Lese-Fundstück

  • habe ich bisher anscheinend immer übersehen/-hört. Möglicherweise mussten meine keuschen Augen erst durch Kafka-Lektüre auf solche Stellen vorbereitet werden:


    Ich mag sie gerne sehn, die allerliebsten Jungen;
    Was hält mich ab, daß ich nicht fluchen darf? -
    Und wenn ich mich betören lasse,
    Wer heißt denn künftighin der Tor?
    Die Wetterbuben, die ich hasse,
    Sie kommen mir doch gar zu lieblich vor! -


    Ihr schönen Kinder, laßt mich wissen:
    Seid ihr nicht auch von Luzifers Geschlecht?
    Ihr seid so hübsch, fürwahr ich möcht' euch küssen,
    Mir ist's, als kämt ihr eben recht.
    Es ist mir so behaglich, so natürlich,
    Als hätt' ich euch schon tausendmal gesehn;
    So heimlich-kätzchenhaft begierlich;
    Mit jedem Blick aufs neue schöner schön.
    O nähert euch, o gönnt mir einen Blick!
    ENGEL.
    Wir kommen schon, warum weichst du zurück?
    Wir nähern uns, und wenn du kannst, so bleib!

    [Goethe: Faust. Eine Tragödie (1. und 2. Teil), S. 609. Digitale Bibliothek Band 89: Die Bibliothek der Weltliteratur, S. 28054 (vgl. Goethe-HA Bd. 3, S. 354)]
    …..
    Auch könntet ihr anständig-nackter gehen,
    Das lange Faltenhemd ist übersittlich -
    Sie wenden sich - von hinten anzusehen! -
    Die Racker sind doch gar zu appetitlich!

    [Goethe: Faust. Eine Tragödie (1. und 2. Teil), S. 610. Digitale Bibliothek Band 89: Die Bibliothek der Weltliteratur, S. 28055 (vgl. Goethe-HA Bd. 3, S. 355)]


    Habt Ihr das bisher bewusst wahrgenommen? oder kennt Ihr Goethes Faust gar nicht?


    Gruß


    Hubert

  • Wieso hat Mephisto homoerotische Neigungen?


    Mephisto ist eine Frauenrolle (Ich bin der Geist der stehts verneint), die halt (zu oft) von einem Mann gespielt wird. Etwa so wie das Tanzmariechen im Rheinischen Karneval bis zur Nazizeit auch von einem Mann verkörpert wurde.

  • Mephisto ist eine Frauenrolle (Ich bin der Geist der stehts verneint), die halt (zu oft) von einem Mann gespielt wird. Etwa so wie das Tanzmariechen im Rheinischen Karneval bis zur Nazizeit auch von einem Mann verkörpert wurde.


    Man sollte die Mephistopheliden mit Tanzmariechen besetzen. Das wär mal was.


  • Liebe Fee,


    vielen Dank für den interessanten Spiegel-Artikel. Imo müsste man Dich wegen Deiner interessanten Postings direkt vom Jr. Member zum Sr. Member befördern.
    sandhofer: Ist das technisch machbar, oder geht’s hier mehr nach Quantität statt nach Qualität


    Gruß


    Hubert


  • Wieso hat Mephisto homoerotische Neigungen?


    Mephisto ist eine Frauenrolle (Ich bin der Geist der stehts verneint), die halt (zu oft) von einem Mann gespielt wird. Etwa so wie das Tanzmariechen im Rheinischen Karneval bis zur Nazizeit auch von einem Mann verkörpert wurde.



    Hallo Lost,


    ich kenne Dich immer noch zu wenig, um beurteilen zu können, ob Dein Posting als Gag gemeint ist. In diesem Fall hättest Du wieder einmal ein :zwinker: oder sogar ein :breitgrins: vergessen.


    Vielleicht war das hier aber auch gar nicht nötig und Du hast Recht?! Immerhin gibt es mehrere Regisseure die das genau so sehen z.B.


    Michael Bleiziffer in Trier:
    http://cms.trier.de/stadt-trie…ew.PK=19&Document.PK=9416


    oder
    Hermann Schein in Darmstadt:
    http://www.upmeyer.de/?p=327
    leider funktionieren hier die weiterführenden Links nicht mehr, deshalb:


    http://www.egotrip.de/theater/09/0902_faust.html


  • Hallo Lost,


    ich kenne Dich immer noch zu wenig, um beurteilen zu können, ob Dein Posting als Gag gemeint ist. In diesem Fall hättest Du wieder einmal ein :zwinker: oder sogar ein :breitgrins: vergessen.


    Vor ca. 10 Jahren habe ich in Frankfurt/Main beim "Osterspaziergang" einen Mephistomonolog gehört, von einer Schauspielerin dargestellt. Da ging mir ein Seifensieder auf (sagt man bei uns so). Sonst kenne ich den M. nur gespielt von Gründgens im Film. Wenn man sich genau anschaut, wie in diesem Film M. Faust umgarnt und umschmeichelt, dann ist hier eine Frauengestalt nicht abwegig.
    Vielleicht ist Goethe auch dramaturgisch in die katholische Falle getappt. Der Teufel muss zwar böse sein, so wie das Böse durch die Frau in die Welt gekommen ist, aber die Antisexualität führt dazu, dass ein Wesen, welches mit Gott um die Macht ringt, natürlich männlich sein muss (nur so ein Gedanke von mir).


    Ich bin vergesslich und Smilies vergesse ich gerne absichtlich.

  • Vor ca. 10 Jahren habe ich in Frankfurt/Main beim "Osterspaziergang" einen Mephistomonolog gehört, von einer Schauspielerin dargestellt. Da ging mir ein Seifensieder auf (sagt man bei uns so). Sonst kenne ich den M. nur gespielt von Gründgens im Film. Wenn man sich genau anschaut, wie in diesem Film M. Faust umgarnt und umschmeichelt, dann ist hier eine Frauengestalt nicht abwegig.
    Vielleicht ist Goethe auch dramaturgisch in die katholische Falle getappt. Der Teufel muss zwar böse sein, so wie das Böse durch die Frau in die Welt gekommen ist, aber die Antisexualität führt dazu, dass ein Wesen, welches mit Gott um die Macht ringt, natürlich männlich sein muss (nur so ein Gedanke von mir).


    Hallo Lost,


    ich weiß nicht recht. Mephisto ist ja in erster Linie als intellektueller Verführer angelegt, der Faust mit der Aussicht auf wissenschaftliche Erkenntnis ködert, und ich glaube nicht, dass man sich aufklärerischen Wissensdrang und verführerischen Intellekt zu Goethes Zeiten durch eine Frau verkörpert vorstellen konnte. Ein weiblicher Mephisto ist wohl eher eine moderne Neuinterpretation - aber warum auch nicht.


    Hubert,


    vielen Dank für das nette Kompliment. :smile:


    Viele Grüße von der Fuselfee


  • Mephisto ist eine Frauenrolle.


    Wenn man sich genau anschaut, wie ... M. Faust umgarnt und umschmeichelt, dann ist hier eine Frauengestalt nicht abwegig.


    Moin Lost,


    abwegig nicht, aber die Namensendung (Mephistopheles) deutet mWn. eher auf ein männliches "Konstrukt" hin (sonst hieße der Geist, der stets verneint, wohl Mephistophela).


    Andererseits scheint es mir, dass Mephisto als asexuelle, meinetwegen auch hermaphroditische oder geschlechtsneutrale Figur angelegt ist - weniger ein Individuum als vielmehr ein Prinzip, eben das Böse, die Versuchung o.ä.


    LG


    Tom

  • Moin Lost,


    abwegig nicht, aber die Namensendung (Mephistopheles) deutet mWn. eher auf ein männliches "Konstrukt" hin (sonst hieße der Geist, der stets verneint, wohl Mephistophela).


    Andererseits scheint es mir, dass Mephisto als asexuelle, meinetwegen auch hermaphroditische oder geschlechtsneutrale Figur angelegt ist - weniger ein Individuum als vielmehr ein Prinzip, eben das Böse, die Versuchung o.ä.


    Der Geheimrat hat sich bestimmt gründliche Gedanken über seine Figuren gemacht. Aber ich möchte dann doch der Minderheit beipflichten, die im Theater nicht nur das Bemühen würdigt, den Vorstellungen der Dichter möglichst nahe zu kommen, sondern die der Vielschichtigkeit der Figuren und ihrer Wandlung in der Zeit nachspürt.


  • Aber ich möchte dann doch der Minderheit beipflichten, die im Theater nicht nur das Bemühen würdigt, den Vorstellungen der Dichter möglichst nahe zu kommen, sondern die der Vielschichtigkeit der Figuren und ihrer Wandlung in der Zeit nachspürt.


    Meinst Du wirklich, dass es sich dabei um eine Minderheit handelt? Mein (zugegeben subjektiver und gefühlter) Eindruck ist ein anderer, nämlich dass man den Modernisierern kaum entkommen kann, ob man möchte oder nicht.


    LG


    Tom

  • Ich habe - weder im ersten noch im zweiten Teil des Faust - Mephistofeles eigentlich nie als asexuelles Wesen wahrgenommen. Man kann intellektuell sein und sexuell zur gleichen Zeit, oder?

    (Dass überhaupt Artikel zum Thema "Bisexueller bzw. schwuler Goethe" geschrieben wurden ... Schon als das zum ersten Mal herumgeisterte, konnte ich mich über so viel Dummheit bzw. Mediengeilheit nicht mal ärgern ... :schnarch: )

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Man kann intellektuell sein und sexuell zur gleichen Zeit, oder?


    Ja. Ich verstehe "asexuell" nicht als zwingende Ergänzung zu "intellektuell", sondern als geschlechtsneutral. Deshalb ist die Besetzung der Mephisto-Rolle mit einer weiblichen Schauspielerin für mich in keinster Weise provozierend oder innovativ, sondern einfach nur eine interessante Variante.

  • Zitat

    Dass überhaupt Artikel zum Thema "Bisexueller bzw. schwuler Goethe" geschrieben wurden ... Schon als das zum ersten Mal herumgeisterte, konnte ich mich über so viel Dummheit bzw. Mediengeilheit nicht mal ärgern ...


    Da meinen wir wohl zwei verschiedene Artikel. Der, den ich meine und verlinkt habe, kritisiert die Dummheit und Mediengeilheit einer in den Neunzigern erschienenen Monographie, die sich mit dem Thema "Bisexueller bzw. schwuler Goethe" befasste.

  • Da meinen wir wohl zwei verschiedene Artikel. Der, den ich meine und verlinkt habe, kritisiert die Dummheit und Mediengeilheit einer in den Neunzigern erschienenen Monographie, die sich mit dem Thema "Bisexueller bzw. schwuler Goethe" befasste.


    Bei uns wird herum erzählt, dass in unserem Schloss sowohl Napoleon, als auch Goethe übernachtet haben. Ich habe mich schon länger gefragt, ob sie hier zusammen die Nacht verbracht haben. (für Hubert: :zwinker:)

  • Bei uns wird herum erzählt, dass in unserem Schloss sowohl Napoleon, als auch Goethe übernachtet haben. Ich habe mich schon länger gefragt, ob sie hier zusammen die Nacht verbracht haben. (für Hubert: :zwinker:)


    Die wussten eben noch, wie man sich die Zeit vertreibt, wenn man keinen Handyempfang hat und im Fernsehen nur der Geschichtskanal funktioniert.


    Ähem: :zwinker:


  • Ich habe - weder im ersten noch im zweiten Teil des Faust - Mephistofeles eigentlich nie als asexuelles Wesen wahrgenommen.


    Unser kleines Faust-Geplänkel hat bei mir dazu geführt, das Werk auf die Wiederholungsliste des laufenden Jahres zu setzen. Mal sehen, ob die Jahrzehnte alten Sichtweisen ins Wanken geraten.

  • Moin Lost,


    abwegig nicht, aber die Namensendung (Mephistopheles) deutet mWn. eher auf ein männliches "Konstrukt" hin (sonst hieße der Geist, der stets verneint, wohl Mephistophela).




    Heute morgen beim Lesen von Heinrich Heines Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem... entdeckt:


    http://www.zeno.org/Literatur/…anzpoeme/Der+Doktor+Faust


    Faust ist anfänglich darob befremdet, daß der beschworene Teufel Mephistopheles keine unheilvollere Gestalt annehmen konnte als die einer Ballettänzerin, doch zuletzt gefällt ihm diese lächelnd anmutige Erscheinung, und er macht ihr ein gravitätisches Kompliment. Mephistopheles oder vielmehr Mephistophela, wie wir nunmehr die in die Weiblichkeit übergegangene Teufelei zu nennen haben, erwidert parodierend das Kompliment des Doktors und umtänzelt ihn in der bekannten koketten Weise. Aus dem Ersten Akt.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)