faszination, vielleicht ist auch ein Teil Bessenheit dabei. So richtig versteh ich Soames sowieso nicht. Ich befürchtete schon er verliert wieder die Kontrolle über seine Gefühle.


    Im 2. Buch 1. Teil 7. Kapitel sagt der junge Jolyon um den Unterschied zur jüngeren Generation zu verdeutlichen:


    "Vielleicht erreichen wir ihr Alter .... aber Selbsterkenntnis ist ein Hindernis, weißt du, und das macht den Unterschied zwischen uns aus. Wir haben die Überzeugung verloren. Wie oder wann Selbsterkenntnis entstand, kann ich nicht herausfinden. Mein Vater hatte etwas, aber ich glaube nicht, dass irgendwer sonst von den alten Forsytes das geringste davon besaß. Sich nie so zu sehen, wie andere einen sehen, ist ein wunderbares Konservierungsmittel. Die ganze Geschichte des letzten Jahrhudnerts liegt im Unterschied zwischen uns in begriffen. Und zwischen uns und euch ...er schaut zu Val und Holly, die nächste Generation .... wird es einen anderen Unterschied geben. Ich möchte wissen, was für einen.


    der Absatz liest sich wie ein Sündenfall. Mit der Selbsterkenntnis kam der Zerfall.

    Zitat


    Auch Annette und ihrer Mutter enthält er einige Informationen, z.B. dass er noch verheiratet ist. Sonst schindet er aber mächtig Eindruck mit seinen teuren Gemälden. Anscheinend sieht er in Annettes Mutter eine Seelenverwandte, die nur an einer guten Partie (d.h. an einem reichen Mann) für ihre Tochter interessiert ist.


    was in dieser Annette vorgeht, würde mich auch interessieren.


    Zitat


    Ich frage mich momentan aber, ob Soames in Bezug auf die Scheidung nicht doch noch zögert, da er eigentlich nur mit Irene und mit Jolyon redet, aber keine rechtlichen Schritte einleitet. Warum zögert er noch? Dass er wieder heiraten will, dürfte auch für die Gerichte Grund genug sein, oder?


    so wie ich das las, ist die Situation damals mit Bosinney nicht mehr vor Gericht anführbar und Irene gibt keinen Scheidungsgrund, sie lebt allein.
    Also wird es schwierig für Soames ohne Aufsehen sich scheiden zu lassen.


    Wenn er den Grund liefert ist es wohl eine größere Schande für die Familie.


    In der Zwischenzeit ist auch Dartie auf und davon. Ich bin überzeugt, der taucht wieder auf *bg*


    noch 2 Kapitelüberschriften die mir gefielen und mich zum Schmunzeln brachten:


    2. Buch 1. Teil 10. Kapitel: Soames bewirtet die Zukunft...
    2. Buch 1. Teil 11. Kapitel: Und besucht die Vergangenheit


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Ich komme nun im 2. Buch, 1. Teil zum 11. Kapitel.


    Auch ich fand es interessant, wie Soames noch immer an seinem Besitz hängt. Und es scheint ja so, als ob die Mutter Annettes mehr für ihn geeignet wäre als Annette. Sie bleibt übrigens, wie Irene, auch seltsam blass und ätherisch.


    Was steckt hinter der Liebe des jungen Joylon zu Irene ? Wird ihm Irene auch als eine Art Schmuck dienen wie Bosinney ? Als Künstler bewundert er ja auch ihre Schönheit und ihre Melancholie.


    Auch der Niedergang der alten Werte ist spürbar, nur durch den Krieg, wo sich alle wieder vresammeln, leben sie nochmal auf: erschreckend !! Für mich hält Balthasar, der Hund, noch die letzte Verbindung, er verkörpert irgendwie Treue und Beständigkeit.


    Danach kommt die junge Generation und ich bin gespannt, welche Eingeschaften diese haben. Val ist ja nicht gerade sympathisch, da haben sich die Dartie-Eigenschaften mit den Forsytes ja vortrefflich gemischt :zwinker:


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen


    Ich bin mit dem 1. Teil des 2. Buches fertig und auch gespannt, wie sich die neuen Konstellationen entwickeln werden.
    Mit seiner Neuen wird Soames wohl weniger Schwierigkeiten haben als mit Irene. Diese Annette kommt mir bisher sehr naiv vor. Soames will sie ja auch nur um endlich zu seinem ersehnten Stammhalter zu kommen.
    Val und Holly verstehen sich gut und scheinen gut zu einander zu passen. (kein Wunder, sind ja auch beide Forsytes :zwinker: )


    Zitat

    Sonst schindet er aber mächtig Eindruck mit seinen teuren Gemälden.


    Soames versucht es zumindest, es klappt aber nicht. Diese Szene fand ich überaus gelungen und sehr bezeichnend. Für Soames stellt ein Bild lediglich eine Wertanlage dar. Der künstlerische Wert eines Gemäldes ist ihm völlig egal. Wogegen Annettes Mutter nur nach ihrem Geschmack urteilt.


    Ich komme zum 2. Teil des 2. Buches.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo!


    Ich muss dir recht geben, Ikarus, Soames kann nicht so richtig Eindruck machen. Er betrachtet ja den Geschmack von Anettes Mutter als minderwertig, weil sie das billigste Bild am schönsten findet. Ich finde Anette auch eher naiv. Vielleicht liegt das ja auch daran, dass wir ihre Gedanken nie erfahren. Von Irenes Gedanken wussten wir ja genauso wenig, sie war aber wohl schon "erwachsener" (wahrscheinlich durch die furchtbare Ehe mit Soames gereift :zwinker: ). Ich denke, dass Anette genau das tun wird, was ihre Mutter will.


    Ich bin jetzt mit dem ersten Teil im zweiten Buch fertig und bin bis zum 6. Kapitel in Teil 2 vorgedrungen. Interessant fand ich wieder eine Analyse von Young Jolyon über die Forsyte-Sippe im 1. Kapitel "The Third Generation". Er scheint mir der nachdenklichste von allen Forsytes zu sein. Mit der sich anbahnenden Beziehung zwischen Val und Holly wird wahrscheinlich wieder einmal der Familienfrieden aufs Spiel gesetzt. Die Forsytes bekriegen sich zunehmend untereinander. Und dass Soames wirklich dachte, er könnte Irene noch einmal für sich gewinnen... Naja, ich verstehe ihn sowieso überhaupt nicht.


    Hat jemand Young Jolyons Betrachtungen über das Vererben innerhalb der Forsyte-Familie verstanden (2.Teil, 3. Kapitel: "Visit to Irene")??? :rollen:



    Viele Grüße
    marin

  • Hallo ihr Interessierten!
    Die Diskussion um den Prozess ist offensichtlich mehr oder weniger zu Ende. Nachdem ihr euch alle Gedanken gemacht habt um die Schuld von K. ist es doch interessant, was ein erfahrener Kafka Interpret dazu zu sagen hat. Ich werde im folgenden versuchen die Erkenntnisse dazu von Heinz Politzer zusammenzufassen, bzw. die wichtigsten Sätze zu zitieren. Ich besitze drei Interpretationen zu Kafka: Brod, Hermsdorf und Politzer. Wenn ich mich jetzt auf Politzer stütze, so darum, weil ich es gerade beim Prozess wichtig finde, dass weder Brods Zionismus, noch Hermsdorfs Sozialismus (oder ist er Kommunist, so genau weiss ich es nicht mehr) verzerrend wirken, Politzer wirkt, jedenfalls auf mich, wesentlich weniger auf eine Richtung versessen zu sein, was ihn mir sympatisch macht. Nun lasse ich aber das Wort ihm:



    Zitat

    „ [...] Mit der Autorität des Eingeweihten erklärt er [der Priester im Dom-Kapitel]: „Das Gericht will nichts von dir. Es nimmt dich auf, wenn du kommst, und es entlässt dich, wenn du gehst“ / Tatsächlich umgibt der Prozess das Leben Josef K.s mit majestätischer Passivität; es lässt ihn kommen und gehen nach seinem Belieben. [ Es folgen die Ausführungen der Analogie Dom, Prozess]. Willentlich und bewusst sucht K. den Dom auf, in dem das Gericht ihm das Gesetz enthüllt, nach dem es verfährt. / Wenn es aber das Gesetz des Gesetzes ist, in völliger Ungerührtheit zu bestehen und die Bewegungsfreiheit aller zu respektieren, die zu ihm kommen oder von ihm gehen, dann hat das Gericht mit der Verhaftung K.s dieses sein eigenes Gesetz gebrochen. [...] Und wenn K., der den Widerspruch zwischen dem Geist des Gesetzes und seiner Durchführung witter, die Vermutung wagt: „Du [der Priester] weißt vielleicht nicht, was für einem Gericht du dienst“, erhält er zunächst nur Schweigen zur Antwort. Dann aber schreit der Geistliche zu K. hinunter: „Siehst du denn nicht zwei Schritte weit?“ Hier weicht die überlegene Gleichgültigkeit des Gesetzes seinem Bedürfnis, den Mann zurückzuhalten, ihn zu fassen, Hand an ihn zu legen, damit es sich ihm mitteilen könne. [...] In diesem Augenblick des Schreckens demaskiert sich das Gesetz. Indem es sich dazu herablässt, Teilnahme an K.s Verzweiflung zu bezeugen, gesteht es seine Verantwortung für die Verhaftung ein, die diese Verzweiflung zum Ausbruch gebracht hat. / [...] Diese Beamten, Advokaten und Frauen sind bresthaft vor Schuld, weil das Gesetz, das sie zu kennen oder zu vertreten vorgeben, selbst ein Verbrechen begangen hat, als es sich selber verletzte. [...] Was Franz Kafka an diesem Roman faszinierte, ist die paradoxe Natur des Zwischenreiches und nicht die Schuld Josef K.s, die, in scih selber verschlüsselt, unentdeckt bleibt. [...] Max Brod [schrieb] ein Gespräch auf, in dem Kafka die Welt des Menschen als eine von Gottes schlechten Launen, einen schlechten Tag des Schöpfers bezeichnete. Brod fragte darauf, ob es ausserhalb unserer Welt Hoffnung gäbe. Kafka lächelte: „Viel Hoffnung – für Gott – unendlich viel Hoffnung -, nur nicht für uns.“ [...] Lesen wir jedoch den Prozess als die Parabel vom Abgrund, der Licht und Dunkel, Hoffnung und Verzweiflung trennt, dann kann die Einsicht Kafkas, dess es zwar Hoffnung gibt, aber nicht für uns, nur dunklere Schatten über eine Welt werfen, die diese Hoffnung eingebüsst hat. Denn dieses Wort bedeutet nicht, dass das Licht erloschen sei und aufgehört habe zu leuchten, sondern umschliesst den noch viel quälenderen Gedanken, dass das Licht niemals imstande sein wird, das Zwielicht zu zerstreuen, obwohl es leuchtet. Das Jahr, in dem K.s Prozess abrollt, ist gleichsam nur ein „schlechter Tag“ des Gerichts. Doch dieser Tag geht verloren, und zwar nicht nur für Josef K. sondern auch und vor allem für das Gericht. / Verglichen mit der Schuld des Gerichts ist die Schuld Josef K.s einfach [sic!], wenn auch nicht minder paradox. Der Katalog seiner Sünden – die ausserdem vorwiegend Unterlassungssünden sind – reicht nicht hin, um seine Verhaftung zu rechtfertigen. Was sich als K.s Schuld hat konstruieren lassen, seine Lieblosigkeit, die Abwesenheit einer echten Teilnahme an seinem Beruf, seine „Lebensschwäche“, seine Durchschnittlichkeit, die ihn zum Repräsentanten der modernen bürgerlichen Gesellschaft werden lässt, all dies teilt er mit einer Menge Unverhafteter, denen er auf seinem Weg begegnet. Auch die Unkenntnis des Gesetzes – jenes Gesetz nämlich, nach dem sein Prozess abläuft – kann ihm nicht unmittelbar zur Last gelegt werden, denn diese hat er wieder mit den meisten Sendboten des Gerichts gemein. [...] / Nun legt freilich Josef K. selbst ein Schuldbekenntnis ab, und zwar auf dem Weg zu seiner Hinrichtung. Er hat eingesehen, dass das einzige, was für ihn zu tun übriggeblieben sei, darin bestehe, „bis zum Ende den ruhig einteilenden Verstand zu behalten“ [...]. „Ich wollte immer“, bekennt er, „mit zwanzig Händen in die Welt hineinfahren [und überdies zu einem nicht zu billigenden Zweck.]“. Er gebraucht keine Metapher, sagt nicht „w i e mit zwanzig Händen“, sondern verzehnfacht die Zahl seiner Hände, das heisst, er übertreibt. [...] Wenn er [Kafka] Josef K. hier von seinen „zwanzig Händen“ sprechen lässt, dann distanziert er sich von der Aussage seiner Figur und stellt deren Erkenntnis in Frage. / [...] Tatsächlich aber ist sein Leben bis zu seiner Verhaftung geradezu ein Vorbild der Mässigkeit gewesen, und diese Mässigkeit eine Schuld, die seine Kritiker ihm in die Schuhe geschoben haben. [...] Wenn nun Josef K. nach seiner Verhaftung wirklich Zeichen des Un- und Übermasses an den Tag legt, dann ist dies Verhalten das eines Gehetzten und Ermüdeten und alles andere denn ein „Griff in die Welt“. [...] / Dennoch hat sich Josef K. schuldig gefühlt seit dem Augenblick, da das Verfahren gegen ihn eingeleitet worden war. [...] Am Ende fühlt sich der Leser zu der Annahme verführt, K.s Schuld bestehe darin, dass er sich ihrer nicht zu erinnern vermag. „Ja, ich vergesse mich“ hat er ausgerufen, als er während der ersten Nacht seines Prozesses vor Fräulein Bürstner seine Verhaftung wiederholt. Bis ans Ende fährt er fort, sich und seine Schuld zu vergessen. / Dies alles ist freilich noch Psychologie. Wenn wir jedoch den Roman auf dem ihm gemässen Niveau, der Ebene des Gleichnisses, deuten, dann finden wir in seiner Sprache selbst einen Hinweis auf K.s rätselhfte Schuld. [...] [Verweis auf die Parabel „Vor dem Gesetz“ und Analogie „Mann vom Lande“, Josef K.] Dennoch gewinnt die Bezeichnung „Mann vom Lande“ schlüsselhaften Sinn für ihn, wenn man sie nämlich ins Hebräische übersetzt, wo sie „Am-ha’arez“ heisst. [...] Ein „Am-ha’arez“ ist jedoch ein Unwissender in der Lehre und im Leben, ein Tölpel, der sprachlich ja im Deutschen auch ursprünglich Dörfler ist. Als „Am-ha’arez“ benimmt sich Josef K. unweigerlich, wenn er dem Gericht gegenübertritt: er ist arrogant und unterwürfig, linkisch und unsichcer, vorwitzig und inkonsequent, er fragt falsche Fragen und gibt rasche Antworten; der Figur haften ja auch sonst die Züge eines Schlemihl an. Vor dem Gesetz ist er ein Primitiver, der nur begreift, was er mit Händen greiffen, mit Sinnen fassen kann. [...] Da er ein „Am-ha’arez“ ist, hält er den Prozess zunächst „überhaupt für nichts“ [...]. Ein Amhorez lässt sich nicht selten an den Platitüden erkennen, mit denen er sich und die anderen über seine Ignoranz hinwegtäuschen möchte. / [...] Wenn Kafka im vierten Oktavheft anmerkt: „Alle Leiden um uns müssen auch wir leiden. Christus hat für die Menschheit gelitten, aber die Menschheit muss für Christus leiden“, dann liegt die Betonung auf dem Worte „leiden“, und das Wort „Erlösung“ bleibt unerwähnt. So kommt es, dass Kafka im Dom-Kapitel zwar szenisch und figürlich mit Symbolen der christlichen Heilslehre spielen, sie aber keineswegs in die gute Botschaft dieser Heilslehre umsetzen konnte. [...] Was immer der tiefere Sinn der Parabel sein mag, der Mann vom Lande wird niemals das Gesetz betreten, und K., dem die Geschichte zur Belehrung erzählt wird, missversteht sie von Grund auf und für immer. / K. ist ein „Am-ha’arez“ in seiner Konzentration auf die konkreten Tätigkeiten des Alltagslebens und in seiner Scheu davor, sich mit den unfassbaren Abstraktionen des Gesetzes abzugeben. [...] Für Kafka selbst übersetzt sich dieser Dialog in den Widerstreit zwischen Beruf und Literatur; in einen Konflikt also, den er selbst nie auszutragen vermochte. [...] Innerhalb der parabolischen Form, die Kafka dem Roman gegeben hat, gewinnt diese Schuld völlige Undurchdringlichkeit. Sie bleibt bis ans Ende dunkel und in diesem Dunkel allumfassen, genauso wie K. ein Jedermann ohne Eigenschaften bleibt und daher als allgemeingültiger Menschentypus erscheint. [...] Wenden wir jedoch den Blick von der Paradoxie Josef K.s ab und fassen den tieferen Widerspruch des Prozesses selbst ins Auge, dann erscheint K.s Fragwürdigkeit gering vor der Fragwürdigkeit eines Gesetzes, das sich selbst verletzte, als es ihn vor sich rief.“


    So, ich glaube, ich habe möglich „kurz“ in den Worten Politzers zusammengefasst, was er zu der Schuld Josef K.s zu sagen hat. Die Quintessenz ist: Die Schuld ist gar nicht so entscheidend und dieser Aspekt ist doch wirklich interessant, finde ich.


    Grüsse
    Alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo Alpha


    Wow, da hast Du aber viel tippen müssen, danke!


    Interessant, was der Mann da schreibt, vor allem das, was Kafka zum Prozess erklärte, seine Einstellung zur Welt und dem "schlechten Tag" Gottes. In diesem Lichte gesehen, kann ich das Werk nun viel besser begreifen. Es ist sozusagen Spiegel unserer Welt, welche genauso sinnlos nach dem Gesetz des Stärkeren abläuft.


    Bye, Ivy

  • Hallo zusammen !


    marin schrieb:

    Zitat

    Und dass Soames wirklich dachte, er könnte Irene noch einmal für sich gewinnen... Naja, ich verstehe ihn sowieso überhaupt nicht.


    Tja, er kann halt einfach nix dazulernen :zwinker: Die Diamantbrosche war ja auch einfach zu plump ! Irgendwo stand, Irene sei wie ein leerstehendes Haus, das er wieder beziehen könnte ...


    Zu Annette ist mir noch aufgefallen, das sie evenuell doch raffinierter sein könnte, als es scheint. Im 2.Buch, 1. Teil, 14. Kapitel, Soames besucht Annette, sagt sie zu ihm : " Ich denke manchmal, ich habe nichts vor mir als harte Arbeit. Ich liebe die Arbeit nicht so wie Mutter. " :bang:



    Zitat

    Hat jemand Young Jolyons Betrachtungen über das Vererben innerhalb der Forsyte-Familie verstanden (2.Teil, 3. Kapitel: "Visit to Irene")


    Leider kann ich noch nichts dazu sagen, komme heute erst zum 3. Kapitel, bin aber schon gespannt, der junge Joylon ist immer so "philosophisch".


    Gruß von Steffi

  • Hallo!


    Ich bin jetzt im 2.Teil im 8. Kapitel angelangt. Mir ist vor allem eine Überschrift ins Auge gestochen: "Where Forsytes fear to tread" (4. Kapitel). Von E.M. Forster gibt es einen Roman mit dem Titel "Where Angels fear to tread". Hat jemand von euch das Buch gelesen? Ich kenne es leider nicht, frage mich nun aber, ob es da wohl einen Zusammenhang gibt. Grundsätzlich wäre es denkbar, da Forsters Roman 1905 erschienen ist. Im Roman geht es wohl um eine Engländerin, die eine nicht standesgemäße Ehe mit einem Italiener eingeht, die auch ihre englischen Verwandten nicht mehr verhindern können.
    Kann mir von euch jemand weiterhelfen? Vielleicht werde ich Forsters Roman ja in nächster Zeit in Angriff nehmen.


    Steffi: Annettes Aussage ist zwar unschuldig gestellt, da könnte sich aber doch mehr dahinter verbergen. Vielleicht will sie ja mehr über Soames Absichten herausfinden. Wir werden aber sicher noch mehr von ihr hören und können so zu aufschlussreichen Folgerungen kommen.
    :breitgrins:



    Viele Grüße
    marin

  • Halihallo Ihr Lieben :zwinker:


    Wie ich sehe, seid Ihr vollauf beschäftigt mit der Forsyte-Saga.
    Es liest sich angenehm.


    Falls jemand von Euch dazu die Hörbuchfassung sucht: Ich hab sie extra für Euch in meine Klassiker-Site reingesetzt, unter der Rubrik Leserunden.


    Weiter viel Spass beim Lesen (oder Hören)! :wink:


    Bye, Ivy

    LG&nbsp; Evelyne<br /><br />relectis.ch

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Hallo zusammen,


    ich habe einen Kurzurlaub am Rhein eingelegt und somit bin ich diese Woche nicht zum Weiterlesen gekommen. Nicht, dass ihr euch fragt, wo ich geblieben bin *bg*


    Grüße von
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Maria: Ich hoffe, dein Urlaub war schön und erholsam ! Am Rhein war ich noch nie ...


    ikarus: Danke für deinen link zum Burenkrieg, hat mir zum Verständnis sehr geholfen !


    marin: Das mit der Vererbung: also, die Kinder müssen ihr Vermögen an die Eltern zurückvererben, damit alles schön in der Familie bleibt :zwinker:


    Ich bin nun mit dem zweiten Teil des 2. Buches fertig und warte erstmal, bis ihr wieder aufholt :smile: oder vielleicht seid ihr eh bald soweit ?


    Mir ist noch aufgefallen, dass Galsworthy immer im abschließenden Kapiel so eine Art cliffhanger einbaut - sehr geschickt gemacht.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen


    JMaria: Schön, daß Du Dich gemeldet hast :smile: Ich habe auch schon einmal einen Kurzurlaub am romantischen Rhein verbracht. Ich finde es sehr schön dort und hoffe, daß es Dir auch gefallen hat.
    Ich bin auch schon ein paar Mal mit dem Zug durchs Rheintal gefahren und empfand es immer als Erlebnis. Die vielen Burgen, die lieblichen Fachwerkstädtchen, der Loreleyfelsen, der mächtige Strom mit den vielen Schiffen und unweigerlich summt man Heines Lied von der Loreley vor sich hin und bekommt es nicht mehr aus dem Kopf. Herrlich :smile:


    Ich bin nun auch mit dem 2. Teil des 2. Buches fertig.


    Steffi schrieb:

    Zitat

    Mir ist noch aufgefallen, dass Galsworthy immer im abschließenden Kapiel so eine Art cliffhanger einbaut - sehr geschickt gemacht.


    Das habe ich bisher gar nicht gemerkt. Aber jetzt wo Du´s sagst... Besonders nach diesem 2. Teil, der meiner Meinung nach etwas spannungsarm war, war dieser für mich unerwartete Schluß wie ein Paukenschlag. Jetzt bin ich doch sehr gespannt, wie es mit Winifred und Dartie weitergehen soll und wie es den beiden Jungs im Burenkrieg ergeht. Mir schwant in beiden Fällen nichts Gutes.


    Viele Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen!


    Ihr seid schon mit dem 2. Teil fertig? :entsetzt: Bin ein paar Tage nicht zum Lesen gekommen und schon hänge ich hinterher. Ich werde mich bemühen schnellstmöglich aufzuholen.



    Zitat

    Besonders nach diesem 2. Teil, der meiner Meinung nach etwas spannungsarm war, war dieser für mich unerwartete Schluß wie ein Paukenschlag. Jetzt bin ich doch sehr gespannt, wie es mit Winifred und Dartie weitergehen soll und wie es den beiden Jungs im Burenkrieg ergeht. Mir schwant in beiden Fällen nichts Gutes.


    Jetzt habt ihr mich ja neugierig gemacht, da dürfte das kein Problem mehr sein... :zwinker:


    Viele Grüße
    marin

  • Hallo !


    Ich habe gestern mit dem dritten Teil angefangen und kann nur sagen, das 2. Kapitel finde ich genial: 17 beobachtet 47 und 19 wird verdächtigt, der Liebhaber zu sein ... oder so ähnlich :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Und Soames erdreistet sich auch noch, diese Idee für das Gericht zu erwägen :rollen:


    marin: Beeil dich, es lohnt sich !!


    Gruß von Steffi


  • Hallo Steffi
    Hallo zusammen,


    ich dachte ich hinke hinterher, jetzt stell ich fest, das wir ungefähr gleichweit sind. Ich bin im 2. Buch 3. Teil 3. Kapitel.


    die Zahleneinteilung des Detektives finde ich auch witzig, besonders weil später Soames im Bericht selbst auftaucht *lol*


    danke für den Hinweis mit den Cliffhanger, das wäre mir jetzt nicht aufgefallen, wenn du es nicht erwähnt hättest.


    Ich wußte, Monty kehrt abgebrannt zurück. Ich bin gespannt ob Winifred ihn an die Kandarre nimmt. Wenn der wieder sein Lavendelwasser und seine Zigarren hat, dann müßte er doch bald wieder aufbegehren *grr*


    Hier noch ein toller Satz über Winifred:

    Winifred verbrachte die Weihnachtsferien ein wenig vornehmer als gewöhnlich, wobei sie die Angelegenheit in ihrem tiefdekolletierten Busen verschloß.


    Brust raus und durch :breitgrins:


    Zitat von "Ikarus"

    JMaria: Schön, daß Du Dich gemeldet hast Ich habe auch schon einmal einen Kurzurlaub am romantischen Rhein verbracht. Ich finde es sehr schön dort und hoffe, daß es Dir auch gefallen hat.
    Ich bin auch schon ein paar Mal mit dem Zug durchs Rheintal gefahren und empfand es immer als Erlebnis. Die vielen Burgen, die lieblichen Fachwerkstädtchen, der Loreleyfelsen, der mächtige Strom mit den vielen Schiffen und unweigerlich summt man Heines Lied von der Loreley vor sich hin und bekommt es nicht mehr aus dem Kopf. Herrlich


    Mir hat es sehr gut am Rhein gefallen. Diesen Teil des Rheins (Mittelrhein) wollte ich schon lange bereisen: Loreley, Burgen und Schlösser, der Fluß, Schiffe - *seufz* - da komm ich ins Schwärmen.


    Natürlich haben wir eine Schifffahrt gemacht und auch 'Rhein in Flammen' in St. Goarshausen erlebt. Das war sehr beeindruckend, wenn man von den Menschenmassen mal absieht.


    Das Wetter hat auch mitgespielt und auf dem Heimweg haben wir noch einen Abstecher zum Brentano-Haus gemacht, das kurz vor Rüdesheim liegt.


    Es war alles perfekt.
    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo!


    Ich bin jetzt endlich auch mit dem 2. Teil fertig geworden und werde gleich den 3. Teil anfangen. Was Jolly und Val angeht, habe ich auch kein gutes Gefühl. Ob es was zu bedeuten hat, dass Jolly das Grab für den Hund schaufeln musste? Schaufelt er sein eigenes Grab, dadurch, dass er Val eins auswischen will? Es heißt ja auch "Was it an omen?" (2. Teil, 10. Kapitel). Galsworthy gestaltet seine Andeutungen ja meist sehr offensichtlich.
    Winifred ist froh, dass sie ihr Eigentum zurück bekommen hat (Kapitel 13: "retained her property"). Sie wird ihm seine Untreue und seine Flucht noch bitter büßen lassen. In der Angelegenheit hätte sie doch mal auf Soames hören sollen, der Dartie ja schon immer loshaben wollte. Ob diese Sache wirklich auch noch den Tod James' mit sich bringt, so wie er es selbst voraussieht?
    Soames wird in Paris wohl nichts erreichen. Interessant fand ich aber auch, dass wir davon erfahren haben, dass es mit Irene und Jolyon entweder gar nichts wird oder was richtiges. Das erfahren wir aber nicht aus Jolyons Perspektive, sondern wir erfahren durch den Detektiv davon.



    Ich habe leider noch keinen richtigen Rheinurlaub gemacht, aber ich bin mal mit dem Bummelzug von Mainz nach Koblenz gefahren. Die Bahnstrecke liegt direkt am Rhein und man hat wirklich viel Zeit, aus dem Fenster zu gucken... Sehr schön. :sonne:



    Ich werde mich beeilen, damit ich wieder völlig aufschließe.


    Grüße
    marin

  • Zitat von "alpha"

    Ich werde im folgenden versuchen die Erkenntnisse dazu von Heinz Politzer zusammenzufassen,



    Hallo Alpha,
    hallo zusammen,


    Politzers Erklärungen klingen m.M.n. zunächst sehr plausibel. Allerdings setzen sie voraus, dass der Priester im Dom-Kapitel („Das Gericht will nichts von dir. Es nimmt dich auf, wenn du kommst, und es entlässt dich, wenn du gehtst?“) die Wahrheit sagt.
    Geht man aber, wie ich, davon aus, dass die Türhüterparabel der Schlüssel zum Roman ist, dann stimmt diese Annahme m.M.n. nicht. Ebenso sprechen das erste Kapitel (Das Gesetz kommt ja in Gestalt der Wächter zu K.) und das letzte Kapitel (K. wird in seiner Wohnung abgeholt und getötet) gegen diese Annahme.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen


    Ich bin nun mit dem 2. Buch fertig geworden und hätte nicht gedacht, daß das noch möglich ist, aber dieser Soames ist mir noch unsympathischer geworden. Allerdings ist er für mich auch die interessanteste Figur des Romans. (Das ist aber ja oft so, und das nicht nur in der Literatur, daß die "Bösen" die spannenderen Figuren sind.) Überrascht war ich nicht gerade, daß er lieber das Leben seiner Frau riskiert, als das des Kindes. So verbohrt wie er in den Gedanken war, endlich zu einem Sohn zu kommen. Doch was für eine Enttäuschung!
    "Unsagbare Erleichterung, und doch - eine Tochter. Er fand es ungerecht. So viel riskiert zu haben, diese Todesangst ausgestanden zu haben - und was für eine Todesangst -, alles für eine Tochter."
    Dieser Abschnitt hat mich doch ziemlich entsetzt. :entsetzt: Paßt aber zu Soames. Diese Annette kann einem Leid tun.


    Sehr gut gefallen hat mir wieder das Zwischenspiel "Erwachen". Was für ein quirliges Kerlchen dieser Jon. Soames müßte doch vor Neid platzen, denn er sieht in dem Kleinen bestimmt dem eigentlich ihm zustehenden Stammhalter. Für Konfliktptential ist also weiterhin gesorgt.


    Ich komme jetzt zum 3. Buch.


    Viele Grüße
    ikarus

    &quot;Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand&quot; (Erasmus von Rotterdam)