Grimmelshausen - Abenteuerlicher Simplicissimus

  • Hallo zusammen!


    Der Traum hat Anteile einer Parabel, auch wenn viel Gesellschaftskritik unverschlüsselt dargestellt wird.
    Die Kritik am Adel finde ich noch erwähnenswert und die Erkenntnis Grimmelshausens, dass die im Adel geborenen unfaire Vorteile haben, denn sie fangen nicht im Wurzelwerk an, sondern schon oben in der Baumkrone und sind deshalb nicht so abgearbeitet, bis sie oben ankommen. Der Aufstieg in höchste Höhen ist nach seiner Darstellung nicht - oder nur in extremen Ausnahmen - möglich, und das unabhängig von den Fähigkeiten eines Menschen.
    Für jemanden, der in einem feudalen System lebt, eine geradezu revolutionäre Aussage.


    Ich habe außer dem Kommunistischen Manifest nichts von Marx gelesen. Nimmt Marx jemals Bezug auf Grimmelshausen?


    Gruß
    Atomium

  • Hallo zusammen,
    ich wollte mich nur kurz melden. Ich habe vor ein paar Tagen das erste Buch abgeschlossen, muß mich jetzt allerdings erst um meine Hausarbeit und damit um Eichendorffs satirische Novelle 'Auch ich war in Arkadien' kümmern. Etwa Mitte nächster Woche werde ich wohl damit fertig sein und dann voll zu Euch stoßen.
    Gruß
    Berch

  • Hallo zusammen,


    Harald hat geschrieben:
    Er hat aber auch einige Romane im Stil der damals gängigen Literatur geschrieben, u.a. "Der keusche Joseph" - der erste Josephsroman der deutschen Literatur! Den werde ich mir bei Gelegenheit besorgen, wenn er überhaupt zu beschaffen ist. Mich würde schon interessieren, wie der sich von den simplizianischen Schriften unterscheidet.


    Notfalls kann man den „keuschen Joseph“ von Grimmelshausen auch hier nachlesen:
    http://gutenberg.spiegel.de/grimmels/joseph/joseph.htm


    Ist vielleicht ganz interessant beim Bibelprojekt, wenn wir an die Josefgeschichte kommen.


    Natürlich kann Simplicissimus eine solche Vision nicht haben, es ist Grimmelshausens Sicht. So psychologisch-realistisch schrieb man zu Grimmelshausens Zeiten noch nicht.


    Genau das ist mein Problem, ich bin mir auch nie sicher wer das Erzähler-Ich ist, der 9-jährige Hirtejunge (das Alter habe ich jetzt so aus dem Roman herausgelesen), der Simplicissimus am Ende seines Weges, der seine Abenteuer niederschreibt, oder Grimmelshausen – anscheinend wechselt das öfter mal?



    Atomium hat geschrieben:
    Ich habe außer dem Kommunistischen Manifest nichts von Marx gelesen. Nimmt Marx jemals Bezug auf Grimmelshausen?


    Ich habe im „Kapital“ auch keinen Hinweis auf Grimmelshausen gefunden. Aber das heißt ja nichts. Hölderlin hat auch nie Bezug auf Grimmelshausen genommen und doch habe ich jetzt meinen Lieblingssatz aus dem „Hyperion ....“ im „Simplicissimus“ gefunden („Wenn die Not am größten ......“)



    Berch hat geschrieben:
    Etwa Mitte nächster Woche werde ich wohl damit fertig sein und dann voll zu Euch stoßen.


    Schön, Berch, ich hatte schon befürchtet, Du bist abgesprungen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch Polly?


    Grüße von Hubert

  • Hallo zusammen,


    im ersten Satz heißt es ..... ....(von welcher man glaubt, daß es die letzte sei)....


    meine Suche im Netz ergab, dass es sich um das Jahr 1622 handeln könnte und der Schlacht bei Höchst. Ganz verstanden habe ich es aber nicht. Wißt ihr etwas darüber?


    Zitat von "Hubert"

    Ich finde auch, die Grausamkeit des Krieges kommt gut rüber, daneben ist das Buch aber auch voller Humor und ich kann mir vorstellen, dass die Zeitgenossen öfter laut gelacht haben. Wir sind da natürlich durch Ingo Appelt, Michael Mittermeier & Consorten etwas abgestumpft.


    er nimmt den Adel auf die Schippe O edels Leben! (du mögst wohl Eselsleben sagen) und denkt doch, daß auch er von Adel ist.


    Ernst und Schelm geben sich die Hand in den ersten 4 Kapiteln.


    Das Hirtenamt sei ein Vorbereitung und Anfang zum Regiment


    Ich glaube in diesem Roman könnte Ernst, Ironie, Paradie, Sarkasmus - alles in allem zu finden sein.


    und trotzdem komm ich nicht so recht rein in die Geschichte. Ich finde keinen Leserhythmus

    Zitat


    Ich wundere mich wie belesen Grimmelshausen war, der zitiert ja so ziemlich aus allem was bis dahin geschrieben war, das hätte ich so nicht erwartet.


    die Bibel, Odyssee, andere Mythen - ist schon beeindruckend.


    hier mal ein Bild von einer Sackpfeife, da ich aus Oberschwaben komme, nicht ganz unbekannt:


    http://isnet-ev.de/privat/wbenz/musik/dudelsac/dudelsac.htm


    Das Lied das er von seiner Meuder gelernt bekam, ist sehr erdverbunden, erschien mir wie ein Dankgebet an die Erde.


    Ich weiß immer noch nicht, ob ich weiterlesen soll :rollen:
    mit der Sprache tu ich mich doch sehr schwer.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen!


    Ich habe gerade in einem anderen Strang auf die Frage geantwortet, woher der Begriff "böhmische Dörfer" kommt und dachte, das passt auch hierher:


    Ich habe bei Lutz Röhrich nachgesehen (s. http://www.ub.fu-berlin.de/dat…gibibl/lex_redensart.html), Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten - das ich im übrigen sehr empfehlen kann.


    Demnach kommt der Ausdruck von den für deutsche Zungen schwierig auszusprechenden tschechischen Namen der böhmischen Dörfer. Während des Dreissigjährigen Krieges wurden aber soviele böhmische Dörfer zerstört, dass es fast keine mehr gab. Dadurch bekam das Sprichwort eine zusätzliche Bedeutung.


    Grimmelshausen wird bei Lutz Röhrich häufig zitiert, wohl weil er eine frühe Quelle ist.


    Eine weitere Redensart, die mir auffiel, ist "etwas anschauen wie die Katze das neue Scheuertor". Ich kannte das Sprichwort bislang nur mit einer Kuh. Es scheint mir auch wahrscheinlicher, dass der Bauer sich Gedanken über den Gemütszustand seiner Kuh macht, als über den der Katze. Falls die Kuh sich weigert, durch das neue Scheunentor zu treten, hat er auch ein größeres Problem.


    Röhrich zitiert Grimmelshausen mit der Katze, hat aber auch keine Erklärung.


    Ich finde es faszinierend, wie viele Redensarten Grimmelshausen verwendet, den Röhrich habe ich jetzt fest an meinem Leseplatz installiert.


    Ich habe jetzt das erste Buch beendet. Simpel ist Page beim "Gubernator" und macht die ersten groben Fehler.


    Grüße
    Atomium

  • Wenn ich auch als Nicht-Mitleser meinen Senf dazugeben darf ....


    Zur Frage der Pseudonyme im Barock fällt mir der wohl berühmteste Barockschriftsteller überhaupt ein: William Shakespeare.

  • Ihr Lieben,


    nein, ich fehle nicht, ich bin dabei, aber mir geht es ähnlich wie JMaria, in dieser Sprache fällt mir das Lesen etwas schwer.
    Entweder interpretiere ich die „Fremdwörter“ aus dem Bauch heraus und lese ein Kapitel zu Ende, ehe ich hinten die Erklärungen nachschlage, oder ich blättere ständig vor und zurück, was natürlich nicht wirklich Spaß macht.


    Inhaltlich ist der Simplicissimus auch alles andere als simpel. Mich stoßen die Beschreibungen der Folterungen echt ab, und es fällt mir schwer, dem Protagonisten seine Naivität abzunehmen. Selbst der größte Tölpel merkt doch, ob jemand leidet oder lacht, wenn er gekitzelt wird.
    Bei seinem Einsiedel ist er ja zumindest in der Lage, lesen und schreiben zu lernen, und das in relativ kurzer Zeit.


    Genau das ist mein Problem, ich bin mir auch nie sicher wer das Erzähler-Ich ist, der 9-jährige Hirtejunge (das Alter habe ich jetzt so aus dem Roman herausgelesen), der Simplicissimus am Ende seines Weges, der seine Abenteuer niederschreibt, oder Grimmelshausen – anscheinend wechselt das öfter mal?


    Das geht mir auch so, Hubert.


    Schwer nachzuvollziehen finde ich auch die diversen Überfälle/Kriegshandlungen. Sind da mehrere Kriege gleichzeitig? Wer kämpft da gegen wen?


    Ich habe mir diese Woche schnell noch die von Harald erwähnte Monografie bestellt, sie sollte Montag da sein. Hoffentlich hilft mir die weiter.


    Jetzt werde ich noch ein paar Kapitel lesen, damit ich nicht zu sehr hinterher hinke.


    Liebe Grüße,


    Polly

  • Hallo zusammen,


    Maria hat gepostet:
    im ersten Satz heißt es ..... ....(von welcher man glaubt, daß es die letzte sei)....


    meine Suche im Netz ergab, dass es sich um das Jahr 1622 handeln könnte und der Schlacht bei Höchst. Ganz verstanden habe ich es aber nicht. Wißt ihr etwas darüber?


    Meiner Meinung nach befinden wir uns zu Beginn des Romans Ende 1631 oder Anfang 1632. Im 18. Kapitel verlässt Simplicissimus den Wald und kommt nach Hanau. Wir erfahren, dass dies nach der Schlacht von Nördlingen geschieht. Diese Schlacht bei der die Schweden unter Herzog Bernhard von Weimar geschlagen wurden fand am 6. Sept. 1634 statt. Vorher war Simplicissimus zwei Jahre mit dem Einsiedel zusammen und noch mal mehr als ein halbes Jahr allein im Wald (erfährt man Anfang des 11. Kapitels).


    Das Jahr 1622 ist Grimmelshausens Geburtsjahr. Im Roman spielt es auch eine Rolle. Im 22. Kapitel, in dem wir erfahren „Wer der Einsiedel gewesen, dessen S. genossen“ erzählt der Pfarrer, dass der Einsiedel nach der Schlacht von Höchst (am 22. Juni 1622, bei der Tilly den Herzog Christian von Braunschweig schlug), sich entschloss, sein bisheriges Leben aufzugeben und in die Waldeinsamkeit zu gehen. Vermutlich (ich will aber nichts vorgreifen) ist auch S. (wie sein Autor) 1622 geboren, er wäre dann zu Beginn des Romans 9 oder 10 Jahre alt.



    Vielen Dank, Maria, für den Link mit der Sackpfeife.


    Mit der Sprache tue ich mir auch noch etwas schwer. Wahrscheinlich hätte man vor Grimmelshausen nicht Dos Passos bzw. Virginia-Woolf lesen dürfen. Das Dekameron, Der Don Quixote, Brants Narrenschiff, der Eulenspiegel oder ein paar Schwänke von Hans Sachs hätten sicher eher geholfen in Grimmelshausens Roman reinzufinden.



    Atomium hat gepostet:
    Ich finde es faszinierend, wie viele Redensarten Grimmelshausen verwendet


    Vielen Dank, Atomium, für den Hinweis auf Röhrich. Ich denke Grimmelshausen verwendet die Redensarten nicht nur, sondern begründet sie zumindest teilweise auch?


    Polly hat gepostet:
    Schwer nachzuvollziehen finde ich auch die diversen Überfälle/Kriegshandlungen. Sind da mehrere Kriege gleichzeitig? Wer kämpft da gegen wen?


    Hallo Polly,


    es freut mich, dass Du doch noch dabei bist. Die Kriegshandlungen sind nicht nur im Roman schwer nachzuvollziehen, sondern wurden damals vom größten Teil der Bevölkerung nicht durchschaut. Tatsächlich war der 30-jährige Krieg nicht ein Krieg, sondern mehrere Kriege, die zum Teil gleichzeitig, zum Teil nacheinander stattfanden. Zu Beginn des 19. Kapitels, findet Simplicissimus.. z.B. Gelnhausen menschenleer und erfährt, dass „kaiserliche Völker etliche Weimarische überrumpelt“
    Hier haben also Truppen des österreichischen Kaiserreiches, das hessische Gelnhausen (hier hielten sich zeitweise weimarische Dragoner auf) geplündert. Auf Seiten der Österreicher kämpften z.B. die Bayern, wohingegen die Hessen und Weimarer auf Seiten der Schweden kämpften.


    Gruß von Hubert


  • Hallo zusammen!
    Hallo Polly


    Zitat von "Polly"

    nein, ich fehle nicht, ich bin dabei, aber mir geht es ähnlich wie JMaria, in dieser Sprache fällt mir das Lesen etwas schwer.


    Durchhalten, Polly, durchhalten! :breitgrins: Zugegeben: Das Zeitalter des Barock ist wohl ganz am Rand dessen, was uns heute (= zu Beginn des 3. Jahrtausends) noch intiutiv zugänglich ist.


    Zitat

    Inhaltlich ist der Simplicissimus auch alles andere als simpel.

    Das sollte er wohl auch nie sein. Grimmelshausen war ein belesener Mann und zeigte sein Wissen auch sehr gerne ...


    Zitat

    Mich stoßen die Beschreibungen der Folterungen echt ab,


    Das war wohl auch der Zweck des Autors. Daneben allerdings müssen wir im Hinterkopf behalten, dass Grimmelshausens Zeit bedeutend weniger delikat war.


    Zitat

    und es fällt mir schwer, dem Protagonisten seine Naivität abzunehmen. Selbst der größte Tölpel merkt doch, ob jemand leidet oder lacht, wenn er gekitzelt wird.


    Es handelt sich ja um Satire, d.h., der Autor übertreibt schamlos. Das soll den Leser ja auch zum Nachdenken anreizen. Simpel gesagt: Merken wir wirklich jedesmal, ob eine/r leidet oder echt lacht, wenn wir einen dummen Witz über ihn/sie machen? Gerade Kinder, das hat Grimmelshausen gut beobachtet, können sehr gedankenlos und grausam sein ...


    Zitat

    Genau das ist mein Problem, ich bin mir auch nie sicher wer das Erzähler-Ich ist, der 9-jährige Hirtejunge (das Alter habe ich jetzt so aus dem Roman herausgelesen), der Simplicissimus am Ende seines Weges, der seine Abenteuer niederschreibt, oder Grimmelshausen ? anscheinend wechselt das öfter mal?


    Ob das von Grimmelshausen absichtlich so geschrieben wurde, oder ob es ihm quasi 'passiert' ist?


    Zitat

    Schwer nachzuvollziehen finde ich auch die diversen Überfälle/Kriegshandlungen. Sind da mehrere Kriege gleichzeitig? Wer kämpft da gegen wen?


    Im Geschichtsbuch wars eigentlich nur 1 Krieg. Aus der Sicht der einfachen Bevölkerung zur Zeit Grimmelshausens war es aber wohl wirklich so, dass die Kriegshandlungen nicht nachvollziehbar waren. Sind sie es wirklich je? (Ich habe selten einen pazifistischeren Roman gelesen als den 'Simplicius'.)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "Hubert"

    Hallo zusammen,


    Simplicius' Traum (Mitte 15. Kapitel bis Mitte 18. Kapitel) lässt mich etwas ratlos zurück, muss ich wohl nochmals lesen, oder habt ihr eine gute Deutung für das Geträumte parat?


    Gruß von Hubert


    Hallo zusammen,


    Harald und Atomium haben bereits den Traum erklärt. Hab ich jetzt auch so gesehen. Der Traum erfolgte ja nachdem diese Bauern mit den Soldaten zusammentrafen, als diese Soldaten ihren überlebenden Kamerad aus dem Faß ausbuddelten. Dieser Hass muß sich so nachhaltig
    in Simpel eingeprägt haben, dass diese Vision folgte. In meinem Anhang steht darin, dass es auch Auswirkungen auf spätere Ereignisse haben wird.


    Die Atmosphäre wirkt sehr brutal auf mich, kommt erschreckend rüber.


    Zitat von "Polly"


    Entweder interpretiere ich die „Fremdwörter“ aus dem Bauch heraus und lese ein Kapitel zu Ende, ehe ich hinten die Erklärungen nachschlage, oder ich blättere ständig vor und zurück, was natürlich nicht wirklich Spaß macht.


    das wirkt sich bei mir auch auf den Lesefluss negativ aus. *seufz*


    danke Atomium für die Begriffserklärung zu "böhmische Dörfer"


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    Sandhofer hat gepostet:
    Im Geschichtsbuch wars eigentlich nur 1 Krieg. Aus der Sicht der einfachen Bevölkerung zur Zeit Grimmelshausens war es aber wohl wirklich so, dass die Kriegshandlungen nicht nachvollziehbar waren. Sind sie es wirklich je? (Ich habe selten einen pazifistischeren Roman gelesen als den 'Simplicius'.)


    Der 30-jährige Krieg, einer der verheerendsten in der europäischen Geschichte, wird in der Regel in vier Phasen eingeteilt:
    in den Böhmisch-Pfälzischen Krieg (1618-1625),
    den Dänisch-Niedersächsischen Krieg (1625-1629),
    den Schwedischen Krieg (1630-1635)
    und den Französisch-Schwedischen Krieg (1635-1648).


    Da Grimmelshausen vom deutschen Krieg spricht, wird er wohl die Machtkämpfe der europäischen Völker in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht ganz durchschaut haben.


    Grimmelshausen, ein Pazifist? Ja, Sandhofer, da gebe ich Dir recht. In seinem „Satyrischen Pilgram“ weist Grimmelshausen schon auf den „Antikriegsroman“ Simplicissimus hin:
    Ich gestehe gern, dass ich den hundersten Theil nicht erzählet, was Krieg vor ein erschreckliches und grausames Monstrum sei ..... Mein Simplicissimus wird dem günstigen Leser mit einer andern Manier viel Particularitäten von ihm erzählen ...“


    Der „Simplicissimus“ also eine epische Fortführung des pazifistischen Diskurses aus dem „Satyrischen Pilgram“?


    Maria hat gepostet
    Harald und Atomium haben bereits den Traum erklärt. Hab ich jetzt auch so gesehen. Der Traum erfolgte ja nachdem diese Bauern mit den Soldaten zusammentrafen, als diese Soldaten ihren überlebenden Kamerad aus dem Faß ausbuddelten. Dieser Hass muß sich so nachhaltig
    in Simpel eingeprägt haben, dass diese Vision folgte


    Schön, Maria, dass Du jetzt doch zu uns gestoßen bist. Mein Verständnisproblem bei dem Traum war: wie kann der Simpel zu diesem Zeitpunkt, die ständische Gesellschaftsordnung durchschauen und richtig beurteilen? –Antwort: Kann er natürlich nicht, das ist Grimmelshausen, nicht der Simpel.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen,
    Hallo Hubert


    Zitat

    Maria hat gepostet:
    im ersten Satz heißt es ..... ....(von welcher man glaubt, daß es die letzte sei)....


    meine Suche im Netz ergab, dass es sich um das Jahr 1622 handeln könnte und der Schlacht bei Höchst. Ganz verstanden habe ich es aber nicht. Wißt ihr etwas darüber?


    Das Jahr 1622 ist Grimmelshausens Geburtsjahr. Im Roman spielt es auch eine Rolle. Im 22. Kapitel, in dem wir erfahren „Wer der Einsiedel gewesen, dessen S. genossen“ erzählt der Pfarrer, dass der Einsiedel nach der Schlacht von Höchst (am 22. Juni 1622, bei der Tilly den Herzog Christian von Braunschweig schlug), sich entschloss, sein bisheriges Leben aufzugeben und in die Waldeinsamkeit zu gehen. Vermutlich (ich will aber nichts vorgreifen) ist auch S. (wie sein Autor) 1622 geboren, er wäre dann zu Beginn des Romans 9 oder 10 Jahre alt.


    danke Hubert.
    da ich bald zum 22. Kapitel komme, werde ich darauf achten.


    Zitat


    Atomium hat gepostet:
    Ich finde es faszinierend, wie viele Redensarten Grimmelshausen verwendet


    ich achte auch vermehrt darauf, wie z.B.


    Es ist kein Schwert das schärfer schiert,
    Als wenn ein Baur zum Herren wird.

    Zitat


    Da Grimmelshausen vom deutschen Krieg spricht, wird er wohl die Machtkämpfe der europäischen Völker in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht ganz durchschaut haben.


    und doch deutet er den Krieg der in Europa herrschte an (falls ich es richtig verstanden habe) und zwar in diesem Traum mit dem Baum, auch wenn er sich dann auf das deutsche Volk beschränkt:


    Als ich so zusah, bedeuchte mich, alle diejenigen Bäume, die ich sah, wären nur ein Baum, auf dessen Gipfel saß der Kriegsgott Mars, und bedeckte mit des Baums Ästen ganz Europam; wie ich dafürhielt, so hätte dieser Baum die ganze Welt überschatten können....


    Zitat von "Hubert"

    Mein Verständnisproblem bei dem Traum war: wie kann der Simpel zu diesem Zeitpunkt, die ständische Gesellschaftsordnung durchschauen und richtig beurteilen? –Antwort: Kann er natürlich nicht, das ist Grimmelshausen, nicht der Simpel.


    alles ist doch von Grimmelshausen. Ich versteh deinen Gedankengang jetzt nicht ganz. Grimmelshausen will dem Leser etwas vermitteln und benutzt sein Wissen, eine gewisse Übertreibung ... und baut das in seinen Simplicissimus ein. Natürlich kann S. das System noch nicht durchschauen, aber erklärungsweise hat es Grimmelshausen in diesen Traum eingebaut. Zu Beginn seines Traumes sagt er:


    Überdas lagen mir die Sachen, so ich denselben Tag gehöret und gesehen, ohn Unterlaß im Sinn, ich dachte nicht so viel um Essenspeis und meiner Erhaltung nach, als derjenigen Antipathia, die sich zwischen Soldaten und Bauren enthält, doch konnte meine Alberkeit nichts ersinnen, als daß ich schlop, es müßten ohnfehlbar zweierlei Menschen in der Welt sein... weil sei einander so grausam verfolgen.


    er gab zu, er konnte sich diese Antipathie nicht erklären. Dann beginnt der Traum oder ich sag mal Vision.


    Ich finde diese Vorgehensweise Grimmelshausen sehr schlüssig.
    Als Simplicissimus aufwacht, erwähnt er den Traum nicht mehr. Vielleicht kann er sich auch garnicht mehr bewußt daran erinnern, vielleicht auch erst zu einem späteren Zeitpunkt.

    Kapitel 19:
    Simplicissimus kommt verwahrlost in Hanau an, doch innerlich ist er bereit für die Welt. Besser gerüstet als dieser Soldat, den S. weder als Mann noch als Frau identifizieren kann. Ich hab mich köstlich über diesen Satz amüsiert:

    Simpl.:
    Ach mein lieber Hermaphrodit, laßt mir doch mein Gebetbüchlein"
    Soldat:
    Du Narr.., wer Teufel hat dir gesagt, daß ich Hermann heiße?" ....


    Befahl darauf zweien Soldaten, mich zum Gubernator zu führen..., weil der Phantast ohnedas, wie ich gleich merkte, selbst weder lesen noch schreiben konnte.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    Maria hat gepostet:
    und doch deutet er den Krieg der in Europa herrschte an (falls ich es richtig verstanden habe) und zwar in diesem Traum mit dem Baum, auch wenn er sich dann auf das deutsche Volk beschränkt:


    Ja, natürlich kennt Grimmelshausen den Krieg, er hat ihn ja am eigenen Leib erlebt. Aber in dem Traum geht es ja nur um Kritik an Standesunterschiede etc. Kein Wort über die Ursachen des Krieges, kein Wort darüber, warum Österreich, Schweden, Frankreich, Spanien usw. ihren Streit auf deutschem Boden austragen.


    alles ist doch von Grimmelshausen. Ich versteh deinen Gedankengang jetzt nicht ganz.


    Mein Einwand war als Kritik am nicht erkennbaren Wechsel der Erzählperspektive gedacht. Aber natürlich hat man in der Barockzeit noch nicht auf solche Sachen geachtet. Tatsächlich ging es damals in der Literatur nicht darum nur zu erzählen (unterhalten), sondern um Belehrung der Lesenden, deshalb ziehe ich meine Kritik auch wieder zurück.


    Bildmonographie von Curt Hohoff
    Habe ich mir jetzt auch zugelegt. Für den Preis wirklich empfehlenswert. Allein die Abbildungen sind das Geld wert. Ich habe auch schon etwas darin geschmökert. Kann es sein, dass da manchmal Offenbach und Offenburg verwechselt werden. z. B. S. 38 oben: .“... spielen in der Umgebung Offenbachs und setzen Vertrautsein mit dem damals noch wilden Rheinstrom voraus.“ Meiner Meinung nach war Offenbach, auch zu Zeiten des wilden Rheinstroms, nicht an diesem, sondern am Main gelegen. Offenburg, in der oberrheinischen Tiefebene, könnte aber durchaus mit den alten Rheinarmen in Verbindung gebracht werden?


    Gruß von Hubert


  • Hallo zusammen,


    in der rororo-Monographie fand ich jetzt eine Stelle (S. 20 unten), die genau das wiedergibt, was ich bisher auch so empfunden haben: Grimmelshausen hat eine christliche Gesinnung,. kritiisiert aber die Kirche, die seiner Meinung nach, wenig mit dem Christentum zu tun hat:


    "Simplicius entdeckt viele Formen der Abgötterei bei den Christen; das gibt in Kaptiel 25, Anlaß zu einer moralischen Tirade, wie das Zeitalter sie liebte. Auf Vorhaltungen weiß der geistliche Herr nichts Besseres zu antworten, als dass die Apostel Christi, wenn sie mit der gleichen Frage auf die Welt kämen, so wie du von jedermann für Narren gehalten würden."


    Wie sind Eure Eindrücke zu diesem Thema?


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen!
    Hallo Hubert!


    Warum muss denn der Wechsel der Erzählperspektive erkennbar sein? Vielleicht ist dies gerade ein Merkmal der Genialität Grimmelshausens, dass er die Perspektive unvermerkt ändert und so den Leser aufs Glatteis führt.


    Wie war es eigentlich in der Malerei? Wenn ich mich recht erinnere, hat man ungefähr zu jener Zeit die perspektivische Darstellung 'erfunden', oder?


    Auch in der Musik hat doch zwischen Bach und Händel so etwas wie ein Perspektivenwechsel stattgefunden? Besser vielleicht: ein Paradigemenwechsel. Das war zwar nach Grimmelshausen, für mich ist es aber ein weiterer Hinweis darauf, welcher Umschlag im Barock und im 'Simplicius' stattgefunden hat. Hier beginnt das moderne Denken in seiner Zerrissenheit und inneren Mehrstimmigkeit.


    Grüsse


    Sandhofer


    (der immer noch unschlüssig ist, ob er nun den Grimmelshausen nicht doch noch lesen soll)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,
    hallo Sandhofer,


    Du hast gepostet:
    Warum muss denn der Wechsel der Erzählperspektive erkennbar sein? Vielleicht ist dies gerade ein Merkmal der Genialität Grimmelshausens, dass er die Perspektive unvermerkt ändert und so den Leser aufs Glatteis führt.


    Ja, Du hast recht und ich habe meine Kritik inzwischen auch zurück gezogen.



    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen,


    in den Kapitel 9 bis 12 des 2. Buches, für mich die bisher besten, benützt Grimmelshausen, m.M. nach wieder seinen Simpel um der höfischen Gesellschaft seine Meinung zu sagen. Simplicius setzt hier als vermeintlicher Narr, unverblümt Grimmelshausens Wissen und Lebenserfahrung ein, das es eine wahre Freude ist.z.B. wenn er im 9. Kapitel die modische Schönheit einer Hofdame des Gubernators geißelt, oder mit beißender Ironie im 10. Kapitel den Secretarius, der die Heldentaten des Adels rühmt, kritisiert, und im 11. Kapitel sogar den Gubernator, seinen Herrn, angreift und ihn über die Gefahren des Herrschens satirisch gekonnt, belehrt und schließlich im 12. Kapitel über die Vernunft der Tiere referiert, ja das steht m. M. nach der Satire eines Swift nicht nach, obwohl mehr als 50 Jahre vorher geschrieben. Wie habt ihr das empfunden?


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen


    Bisher war es unsicher, ob ich die Zeit dazu finden würde, den Simplicissimus mit Euch zu lesen, aber gestern habe ich einfach mal angefangen und ich hoffe, daß ich auch dabeibleiben kann.
    Vorher war ich noch in der Bücherei um mich nach etwas Sekundärliteratur umzusehen und bin dabei auf ein Büchlein über Grimmelshausen von Günther Weydt gestoßen. Ein Kapitel darin hat mich besonders fasziniert. Darin beschäftigt sich der Autor mit der Struktur des Romans unter astrologischen Gesichtspunkten.


    Zu Grimmelhausens Zeit war man es gewohnt, "alle Phänomene des Makro- und Mikrokosmos, der Natur, des Schicksals, des Leiblichen , Geistigen und Seelischen den sieben Planeten zuzuordnen. Dementsprechen erhalten die Teile des simplicianischen Werkes jeweils ihre Färbung und Bedeutung, wenn auch selbstverständlich nicht in allen Einzelheiten." ..."Im "Simpl." gibt es 7 Planetenabschnitte in der Reihenfolge Saturn, Mars, Sonne, Jupiter, Venus, Merkur, Mond. Sie zeigt große Ähnlichkeit mit dem sogenannten chaldäischen oder ptolemäischen Planetensystem: Saturn, Jupiter, Mars, Sonne Venus, Merkur, Mond." (Weydt)
    Daß Grimmelshausen den Jupiter in die Mitte verschoben hat erklärt Weydt zum einen mit künstlerischer Freiheit, daß es so zum Lebenslauf des Simplex einfach besser paßt; zum anderen, daß sich Grimmelshausen damit vielleicht selbst ein "astrologisches Denkmal" gesetzt hat. Vermutlich wurde er im Sternzeichen der Fische geboren (ca. 17. März 1621) und diese fungieren in der Astrologie als Domizil Jupiters.


    Günther Weydt: "Alles in allem herrscht die planetarische Anlage des Werkes vor. Sie verbietet es den "Simpl." nur als Volksbuch mit vorwiegend anekdotisch-schwankhaftem Charakter, als naturalistische, aus purer Fabulierlust entstandene Erzählung, als reinen Schelmen- oder gar als Entwicklungsroman auszulegen."


    Ich finde das einen interessanten Aspekt und habe deshalb einmal aus meinem Symbol-Lexikon die Charakterisierungen der Planeten in Stichpunkten herausgeschrieben, damit wir das beim Lesen überprüfen können:
    (Charakterisierungen nach J. W. Pfaff "Astrologie" von 1816)


    Saturn: Kalt trocken. Planet des Tags. Herr des menschlichen Lebensalters von 69 - 98 Jahre. Einfluß auf das Ohr, die Blase, die Nieren, die Knochen. Greise, Vorfahren, Waisen, Erbschaften, tiefe Nachforschung, treffliches Gedächtnis, Armut, Wanderungen, Finsternis, lange Vorsicht, Trauer, Leichen, Haß, Ackerbau, Maß und Gewicht.
    Metall: Blei.


    Mars: Heiß trocken, scharf, grausam. Planet der Nacht. Herr des menschlichen Lebensalters von 41 - 56. Herrscht über die Nieren, die Venen, die Zeugungsglieder. Alle hitzige krankhafte Zustände des Körpers. Thyrannen, Krieg, unvermutete Unglücksfälle, schneller Untergang, Verwegenheit, Übermut, Streit, Unterdrückung, Betrug, Unverschämtheit, Wunden, Undank, Gesetzlosigkeit.
    Metall: Eisen.


    Sonne: Heiß, männlich, Gestirn des Tags. herrscht über das Gesicht, das Gehirn, Herz und Nerven und alles was rechts ist. Könige, Würden, Ruhm, Sieg, Goldgier, Gesetz, Verfassung, Vater, Bruder.
    Metall: Gold.


    Jupiter: Heiß, feucht, angenehm, gemäßigt. Planet des Tags. Männlich ernährend, beglückend. Herr des menschlichen Lebensalters 57 -69. Einfluß auf Lunge, Arterien, Samen. Seelenadel, reine Weisheit, Auslegung der Visionen, Religion und Recht, Freundschaft, Hoffnung, Enthaltsamkeit.
    Metall: Zinn.


    Venus: Kalt und feucht. Planet der Nacht, weiblich, Herr des menschlichen Lebensalters 15 - 22. Einfluß auf den Geruch, die Leber und das Fleisch. Weiber, Schwester, Weiberliebe, natürliches Zutrauen und Mitgefühl der Menschen, Ehre, Musik, Freude künstliche Triebe, Sinn für Genuß, Billigkeit, beweglichen Sinn für Wissenschaft, Schwänke, unwahrhaftes Streben, sinnlicher Genuß im Übermaß, Wohlredenheit, alle Verziehrungen des Lebens.
    Metall: Kupfer.


    Merkur: Planet der Nacht. Herr des menschlichen Lebensalters 5 - 14. Einfluß auf Sprache, Verstand, Galle, Zunge. Bezieht sich vornemlich auf wissenschaftliche Beschäftigungen, auf Wohlredenheit, Dichtkunst, Meßkunst, Entdeckungen, Ehrgeiz, wankelmütige Bestrebungen, Geschicklichkeit in körperlichen Dingen.
    Metall: Quecksilber.


    Mond: Planet der Nacht. weiblich, feucht, kalt. Einfluß auf Geschmack, Kehle Magen, Bauch, alles was links ist. Zeit der Unternehmungen. Matronen, Schwangere, Mütter, Studien, Gesetzkunde, schwache Sinne, unglückliches Gedächtnis.
    Metall: Silber.


    Ausführlicher wird das Ganze auch auf dieser Seite erklärt:
    http://www.spiritproject.de/astro/planeten/


    Die Saturn-Phase war für mich beim Lesen eindeutig zu erkennen. Sie reicht bis ca. Kapitel 16, I. Buch. Mit Simplicissimus` Vision des militärischen Baumes mit Kriegsgott Mars auf der Spitze beginnt die Mars-Phase. Gekennzeichnet durch den Zorn der Bauern und Soldaten und deren Lust am Foltern, das verwüstete Gelnhausen, das Militär in Hanau oder die krebsroten Füße in der "spanisch Leibfarb".

    Weiter bin ich noch nicht, aber bisher paßt es sehr gut.


    Grimmelshausen selbst fühlte sich übrigens sehr dem Mond verbunden. Nicht umsonst nannte er seine Wirtschaft in Gaisbach "Zum silbernen Stern" (=Mond). Der Mond symbolisiert auch noch Unbeständigkeit, Wasser und Fruchtbarkeit. Und besonders das letzte trifft auf Grimmelshausen ja unbedingt zu [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/love/sperm.gif] [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/love/sperm.gif] [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/love/sperm.gif] [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/love/sperm.gif] [Blockierte Grafik: http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/love/sperm.gif]


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen,


    Zitat von "Hubert"


    Maria hat gepostet:
    und doch deutet er den Krieg der in Europa herrschte an (falls ich es richtig verstanden habe) und zwar in diesem Traum mit dem Baum, auch wenn er sich dann auf das deutsche Volk beschränkt:


    Ja, natürlich kennt Grimmelshausen den Krieg, er hat ihn ja am eigenen Leib erlebt. Aber in dem Traum geht es ja nur um Kritik an Standesunterschiede etc. Kein Wort über die Ursachen des Krieges, kein Wort darüber, warum Österreich, Schweden, Frankreich, Spanien usw. ihren Streit auf deutschem Boden austragen.


    jetzt versteh ich deinen Gedankengang.


    Bildmonographie von Curt Hohoff


    habe ich leider (noch) nicht.


    Zitat von "Hubert"

    in den Kapitel 9 bis 12 des 2. Buches, für mich die bisher besten, benützt Grimmelshausen, m.M. nach wieder seinen Simpel um der höfischen Gesellschaft seine Meinung zu sagen. Simplicius setzt hier als vermeintlicher Narr, unverblümt Grimmelshausens Wissen und Lebenserfahrung ein, das es eine wahre Freude ist.z.B. wenn er im 9. Kapitel die modische Schönheit einer Hofdame des Gubernators geißelt, oder mit beißender Ironie im 10. Kapitel den Secretarius, der die Heldentaten des Adels rühmt, kritisiert, und im 11. Kapitel sogar den Gubernator, seinen Herrn, angreift und ihn über die Gefahren des Herrschens satirisch gekonnt, belehrt und schließlich im 12. Kapitel über die Vernunft der Tiere referiert, ja das steht m. M. nach der Satire eines Swift nicht nach, obwohl mehr als 50 Jahre vorher geschrieben. Wie habt ihr das empfunden?


    ein Glück, daß du den Abschnitt gepostet hast, denn so konnte ich im Hinblick auf das obige erwähnte, die Kapitel lesen (bis Kapitel 10, 2. Buch). Ich glaube, daß ich mich durch die Narretei hinters Licht hätte führen lassen, denn die Einführung Simplici als Narr fand ich zu närrisch und dann noch als Kalb endend (?). Warum diesen (Läuterungs?)Gang durch Hölle und Himmel um dann als Kalb zu enden?


    nach diesen Kapiteln wäre mir der Tiefgang der Kritik die Simplici an die Dame und dem Sekretär geübt hat, vermutlich entgangen.


    ikarus
    ich freu mich, daß du dabei bist. Deinen interessanten Beitrag habe ich mir ausgedruckt und werde ihn in aller Ruhe durchforsten. Deine Smilies sind ja wieder super :breitgrins:


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,
    hallo ikarus,


    schön, dass Du den Simplicius mit uns lesen willst, und Du kommst ja mit einem tollen Einstand. Die Planetenphasen als Konstruktionsprinzip des Romans, das ist ja sehr interessant. Wenn man erst mal davon Kenntnis hat, ist es eigentlich nicht mehr so schwer : Also die Saturn- und Marsphase kann ich gut nachvollziehen und weiter bin ich auch noch nicht. Also vielen Dank für den Hinweis und die Zusammenstellung der Planetensymbolik. :klatschen:


    Wenn ich das nächste Mal im „Silbernen Stern“ in Gaisbach bin, werde ich ein Extra-Viertel auf Dein Wohl trinken. :breitgrins:


    Gruß von Hubert