Kleist, der vergessene Dramatiker?

  • Hallo Sandhofer!
    Mit den Frauengestalten bei Kleist sprichst Du ein sehr interessantes Thema an- wurde auch viel in der Sekundärlit beleuchtet (wenn ich mich nicht irre). Dein Liebling ist Penthesilea??? :entsetzt:
    Das ist meiner Meinung nach eines der schwersten Werke Kleists. In irgendeinem Brief hatte Kleist irgendwie eine Verbindung zwischen dem Käthchen und der Penthesilea hergestellt. Das empfand ich als sehr weit hergeholt, das hatte, glaub ich, mit der Liebeskonzeption was zu tun. Wahrscheinlich die "Unbedingtheit" (hilfe gibts das Wort???) der Liebe.
    Eine Frage zu den Frauen in KLeist Werken ist sicher auch, wie er sein Idealbild von "Frau"(wie in seinen Briefen gefordert), in seinem Werk umsetzt.


    Gruß Jacky

  • Hallo Huuuuberrrrrrt- wo bist Du???? :cry:
    Hallo Sandhofer und alle anderen, will denn keiner mehr was zu Kleist sagen??????
    Da hab ich nu extra das Käthchen gelesen...


    einsame Grüße Jacky

  • Hallo Jacky!


    Tut mir leid, ich wusste ja nicht, dass Du dich schon nach 2 Tagen einsam fühlst ... :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:


    Um ehrlich zu sein, ziehe ich dem Käthchen sogar die Familie Schroffenstein vor, kann also nicht viel dazu sagen.


    Bei Kleists (Frauen)Gestalten wie Penthesilea fasziniert mich ihre Unbedingtheit. Und generell die Tatsache, dass Kleists Figuren eigentlich nicht miteinander kommunizieren können.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • N`Abend Sandhofer, na das ging ja schnell!!!! :breitgrins:

    Zitat

    ziehe ich dem Käthchen sogar die Familie Schroffenstein vor


    Verstehe...obwohl die Familie Schroffenstein ja fast ein Sinnbild für mißlungende Kommunikation ist. Ja, ja das alte Thema. Ein sehr schönes "trauriges" Beispiel ist auch die "Verlobung". Hier hast Du quasi alles kompakt: Toni, die schöne Seele, die Gustav wirklich liebt und sich gegen ihre Familie stellt. Und auf der anderen Seite kein Vertrauen, keine wirkliche Kommunikation.


    Da Du scheints wirklich Penthesilea so magst, muß ich doch mal suchen, wo Kleist die Verbindung zum Käthchen herstellt :zwinker:


    Haben sie eine ähnliche Liebeskonzeption???


    Liebe Grüße

  • Hallo Jacky,


    sorry, dass es etwas gedauert hat, aber Du sollst das Käthchen nicht umsonst gelesen haben..


    Du hast gepostet:
    meiner Meinung nach überliest man gerade Komik häufig. Damit meine ich, daß Ironie oder ähnliches laut ausgesprochen (oder mit entsprechender Mimik) ganz anders wirkt, als wenn man es nur leise liest. Zumindest geht es mir so.


    Ja, ich denke das geht den meisten so, und wahrscheinlich ist es Kleist auch so gegangen, ich denke nämlich, dass er die Komik überhaupt nicht gemerkt hat (bin mir da aber nicht sicher), aber Goethe hat es wohl gemerkt und deshalb m.M.n. zu Recht das Stück abgelehnt, -


    Das Käthchen wird übrigens wohl oft als drittes Lustspiel Kleists angesehen. War mir wirklich nicht so in Erinnerung.


    Da bin ich mir, wie gesagt, nicht sicher, ob Kleist mit dem Kathchen ein Lustspiel schreiben wollte, ich denke mal nicht, - beim Krug und beim Amphitryon ist die Komik doch eine andere (gewolltere)


    Hab das Käthchen nun auch noch mal überflogen .......

    Zitat

    Ich z.B. habe nie die Freude des Schmieds verstanden, als er erfährt, dass das Mädchen das er als seine Tochter großgezogen hat nicht seine leibliche Tochter ist, sondern, dass seine Frau das Käthchen mit dem Kaiser gezeugt hat, als dieser zufällig mal durch Heilbronn ritt. War Kleist so weltfremd, oder sollte das eine Parodie sein?


    Das ist eine gute Frage, andererseits freut er sich?


    Ich hab’ das Käthchen jetzt auch noch mal überflogen (mit ein Grund warum meine Antwort etwas gedauert hat, einen zweiten kennst Du ja, und dann noch....) . und beim Lesen, hmm, ich weiß es jetzt auch nicht ob er sich da freut? – Im Theater, und das ist mir jetzt erst in dieser Deutlichkeit klargeworden, kann der Gesichtsausdruck eines Schauspielers in einem winzigen Moment das ganze Stück drehen: Was ich meine ist wenn im zehnten Auftritt des 5. Aktes als der Kaiser und Theobald in Mänteln verhüllt das Gespräch von Graf Otto mit dem Käthchen verfolgen, wenn da der Theobald schicksalsergeben, vielleicht etwas zerknirscht dasteht, ist es wie von Dir geschildert, steht Theobald aber glücklich und freudenstrahlend da, ist es Kabarett. ? Und Kleist macht dazu keine Angaben, hmm



    Und nun zu Herrn von und zu Graf Wetter vom Strahl:
    Ich kann ja Käthchen überhaupt nicht verstehen, ein furchtbarer Mensch. Seine Laune und Stimmung wechseln wirklich wie das Wetter, der Name ist passend. Mal liebt er das Käthchen und ist über den Standesunterschied traurig, dann droht er ihr Prügel an. Machen das Männer so, um sich von ihrer Trauer abzulenken???


    Also ich hab’ noch keiner Frau Prügel angedroht, obwohl ich (eigentlich immer wg. Frauen) auch schon sehr traurig war. Aber der Herr Graf ist schon ein seltener Vogel. Im 4. Akt will er das Käthchen noch mit der Peitsche wegprügeln lassen und als er dann erfährt, dass sie des Kaisers Tochter ist, wird er zum liebenden Hirsch.

    Dem Herrn ist ja auch der Traum durchaus bewußt, aber wieso dauert es bis zur Holunderbusch- Szene, bis ihm "das Mal" auf dem Nacken einfällt?????????? Die Sache hätte doch schon längst klar sein können, zumindest, daß es Kunigunde nicht ist. Also wirklich.


    Na ja, das Männer manchmal schwer von Begriff sind, das ist ja noch durchaus realistisch.



    Aber die tollste Figur ist ja doch, obwohl sie im Stück nicht mehr persönlich auftaucht, Gertrud, Käthchens Mutter: die lässt sich als Frau des Schmidts von Heilbronn mal eben in einem „vom Volk minder besuchten Teil eines Gartens“, während die Musik vom Tanzsaal herüberklingt und die Lampen noch nicht verlöscht sind, von einem ihr völlig unbekannten Fremden (das es der Kaiser ist, weiß sie ja nicht), der zufällig ein Turnier in Heilbronn besucht, vernaschen. :entsetzt: – Also da kann man Goethe wirklich keinen Vorwurf machen, dass er ein solch unmoralisches (vom Kaiser und von der bürgerlichen Frau) Stück nicht inszenieren wollte.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Zitat von "Alamir"

    Obwohl jemand, der in den Römischen Elegien über Selbstbefriedigung schreibt, nicht auf einem solch hohen Roß sitzen sollte.


    Hallo Alamir,


    da hast Du aber meinen ironischen, letzten Satz total falsch verstanden (muss wohl wieder in Zukunft "Ironie" vor meine Sätze schreiben.)


    Goethe stand über der Moral seiner Zeit, dafür gibt es in seinem Werk und in seinem Leben viele Beispiele, aber wenn er Stücke aufgeführt hätte, die die Unmoral ehrbarer Handwerkerfrauen zeigt, hätte ihn das schon allein seinen Job als Theaterdirektor kosten können und gar einen Kaiser des Ehebruchs bezichtigen, das wäre wohl die Revolution gewesen. Als Theaterdirektor muss man sich nach dem Publikum richten, nicht nach der eigenen Moral.


    Davon abgesehen, gibt es m.M.n. einen Unterschied zwischen Onanie und Ehebruch. Ersteres ist heute z.B. kein moralisches Vergehen, einem Mann aber ein Kind als sein eigenes unterschieben :entsetzt:


    Gruß von Hubert

  • Zitat von "Alamir"

    Obwohl jemand, der in den Römischen Elegien über Selbstbefriedigung schreibt, nicht auf einem solch hohen Roß sitzen sollte.


    Hallo zusammen!
    Hallo Alamir!


    Um ehrlich zu sein, interessiert mich nicht, ob, was Dichter (be)schreiben nun moralisch ist oder nicht. Ob Goethe, ob de Sade - - - sie haben uns etwas zu sagen, das
    [list]intellektuell
    moralisch
    und ästhetisch[/list:u]
    weit über das hinausgeht, was eine standard-bürgerliche Einstellung nun als 'shocking' betrachtet oder nicht. Jenseits von Gut und Böse hat Nietzsche dieses weite Feld benannt.


    Aber ich nehme mal an, auch Dein Beitrag war ironisch gemeint ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Zusammen, hallo Hubert!


    Zitat

    Aber die tollste Figur ist ja doch, obwohl sie im Stück nicht mehr persönlich auftaucht, Gertrud, Käthchens Mutter: die lässt sich als Frau des Schmidts von Heilbronn mal eben in einem „vom Volk minder besuchten Teil eines Gartens“, während die Musik vom Tanzsaal herüberklingt und die Lampen noch nicht verlöscht sind, von einem ihr völlig unbekannten Fremden (das es der Kaiser ist, weiß sie ja nicht), der zufällig ein Turnier in Heilbronn besucht, vernaschen.


    Ja besonders nett ist das nicht. Kleist mußte das einbauen, damit es ein positives Ende nehmen kann. Anders hätte ja der Herr vom Strahl seine ihm vorbestimmte Frau nicht heiraten können. Für den gebeutelten Theobald ist das wirklich nicht nett...aber hat sie sich freiillig hingegeben????? Das gibt der Text auch nicht unbedingt her:


    Es mochte ohngefähr eilf Uhr abends sein, und der Jupiter ging eben, mit seinem funkelnden Licht, im Osten auf, als ich, vom Tanz sehr ermüdet, aus dem Schloßtor trat, um mich in dem Garten, der daran stößt, unerkannt, unter dem Volk, das ihn erfüllte, zu erlaben; und ein Stern, mild und kräftig, wie der, leuchtete, wie ich gar nicht zweifle, bei ihrer Empfängnis. Gertrud, so viel ich mich erinnere, hieß sie, mit der ich mich in einem, von dem Volk minder besuchten, Teil des Gartens, beim Schein verlöschender Lampen, während die Musik, fern von dem Tanzsaal her, in den Duft der Linden niedersäuselte, unterhielt; und Käthchens Mutter heißt Gertrud! Ich weiß, daß ich mir, als sie sehr weinte, ein Schaustück, mit dem Bildnis Papst Leos, von der Brust los machte, und es ihr, als ein Andenken von mir, den sie gleichfalls nicht kannte, in das Mieder steckte;(V,II)"


    Die Mutter weinte also sehr, was bedeutet das nun? Kann schlechtes Gewissen sein, kann aber auch sein, daß sie es nicht wollte. Wäre nicht der erste Kaiser, der sich nimmt was er will...




    Zitat

    Da bin ich mir, wie gesagt, nicht sicher, ob Kleist mit dem Kathchen ein Lustspiel schreiben wollte


    Ob Kleist die unfreiwillige Komik absichtlich eingebaut hat, das weiß ich auch nicht. Ich denke zum Teil auf jeden Fall, denn Kleist arbeitet hier viel mit Übertreibungen. Gemeint war aber auch, daß in der Sekundärliteratur immer häufiger vom dritten Lustspiel gesprochen, bzw. geschrieben wird.


    Wenn dann auch noch im Theater die richtige Mimik und Gestik hinzukommt, kann das Stück wirklich wie Kabarett wirken.


    Liebe Grüße

  • Zitat von "Jacky"

    Ja besonders nett ist das nicht. Kleist mußte das einbauen, damit es ein positives Ende nehmen kann. Anders hätte ja der Herr vom Strahl seine ihm vorbestimmte Frau nicht heiraten können. Für den gebeutelten Theobald ist das wirklich nicht nett...aber hat sie sich freiillig hingegeben????? Das gibt der Text auch nicht unbedingt her:


    Es mochte ohngefähr eilf Uhr abends sein, und der Jupiter ging eben, mit seinem funkelnden Licht, im Osten auf, als ich, vom Tanz sehr ermüdet, aus dem Schloßtor trat, um mich in dem Garten, der daran stößt, unerkannt, unter dem Volk, das ihn erfüllte, zu erlaben; und ein Stern, mild und kräftig, wie der, leuchtete, wie ich gar nicht zweifle, bei ihrer Empfängnis. Gertrud, so viel ich mich erinnere, hieß sie, mit der ich mich in einem, von dem Volk minder besuchten, Teil des Gartens, beim Schein verlöschender Lampen, während die Musik, fern von dem Tanzsaal her, in den Duft der Linden niedersäuselte, unterhielt; und Käthchens Mutter heißt Gertrud! Ich weiß, daß ich mir, als sie sehr weinte, ein Schaustück, mit dem Bildnis Papst Leos, von der Brust los machte, und es ihr, als ein Andenken von mir, den sie gleichfalls nicht kannte, in das Mieder steckte;(V,II)"


    Die Mutter weinte also sehr, was bedeutet das nun? Kann schlechtes Gewissen sein, kann aber auch sein, daß sie es nicht wollte. Wäre nicht der erste Kaiser, der sich nimmt was er will...


    Hallo Jacky,


    da hätte ich vor lauter "Prinz" doch tatsächlich fast das liebe Käthchen vergessen.


    M.M.n. deutet der Text schon die freiwillige Hingabe von Gertrud an. Im Garten war's, nicht im dunklen Wald, die Tanzmusik war sogar zu hören, damals gab's noch kein Techno, also wenn man das Streichquartett? im Garten hörte, hätte man auch Hilferufe im Tanzsaal gehört. Was heißt das den, im minder besuchten Teil des Gartens, m.M.n. heißt das, in dem Teil, in dem hinter jedem Busch ein Liebespärchen lag. Und Gertrud ist sicher nicht die erste und auch nicht die letzte Frau, die nach einem One-Night-Stand geweint hat.


    Liebe Grüße


    Hubert

  • Ich grab den alten Thread mal aus:


    Ich habe gestern "Über das Marionettentheater" gelesen und ehrlich gesagt habe ich es nicht ganz kapiert. Was will Kleist damit sagen und was hat der Bär am Schluss in der Geschichte zu suchen? Ich bin echt ratlos.


    Das mit dem Baum der Erkenntnis und so weiter, das habe ich ja halbwegs verstanden, aber der Rest hat mich eigentlich nur vollkommen verwirrt.


    Sehr gut dagegen fand ich "Die Familie Schroffenstein", die ich heute in einem Rutsch gelesen habe. Beim Lesen musste ich zwar manchmal den Kopf schütteln und habe mir nur gedacht, das glaubt doch kein Mensch, aber es ist zumindest klar was Kleist sagen will. Alles in allem zwei sehr nette Lektüren, bei der ich beim ersten etwas Schwierigkeiten hatte.


    Katrin


  • Ich grab den alten Thread mal aus:


    Ich habe gestern "Über das Marionettentheater" gelesen und ehrlich gesagt habe ich es nicht ganz kapiert. Was will Kleist damit sagen und was hat der Bär am Schluss in der Geschichte zu suchen? Ich bin echt ratlos.


    Das mit dem Baum der Erkenntnis und so weiter, das habe ich ja halbwegs verstanden, aber der Rest hat mich eigentlich nur vollkommen verwirrt.


    Beim Lesen dachte ich, dass mit dem Bär ein Wesen gemeint ist, das ganz Reflex ist und also mit Kleists Worten "kein Bewußtsein" hat, folglich die reinste Grazie (oder, in diesem Fall, ein unbesiegbares Fechttalent) besitzt.
    Über die sonderbaren Behauptungen im Marionetten-Text musste ich sehr staunen. Ist es nicht schon erschütternd, in einer Fabrik Maschinen zu sehen, die sich tatsächlich mit einer Anmut höchsten Grades bewegen, so wie es kein Mensch zustande bringen würde?! Diese Beobachtung scheint mir sehr tiefgreifend. Ein Religionsprofessor sagte mir einmal, die 'Wissenschaft', die sich mit den Fragen und Problemen "vom Anfang und vom Ende" beschäftigt, sei die Ethik. Der Anfang, religiös betrachtet, ist, mein' ich, der Sündenfall, das Ende ("eschaton") das Jüngste Gericht. Die Beziehung der modernen Technik und der Menschen zueinander erschien mir bei der Kleist-Lektüre als ein tiefethisches Problem, das mit dem Sündenfall begann und am Jüngsten Gericht beendet wird. (...worauf ja die Sprecher Bezug nehmen)


    Aber das sind nur meine damaligen stürmischen Eindrücke gewesen, die nicht gerade Glaubwürdigkeit suchen. ;)




    Darf ich dich (und allen andern) nun fragen, wie du den Satz verstanden hast: dass wir noch einmal vom Baum der Erkenntnis essen müssen, um wieder reinste Unschuld zu erlangen?


    Zitat


    Sehr gut dagegen fand ich "Die Familie Schroffenstein", die ich heute in einem Rutsch gelesen habe. Beim Lesen musste ich zwar manchmal den Kopf schütteln und habe mir nur gedacht, das glaubt doch kein Mensch, aber es ist zumindest klar was Kleist sagen will. Alles in allem zwei sehr nette Lektüren, bei der ich beim ersten etwas Schwierigkeiten hatte.


    Nenne mich lästig, aber mir liegt die Lektüre schon einige Monate zurück, so dass ich mich nicht mehr an alles erinnern kann. So bitte ich dich, mich zu erinnern: Was wollte Kleist (deiner Auffassung nach) mit diesem Drama sagen?


    Gruß

  • Hallo Knabe,


    deine Bemerkungen zum Marionettentheater fand ich sehr faszinierend.



    Darf ich dich (und allen andern) nun fragen, wie du den Satz verstanden hast: dass wir noch einmal vom Baum der Erkenntnis essen müssen, um wieder reinste Unschuld zu erlangen?


    Ich habe das so verstanden, dass wir nun aus dem Paradies vertrieben worden sind, weil wir den Apfel gegessen haben. Und wenn wir noch einmal die gleiche Sünde begehen - nämlich noch einmal vom Baum essen - dann ist unsere erste Sünde dadurch aufgehoben und wir können wieder ins Paradies einkehren.
    Das waren zumindest meine Überlegungen. Ob sie allerdings auch nur ansatzweise stimmen, kann ich natürlich nicht sagen.




    Nenne mich lästig, aber mir liegt die Lektüre schon einige Monate zurück, so dass ich mich nicht mehr an alles erinnern kann. So bitte ich dich, mich zu erinnern: Was wollte Kleist (deiner Auffassung nach) mit diesem Drama sagen?


    Was Kleist damit sagen wollte, würde ich so erklären: Nämlich dass, wenn es zu keiner Kommunikation kommt, es nur Missverständnisse geben kann. Die beiden Familien hören sich nicht zu und sind auch immer wieder überzeugt, dass die andere Familie nur etwas sagt um besser dazustehen.
    Sie lassen die Meinung des anderen nicht gelten und interpretieren alles so, wie sie es haben wollen und wie es ins Schema passt.


    Das wären zumindest meine Überlegungen - aber auch hier gilt: ob sie stimmen, kann ich natürlich nicht sagen.


    Katrin

  • iuuuuuii...interessante geschichte...
    aaalso ich seh das folgendermaßen: die marionette und der bär stehen für das natürliche, die materie, das determinierte, sozusagen die menschheit vor dem sündenfall, der in diesem fall als erwachen der menschlichen ration gedeutet werden kann. absolute grazie und unschuld kann allerdings nicht mit bewusstsein vereinbart werden, da bewusstsein "ziererei" als konsequenz nach sich zieht (siehe der junge, eingebildete typ der mit seinen bewegungen die statue da nachmachen will). wahre grazie kann also entweder durch rückkehr in den "urzustand" erreicht werden oder aber durch vollkommenheit des bewusstsein, das sich mit der ganzheit vereint (ringschließung) --->der sündenfall, die menschliche ration als befreiung aus der menschlichen ration...was eine tolle erkenntnis, da kann man weiternachdenken, die konsequenzen, macht mich ganz kribblig. :breitgrins: zudem seh ich das ganze auch als absage an die willensfreiheit, aber über den punkt bin ich mir noch nicht ganz im klaren, muss das nochmal lesen, aber nicht jetzt, jetz muss ich erstmal trinken gehen. schönen abend noch, yoyo. :breitgrins:

    "Von den meisten Büchern bleiben nur Zitate übrig. Warum nicht gleich nur Zitate schreiben?" Stanislaw Jerzy Lec


  • aaalso ich seh das folgendermaßen: die marionette und der bär stehen für das natürliche, die materie, das determinierte, sozusagen die menschheit vor dem sündenfall. absolute grazie und unschuld kann allerdings nicht mit bewusstsein vereinbart werden, da bewusstsein "ziererei" als konsequenz nach sich zieht


    Hm, der Bär als das Natürliche, der die Menschheit vor dem Sündenfall darstellt. So habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich denke, ich muss das ganze noch einmal lesen und auf mich wirken lassen.


    Katrin

  • Ein sehr hübscher Verschreiber das :winken:


    CK


    ich möchte dich doch sehr bitten nicht vom thema abzuweichen. :breitgrins: zudem finde ich es klingt sehr viel hübscher.

    "Von den meisten Büchern bleiben nur Zitate übrig. Warum nicht gleich nur Zitate schreiben?" Stanislaw Jerzy Lec

    Einmal editiert, zuletzt von Yoana ()

  • Hallo, Jaqui, danke für's Antworten! Ja, dass unsere Sünden durch das nochmalige Essen vom Baum der Erkenntnis aufgehoben werden, scheint mir eine naheliegende Deutung, war mir aber bisher nicht so plausibel. Verständlicher finde ich die griechische Mythologie, wenn sie besagt, dass die Büchse der Pandora, die alles Unheil auf Erden brachte, noch einmal geöffnet werden muss, weil die Hoffnung ("elpis") noch liegen geblieben ist, da die Büchse zu früh geschlossen wurde.


    Ich frage mich nur, ob die Behauptung, wir müssten noch einmal vom Baum der Erkenntnis essen, etwas Unmögliches verlangt.


    Mir erscheint der Text sehr religiös (oder mystisch), ich glaube, mit ein wenig Meditation wird man den Schlüssel finden...


    Gruß

  • Hallo Knabe,


    ich denke, dass es derzeit eine unmögliche Aufgabe ist. Denn auch das Essen vom Baum der Erkenntnis, ist ja philosophisch gemeint und war ja kein historisch belegbarer Akt.


    Nach nochmaligem Nachdenken bin ich zur Erkenntnis gelangt, dass Kleist vielleicht meint, wenn wir alle sündenfrei sind, dann haben wir den Sündenfall überstanden und dann haben wir wieder vom Baum gegessen. Aber in der heutigen Zeit ist das mehr als nur Wunschdenken. Erst wenn alle Menschen Brüder sind und keine Gewalt mehr herrscht werden wir wieder dahin gelangen wo wir begonnen haben.
    Ein schöner Gedanke, aber ein nicht umzusetzender.


    Katrin


  • Im Großen und Ganzen stimme ich deiner Interpretation zu. Aber wenn man etwas pedantisch sein will, dann scheint sie mir nicht schlüssig (z. B. würde man doch daraus schließen müssen, dass "wir" beim ersten Kosten vom Baum der Erkenntnis dann doch nicht volle Erkenntnis erhalten haben, sondern nur halbe?). Aber es sind lauter schülerhafte, unsinnige Spekulationen, womit ich das Forum nicht so gerne belästigen will. Höchstens in einer Leserunde :rollen: :zwinker:


    Gruß