Ein Klassikerforumswettbewerb für 2022 - Kommentare und Diskussionen

  • Eigentlich habe ich andere Pläne für den Februar, aber das Buch ist ja nicht dick, sodass es nicht so lange dauern wird, also gerne! Wenn's geht, dann möglichst direkt jetzt, weil ich gerade ein Buch beendet habe. Würdest du die Leserunde dann starten?

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Ja, dort. Einen Materialienthread brauchen wir wohl nicht oder können ihn ganz spontan einrichten , wenn wir etwas Interessantes finden. Ich fange jetzt mit der Lektüre an.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Nur fürs Protokoll: "Widerhall" von Tania Blixen habe ich abgeschlossen. Die Erzählungen gefielen mir anfangs nicht besonders, weder das Menschen- noch insbesondere das Frauenbild (das ist stellenweise äußerst merkwürdig und wundert mich bei einer Autorin wie Blixen) haben mich angesprochen. Im letzten Drittel kam dann eine Erzählung, die ein wenig mehr dem entsprach, was ich als Blixen-typisch kenne, mit einer richtig irren Wendung in der Mitte - vielleicht kennt jemand "Small World" von Martin Suter? Da geht es um das gleiche Thema: es wird absichtlich ein Kind vertauscht, ohne dass jemand es merkt.


    Nach dieser Erzählung jedenfalls habe ich den Rest dann auch noch gelesen - na ja. In einer Leserunde im April werde ich noch "Babettes Fest" von Blixen lesen, darauf bin ich gespannt. "Widerhall" hat mich jedenfalls inspiriert, mir Blixens "Phantastische Geschichten" mal wieder in Griffweite zu legen.

  • Mit Erzählungen habe ich es nicht so. Bisher habe ich von Blixen nur den berühmten Afrika-Roman gelesen, der mir aber auch nicht als völlig aus den Socken hauend im Sinn geblieben ist. Aber "Babettes Fest" möchte ich wohl auch noch irgendwann lesen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Von allem, was ich von Tania Blixen gelesen habe, hat mich der Afrika-Roman am wenigsten mitgenommen. Wenn ich sie mit diesem Buch kennen gelernt hätte, hätte ich mich gar nicht weiter mit ihr befasst.

    Zu meinem großen Glück lernte ich sie kennen durch die Erzählung "Der Affe". Das ist eine Geschichte, die hin und wieder in Sammlungen phantastischer Literatur auftaucht. Für mich steht sie fast mit E.T.A. Hoffmanns Sandmann auf einer Stufe. Man kann sie tiefenpsychologisch ausdeuten oder auch einfach ein Stück hinreißende Erzählkunst genießen.

    Den Afrikaroman fand ich aus heutiger Sicht hin und wieder peinlich mit der Art, wie sich die Erzählerin da wohlwollend als Diplomatin verfeindeter Stämme geriert, und die häufige Erwähnung von Großwildjagden - damals wohl ganz normal - lässt der Leserin vor dem Hintergrund aktueller Probleme buchstäblich das Messer in der Tasche aufgehen ... Nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist mir die Episode mit einem Antilopenbaby. Das hat ihr irgendwo ein Kind zum Kauf angeboten; sie wies es zurück und konnte dann nachts nicht schlafen, weil sie meinte, die kleine Antilope müsse nun zugrunde gehen.

    Das Buch ging nicht an mich. Ich glaube, ich habe es gar nicht mehr. Aber in ihren "Phantastischen Geschichten" und "Wintergeschichten" ist sie eine Meisterin erster Klasse.

  • Von allem, was ich von Tania Blixen gelesen habe, hat mich der Afrika-Roman am wenigsten mitgenommen. Wenn ich sie mit diesem Buch kennen gelernt hätte, hätte ich mich gar nicht weiter mit ihr befasst.

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    Den Afrikaroman fand ich aus heutiger Sicht hin und wieder peinlich mit der Art, wie sich die Erzählerin da wohlwollend als Diplomatin verfeindeter Stämme geriert, und die häufige Erwähnung von Großwildjagden - damals wohl ganz normal - lässt der Leserin vor dem Hintergrund aktueller Probleme buchstäblich das Messer in der Tasche aufgehen .[...}


    Das Buch ging nicht an mich. Ich glaube, ich habe es gar nicht mehr. Aber in ihren "Phantastischen Geschichten" und "Wintergeschichten" ist sie eine Meisterin erster Klasse.

    Ja, so ging es mir auch. Der Roman ist schon ein Stück Kolonialliteratur aus Sicht der Kolonialherren, in diesem Falle -damen. Auch bei Kipling zum Beispiel bleibt mir - bei aller einzelnen Schönheit der Beschreibung - immer ein Kloß im Hals.

    Aber danke für den Hinweis auf die phantastischen Erzählungen, vielleicht lange ich da mal zu, wobei das nicht ganz mein Genre ist, aber Hoffmanns Sandmann mag ich auch sehr.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • den Huck Finn (kommentierte Ausgabe), aber es sind beides sehr sperrige Bücher und passen nicht immer.

    Ich habe 1998 mal eine Hausarbeit "on the freedom theme of Huckleberry Finn" geschrieben. Die Erinnerungen verblassen aber schon ganz schön und ich könnte eine Auffrischung brauchen :)


    Wenn du das Buch liest, lese ich gerne nochmals mit, melde dich einfach wenn du beginnst.

  • Ich habe mit einem weiteren Buch meiner Leseliste angefangen und auch schon halb durch, die Neuübersetzung von "Kristin Lavranstochter" von Sigrid Undset (der erste Teil mit dem Titel "Der Kranz"). Die alte Übersetzung von Sandmaier und Angermann ist mir seit ca. 40 Jahren vertraut. In der Ausgabe davon, die ich zur Zeit im Haus habe - ein Backstein von einem Buch, alle drei Teile in einem Band - heißt es "Berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen".

    Nun ist es bei der Neuübersetzung von Gabriele Haefs so, dass der Kröner Verlag in einer Vorbemerkung behauptet, die alte Übersetzung sei nicht aus dem norwegischen Original, sondern wahrscheinlich aus dem Dänischen. Begründung: Eigennamen und Amtsbezeichnungen folgten der dänischen Schreibweise. Folglich heißt es, die Neuübersetzung sei "vermutlich" die erste Übersetzung nach dem Original.


    Ich kann natürlich nichts davon nachprüfen, aber die beiden Übersetzungen sind einander so ähnlich bis in einzelne Formulierungen hinein, dass ich nicht wüsste, welche ich vorziehen würde. Die von Haefs ist vielleicht etwas eingängiger, weniger hoch im Ton. Ein gutes Beispiel ist die Stelle, als ein Priester wegen beleidigender Reden bei Haefs "Schweinepriester", in der alten Übersetzung "Höllenpriester" genannt wird. Aber das sind wirklich minimale Unterschiede. Ich freue mich über die Wiederbegegnung mit Kristin, bin aber nicht sicher, ob ich mir die zwei Folgeteile der Neuübersetzung überhaupt noch kaufen soll. Ich werde noch einmal genau vergleichen, wie sich die Übersetzungen bei Kristins ersten erotischen Begegnungen unterscheiden. Wenn es einen merkbaren Unterschied gibt, dann wahrscheinlich dort.

  • Mehrere Leserunden hintereinander haben mich davon abgehalten, mich mit der Liste zu beschäftigen, aber nun habe ich sie wieder vorgenommen. Ich wollte "Das rote Zimmer" von Strindberg lesen, es ging aber wieder mal nicht an mich, die ganze Riege zorniger junger Männer fand ich eher langweilig, obwohl das Buch als eingängig, ja sogar als witzig gilt. Statt dessen habe ich mir "Inferno" vorgenommen, auch von Strindberg. Das ist nun wirklich amüsant. Der Ich-Erzähler ist ein frühes Beispiel eines Verschwörungstheoretikers. Auf der Straße findet er einen Zettel mit der Aufschrift "Marder" und schließt daraus, ein Bekannter, der ein wenig einem Marder ähnelt, trachte ihm nach dem Leben. Im Hotel kann er nachts nicht schlafen, weil er überzeugt ist, dass seine Zimmernachbarn elektrische Ströme durch sein Zimmer leiten. Das Hotelzimmer gefällt ihm anfangs, weil es einen hübschen Ausblick auf ein efeuumranktes Häuschen mit vielen Gitterfensterchen bietet, aber auch das ist ihm verleidet, als er feststellen muss, dass es sich um eine Reihe Aborte handelt. Kurzum, alles ist gegen ihn. Er liest die Bibel und betrachtet sich als modenern Hiob.

    Laut Nachwort stimmt zwar vieles, was da steht, mit Strindbergs Leben überein, aber man solle nicht den Fehler machen zu glauben, dass er über sich selbst erzählt. Die Erzählung ist trotz des oft hohen verzweifelten Tons nicht frei von feiner Ironie. (Anders wäre sie auch gar nicht zu ertragen.)

  • Nach langer Zeit habe ich eben "Inferno" fertig gelesen, das Mysterienspiel auf den letzten Seiten habe ich mir geschenkt. Diese Vorstellungen von einer Swedenborgschen Geisterwelt sind für mich doch sehr fremdartig, selbst als geübte Phantastik-Leserin. Mir fällt da die berühmte Erzählung von LeFanu ein, in der ein Pfarrer nach ausgiebiger Swedenborg-Lektüre meint, vom Geist eines Äffchens verfolgt zu werden.


    Mal schauen, was ich von meiner Liste überhaupt noch schaffen kann. Alles bestimmt nicht, ich habe zu viele Leserundenverpflichtungen angenommen.

  • Ich werde wohl auch nicht alles schaffen, obwohl ich mir wenig vorgenommen habe. Jetzt habe ich mit langen Zähnen den fünften "Ahnen"- Roman von Gustav Freytag begonnen: "Die Geschwister". Er spielt am Ende des Dreißigjährigen Krieges in militärischen Kreisen, und ich bin völlig verwirrt, wer zu wem gehört oder gehören will. Der Dreißigjährige Krieg war ja extrem unübersichtlich, was die handelnden Personen und Regimenter angeht, und Freytag tut nichts dazu, dem armen Leser die Sache durch einige Erklärungen leichter zu machen. Mal sehen, ob ich dabei bleibe oder was Leichteres dazwischen schiebe.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Ich sollte mal wieder zu einem Klassiker greifen, dass ich nicht komplett scheitere.

    Welches aus meiner Liste würdet ihr mir empfehlen:


    Fjodor Dostojewski - Die Dämonen

    James Joyce - Ein Portrait des Künstlers als junger Mann

    Marcel Proust - Eine Liebe Swanns

    Joseph Roth - Radetzkymarsch

  • So gefragt, und weil Du Österreicherin bist: Natürlich den "Radetzkymarsch". Ein Jahrhundert-, wenn nicht Jahrtausendbuch.

    "Ein Porträt des Künstlers als junger Mann" ist meiner unmassgeblichen Meinung nach Joyce' bester Roman und ich würde das Buch auf Platz 2 stellen.

    Zu "Eine Liebe Swanns" habe ich erst vor kurzem in meinem Blog geschrieben, dass man zwar diesen Teil der "Suche nach der verlorenen Zeit" tatsächlich alleinstehend lesen kann, man aber meiner Meinung nach doch einiges versäumt, wenn man nicht zumindest die ersten beiden Bücher der "Suche" mitliest.

    Dostojewski (den Autor!) mochte ich in meiner jugendlich-existenzialistischen Phase sehr; heute ist er mir auf Grund der penetrant durchdringenden Frömmigkeit suspekt geworden.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Danke sandhofer für die Reihung.

    Den Radetzkymarsch sollte ich wirklich dringend lesen. Als Österreicherin eine Leselücke.

    Ich lese das Buch gerade. Musste allerdings gerade knapp zwei Wochen unterbrechen; ich hatte das Buch mit in Urlaub, aber mit dem Lesen dort hat es nicht geklappt. Den ersten Teil habe ich aber fertig und werde gleich wieder einsteigen. Fazit bisher: ein erschütterndes Buch, das eine untergehende Welt in sehr treffender Weise beschreibt.

  • Nachtrag: Den Trollope: Die Türme von Barchester habe ich ja schon vorgestellt, dass er gelesen ist, habe ich hier noch nicht verkündet. Mir bleibt von meiner diesjährigen Liste tatsächlich nur noch der letzte Band der Ahnen, hoffentlich schaffe ich auch den. Es ist ganz gut, wenn man nur so wenig auf der Liste hat. Dann kann besser auf seine Leseinteressen und Nebenpfade eingehen.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Ich fürchte, viel weiter komme ich in meiner Liste nicht mehr. Sie war von vornherein zu ehrgeizig, aber ich habe auch zu wenig in Betracht gezogen, dass ich mich darüber hinaus für eine ganze Anzahl Leserunden mit Rezensionsverpflichtung angemeldet habe. Ich hoffe, wenigstens einen der Landstreicherromane von Hamsun noch schaffen; aus der Phantastik-Liste werde ich auf jeden Fall die vier Kurzromane von Lernet-Holenia noch beenden (zwei davon bisher gelesen) und vielleicht "Der feurige Engel" aus der Phantastik-Liste lesen. Dann ist ja doch das meiste geschafft und den Rest nehme ich ins nächste Jahr mit.