Am ersten August beginnt diese Leserunde zu Jean Pauls Roman.
Angemeldet dafür sind bisher:
Eva Hansen
Klaus
Giesbert Damaschke (?)
sandhofer
finsbury
Jean Paul: Hesperus oder 45 Hundposttage
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Ich werde übrigens erst am 3. einsteigen können, weil ich das Wochenende noch weg bin.
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Ich muß mich ausklinken und auch diesen Jean Paul-Versuch für gescheitert erklären. In diesem Leben werden wir wohl keine Freunde mehr. Vielleicht ja im nächsten. Bin gespannt auf euren Zugang zum Hesperus, ich selber finde keinen. Und da ich nicht auf Sekundärliteratur angewiesen sein möchte, sondern schamlos mein Vergnügen in der Literatur selbst suche - diesmal eher nicht, tut mir leid. Werde beizeiten Ausschau halten nach einer anderen klassischen Lektüre. :winken:
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Giesbert Damaschke (?)
Ich hab immerhin gerade die Vorreden gelesen ;-), fürchte aber, dass ich wohl keine Zeit finden werde, mich in diesen speziellen Tonfall wieder einzuhören.Aber ich werd's versuchen. :breitgrins:
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Eva, das ist schade, aber bei Jean Paul zu verstehen. Er macht es einem nicht gerade einfach.
giesbert, schön, dass du es versuchen willst, und du hast immerhin schon die Vorreden geschafft. Ich habe noch gar nicht reingeguckt. sondern lasse mich überraschen, wenn es anfängt.
@ sandhofer, wenn die anderen einverstanden sind, können wir auch gern erst am 03. anfangen, ich habe noch eine Menge anderer Lektüre zu bewältigen und wäre ganz froh um den Aufschub.
Übrigens werde ich eine Billig-Ausgabe lesen, die nur die Anmerkungen des Autors selbst beinhaltet. Ich schau mich aber mal um, was der Markt ansonsten so bietet ....
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Ich habe die Vorreden auch schon vor ein paar Tagen gelesen. Ich habe den ersten Band der 10bändigen Lizenzausgabe vom Zweitausendeins-Verlag, also mit Anmerkungen, und habe mir vorgenommen, jeden Tag zu einem Hundsposttag zu machen, was hieße, dass ich Mitte September fertig wäre. Schaun wir mal :breitgrins:
Was die Schwierigkeiten beim Lesen betrifft, so halte ich es mit folgendem Zitat:
ZitatDenn wer muß schon einen vor Witz und Esprit sprühenden, von großen Phantasien und seelenvollen Empfindungen durchdrungenen Freund in allem verstehen, Hauptsache man hat einen.
Es stammt aus der Vorbemerkung dieser hervorragenden Bildbiografie:(Das Wort und die Freiheit. Jean Paul-Bildbiografie, Nimbus Verlag)
[kaufen='978-3907142837'][/kaufen]
Also werde ich nicht zu anspruchsvoll gegen mich selbst sein: ich weiß dass ich nicht jeden Vergleich, jede Anspielung und nicht jede Formulierung verstehen werde, der Rest wird mir hoffentlich Befriedigung genug sein. Und vielleicht helfen mir ja auch die Mitleser.
Ansonsten kann ich als Sekundärlektüre noch das folgende unterhaltsame Buch aus dem Jubiläumsjahr 2013 empfehlen:
(Jean Paul von Adam bis Zucker. Ein Abecedarium. Haymon Verlag)
[kaufen='978-3852187600'][/kaufen]
Gruß
Klaus :winken: -
mir zittern die Knie, Eva, aber ich bin fest entschlossen, das Buch zu lesen und hier mitzulesen. Zum Mitschreiben wird es vielleicht nicht reichen, auch weil ich erst spaeter "richtig" einsteigen kann. Werd mir ein sog. tablet zulegen. Die Landesbibliothek in Speyer gibt das Buch nicht mit nach Haus, nur im Lesesaal. Kaufen will ich es nicht, weil ich dabei bin, meinen Hausstand zu verkleinern. Nachdem ich vor Jahren den Tristram Shandy mit viel Spass, aber auch gelegentlicher Muehsal, gelesen habe, meilenweit entfernt davon, alles verstanden zu haben, wiege ich mich in der Hoffnung, dass ich das Wagnis auf mich nehmen kann. Hab grad so ein wenig reingelesen bei Gutenberg (vorher nie ne Zeile von ihm gelesen) und festgestellt, dass seine Art zu schreiben "zu mir geht". Ihr Knie, hoert endlich auf zu zittern....
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Volker, ich kann Dich sehr gut verstehen. Mein Respekt vor der zu bewältigenden Leseaufgabe ist auch groß, und ich weiß nicht ob ich's schaffe. Zwar hab ich schon einen Jean Paul gelesen (Dr. Katzenbergers Badereise), aber der war im Vergleich sehr kurz. Andererseits finde ich Jean Paul als Mensch sehr interessant und die Art wie er schreibt, ist manchmal so, als wenn da jemand über 200 Jahre hinweg persönlich mit mir spricht - wenn ich's denn verstehe ... :zwinker: Du drückst es sehr schön aus, dass "seine Art zu schreiben zu mir geht". Wahrscheinlich müssen wir uns hin und wieder gegenseitig ermuntern durchzuhalten
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klaus und Volker:
Warum müssen wir die Orangen so hoch hängen? Ihr gebt mir das Gefühl, als träfen wir uns hier in einem literaturwissenschaftlichen Oberseminar, wo wir irgendwelche Professoren beeindrucken müssten. Ich habe nicht vor, den Roman mit einem Riesenpensum von Begleitliteratur zu lesen, sondern ich will einfach Jean Pauls Sprachwitz genießen und freue mich, wenn ich von den einen oder anderen tieferen Einsichten der Mitnutzer profitiere, ohne dass dieselben notwendig sind. Manchmal klären sich auch die eigenen Gedanken beim Schreiben, jedenfalls profitiere ich dadurch mehr, als wenn ich das Buch alleine lese. Einer unserer großartigster Autoren sollte nicht an zu tiefer Ehrfurcht sterben: Lieber genießen und manchmal oder öfter an der Oberfläche bleiben, als ihn im Regal verstauben zu lassen! -
Finsbury, ich seh das ganz genauso wie Du. Außer den Anmerkungen meiner Ausgabe benutze ich auch keine weiteren Quellen. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass man sich den Genuß bei der Jean-Paul-Lektüre bisweilen erarbeiten muß, ich muss manche (Ab)Sätze 3-4mal lesen, bis ich glaube ihn verstanden zu haben. Jean Paul hat die Orangen hoch gehängt, da muß man sie erstmal runterholen. :smile:
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Danke, fuer Euer beider Schreiben. Sie machen mir Mut. Was mich zagen laesst, ist die Erfahrung, dass man bei langen Texten, die dazu noch etwas schwierig sind, die man aber gerne und mit Freude, Genuss und Gewinn liest, dennoch ein dickes Brett bohren muss (und ich bin in vorruecktem Alter). Diese Erfahrung habe ich bei Schopenhauer, Proust und auch bei Laurence Sterne gemacht und aehnlich stelle ich mir das bei Jean Paul vor. Uebrigens, den Tristram Shandy hatte ich gestern schon erwaehnt, weil mich etwas an ihn erinnerte, ohne mir darueber klar zu sein, dass Sterne tatsaechlich ein Vorgaenger von Jean Paul war, der seine Werke wohl auch gekannt hat. Das entnehme ich jedenfalls dem Brockhaus.
Ich freue mich auf "Euch"! -
Nun kommt ... macht euch nicht verrückt. Jean Paul ist ein genialer Autor, der sich schon mal in seinen Texten verliert ...
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Richtig anfangen wollen die meisten von uns ja erst morgen, aber viele haben schon die drei Vorreden zu den verschiedenen Auflagen gelesen, ich also nun auch.
In der letzten, im Buch aber ersten Vorrede geht es um ganz konkrete Verbesserungen in der Durchsicht zur dritten Auflage, unter anderem hat JP die Anzahl der Fremdwörter reduziert. In diesem Zusammenhang führt er etwas über den Einfluss auf die deutsche Sprache aus, das ich so genauso empfinde und das auch durch Erfahrungen mit einigen historischen Spracheinflüssen tatsächlich so ist:Zitat von Vorrede zur dritten Auflage:Sonst übrigens wird die deutsche Sprache sogar durch die größte Gastfreiheit gegen Fremdlinge niemals verarmen und einkriechen. Denn stets zeugt sie (wie alle Wörterbücher beweisen) aus ihren eigenen immer frischen Stammbäumen hundertmal mehre Kinder und Enkel und Urenkel, als sie fremde Geburten an Kindes Statt annimmt [...]
Den Rest der Stelle würde ich so nicht mehr unterschreiben, er gerät mir aus heutiger Sicht auch zu deutschtümelnd, aber diese Angst vor Überfremdung unserer Sprache durch das Englisch/Amerikanische halte ich für unberechtigt, denn da hat unsere Sprache schon das Lateinische und das Französische überstanden und nur die sinnvollen und anverwandelten Wörter behalten.Was die Kurzsprache der E-Kommunikation von What's App und Co. angeht, steht auf einem anderen Blatt, aber damit musste sich JP noch nicht beschäftigen.
Ansonsten geht es wie in vielen Vorreden verschiedener Autoren um Literaturkritik und das ewige Einerlei der mitschreibenden Zunft.
Witzig ist und ganz JP ist wieder, wie er das Ganze sprachlich und kompositorisch gestaltet und sich selbst dabei wieder ironisiert und sein eigenes Konzept unterminiert. So kommentiert er in der zweiten Vorrede den Schmierzettel, den er sich zu dieser gemacht hat, und in der ersten Vorrede spricht er von sieben Bitten, von denen er dann nur dreieinhalb stellt.
Ich habe ja nun eine unkommentierte Ausgabe (noch, die Miller-Ausgabe ist bestellt): Kann es sein, dass er mit dem "edlen Geist" der ersten Vorrede Goethe meint? -
Richtig anfangen wollen die meisten von uns ja erst morgen,
Ja. Und ich werde sehr, sehr langsam vorwärts kommen, weil der Hesperus mit zwei andern grösseren Leseprojekten kollidiert (A. von Humboldt und F. T. Vischer). Da dies aber praktisch immer der Fall wäre, spielt das im Grunde genommen keine Rolle.
Kann es sein, dass er mit dem "edlen Geist" der ersten Vorrede Goethe meint?
Muss ich noch nachschlagen, bin noch nicht so weit.
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Ja. Und ich werde sehr, sehr langsam vorwärts kommen, weil der Hesperus mit zwei andern grösseren Leseprojekten kollidiert (A. von Humboldt und F. T. Vischer). Da dies aber praktisch immer der Fall wäre, spielt das im Grunde genommen keine Rolle.
Kommt mir entgegen. Mein Urlaub ist nächste Woche vorbei, und wenn auch die spätere Sommerzeit in der Regel stressärmer ist, mein Zeitbudget wird doch begrenzt sein. -
Liebe Jean- Paul-Leserunde!
Bin kurz entschlossen mit von der Partie. :zwinker:
Kann es sein, dass er mit dem "edlen Geist" der ersten Vorrede Goethe meint?
Mit dem "edlen Geist" meint JP, glaube ich, keinen bestimmten Menschen, sondern einen Lesertypus - so wie er weiter oben in der Vorrede von der" müden Seele", dem "gedrückten Geist" und (ironisch) dem "höheren Menschen" spricht, von Lesern, die er durch seinen Hesperus zu trösten, aufzuheitern, zu unterhalten, denen er etwas zu geben hofft.
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Ich habe bereits in den letzten Julitagen zaghaft mit der Lektüre begonnen und am Wochenende nahm sie ein bißchen Fahrt auf, ich stehe jetzt vor dem 6. Hundposttag. Dennoch werde ich nicht in dem Tempo weiterlesen können. Ein paar subjektive Eindrücke möchte ich jetzt schonmal schildern.
Erstmal: Jean Paul zu lesen macht Spaß! Auch wenn es vorher "zitternde Knie" und mancherlei Bedenken gab, hat man einfach gute Laune, wenn man sich dem Sprach- und Gedankenwitz dieses Autors überläßt, auch wenn das Verständnis dann und wann nicht mitkommt. Ich merkte das am Wochenende, bei sonnigem Wetter auf dem Balkon sitzend und lesend, wie mich immer wieder ein Schmunzeln oder lautes Auflachen überkam; der Bleistift war stets griffbereit, um kluge oder schöne Stellen am Rand zu markieren. Es sind so viele, dass ich im Moment erstmal keine besonders herausgreifen will. Ich hatte schon die Idee, einen Ergänzungsthread aufzumachen, wo wir unsere Stellen sammeln könnten ...
Die Rahmenhandlung ist ja arg konstruiert, aber auch lustig. Wenn sich noch jemand fragt, wie JP auf eine ostindische Gewürzinsel geraten ist und wie ein Hund den Ozean so ohne weiteres jeden Tag überqueren kann, dann hilft vielleicht diese Stationstafel. Komisch fand ich, wie die Ratten bzw. eine davon aus Kaplan Eymanns Haus plötzlich in der Stube des "Lebensbeschreibers" auftauchen, wobei mir nicht ganz klar ist, ob er nur den kratzenden und nagenden Spitz für eine solche hält:
Zitat... Spitzius Hofmann heißet der Hund; der war die Ratte und kratzte an der Türe
Trotzdem scheint ja hier wohl eine Übertragung eines Motivs aus der Rahmenhandlung in die Binnenhandlung vorzuliegen. Im 4. HPT erhält JP mit der Hundpost einen Schattenriss von Klotilde, den der Junker Matthieu hergestellt hatte (wir haben es vorher hautnah miterlebt). Wie kommt der Korrespondent Knef an diesen Schattenriss? Steht er mit Matthieu in Verbindung? Mir ist der Sinn dieser Rahmenhandlung noch etwas mysteriös, vielleicht hab ich aber auch etwas überlesen ... Und kann jemand mit diesem Zitat etwas anfangen:
ZitatUnd der [Schattenriss] soll auch unter dem Schreiben in einem fort angesehen werden, um so mehr, da er einem schönsten andern weiblichen Engel, der je aus einem unbekannten Paradies in diese Erde hereingeflogen, gleichsam aus den Augen oder vielmehr aus dem Gesicht geschnitten ist – ich meine das Fräulein von **, jetzige Hofdame in Scheerau; ich weiß nicht, ob sie alle Leser kennen.
Wer soll diese Hofdame sein?Zentrale Figur ist ja wohl Viktor, JP nennt ihn öfters "seinen Helden". Er wird teilweise ambivalent geschildert. Einerseits sagt er zu seinem Vater, dem Lord, im 2. HPT:
ZitatIch verabscheue aufs heftigste den Samielwind der Hofluft
(der Erzengel Samael gilt als Todesengel oder Fürst der Dunkelheit), andererseits bewegt er sich gern unter "feinen Leuten". Vielleicht ist hier aber auch eher "fein" im Sinne von "gebildet" und "weiblich-kokett" und nicht von "höfisch" gemeint, s. der Verweis auf Fontenelle, Crebillon, Marivaux. Seine Begegnung mit der Schloßgesellschaft fand ich sehr amüsant geschildert:
ZitatEr bemerkte zwar bald die besondern Fecht- und Tanz-Stellungen des Bundes gegeneinander
ZitatVier Personen hatten jetzt auf einmal vier Sehröhre auf seine Seele gerichtet
ZitatDes Evangelisten Beispiel machte, daß auch Viktor anfing zu phosphoreszieren auf allen Punkten seiner Seele – der Funke des Witzes umlief den ganzen Kreis seiner Ideen, die einander wie Grazien bei der Hand faßten, und sein elektrisches Glockenspiel übertraf des Junkers Entladungen, welche Blitze waren und nach Schwefel stanken.
usw.
Der "Evangelist" Matthieu erscheint in dieser Szene als Gegenspieler Viktors, falsch und zynisch. Die Kaplänin mag ihn auch nicht und möchte, dass er weniger Einfluß auf Flamin, ihren Sohn, bekommt. Dafür mag sie Viktor umso mehr. Sehr schön geschildert ist, wie sie ihn ihrem Mann für ein vertrauliches Gespräch "kapert". Die Bedeutung von Klotilde kann ich jetzt noch nicht einschätzen. Flamin und sie lieben sich, zwischen ihnen steht aber der Standesunterschied. Für Viktor als Lordsohn gälte dieser nicht und er fühlt sich zu Klotilde hingezogen. Wird er die Liebe seines Freundes respektieren? Nicht nur hier, sondern auch in der Beziehung zu Matthieu, den Flamin sehr schätzt, und im unterschiedlichen Charakter Flamins scheinen sich Konflikte zwischen den Freunden anzudeuten:
Zitater konnte nichts so wenig ausstehen als Poeten, Philosophen, Hofleute und Enthusiasten – einen ausgenommen, der alles das auf einmal war, seinen Sebastian Viktor
Ich bin gespannt auf Eure Eindrücke.
Klaus :winken:
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Der erste Hundposttag zeigt schon Jean Paul in seiner ganzen mäandrischen Blüte. Er führt die Personen ein, bevor er klar macht, wie er an die Geschichte gekommen sein will...
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na, dann bist du aber schon weit vorangekommen.
Ich habe heute den ersten Hundposttag abgeschlossen und bin dir sehr dankbar für deinen Hinweis und Link bezüglich der Saale-Inseln.Das erdet JPs Erzähl-Idee, wenn man ihm auch sein Eiland im Indischen Ozean lassen soll.
Zunächst lässt der Erzähler den Leser ja hängen, erst am Ende des 1. Kap. wird erzählt, wie es zum Untertitel des Romans kommt. Ich bin wieder drin in dem Jean Paul-"Sound"; Er schreibt einfach ganz anders als alle anderen mir bekannten, auch nicht-deutschen Autoren. Typisch für JP ist auch, dass er das Sentimentale nicht scheut, nach meiner Meinung auch oft überzieht, aber er kann sich so schön dann wieder selbst auf den Arm nehmen, als Erzähler unter die Menschenmenge treten, wie in der Szene, in der Viktor seinem Vater das Augenlicht rettet.
An JP schätze ich auch seine wunderbaren Naturbeschreibungen: Er ist nicht für Lyrik berühmt geworden, aber seine Beschreibung des morgendlichen Nebels, als Flamin und sein Vater dem lange entbehrten Freund entgegengehen, ist einfach nur schön:Zitat von Kapitel 1Ich hab' einen Nebel lieb, sobald er wie ein Schleier vom Angesicht eines schönen Tages abgleitet, und sobald ihn größere als die vier Fakultäten machen. Wenn er (der am 1. Mai war so) wie ein Zugnetz Gipfel und Bäche überflicht – wenn die herabgedrückten Wolken auf unsern Auen und durch nasse Stauden kriechen – wenn er auf der einen Weltgegend den Himmel mit einem Pech-Brodem besudelt und den Wald mit einer unreinen schweren Nebelbank bestreift, indes er auf der andern, abgewischt vom nassen Saphir des Himmels, in Tropfen verkleinert, die Blumen erleuchtet; und wenn dieser blaue Glanz und jene schmutzige Nacht nahe aneinander vorüberziehen und die Plätze tauschen: wem ist alsdann nicht, als säh' er Länder und Völker vor sich liegen, auf denen giftige und stinkende Nebel in Gruppen herumziehen, die bald kommen, bald gehen? – Und wenn ferner diese weiße Nacht mein schwermütiges Auge mit dahinfliegenden Dunstströmen, mit irrenden zitternden Duftstäubchen umzingelt: so erblick' ich trübe in dem Dunst das Menschenleben abgefärbt, mit seinen zwei großen Wolken an unserm Auf- und Untergange, mit seinem scheinbar lichten Raume um uns, mit seiner blauen Mündung über uns....
Dabei pinnt er am Anfang ganz nebenbei der wissenschaftlichen Welt (vier Fakultäten) einen wegen ihrer nebulösen Ausdrucksweise, jedenfalls verstehe ich das so. -
An JP schätze ich auch seine wunderbaren Naturbeschreibungen:Besonders schön finde ich auch den Satz vor Deinem Zitat:
ZitatDer Frühling, der Raffael der Norderde, stand schon draußen und überdeckte alle Gemächer unsers Vatikans mit seinen Gemälden.
Der Hieb mit dem Nebel der vier Fakultäten geht wohl mehr gegen die mittelalterliche Wissenschaft (Quadrivium), die noch prägend war, als gegen die moderne (Natur-)Wissenschaft z.B. eines Newton. Seitenhiebe gegen Kirche und Religion gibt es später zuhauf, z.B. im 6. HPT, den ich gerade lese. Eymann sucht seine Bibel, bis ihm wieder einfällt, wo er sie gelassen hat: in seinem Rattenwahn erschlug er mit ihr eine Maus. Und nun meint er, sie solle über diesen Tod froh sein und nicht wie die portugiesischen Juden verbrannt wurde ... usw.