Lese-Fundstück

  • Moin, Moin!


    und auch das Genre autobiographisch essayistischer Bildungs- bzw. Familienroman mit dem Handlungsort im Norden reizt mich.


    Man darf gespannt sein, wie Leo das Dilemma des zweiten Buches lösen wird. Debüts sind vielfach autobiografisch; und ein gutes zweites Buch hinzukriegen ist in den Augen mancher Kritiker so gut wie ausgeschlossen. Gerade die ausgiebigen esssayistischen Teile haben mir viele Fundstücke beschert. Wer meine Webseite liest oder mir auf Twitter folgt, konnte in den letzten Tagen darunter leiden.

  • Moin, Moin!


    Am allerschlimmsten waren die extrem unglaubhaften Science- Fiction-Geschichten. Merkten meine Mom und Nana Victoria denn nicht, dass mich schon das Leben auf der Erde verwirrte und ängstigte? Ich brauchte keine Anregungen aus fernen Galaxien und von unbekannten Planeten. Und bereits die Gegenwart war mir unbegreiflich genug, ganz zu schweigen von dem täglichen Schrecken, missverstanden zu werden. (John Irving: In einer Person)


  • Moin, Moin!


    Am allerschlimmsten waren die extrem unglaubhaften Science- Fiction-Geschichten. Merkten meine Mom und Nana Victoria denn nicht, dass mich schon das Leben auf der Erde verwirrte und ängstigte? Ich brauchte keine Anregungen aus fernen Galaxien und von unbekannten Planeten. Und bereits die Gegenwart war mir unbegreiflich genug, ganz zu schweigen von dem täglichen Schrecken, missverstanden zu werden. (John Irving: In einer Person)


    Was will der poster uns damit eigentlich sagen? :?:


    John Irving sicherlich, daß seine Kenntnisse der SF-Literatur sehr rudimentär sind/waren und er besser beim ringen geblieben wäre!


    gruß
    josmar

  • Moin, Moin!


    Was will der poster uns damit eigentlich sagen? :?:


    Daß es mit in Bezug auf SF ähnlich geht. Daß ich mir komplett fremde Welten nicht zu eigen machen kann, daß sich mich nichts angehen, solange hier die kaputte eigene Welt besteht, die mir näher ist, der ich nahe kommen kann. Ich bin solchen Erfindungen wie z.B. Mittelerde gegenüber völlig indifferent, während die Harry-Potter-Septalogie mich zu bannen vermochte, weil in ihr eine erfundene Welt mit unserer verzahnt ist.


  • Moin, Moin!



    Man darf gespannt sein, wie Leo das Dilemma des zweiten Buches lösen wird. Debüts sind vielfach autobiografisch; und ein gutes zweites Buch hinzukriegen ist in den Augen mancher Kritiker so gut wie ausgeschlossen. Gerade die ausgiebigen esssayistischen Teile haben mir viele Fundstücke beschert. Wer meine Webseite liest oder mir auf Twitter folgt, konnte in den letzten Tagen darunter leiden.


    Hallo Markus,


    das sehe ich bei Leo auch so. Vor allem stellt sich mir die Frage, in welche Richtung er eigentlich gehen will: literarisch-fiktionale Texte oder eher essayistisch-sachorientierte Texte. 'Flut und Boden' ist ja ein Zwitter, ein Roman ist es eigentlich nicht, auch wenn das Buch sehr gelungene erzählende Passagen enthält. Bei der Diskussion mit ihm in Leipzig (Vorabend der Messe im Hotel de Pologne) merkte man aber doch sehr stark, dass da eigentlich ein Historiker spricht und argumentiert. Und im Grunde hat mich sein Buch auch als Beitrag zur Geistesgeschichte wesentlich mehr interessiert denn als Roman.


    LG
    JHN

  • Moin, Moin!


    Matt Haig beschreibt in seinem Roman <a href="http://www.amazon.de/Ich-die-Menschen-Matt-Haig/dp/3423260149/">"Ich und die Menschen"</a>, wie ein Außerirdischer (Vonnadorianer) die Erde besucht, um in die Figur eines Mathematikers zu schlüpfen. Am Anfang ist ihm natürlich alles fremd. Er mokiert sich über die "bestenfalls mittelmäßige" Intelligenz der menschlichen Spezies, wundert sich, wie furchtbar langsam sie lesen. "Kein Wunder, dass die Menschen eine primitive Spezies waren. Kaum hatten sie annähernd genug Bücher gelesen, um mit dem erworbenen Wissen irgendetwas anfangen zu können, waren sie schon tot." Als er, immer noch nackt, zu seinem Bestimmungsort läuft und logischerweise alle Blicke auf sich zieht, sinniert er, als er einem Penner begegnet, über das menschliche Sosein - mit einem verblüffenden Fazit, das mich als Bibliomanen, klar, aufprusten läßt: "Er erinnerte mich daran, dass die Erde ein Ort des Todes war. Hier zerfielen Dinge, lösten sich auf, starben. Das Leben eines Menschen war auf allen Seiten von Dunkelheit umgeben. Wie um alles in der Welt ertrugen sie das? Idiotie, verursacht vom langsamen Lesen. Das war die einzige Erklärung."

  • Durch Zufall stieß ich auf Miguel Torga (eigentlich Adolfo Correira Rocha, 12. August 1907 - 17. Januar 1995) und seinen kleinen Roman "Senhor Ventura". Eigentlich war das als Lockerungslauf nach Jean Pauls "Komet" gedacht - entdeckt habe ich einen der besten europäischen Erzähler des letzten Jahrhunderts. Beispielhaft für die Qualität dieses Buches ist folgende, geradezu unanständig raffinierte Metapher:


    Ich entschädigte mich mit der zeitraubenden Erinnerung an Senhor Ventura, den nichts daran hinderte, in die sieben Windrichtungen zu eilen, die einen jeden von uns vergeblich rufen.


    Man lese Torga bitte langsam und sorgfältig, damit man über solche Solitäre nicht hinwegliest.

  • In The Haunted Bookshop schreibt der Buchhändler Mifflin an seinen Schwager:


    Zitat

    It saddens me to think that I shall have to die with thousands of books unread that would have given me noble and unblemished happiness. I will tell you a secret. I have never read King Lear, and have purposely refrained from doing so. If I were ever very ill I would only need to say to myself "You can't die yet, you haven't read Lear." That would bring me round, I know it would.


    :smile:


    Gruß, Gina



  • Schöne Geschichte. Ähnliche Gedanken hatte ich auch schon.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Schöne Geschichte. Ähnliche Gedanken hatte ich auch schon.


    Gruß,
    Maria


    Ich auch. Ich habe zwar keinen bewusst ungelesenen Klassiker, um ihn als "Notfallmittel" einzusetzen, aber wenn ich an die ungelesenen Bücher denke, weiß ich, dass ich nie alles lesen kann, was ich gerne lesen würde und mir dadurch schöne Lesemomente entgehen. - Aber nicht, dass mich das belasten oder mir gar schlaflose Nächte bereiten würde. Damit habe ich mich längst abgefunden. :breitgrins:


    Gruß, Gina

  • Ich auch. Ich habe zwar keinen bewusst ungelesenen Klassiker, um ihn als "Notfallmittel" einzusetzen, aber wenn ich an die ungelesenen Bücher denke, weiß ich, dass ich nie alles lesen kann, was ich gerne lesen würde und mir dadurch schöne Lesemomente entgehen. - Aber nicht, dass mich das belasten oder mir gar schlaflose Nächte bereiten würde. Damit habe ich mich längst abgefunden. :breitgrins:


    Gruß, Gina



    eine leichte Melancholie befällt mich schon, zwar selten, kommt aber vor. Zumal die Lesegeschwindigkeit auch noch nachlässt, als wäre es nicht schon genug, dass man nicht alles Schöne lesen kann, achja, von der Lesebrille als neues Accessoire ganz zu schweigen. ähhh ;-)


    für den "Notfall" könnte ich auch so einige Titel nennen; insbesondere bei Wilhelm Raabe und Jean Paul Richter würde ich fündig werden, zwei große Lücken in meiner Leselandschaft.

    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Diese gelegentliche Melancholie versuche ich in Vorfreude auf die nächste Lektüre umzumünzen - an das Jetzt denken und nicht an das Unmögliche. :zwinker: (Manchmal klappt es.)


    Ja, meine Lesegeschwindigkeit hat auch sehr nachgelassen. Das frustriert mich manchmal wirklich. Je weniger Zeit zum konzentrierten Lesen ich habe, desto langsamer scheine ich zu lesen ... das sollte doch eigentlich andersrum sein.


    Für eine "Notfallliste" hätte ich genug Auswahl: Jean Paul auch, aber vor allem Proust ... allerdings will ich mir weder den einen noch den anderen für den Notfall aufsparen (wer weiß denn, ob Mifflins Idee wirklich funktioniert :smile:).


    Gruß, Gina

  • Aus Juan Carlos Onettis "Das kurze Leben" - ein weitgehend humorfreies Werk, deshalb umso wirkungsvoller:


    Zitat

    Während seine Töchter im Schatten des Flügels in englischer Sprache miteinander tuschelten, betrachtete er den Raum mit wachsamer Trauer, als suchte er die der Luft von der Geigenmusik beigebrachten Schäden abzuschätzen...


  • Aus Juan Carlos Onettis "Das kurze Leben" - ein weitgehend humorfreies Werk, deshalb umso wirkungsvoller:


    Das ist ein wenig positive Reklame für ein Buch, das seit einem gefühlten halben Jahrhundert in einer Regalecke verstaubt ... :redface: Ich hatte schon vergessen, dass ich es besitze. Mal schauen, ob ich es in diesem Jahr noch lesen werde. Deine bisherigen Einlassungen klingen nach einer Empfehlung.

  • Moin, Moin!


    Eben auf Twitter <a href="https://twitter.com/larifariabel/status/505409580126732288">gelesen</a>: "Vorteil von echten Büchern gegenüber Hörbüchern: Man wacht immer genau an der Stelle auf, an der man drüber eingepennt ist."


    Bonus: "Beschützt von Büchern, den Stützpfeilern meiner Einsamkeit, gegen die der Lärm der Menge brandete, existierte ich einzig für meine Ideen, meine innere Welt - Paradies und Hölle zugleich." (Henri- Frederic Blanc: Teufelei)

  • Moin, Moin!


    Die neugierige Brise pflegte an der Lektüre teilzunehmen und die Seiten unsanft umzublättern, um herauszufinden, wie es weiterging. (Vladimir Nabokov)


    Für ihn war die Traufhöhe seiner gestutzten Hecke das Maß aller grünen Dinge rundum. (Jens Sparschuh: Ende der Sommerzeit)


    "Hat er einen Unfall gebaut?" "Gebaut nicht. Aber gehabt." "Gebaut nicht, aber gehabt? Ist irgendwo ein Wörterbuch explodiert, daß mir heute lauter Wortklauber unterkommen?" (Wolf Haas: Komm, süßer Tod)

  • Moin, Moin!


    Ich lese zurzeit Robert Walsers "Der kleine Tierpark", ein Bestiarum, welches Köstliches beherbergt:


    "Lieber nicht zu stark von Tauglichkeit strotzen."


    "Gestern aß ich Speck mit Bohnen und dachte dabei an die Zukunft der Nationen, welches Denken mir nach kurzer Zeit deshalb mißfiel, weil es mir den Appetit beeinträchtigte."


    Seinen "Bärengrabenaufsatz" beendet er mit den "Mit dieser humanitätgetränkten Bemerkung willige ich darin ein, auf diesen Artikel die Falltüre herabfallen zu lassen, der Kreaturen enthält, die wertvoll genug zu sein scheinen, daß man gehörig auf sie acht gibt."


    Und daß Russland immer schon problematisch war, zeigt er mit: "Niemand aber kann sagen, welchen Lauf die russische Entwicklung nehmen wird und damit vielleicht die Weltentwicklung überhaupt."


    "Es muß gestanden sein, daß ich Sehnsucht nach einem Glas Bier habe, die ich mit unnachsichtlicher Rücksichtslosigkeit ausgleichen will."


    "Ein Haus stand da, das war so zart, als blinzle es mit seinen Augen, will sagen, mit seinen Fenstern."


    "Das ganze Gesicht drückt unaussprechliche Güte aus, nicht solche, der es leicht geht, sondern solche, die das Schwerste erfahren hat."


    Mehr wie immer <a href="http://www.buecherlei.de/miszellen/misz16.htm">bei mir zuhause</a>.

  • Moin, Moin!


    Der Protagonist in der ersten der neun Novellen bei Achim von Arnim leidet Liebesqualen, während er eine Bibliothek sortieren muß:


    Da sitz' ich nun so manchen Tag
    Ganz müßig vor den Schränken,
    Weil ich kein Buch mehr lesen mag,
    Weil mich die Worte kränken,


    Ich hör' kein Wort von ihm und ihr,
    Verschlossen ist die Kerkertür.
    Ich sehe voll Bewundrung an
    Dies schlechte Buch mit Schwanken,


    Wie einer so was schreiben kann,
    Ich kann's nicht überdenken,
    Ich denk' und schreib an ihn, an sie
    Und beug' zum Beten meine Knie.


    Wie soll ich Ordnung bringen hier
    In so viel tausend Bände,
    Des Feuers Ungeduld in mir,
    Wirft Blicke hin wie Brände,


    Es brennt in mir nach ihm, nach ihr,
    Verbrennen möcht' ich alles hier.
    Ich sprach wie jener Muselman
    Von den Bibliotheken,


    Was gut, im Koran traf ich's an,
    Das andre sind Scharteken:
    Was ich nicht find' in ihm, in ihr,
    Ist unwert, daß ich's registrier'.

  • (...)


    Als Malcollm sie in der Bar des House of Commons zum Tee einlud, wiederholte sie unverdrossen, sie sei interessiert an "gut Geschriebenem".


    "ich gehe davon aus, dass wir alle an gut Geschriebenen interessiert sind", sagte Malcolm, "Aber haben Sie irgendwelche besonderen literarischen Interessen?"


    Besondes gut Geschriebenes", sagte Vanessa starrköpfig.


    (...)


    Der beste Roman des Jahres von Edward St Aubyn

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)